McLaren P1: Fahrbericht

Das Raketenauto vom anderen Stern

verfasst am Fri Jan 31 06:45:33 CET 2014

Wer beim McLaren P1 Gas gibt, fühlt sich wie ein Astronaut beim Raketenstart. Auch der Preis ist nicht von dieser Welt. Ausverkauft ist der P1 sowieso.

Supersportler extrem: Der McLaren P1 ist nach Ansicht seines Schöpfers Paul McKenzie der schnellste Sportwagen der Welt
Quelle: McLaren

Bahrain - P1, der Name ist Programm. Das Kürzel, das McLaren für sein neues Top-Modell gewählt hat, steht in der Formel 1 für „Pole Position“.

Projektleiter Paul McKenzie nennt sein „Baby“ schlicht den schnellsten Sportwagen der Welt. Zwar gibt es Autos mit mehr Leistung und mehr Top-Speed, räumt der Brite ein. Schneller auf einer Rennstrecke seien sie nicht. „Und das ist es schließlich, worauf es bei einem Sportwagen ankommt.“

Kann das stimmen, wenn man an die 1.200 PS und 415 km/h des Bugatti Veyron denkt? Auch der Porsche 918 Spyder und der LaFerrari sind ja ziemlich schnell. Doch wer einmal am Steuer des P1 gesessen hat, sieht die Vollgaswelt mit anderen Augen. Das ist mit Worten kaum zu beschreiben.

Da fehlen die Worte

Der McLaren P1 auf der Nordschleife. Die Rundenzeit beziffert McLaren mit "unter 7 Minuten"
Quelle: McLaren
Aber etwas anderes als Worte haben wir nicht: Die Beschleunigung ist von derart explosiver Kraft, dass das Auge kaum erfassen kann, was da vor den schmalen Seitenfenstern vorbeifliegt. Von 0 auf 100 in 2,8 Sekunden, nach 6,8 Sekunden auf 200 km/h, weitere 9,7 Sekunden später zeigt der Tacho 300. Wenn die Elektronik bei Tempo 350 die Reißleine zieht, ist der P1 immer noch bestens bei Puste. So müssen sich Astronauten fühlen, wenn ihre Rakete ins All geschossen wird.

Trägheit der Masse, Erdanziehung, Fliehkraft – alles Märchen. Mit Naturgesetzen ist der heckgetriebene P1 auf der Rennstrecke nicht zu erklären. Zu schnell schießt er durch die Kurven, viel zu eng nimmt er die Kehren und viel zu fest haftet er auf dem Kurs. Und dabei langweilen sich die Traktionskontrolle und das Stabilitätsprogramm auch noch.

Möglich machen das ein aufwändiges Fahrwerk und eine ausgefeilte Aerodynamik. „Keine Linie dient nur der Optik, die Form folgt der Funktion“, sagt McKenzie und zeigt stolz auf die ausgeklügelten Kanäle, durch die heiße Luft aus dem Kühler strömt und Motor oder Bremsen ihre kalte Luft ansaugen.

Unter der Carbonhülle lassen sich die Dämpfer auf Knopfdruck verstellen, die Bodenfreiheit kann im Race-Mode um fünf Zentimeter abgesenkt werden. Aus dem Heck hebt sich dann bis zu 30 Zentimeter weit ein riesiger Flügel. Bei 300 km/h lasten auf ihm 600 Kilo Abtrieb.

P wie Plug-in

Bei diesem Höllenritt veranstaltet der 3,8 Liter große V8 mit 737 PS ein infernalisches Spektakel. Genau wie der Porsche 918 Spyder ist der P1 dabei ein ganz Grüner: ein Plug-in-Hybrid. Zum V8 kommt eine E-Maschine mit 179 PS.

NEFZ-Rechenkunst: 916 PS Systemleistung ergeben im P1 einen offiziellen Verbrauch von 8,3 l/100 km
Quelle: McLaren
Damit kann der P1 gute zehn Kilometer rein elektrisch fahren. Dabei ist er kaum weniger flott unterwegs, beschleunigt in etwa 8,4 Sekunden auf Tempo 100 und schafft weit über 150 km/h. Um Effizienz oder Emissionen geht es dabei nicht, auch wenn sich der Verbrauch auf 8,3 Liter und der CO2-Ausstoß auf 194 g/km schönrechnen lassen.

Zwei böse Knöpfe

Nein, beim P1 geht es um Performance und sonst nichts. Den Beitrag der E-Maschine beweist das IPAS-Knöpfchen im Lenkrad. Wer zuvor die E-Maschine in die Pause geschickt hat, der kann sich die zusätzliche Kraft damit auf Knopfdruck zurückholen: Für schier endlose 30 Sekunden hämmert der P1 dann mit der vereinten Kraft beider Triebwerke voran und presst einem auch noch die letzte Luft aus den Lungen.

Neben dieser Taste lockt eine weitere, die mit DRS beschriftet ist. Das steht für Drag Reduction System und lässt den Heckflügel in Sekundenbruchteilen in sich zusammenfallen. Wir erinnern uns an die 600 Kilo Abtrieb – weg sind sie. Ein besonderer Kick, den man besser nicht in Kurven ausprobiert. Ein Tipp auf die Bremse, und der Flügel leistet wieder seinen segensreichen Beitrag zur Stabilität.

Leider ausverkauft

Viel näher als im McLaren P1 kann man dem Spitzensport als Normalsterblicher nicht kommen. Aber: Der P1 ist nicht nur einer der faszinierendsten Sportwagen, sondern auch einer der teuersten. Knapp 1,07 Millionen Euro hat nicht jeder auf dem Konto. Trotzdem: Alle 375 angekündigten Exemplare sind verkauft.

Die Liste möglicher Nachrücker umfasst 50 Namen. Sie hoffen, dass ein Kunde abspringt – sonst wird es nichts mit dem P1. McKenzie verspricht, dass das so bleibt: An der Stückzahl wird nicht gerüttelt, einen Nachfolger gibt es nicht so bald. „So ein Auto baut man nicht alle Tage.“

Technische Daten – McLaren P1

  • Motor: 3,8-Liter-V8-Benziner, Elektromotor
  • Getriebe: Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Systemleistung: 916 PS
  • Max. Drehmoment: 720 Nm (V8); 260 Nm (E-Motor)
  • Beschleunigung: 2,8 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 350 km/h
  • Verbrauch: 8,3 l/100 km (NEFZ)
  • Co2: 194 g/km
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,59 x 1,95 x 1,14
  • Radstand: 2,67 m
  • Preis: 1.067.000 EUR

 

NEFZ-Rechenkunst: 916 PS Systemleistung ergeben im P1 einen offiziellen Verbrauch von 8,3 l/100 km
Quelle: McLaren
375 P1 will McLaren bauen. Die Produktion ist ausverkauft
Quelle: McLaren
McLaren P1
Quelle: McLaren
Der McLaren P1 auf der Nordschleife. Die Rundenzeit beziffert McLaren mit "unter 7 Minuten"
Quelle: McLaren
McLaren P1 auf der Nordschleife
Quelle: McLaren
McLaren P1 auf der Nordschleife
Quelle: McLaren

Quelle: SP-X