VW Golf GTE: Erste Fahrt

Der Bio-Öko-Müsli-Golf

Constantin Bergander

verfasst am Tue Mar 11 16:16:45 CET 2014

Im Netz suchen viele gerade das nächste heiße Ding, am Netz haben wir es gefunden. Der Plug-in-Golf von VW kann mehr, als man ihm zutraut. Erste Fahrt im Volks-Hybriden.

Der Golf GTE auf dem stillgelegten Flughafen in Berlin-Tempelhof
Quelle: MOTOR-TALK

Berlin – Es ist ein bisschen wie beim ersten Sex. Man war nicht der erste in der Klasse. Aber als es losging, war es so gut, dass sich die Warterei gelohnt hatte.

Auch bei VW muss man oft auf Autos, Techniken oder Konzepte warten, die andere schon längst haben. Doch nach der Fahrt im Plug-in-Golf lässt sich sagen: Der Typ kann was. Er ist stark wie ein Holzfäller (204 PS), aber ökologisch wie ein Veganer (1,5 Liter Verbrauch). Damit bleibt man an der Ampel vorn.

Golf GTE: Lautlos oder flink

Erste Fahrt im Vorserien-Plug-in: MOTOR-TALK-Redakteur Constantin Bergander im VW Golf GTE
Quelle: MOTOR-TALK
Und vorn sehen sich die Wolfsburger Bosse bekanntlich am liebsten. Deshalb ist auch Sportlichkeit die neue Lieblingsattitüde, wenn es um Ökologie geht. Das macht sich gut in der Wahrnehmung und toll auf der Straße. Dort, wo man die Vorreiter von Toyota am leichtesten abhängt mit ihrem 136-PS-Prius.

Doch eigentlich ist sportlich das falsche Eigenschaftswort für den Golf. Dynamisch passt besser, denn flott fährt der Golf GTE nur geradeaus. Auf einem Handlingskurs, wo Sportlichkeit wichtig wäre, da rollt er allenfalls hinterher.

Beim Golf GTE (der Name lehnt sich nicht zufällig an den GTI an) summiert sich die Leistung aus Benziner (150 PS) und Stromaggregat (102 PS) auf 204 PS Gesamtkraft. Beide Antriebe ermöglichen viele Spielarten. Wahlweise fährt der GTE lautlos, ausdauernd oder fix.

Gestartet wird das Auto im Strom-Modus. Der 102-PS-Elektro-Motor sitzt in der Getriebeglocke. Zwei Kupplungen trennen ihn von den Eingangswellen der Schaltbox, eine von der Kurbelwelle des Benzin-Aggregats. Diese Bauform braucht etwa sechs Zentimeter mehr in der Breite, der Motor sitzt entsprechend weiter auf der Beifahrerseite. Das Getriebe basiert auf dem großen Sechsgang-DSG „DQ500“, wurde für den Einsatz mit zwei Motoren aber umfangreich überarbeitet.

Schnell auf Knopfdruck

Rein elektrisch beschleunigt das Auto in der Stadt sehr zügig. Nähert man sich Tempo 100, wird der Kraftfluss zäher. Landstraßentempo erreicht man vollelektrisch nach gut zwölf Sekunden. Theoretisch und mit viel Sanftmut fährt man 50 Kilometer ohne Auspuffgase. Vielen Stadtmenschen genügt das für den Tag, manchen sogar für die Woche.

Wo sich der GTI rot ziert, trägt der GTE blau
Quelle: MOTOR-TALK
Nun schlägt der Puls der Zeit in Berlin aber schneller als zum Beispiel in Fallersleben. Wer also zusätzliche Kraft generieren möchte, kann per Kick-down den Benziner im Golf wecken. Volle Pulle leistet das System aber nur auf Knopfdruck.

Die GTE-Taste in der Mittelkonsole treibt beide Aggregate im Duett zur Höchstleistung, dann flitzt der Golf mit jaulendem Turbobenziner in 7,6 Sekunden auf Tempo 100. Das ist zweifellos beeindruckend. In der einen Sekunde noch Ökomobil, in der anderen fast so schnell wie ein GTI (ca. 1,35 Tonnen). Wäre da nicht das Gewicht von Akku, Elektromotor und Leistungselektronik, der GTE (gut 1,5 Tonnen schwer) würde sich nur schwer abschütteln lassen.

