Renault Twingo (2017) im Test: Alltagstest, Technik, Ausstattung

Der beste Hecktriebler für die Stadt

verfasst am Fri Dec 22 07:30:06 CET 2017

Heckmotor gibt es nicht nur beim Porsche 911. Auch der Renault Twingo setzt auf das Antriebskonzept. Eine sinnvolle Lösung? In der Stadt auf jeden Fall.

Das Heckmotor-Konzept des Renault Twingo hat Stärken und Schwächen. Eine entscheidende Stärke: Die Vorderräder schlagen weit ein
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
  • Ideal bei der Parkplatzsuche
  • Kleiner Wendekreis
  • Platz für vier Personen
  • Kerniger Basismotor

Köln – Im Dezember sind die Straßen besonders voll. Der Jahresurlaub ist aufgebraucht, an den letzten Tagen vor Weihnachten herrscht Stress. Was das mit dem Renault Twingo zu tun hat? Der hilft aktiv beim Stressabbau. Wirklich. Denn wer jetzt mit einem großen Auto in der Stadt unterwegs ist, braucht starke Nerven.

Seit 2014 baut Renault den 3,59 Meter kurzen Kleinstwagen Twingo, in Kooperation mit Smart. Nicht nur das war damals neu beim Twingo, sondern auch das Antriebskonzept. Statt vorn sitzt der Dreizylinder im Heck. Klingt sportlich, ist es aber nicht. Sondern praktisch, denn es ermöglicht einen kleinen Wendekreis. Für den Alltagstest wählten wir den 69-PS-Basisbenziner ohne Turbo.

Abmessungen | Platzangebot | Karosserie

Vier Türen und Platz für vier Personen bietet der Smart Fortwo nicht - sondern nur der fast baugleiche Smart Forfour
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de

Wer einen Twingo wählt, entscheidet sich bewusst für ein kleines Stadtauto. Der kleine Franzose mit vier Türen ist praktischer als sein Verwandter, der zweitürige Smart Fortwo, und er kostet fast 1.400 Euro weniger. Im Vergleich zum genauso praktischen technischen Zwilling Smart Forfour spart man fast 2.000 Euro. Der aktuelle Twingo misst zehn Zentimeter weniger in der Länge als der Vorgänger, aber elf Zentimeter mehr in der Höhe.

Auf 3,59 Meter bietet er zwei Erwachsenen vorne ausreichend Platz. Im Fond sollten besser nur Kinder sitzen, so eng geht es dort zu. Dafür hocken die Kleinen recht hoch und sehen was von der Welt. Zu dritt dürfen sie aber nicht sein, der Twingo ist nur für vier Personen zugelassen.

Zwischen 219 und 980 Liter fasst der Kofferraum. Das ist nicht viel, für den Alltag reicht es aber. Zwei Kisten Wasser, dazwischen eine Einkaufstüte, Klappe zu. Passt. Zur Not wandern die Einkaufstaschen auf den Rücksitz, ebenso überzähliges Gepäck für den Urlaub. Dann bleibt die Kofferraumabdeckung zu Hause, die Rücksitzlehne klappt um.

Größe zählt eben, und bei den Kleinsten auch Kürze: Auf der Autobahn hoppelt der Twingo wegen seines kurzen Radstandes zwar die Spurrillen entlang. In der Stadt dagegen reist man dank der kurzen Abmessungen ach während der Rushhour entspannt durch den Verkehr. Bei der Parkplatzsuche sind nur noch Smart Fortwo praktischer.

Innenraum | Verarbeitung | Materialien

Eigentlich darf man in dieser Preisklasse billiges Plastik erwarten. Bekommt man auch oft. Bei diesem Twingo jedoch leuchten mit dem Innenraum-Paket 2 die Rahmen der Mittelkonsole in mattem Dunkelrot. Das sieht frisch aus und fühlt sich ordentlich an. Den Kunststoff gibt es auch in Blau, Schwarz oder Weiß.

Das zentrale Display mit Rundtacho und dem mittigen Info-Display sieht ordentlich aus, leider fehlt ein Drehzahlmesser. Dafür informiert das Display über Temperatur, Fahrmodus, Verbrauch, Tankinhalt und Restreichweite. Ist ein Doppelkupplungsgetriebe an Bord, zeigt es außerdem die eingelegte Fahrstufe.

Anders als beim Vorgänger steckt der Motor im Heck und treibt die Hinterräder an. Das hat Vorteile, aber auch Nachteile. So lässt sich die Rückbank nicht mehr verschieben und der Kofferraum liegt höher. Das ergibt zwar keine tiefe Ladekante mehr, aber auch keinen doppelten Boden. Außerdem heizt der Motor den Kofferraumboden bei normaler Fahrt von unten anständig auf. Es fängt trotz geschlossenem Deckel schnell an, nach Motor zu müffeln.

