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Der Dakar Monster-Mini im Tracktest
Die vom deutschen X-Raid-Team vorbereiteten Mini Countryman-Prototypen sind als Top-Favoriten bei der Dakar-Rallye 2012 am Start. Bevor es nach Südamerika ging, sind wir den 300 PS starken Allradler in der marokkanischen Sandwüste probegefahren.
Die Hitze. Wenn bloß diese Hitze nicht wäre. Die Sonne steht vertikal über dem südlichen Marokko, so steil, dass es praktisch keinen Schatten gibt. Keine Wolke weit und breit. Dafür gibts Sand, jede Menge Sand. Und Geröll, jede Menge Geröll. 30 Grad zeigte das Thermometer vor einer Stunde am Swimmingpool des famosen Wüstenhotels "Xaluca Maadid". Im Cockpit des Dakar-Mini kann man locker das Doppelte veranschlagen.
"Das war ja noch gar nichts", wird Teamchef Sven Quandt am Abend mit einem maliziösen Lächeln sagen. "In Dubai hatten wir neulich 50 Grad." Wobei nicht ganz klar ist: Meint Quandt tatsächlich die Außentemperatur? Der persönliche Wohlfühlbereich des Tracktesters liegt an jenem sonnigen Tag in der Sahara in unerreichbar weiter Ferne.
Der kaum wärmeisolierte Biturbo-Dieselmotor strahlt Hitze ab wie ein rotglühender Kanonenofen. Helm samt Sturmhaube, dicker Rennanzug (Warum bloß wurde der Overall seinerzeit ausgerechnet in hitzespeicherndem Schwarz bestellt?), polartaugliche Nomex-Strickhandschuhe und dazu ein krachenger Schalensitz - auch dies schmälert das Wohlbefinden des Chauffeurs erheblich.
Dakar-Mini nichts für Weicheier
Natürlich ist der Dakar-Mini nicht als Luxussänfte für verzärtelte arabische Wüstensöhne gedacht, die entspannt und angenehm temperiert auf Falkenjagd gehen wollen. Dieses Auto ist für hartgesottene Sportsleute, die nach dem ganz großen Ziel streben, dem Sieg bei der wüstesten aller Rallyes, der mehr als 9.000 Kilometer langen "Dakar". Da heißt es eben Kompromisse einzugehen. Und fleißig zu trainieren.
"Ich fahre daheim in der Sauna auf dem Ergometer", sagt Stéphane Peterhansel, Quandts Starfahrer. Erstaunte Gesichter. "Nein, nein, war nur ein kleiner Scherz", grinst der Franzose nach einer Kunstpause. "Während der Rallye trinke ich bis zu acht Liter am Tag." Das ist kein Scherz. Mit neun Gesamtsiegen - sechs auf dem Motorrad, drei im Mitsubishi-Prototyp - hat der 46-Jährige seinen Thron im Dakar-Olymp schon längst sicher. Doch Peterhansels letzter Triumph liegt bereits fünf Jahre zurück. Höchste Zeit also für Sieg Nummer zehn.
X-Raid Countryman als Dakar-Favorit
Die Voraussetzungen dafür sind sehr gut. 2010 und 2011 kam Peterhansel mit seinem BMW X3-Prototyp hinter jeweils drei VW Race Touareg als Vierter ins Ziel. Da VW jetzt nicht mehr im großen Dakar-Sandkasten mitspielt - nicht mal als Lieferant von Kundenautos -, ergibt sich arithmetisch ein klares Bild: Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich Mini im Januar den ersten großen Sport-Triumph nach rund vier Jahrzehnten ans Revers heften dürfen.
Peterhansel bekommt Unterstützung von vier weiteren Mini-Crews. Der Spanier Nani Roma, 2004 Dakar-Sieger auf dem Motorrad, der polnische Routinier Krzysztof Holowczyc, der zweifache Weltcup-Sieger Leonid Novitskiy aus Russland und der Portugiese Ricardo Leal dos Santos werden alles tun, um ihn zu unterstützen oder im Falle eines Falles selbst in die Bresche springen.
Dakar-Mini mit BMW-Teilen
Ein großer Vorzug des Dakar-Mini: Seine Technik fußt auf Bewährtem. Fast alle wichtigen Bauteile stammen aus dem seit Jahren erfolgreich eingesetzten X3-Prototyp. Herzstück ist der von den BMW-Dieselmotorzauberern aus dem österreichischen Steyr liebevoll aufgepäppelte Dreiliter-Biturbo. Obwohl der Sechszylinder seine Verbrennungsluft durch strohhalmkleine Luftmengenbegrenzer anschnorcheln muss, bringt er es auf 300 PS.
