BMW M4 GTS: Erster Test
Das Meisterstück von BMW M
Der M4 GTS ist der schnellste Serien-BMW, den es gibt. Wir waren mit dem Meisterstück der M GmbH auf einer Formel-1-Rennstrecke - und fühlten uns doch wie Zuhause.
Barcelona – Die Ausgangssituation: Ein Redakteur (Philipp, 83 Kilogramm), ein Auto (BMW M4 GTS, 1.585 Kilogramm) und sechs Runden à 4,655 Kilometer. 16 Kurven, 500 PS, 600 Newtonmeter und Carbon, Alu und Stahl im Wert von 142.600 Euro. 20 Minuten nördlich von Barcelona, bewölkter Himmel, trockene Strecke. Es geht los.
Zweite Aufwärmrunde, 150 km/h und es knallt heftig auf der Frontscheibe. Ein schwarzer Strich wie von einem 800er-Edding bleibt zurück. Aus den Radkästen ertönt ein Prasseln, als hätten wir gerade von einem moddrigen Waldweg auf die Landstraße gewechselt. Haben wir aber nicht. Wir fahren auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya – in einem Monat fährt hier die Formel 1.
Der Reifenverschleiß ist an diesem Tag enorm. Die Strecke wurde am Morgen geräumt – schon mittags fliegen pflaumengroße Brocken aus Gummiabrieb aus dem Heck vor uns. Der Grund dafür ist der schnellste Serien-BMW, den es bisher gab. Das Heck gehört einem M4 GTS, gesteuert von BMW-M-Entwicklungschef Dirk Häcker – meinem heutigen Instruktor. Die Gummibrocken schlagen auf der Windschutzscheibe eines weiteren M4 GTS ein. Es sind zwei von nur 700 gebauten Exemplaren.
Oder lieber Active Tourer?
Skrupel gibt es nicht. Bei BMW sagen sie schließlich, der M4 GTS sei ein Rennwagen mit Straßenzulassung. Carbon-Keramik-Bremsen, Carbon-Schalensitze (50 Prozent leichter), Schroth-Sechspunkt-Gurte, Gurt-Schlaufen statt innerer Türgriffe, keine Rücksitze. Dazu ein Heckflügel, mit dem man sich beim Rückwärtseinparken fühlt, wie ein Fünfjähriger beim Topfschlagen. Stimmt schon, zum Einkaufen fährt man in einem Active Tourer bequemer.
Dass der M4 GTS schnell wie ein Rennwagen fährt, hat er bewiesen. In 7:28 Minuten ist BMW-Fahrwerksentwickler Jörg Weidinger mit dem M4 GTS um die Nordschleife gebrettert. 20 Sekunden schneller als der Vorgänger M3 GTS das schaffte. Eine Ewigkeit in der Eifel.
Zu spät
Endlich eine schnelle Runde. 240 km/h erreichen wir am Ende von Start/Ziel. Theoretisch fährt der M4 GTS 305 km/h schnell – praktisch sind Frontsplitter und Heckflügel voll ausgefahren: Trackmode – das verringert unseren Topspeed, aber bringt uns dank weniger Auftrieb stabiler durch die Kurve.
Hart anbremsen, dann durch die Rechts-Links und in die furchtbar langgezogene Rechts: Das Auto wird innerhalb dieser Kurve unfassbar schnell. Und dann plötzlich steht – nein, rast man bereits vor der nächsten Rechtskurve. Diesmal habe ich den Bremspunkt verpennt. Ich werde dem BMW-M-Entwicklungschef ins Heck rauschen – ganz sicher. Ich kann das Carbon schon splittern hören.
Sei Wasser, mein Freund
Durch relativ viel davon wiegt der M4 GTS im besten Fall 1.585 Kilogramm. Das sind 27 Kilogramm weniger als bei einem normalen M4 mit Doppelkupplungsgetriebe. Neben der Gewichtsreduzierung setzt BMW auf bessere Aerodynamik, besseres Fahrwerk und mehr Leistung. Punkt eins und zwei sind im Grunde Standardlösungen aus dem Motorsport. Es gibt einen einstellbaren Frontsplitter (muss Straßenverkehr eingeschoben werden!) und einen einstellbaren Heckflügel, dazu ein einstellbares Fahrwerk von K&W (dazu später mehr).
Punkt drei dagegen ist extravagant. Statt einfach nur mehr Benzin wird beim 3,0-Liter-Sechszylinder des M4 GTS im Vollgasbetrieb Wasser eingespritzt. Nicht in die Brennräume, sondern in den Ansaugtrakt. Bei mehr als 5.000 Touren und Vollgas versorgt eine Einspritzdüse je zwei Zylinder mit destilliertem H2O aus einem 5-Liter-Tank im Kofferraum. Das Wasser verdampft sofort im heißen Ansaugtrakt und kühlt dabei das eingespritzte Gemisch.Der Vorteil ist klar: Die thermische Belastung sinkt, der Motor kann mit einem früheren Zündzeitpunkt betrieben werden. Die Leistung steigt von regulären 450 (mit Competition Paket) auf 500 PS, das Drehmoment auf 600 Newtonmeter. Die Frage bleibt nur: Warum machen die bei BMW das nicht einfach wie alle anderen, packen einen größeren Turbo auf den Reihensechser und löten einen anderen Chip ins Steuerteil?