Infotainment | Radio | Bedienung

Der Dreizylindermotor unter dem Kofferraumboden heizt diesen Boden bei der Fahrt leider etwas auf
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
In der nackten Basis bietet der Twingo nur ein dunkles Loch mit Radiovorbereitung. Immerhin, Nachrüst-Radios sind schließlich günstig. Ab der Ausstattung Limited (ab 11.590 Euro) sorgt das Audiosystem R&Go mit zweimal 25 Watt für Musik im Auto. Diese Ausstattung ist empfehlenswert, weil dazu noch eine Klimaanlage sowie Lederbezug für Lenkrad und Schaltung gehören.

Eine Überlegung wert ist das Techno-Paket für 990 Euro. Es beinhaltet ein offenes Ablagefach mit USB-Anschluss zwischen den Vordersitzen, Rückfahrkamera, Subwoofer, Hochtöner, Breitbandlautsprecher mit zweimal 35 Watt und das Online-Infotainment R-LINK Evolution mit Navigation. Der Sound aus den Lautsprechern klingt satter und weniger blechern als aus der Basisanlage.

Auf die Rückfahrkamera könnten wir verzichten, den USB-Anschluss und besseren Sound fanden wir sinnvoll. Das Navi arbeitet schnell und zuverlässig, und es lässt sich leicht bedienen. Die Kästchen im Home-Bildschirm erklären sich von selbst: Navi, Radio, Menü für die Fahrdaten. Ein Smartphone lässt sich damit über Android Auto koppeln. Das Soundpaket gibt es auch einzeln für 390 Euro.

Typisch Renault: Der Bedienhebel hinter dem Lenkrad für Lautstärke und Sender. Anfangs suchten wir noch die Tasten am Lenkrad, nach einem Tag hatten wir uns an die Bedienung per Satellit gewöhnt.

Assistenzsysteme | Sicherheit

Serienmäßig verfügt der Twingo in der Ausstattung Intens über Bremsassistent, Berganfahrhilfe, Tempomat und Seitenwind-Assistent. Wegen des kurzen Radstands hätte der kleine Viersitzer sonst Probleme bei plötzlichem Seitenwind, wie er oft auf Brücken auftritt. Der Spurhalte-Warner kostet 200 Euro extra, getönte Heckscheiben 190 Euro. Wer will, wählt das Faltschiebedach (990 Euro). Es holt im Sommer die Sonne ins Auto, kostet aber etwas Kopffreiheit – vor allem auf den Rücksitzen.

Das Komfort-Paket für 590 Euro bietet einen Regen- und Lichtsensor sowie eine Klimaautomatik. Bis auf die Einparkhilfen (250 Euro) und die Rückfahrkamera gibt es keine weiteren Assistenten. Aber auch mit einer spärlichen Ausstattung fühlt man sich nicht unwohl im Auto.

Antrieb | Getriebe | Motor | Fahrleistungen

Erstaunlich: Das Highlight des Renault Twingo ist das Dreizylindermotörchen mit nur 69 PS. Das klingt nach wenig. In Verbindung mit einem Leergewicht von nur 1.048 Kilogramm reicht das für die Stadt aber allemal. Es macht sogar Spaß, dem kernigen Motor die Sporen zu geben. Dann kurz das Gas lupfen, damit das Doppelkupplungsgetriebe schnell einen Gang höher schaltet und man schwimmt entspannt im Verkehr mit.

Aus dem Stand „flitzt“ der Twingo in 14,5 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht bis zu 155 km/h. Mitschwimmen im Autobahnverkehr ist mit dem Renault daher kein Problem. Bis 130 km/h fühlt man sich dabei im Twingo wohl. Ausflüge auf die linke Spur sollten aber mit Bedacht erfolgen.

Ab 2.000 Touren röhrt der Motor im Heck kernig, ohne richtig laut zu sein. Oberhalb von 4.000 Touren geht ihm zwar die Puste aus, doch das Getriebe schaltet schnell. Mit 91 Newtonmeter Drehmoment reißt der Twingo zwar keine Asphaltdecke auf, zieht aber einigermaßen zügig durch.

Etwas unbefriedigend sind das kleine Tankvolumen von 35 Liter und der relativ hohe Verbrauch. Unser Schnitt: 6,3 Liter auf 100 Kilometern. Das schafften andere Kleinstwagen dieser Leistungsklasse besser. Der Normverbrauch liegt bei 4,5 Liter auf 100 Kilometer.

Fahrwerk | Lenkung | Federung | Fahrverhalten

Wirklich jeden Tag beeindruckt der Renault Twingo mit seinem winzigen Wendekreis: 8,56 Meter. Wo andere Verkehrsteilnehmer mühsam rangieren reicht im Twingo sehr oft ein einziger Zug. Kommt nicht häufig vor? Doch, in Köln beispielsweise jeden Tag beim Parkplatzsuchen.

