Hintergrund: Das VW-Gesetz
Das VW-Relikt aus der Nachkriegszeit
Das VW-Gesetz von 1960 sorgt immer wieder für Ärger. Die EU traktiert Deutschland seit Jahren mit Klagen gegen die Sonderregeln in Niedersachsen. Worum geht es eigentlich?
Brüssel/Wolfsburg - Das VW-Gesetz sichert dem Land Niedersachsen seit 1960 ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen. Diese Sonderregelung stellt sich gegen die gängige Gesetzeslage, wonach in Aktiengesellschaften normalerweise Dreiviertelmehrheiten für zentrale Entscheidungen ausreichen. Neben der Blockadeerlaubnis für das Land hat auch die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat mehr Macht als üblich.
Woher kommt das VW-Gesetz?
Die Nationalsozialisten trieben den Aufbau des Volkswagenwerks in Wolfsburg als zentrales Projekt voran. Finanziert wurde es zu guten Teilen mit enteignetem Gewerkschaftsvermögen. Nach dem Krieg drohte VW das Aus, doch am Ende entschieden die Alliierten anders. Der Autobauer sollte zum Wohle Deutschlands weiter existieren.
Die Besatzungsmächte legten den Konzern in die öffentliche Hand, so sollte VW auf Jahrzehnte Jobs und Wohlstand bringen. Diesen Wurzeln trägt das VW-Gesetz mit seinen Sonderrechten noch heute Rechnung.
Wie rechtfertigen Gewerkschaften und VW aktuell das VW-Gesetz?
IG-Metall-Chef Berthold Huber sagte einmal, das VW-Gesetz sei ein gutes Argument für mehr Mitbestimmung: "Mit einem VW-Gesetz und dessen Beschränkungen bei Standortverlagerungen hätten weder AEG in Nürnberg noch Nokia in Bochum dem Shareholder-Kapitalismus geopfert werden müssen."
Niedersachsens Macht macht VW auch für "Heuschrecken"-Investoren unattraktiv. Dass das Land als Ankeraktionär wie ein Fels in der Brandung wirken kann, zeigte sich etwa beim gescheiterten Übernahmeversuch von Porsche.
Für VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh ist das VW-Gesetz eine einmalige Regelung, die es zu schützen gilt gegen "die einseitige Ideologie des freien Kapitalmarktes". So verbietet das Gesetz Standortentscheidungen - etwa Verlagerungen in Billiglohnländer - ohne Zustimmung der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat.
Was hat die EU-Kommission gegen das Gesetz?
Das Gesetz behindert den freien Kapitalverkehr in der EU, also Beteiligungen oder Übernahmen. Dies verstößt nach Ansicht der EU-Kommission gegen europäisches Recht. Investoren würden abgeschreckt, Innovationen blieben aus und es würden keine neuen Jobs entstehen. Dies würde Deutschland schaden, meint die EU-Kommission.Die Sonderregel sei eine Art "Goldene Aktie", die das Land bevorteile. Brüssel kämpft seit langem gegen solche Regeln, derzeit sind rund 40 solcher Verfahren anhängig. Im Fall VW ist die EU-Kommission besonders hartnäckig. Was auch daran liegen dürfte, dass die Wolfsburger als Europas größter Autobauer eine ganz besondere Bedeutung haben.
Wie steht die Bundesregierung dazu?
In Berlin wundert man sich über die Hartnäckigkeit der EU-Kommission. Die Auflagen des ersten EU-Urteils von 2007 seien komplett umgesetzt, lautet der Standpunkt der Regierung. Für die Sonderregelung hatte sich seinerzeit auch Bundeskanzlerin Angela Merkel stark gemacht.
Wie ist die Vorentscheidung des Generalanwalts zu bewerten?
Der Gerichtshof folgt in etwa drei Vierteln aller Verfahren der Ansicht des Gutachters, der den Titel "Generalanwalt" trägt. Somit ist es wahrscheinlich, dass der Europäische Gerichtshof die Klage tatsächlich abweist und Deutschland recht gibt.