Reichweite und Realität

Allerdings hapert es bei der Ausdauer. Denn der Tank (in der Reserveradmulde) schrumpft um 10 auf 40 Liter Inhalt. Seinen ursprünglichen Platz unter der Rückbank benötigt die Batterie. VW glaubt, man könne so ein Auto 939 Kilometer weit fahren. Den Verbrauch geben die Öko-Apostel mit 1,5 (hybridisch) bzw. 4,5 Liter (nur Verbrenner) pro 100 Kilometer an.

Nun, das Zuspätkommen kommen wird hier bestraft. Weil selbst jeder Radfahrer heute weiß: Normverbrauch bei Hybriden ist so real wie ein Sieg der deutschen Elf bei einem großen Fußball-Turnier. Geld schießt nicht nur keine Tore, es senkt auch nicht immer den Verbrauch auf das Niveau, von dem der Fahrer träumt.

Golf GTE: Gefühlt fast ein GTI

Der kleine Bruder des GTI: Der Golf GTE leistet 204 PS
Quelle: VW
Und zum Träumen regt der Innenraum des ersten Plug-in-Golfs an. Sportsitze mit Karo-Muster, ein abgeflachtes Lenkrad, Zierstreifen an Grill und LED-Scheinwerfern. Hier kommt ein Typ mit Spikes, dessen Gewicht eher zu stark gedämpften Wanderschuhen passt. Fahrerisch kann er beides: Flott im GTE-Modus, lautlos mit Strom oder irgendwo dazwischen als sparsamer Hybrid. Während der Fahrt lässt sich die Batterie über den Verbrenner laden.

Alternativ bietet der Golf GTE verschiedene Rekuperierungsmodi: Er koppelt die Aggregate ab und segelt (Rekuperation aus) oder er nutzt die Bewegungsenergie mehr oder weniger intensiv zum Laden der Batterie (Stufe 1 bis 3). Je nach Modus bremst das den Golf kaum bis stark – eine Spielerei in der Stadt, im Gebirge aber nützlich.

Technisch fährt sich der GTE so, wie man es erwartet. Ruppige Übergänge beim Schalten zwischen den Antrieben oder den Gängen sind vergessen, zumindest in unserem Vorserienfahrzeug. Das war im baugleichen Audi-Prototyp aus dem vergangenen Jahr noch anders. Ganz fertig ist der Hybrid-Plug-in-Golf dennoch nicht. VW gönnt sich noch sechs Monate Entwicklungszeit für die Software-Abstimmung. Verständlich. Denn zwar kommen die Autos aus WOB spät, aber noch gibt es keine Plug-in-Version von Toyota Auris, Ford Focus, Opel Astra. Der Golf GTE kommt also früher als die meisten anderen im Markt.

Sein Preis wird auf dem Niveau des E-Golf, also bei ungefähr 35.000 Euro liegen. Genaues verrät VW kurz vor der Markteinführung.

VW Golf GTE: Technische Daten

  • Motor: 1,4-Liter Turbobenziner, Elektromotor
  • Getriebe: Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe
  • Leistung: 150 PS (Benzin), 102 PS (Strom), 204 PS (System)
  • Drehmoment: 350 Newtonmeter (System)
  • Beschleunigung: 7,6 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 217 km/h
  • Verbrauch laut NEFZ: 1,5 l (hybridisch) bzw. 4,5 l (Benzin) pro 100 km
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,27 x 1,80 x 1,44
  • Leergewicht: 1.526 kg

Quelle: MOTOR-TALK

Erste Fahrt im Vorserien-Plug-in: MOTOR-TALK-Redakteur Constantin Bergander im VW Golf GTE
Quelle: MOTOR-TALK
Der Bildschirm in der Mittelkonsole des Golf GTE hilft beim Stromsparen und -verbrauchen
Quelle: MOTOR-TALK
Wo sich der GTI rot ziert, trägt der GTE blau
Quelle: MOTOR-TALK
Golf GTE: LED-Scheinwerfer gibt es serienmäßig
Quelle: VW
Der Golf GTE fährt 50 Kilometer und bis zu 130 km/h rein elektrisch
Quelle: VW
Der kleine Bruder des GTI: Der Golf GTE leistet 204 PS
Quelle: VW