Hübsch, bunt und durchaus hochwertig: das Cockpit überrascht angenehm in der kleinsten Klasse
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Dass ein Kleinstwagen durch seinen kurzen Radstand keine Sänfte sein kann, ist klar. Doch der schmale Twingo mit seiner straffen Federung hoppelt mehr über Bodenwellen, als dass er sie schluckt. Für die Stadt akzeptabel, auf der Autobahn nervig. Die weiche und gefühllose Lenkung ist nicht unsere Sache, in Frankreich mag man das, heißt es.

Ausstattung | Preis | Kosten

Der Basispreis von 9.750 Euro für den Renault Twingo Life sieht auf dem ersten Blick sehr günstig aus. Jedoch fehlt sogar ein Radio. Wer etwas mehr Komfort beim Fahren genießen will, der wählt entweder Limit (ab 11.590 Euro) oder den von uns gefahrenen Intens (ab 12.490 Euro). Neben den elektrisch verstellbaren Außenspiegeln zählen unter anderem 15-Zoll-Alus, Nebelscheinwerfer, Klimaanlage, Tempomat und ein Lederlenkrad zur Ausstattung.

Unser Testwagen mit dem Komfort- (590 Euro) und Techno-Paket (990 Euro) kostete laut Preisliste 15.370 Euro. Dafür gibt es zwar auch einen größeren Renault Clio (ab 11.990 Euro) oder einen VW Polo (12.975 Euro) – aber weitaus schlechter ausgestattet, mit einer schweren Karosserie und einem größeren Wendekreis. Den baugleichen Smart Forfour lässt Daimler sich schon in der Basis teurer bezahlen, Ausstattungsoptionen kosten ebenfalls mehr als beim Twingo.

Fazit: Fast konkurrenzloses Stadtmobil

Der Renault Twingo ist mit dem Smart Forfour eine Klasse für sich. Kein anderes Auto flitzt mit vier Personen an Bord und so einem kleinen Wendekreis durch die Stadt. Einfädeln und Parkplatzsuche wird zumindest in Köln und Bonn zum Spaß. Dazu passt sogar der kleine Basis-Benziner mit 69 PS. Auch das Doppelkupplungsgetriebe macht seine Sache mit dem Dreizylinder gut.

Klar ist auch, der Renault Twingo ist ein reiner Stadtwagen. Da gehört er hin, da fühlt er sich wohl. Über Landstraßen und Autobahn kann es mit ihm auch gehen, doch auf Dauer nerven dann die geringe Leistung, der hohe, schmale Aufbau und der kurze Radstand. Insofern ist es nur konsequent, dass Renault den Twingo nur mit Dreizylinder-Benziner anbietet.

Technische Daten Renault Twingo SCe 70 EDC Intens

  • Antrieb: 1,0-Liter-Dreizylinder-Benziner
  • Leistung: 51 kW (69 PS)
  • Drehmoment: 91 Nm
  • Getriebe: 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Höchstgeschwindigkeit: 155 km/h
  • 0-100 km/h: 14,5 s
  • Verbrauch: 4,5 l /100 km
  • CO2: 102 g/km
  • Testverbrauch: 6,3 l /100 km
  • Länge: 3,595 m
  • Breite: 1,647 m
  • Höhe: 1,557 m
  • Radstand: 2,492 m
  • Leergewicht: 1.048 kg
  • Kofferraum: 219-980 l
  • Basispreis Renault Twingo: ab 9.750 Euro
  • Basispreis Renault Twingo Intens: ab 12.490 Euro
  • Preis des Testwagens: 15.370 Euro
Durch die Stadt wuselt es sich prima, auch mit dem Basismotor ohne Turbo
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Renault Twingo: Frontansicht
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Vier Türen und Platz für vier Personen bietet der Smart Fortwo nicht - sondern nur der fast baugleiche Smart Forfour
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Renault Twingo: Heckansicht
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Erinnern an Phase zwei des Vorgängermodells: runde Nebelscheinwerfer
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Keine 70 PS, aber Spoiler: unser Testwagen trägt dick auf
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Ausstellfenster hinten und Türgriffe in der C-Säule: Details der hinteren Türen
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Hübsch, bunt und durchaus hochwertig: das Cockpit überrascht angenehm in der kleinsten Klasse
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Viel passt nicht hinein, aber mehr als nichts: Renault Twingo Kofferraum
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Das Doppelkupplungsgetriebe funktioniert im Twingo ganz gut. Erst recht im Vergleich, wenn man die Vorgängerlösung des Partners Smart kennt
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Renault Twingo: Türverkleidung
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Gummibänder helfen beim Arretieren von Gegenständen in den Ablagefächern
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Ausstellfenster kosten und wiegen weniger - und sind deshalb häufig in günstigen Autos zu finden
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de
Der Dreizylindermotor unter dem Kofferraumboden heizt diesen Boden bei der Fahrt leider etwas auf
Quelle: Fabian Hoberg für mobile.de