Das gelingt Staaten bei Klagen auf Verletzung des EU-Vertrags nur selten: Von 14 Fällen seit dem Jahr 2000 sah der Gerichtshof nach eigenen Angaben bisher nur dreimal von Strafen für den beklagten Staat ab.
Aus der Politik kamen erfreute Reaktionen. Das Votum lasse auf ein ähnlich lautendes Urteil des Gerichtshofs hoffen, sagte Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufsichtsrat Stephan Weil (SPD) in einer Stellungnahme. Das VW-Gesetz sei europarechtlich abgesichert, das zeigten die Ausführungen des Gutachters eindeutig.
Wie geht es jetzt weiter?
In zwei bis sechs Monaten wird der Europäische Gerichtshof sein Urteil verkünden. Sollte er die Klage der EU-Kommission abweisen, könnte der Rechtsstreit dennoch weitergehen. Denn die Richter prüfen nicht die Frage, ob die Sperrminorität an sich zulässig ist - es geht nur darum, wie sie mit den anderen Bedingungen des ersten Urteils zusammenhängt. Voraussichtlich wird die EU-Kommission daher erneut vor Gericht ziehen. Dies wäre dann die dritte Runde - und könnte noch Jahre dauern.
Quelle: dpa
Das Gesetz ist kein Relikt, sondern wichtig und funktionell wie nie zuvor!
Ansonsten wäre das Atmen auch nur ein Relikt der Geburt.
Während ja alle anderen DAX Unterhnehmen inzwischen mehrheitlich in der Hand von US Investoren sind, ist das bei VW wohl nicht so kritisch.
Dass die weltweite Finanzindustrie Unternehmen wie Bayer, Henkel, BASF, Merck im Würgegriff haben, könnte auf Dauer für diese Unternehmen gefährlich werden, denn die neuen Mehrheits-Eigentümer kommen vornehmlich aus der Finanzindustrie - und die wollen vor allem die schnelle Rendite sehen.
Der Tausch Fiat Geld gegen Realwerte hat ja wunderbar geklappt - allen VW hat hier einen recht starken Schutz gegen das mögliche Auskernen durch die Neubesitzer.
"VW-Gesetze" für alle! 😆
Es würde zumindest verhindern, dass wie nun bei den grossen deutschen Unternehmen bereits geschehen manche Marktteilnehmer einfach Geld drucken und dafür Realwerte kaufen - und die dann über kurz oder lang für weitere Gewinne vielleicht zerkloppen.
Gerade bei den dt. DAX Konzernen die wenig Geld wert sind aber vergleichsweise gute Realwerte bieten, ist diese Gefahr ja relativ groß - was man ja auch an der Entwicklung der letzten Jahre sieht.
Es gibt eben immer mehr Investoren die Zugang zu "unendlich" Geld haben, ohne dafür was zu leisten, und die seit langem damit begonnen habe reale Konzerne zu kaufen - das ist halt eine durchaus gefährliche Entwicklung finde ich - generell sind staatliche Eingriffe natürlich immer kritisch - aber man kann auch nicht die Augen davor verschließen, was andere machen und was das für Auswirkungen hat.
Die Entwicklung wir erzeugen Geld aus dem Nichts und kaufen einfach damit die Realwerte die andere tatsächlich geschaffen haben, findet halt seit Jahren statt - und wird immer stärker.
anstatt einfach das gesetz zu zitieren *facepalm* jetzt muss ich wohl danach mal googlen!
Genau so sehe ich es auch
Finde das Gesetz sehr gut!
Das kommt einem Unternehmen in der sozialen Marktwirtschaft nahe.
Ich denke bei der EU in Brüssel ticken einige Leute nicht ganz richtig.
Warum will man eine gut funktionierende und rentierende Firma den "Kapital-Heuschrecken" zum Frass vorwerfen ? Steckt da eventuell die neidische Konkurrenz dahinter ?