Die offizielle Erklärung lautet, dass ein größerer Turbo auch ein größeres Loch verursacht und höhere Entwicklungskosten. Die Wassereinspritzung dagegen ist etwas günstiger und hat keine Nachteile – auch nicht für den Käufer. Wenn kein Wasser nachgefüllt wird, läuft der M4 GTS einfach mit 450 PS weiter - für die meisten eh genug.
Das Beste am M4 GTS
Ich warte auf den Aufschlag. 3, 2, 1. Die vergangenen Sekunden, die Meter Abstand zu Häckers M4 und die Zentimeter, die ich das Bremspedal doch noch durchtreten kann, entsprechen einander. Und tatsächlich, da ganz hinten, Nähe Teppichboden, da gibt es noch viel Bremskraft zu finden. Gott segne die Carbon-Keramik-Bremse.
Durchatmen, weiter geht es. Links, rechts, bremsen, Gasgeben. In 3,8 Sekunden beschleunigt der GTS auf 100 km/h. Den Sound aus dem Titan-Endtopf (20 Prozent leichter) nimmt man auf der Rennstrecke vor lauter Adrenalin kaum wahr. Konzentration. Häcker nimmt die Schikane kurz vor dem Ziel im dritten und vierten Gang. Wer den zweiten nimmt und voll aufs Gas tritt, spürt, dass dieses Auto ein typischer BMW ist. Der GTS fährt nicht ruppiger als ein normaler M4 – und das ist vielleicht das Beste am Auto. Das Heck kommt ganz sanft und lässt sich sofort wieder einfangen – wenn man möchte.
Alles eine Einstellungsfrage
Allerdings ist eines nicht wie bei einem normalen BMW, sondern tatsächlich wie bei einem Rennwagen. Reinsetzen und Losfahren, das funktioniert mit dem M4 GTS auf der Rennstrecke nicht. Die Dämpfer des K&W-Fahrwerk lassen sich in 16 Zug- (Ausfedern) und insgesamt 20 Druckstufen (Einfedern) einstellen. In allein 14 Stufen lässt sich die Dämpfung für schnelle Radanregungen, wie sie zum Beispiel die rot-weißen Curbs in Catalunya verursachen, einstellen. Heute, mit nur ein paar Stunden Vorbereitung, hat BMW mit den beinharten Track-Parametern die falsche Einstellung gewählt.
Die kleinen, kaum sichtbaren Bodenwellen auf dem Circuit lassen das enorm gedämpfte Heck hüpfen. Der GTS liegt etwas zu hart, das Hinterteil wirkt nervös – mit mehr Zeit würde man jetzt Feintuning betreiben. Stundenlange Abstimmungsarbeit, wie im Motorsport. Doch unsere Zeit mit dem schnellsten BMW ist nach wenigen Minuten schon wieder vorbei.Epilog: Der M4 zum Preis von zwei
Was bleibt übrig von ein paar schnellen Runden im M4? Die Frage nach der Kundschaft. BMW schafft mit dem M4 GTS vor allem das, was sonst Porsche und Ferrari gelingt: ein Auto zu bauen, das aus dem Stand zum Spekulationsobjekt wird. Alle 700 M4 GTS sind verkauft, jeder einzelne kostet mindestens 142.600 Euro – fast so viel wie zwei normale M4.
Nüchtern betrachtet kann der M4 GTS aber nicht so viel mehr. Trotz viel teurem Carbon liegt die Gewichtsersparnis bei nur 27 Kilogramm. Der kommende 760Li beschleunigt – nur geradeaus – schneller (3,7 Sekunden). Einzigartig ist vor allem die Wassereinspritzung. Man könnte fast vermuten, sie soll den Preis rechtfertigen. Wer einen normalen M4 kauft, und noch einmal so viel Geld investiert, der fährt wahrscheinlich nicht langsamer als mit dem GTS – nur weniger exklusiv. Aber vielleicht ist genau das so faszinierend. Dass bei BMW, das Topauto im Herzen noch ein Mittelklasse-Coupé ist.
BMW M4 GTS – Technische Daten
- Motor: 3,0-Liter-Sechszylinder-Biturbo mit Wassereinspritzung
- Getriebe: Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
- Leistung: 500 PS
- Drehmoment: 600 Nm
- Vmax: 305 km/h
- 0 – 100 km/h: 3,8 s
- Gewicht: 1.585 kg
- Verbrauch: 8,5 L/100 Km
- CO2: 199 g/Km
- Länge: 4,69 m
- Breite: 1,87 m
- Höhe: 1,38
- Preis: ab 142.600
BMW M4 GTS auf der Nordschleife in 7:28 Minuten
MS? Dachte zuerst an multiple Sklerose
Es könnte auch Qs Meisterstück sein.
Sicher eines von den Autos, die man kaufen kann und direkt auch den Track gehen kann.
Schade, dass alle schon verkauft sind. Ich befürchte die meisten davon werden in irgendwelchen Sammlungen die Reifen platt stehen.
Aber, cool dass die Wassereinspritzung wirklich in der Serie funktioniert!
Ich frage mich manchmal ob die Autos überhaupt von den Redakteuren gefahren werden oder man sich kurzerhand in ein Bild photoshopt und eine Geschichte erfindet.
Eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Bild unten. 😆
Geiler Wagen würde ich sofort nehmen, wenn ich genügend $ hätte 😆
Sieht absolut heiss aus. Macht sicher auch mächtig spass.
Wie sieht die zuverlässigkeit der heutigen m motoren aus,bzgl pleuellager? Wurde diese schwachstelle behoben --> turbomotor,weniger drehzahl .? .. V10 S85 ist mir negativ im hirn gespeichert.durfte einen frühzeitigen motorschaden miterleben. Mann war das ein grausames gefühl.
Was das Ding wohl in 15 Jahren wert ist? So viel wie eine gleich alte Ducati Ducati 998? Oder so viel wie eine durch und durch ausgelutschte Kawasaki H2? Letztere ist in der Beschleunigung zumindest zügiger als der BMW. Hust. Der Neupreis für dieses umbenannte Dreier Coupe ist einfach vom Mond. Dann doch lieber einen SL W121 oder einen 991. Diese nehmen dann nicht nur Fähnchenhändler in Zahlung, wobei der 991 sogar praktisch und nicht nur "theoretisch" schneller fährt wie "der schnellste Serien-BMW, den es gibt". Und man spart noch dabei mehrere zehntausender. Win-Win sozusagen.
Dafür wird die "Dose" (so nennt ihr Moppedfahrer uns Autofahrer doch) schneller beim Bremsen und in der Kurve sein. Vier Räder haben eben mehr Grip als zwei. 😉
Auf Rennstrecken, dafür wurde das Auto ja optimiert, sicherlich kein Nachteil.
Da es sich hierbei um ein seltenes, gefragtes Sondermodell handelt, welches zudem limitiert ist, würde ich sogar eine Wertsteigerung erwarten.
Guck mal was heute ein BMW E30 M3 Sport Evolution kostet:
http://www.ottority.com/.../1990_bmw_m3_sport_evolution.jpg
Schau dir an was heute BMW E36 M3 CSL Lightweight kosten:
http://www.bmwmregistry.com/faq/M3CSLext-1.jpg
Oder BMW E46 M3 CSL:
http://www.audi4life.com/images/BWM/M3/2003_BMW_M3_CSL_E46_4.jpg
Oder gar BMW E46 M3 GTR:
http://www.diseno-art.com/.../BMW-M3-GTR-street-version.jpg
Oder der direkte Vorgänger, BMW E92 M3 GTS:
http://s1.cdn.autoevolution.com/.../BMW-M3-GTS--E92--4337_38.jpg
Vergleich mal die Preise. Wenn überhaupt einer zum Verkauf steht, dann sicherlich für mehr als den damaligen Neupreis. 😉
Und seit wann fahren 991er Standard-Carreras unter 7:30 min auf der Nordschleife? 😉
Da muss dann schon ein "GT3"-Kürzel kommen, vielleicht sogar ein "RS". Womit man ja auch wieder bei einem Track-Auto ist, und das ist wohl auch der Hauptkonkurrent, nur das der Porsche teurer ist. Oder ein "Turbo", der hat immerhin eine 7:29 erfahren.
Ich persönlich würde ja das Auto selbst umbauen. Das kommt deutlich günstiger. Dafür hat man aber auch den ganzen Stress mit dem TÜV, und den Werkstätten. Insofern ist der GTS sicher eine gute Alternative.
Der S55B30 gilt bis jetzt als absolut zuverlässig. Dieser basiert auf der Motorenbaureihe N55.
Tatsächlich waren die Pleuellagerschäden dem Hochdrehzahlkonzept geschuldet (und falscher Behandlung - Schmierfilmabriss etwa).
Die Symptome der Marke BMW in den letzten 5-10 Jahren sprechen differentialdiagnostisch dafür. 😆
Beispiel: Mit viel Leichtbau-Aufwand einen 1600 kg "Sportwagen" bauen und sich dann von allen für's Meisterstück loben lassen... Das passt eigentlich eher zu Audi... 😆
Ich würde eher selbst den normalen M4 umbauen (dann wiegt er dann tatsächlich merklich weniger 😉), aber für die besser betuchten, die nicht unbedingt selber schrauben wollen, ist das natürlich die beste Lösung 😊.
Bist du dir sicher, dass er dann noch leichter wird, immerhin wurden ja nicht nur Sachen leichter gemacht und entfernt sondern eben auch ein paar hinzugefügt.
Teppiche, Dämmmaterial, Klimaanlage, Infotainment, etc brauche ich alles nicht, da lässt sich schon einiges einsparen 😆
Ok, wenn man es so nimmt. :P
Da kannste ja im Werk den schon früher abholen, dann musste das erst gar nicht einbauen lassen. 😉
Vlt käme es ja günstiger, wenn man nur die Einzelteile bestellt 😆