Die Herren und Damen in der Brüsseler Zentrale sollten bei ihren Gurken-und Tomatennormierungsaufgaben bleiben, zu etwas anderem ist der EU-Wasserkopf und Geldvernichtungsmaschine sowieso nicht fähig !
Klar, das könnte den amerikanischen Finanzinvestoren und ihrer Vorhut in der EU, den US-Vasallen von der Insel, so passen. Volkswagen aufkaufen, ausweiden und alles, was in Deutschland ist, in den Mülleimer der Automobilgeschichte. Die in Deutschland noch verbleibenden VW- und Audi-Standorte schustern mit max. einem Zehntel ihrer vormaligen Belegschaft im Lohnauftrag dann Koreaner und chinesischen mobilen Industriemüll zusammen oder, wenn sie Glück haben, bauen sie noch Teile für in Asien oder Südamerika produzierte VW-gelabelte Billigmobile ähnlichen Zuschnitts. Nach bald 20 Jahren Tätigkeit in angloamerikanischen Unternehmen stellen sich mir die Nackenhaare auf, sobald ich irgendwo die gutturalen Schnarrlaute der westlichen Inselbewohner und Heilsverkünder höre.
Ne ne, dat VW-Jesetz is jut!
Genau, bitte alles mit Sonderstellung verstaatlichen 🙄
Es ist offensichtlich, weshalb die EU das bemängelt. Und ich finde es interessant, wie man das befürworten kann nach so wunderbaren, effektiv funktionierenden, transparenten öffentlichen Projekten wie den BER und S21.
Aber Politiker können ja offensichtlich alles, also ist die Sonderstellung von VW gerecht. 😆
Aber das perfekt funktionierende Lobbysystem macht das VW Gesetz ja überflüssig... wenn man die Prouktion nicht vollständig in Billiglohnländer auslagern kann, dann kommt halt das Billiglohnland zur Produktion.
Hat mit der Agenda 2010 ja hervorragend funktioniert.
Aber ne ne.... Lobby ist keine Gefahr, der Staat macht das schon.
Das VW Gesetz ist eines der besten die es in Deutschland gibt. Klar das die EU dagegen ist, schliesslich muss doch Wettbewerb herrschen, und Wettbewerb bedeutet das irgendwelche Investoren hierzulande alles aufkaufen können was immer sie wollen. Und Stellen schaffen bedeutet stellen ins billige Ausland verlagern.
Wir sollten solche Gesetze in jedem Bundesland haben um uns vor Investoren aus dem Ausland zu schützen.
Das VW Gesetz ist Klasse und sollte schleunigst Nachahmer finden. Desweiteren darf sich jeder als Glückspilz betrachten bei solch einer Firma zu arbeiten, was würde ich dafür geben......??
Ne ganze Menge, denn solch korrekte Arbeitgeber findet man nur noch ganz ganz selten.
Monatlich wird allein in den USA hauptsächlich der Finanzindustrie so viel Geld geschenkt, dass die jeden Monat VW oder Mercedes oder BASF oder Bayer kaufen können - und genau das wird auch seit Jahren mit dem Geld gemacht.
Das ist eben ein Problem - denn wer für z.B. den Kauf von Bayer nichts arbeiten musste der hat auch recht wenig Skrupel dann zusammen mit den anderen Mehrheitseigentümern - meist auch aus der Finanzindustrie irgendwann zu sagen - ach aus dem Laden ziehen wir jetzt raus was geht, z.B. an Dividenden oder hauen da Schulden drauf bis es kracht, und am Ende schmeissen wir den Rest auf den Müll und kaufen uns gleich wieder woanders ein.
Der Schutz vor allen Investoren ist ja nicht notwendig - aber der Schutz vor Investoren die massenhaft Geld aus dem Nichts erzeugen und das massenhaft in Realwerte tauschen um damit zusätzlich noch die schnelle Mark zu machen, der vielleicht schon.
Schutz nicht nur vielleicht sondern UNBEDINGT.