Auch das Rückgrat des Mini, ein unerhört stabiler Stahlrohrrahmen, hat seine Reifeprüfung schon längst abgelegt. "Lediglich in der Dachpartie mussten wir den X3-Käfig an die anderen Dimensionen des Mini etwas anpassen", sagt Quandt. Auf Fotos wirkt der Countryman wie das Original - lifestylig, chic und noch einigermaßen kompakt. Steht man aber in natura vor dem Wüsten-Mini, kann man es kaum glauben: Der Renner ist mit seiner Scheitelhöhe von 1,97 Metern ein wahres Autogebirge, eher Maxi als Mini. Quandt lächelt: "Wir haben das Original maßstabgetreu vergrößert."
940.000 Euro - plus Mehrwertsteuer
Mit der Serie hat der Rallye-Countryman ungefähr so viel am Hut wie Playboy-Gründer Hugh Hefner mit Monogamie. 95 Prozent der Teile sind Spezialanfertigungen. "Nur die Türgriffe, die Heckklappenscharniere, die Rückleuchten, einige Dichtungen sowie die Zierleisten sind Standardteile", erläutert Quandt. So viel feine Technik hat ihren Preis: 940.000 Euro, plus Mehrwertsteuer.
Der Besatzung haben die Konstrukteure nur das Nötigste zugebilligt. Im Cockpit geht es denkbar eng zu, denn im Fokus der Techniker stand eine möglichst günstige Gewichtsverteilung. Der Motor wurde so weit wie möglich nach hinten transplantiert. Der 420-Liter-Tank kuschelt sich eng an die Rücklehnen der Sitze. Zweck der Übung: An der Balance und damit am Fahrverhalten soll sich möglichst wenig ändern, wenn der Tank am Ende der Etappe leer wird. "Am Start beträgt die Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse 48:52 Prozent", verrät Quandt. "Im Ziel sind es 53:47."
Während der Beifahrer auf eine Unzahl von elektronischen Gerätschaften blickt, unter anderem je zwei GPS-Geräte, zwei Tripmaster und zwei mittig im Armaturenbrett platzierte Multifunktions-Displays, hat es der Fahrer nicht schwer. Eigentlich muss er nur die Schaltlampen beachten, die zum Nachladen der Gänge mahnen. Das Anfahren im Rallye-Mini ist simpel und völlig ohne Drama: Die Carbonkupplung greift so sanft, dass selbst ein Fahrschüler keinerlei Mühe hätte, den Countryman zügig in Schwung zu bringen.
Offroad-Getriebe erlaubt nur 181 km/h
Auch der Dreiliter-Diesel gibt sich lammfromm. Doch er kann auch anders, ganz anders. Vollgaskommandos beantwortet er fast verzögerungsfrei mit harschem Antritt. In den Gängen eins, zwei und drei ziehen die BF Goodrich-Reifen dabei schöne Furchen in die marokkanische Schotterpiste. Von den 1.900 Kilogramm Leergewicht, zu denen sich noch eine halbe Tankfüllung (rund 150 kg) sowie Fahrer und Copilot (insgesamt 160 kg) addieren, nimmt der Motor kaum Notiz. Bei 181 km/h ist Schluss. Länger ist das Sechsganggetriebe nicht übersetzt.
Doch wenn man nicht gerade Peterhansel heißt, ist das eher zweitrangig. Denn auf den schlagloch-übersäten Schotterpisten Marokkos fühlten sich bereits 135 km/h an wie eine Expedition ins Niemandsland der Physik. Ein Serien-Geländewagen würde wohl schon bei der Hälfte des Tempos den Heldentod sterben, durch Überschlag oder durch Zerbröseln. Der Mini schlingert, driftet, springt, und wenn eine Geländekante im Weg steht, keilt er mit dem Heck kräftig aus.
Die Stoßdämpfer der holländischen Firma Reiger leisten Schwerstarbeit, trotzdem wird die Crew kräftig gebeutelt. Bei kurzen Wellen verschwimmt für Sekundenbruchteile der Horizont vor dem Auge. Ein Phänomen, das viele Dakar-Piloten kennen. "Du musst dir halt vorher einprägen, wo es hingeht", lautet das archaische Rezept für solche Fälle. Oder scharf bremsen. Das erfordert im Countryman gehörigen Pedaldruck. Dennoch lässt sich die Bremskraft sensibel dosieren. Nettes Detail: Aufgeklebtes Schmirgelpapier sorgt für Grip am Pedal.
Federweg begrenzt, Lenkung direkt
Materialschonend für Mensch und Maschine fallen die Landungen nach Sprüngen aus. Man muss weder geknackte Bandscheiben noch geborstene Teile befürchten. Kaum zu glauben, was die Techniker von Reiger aus ihren Stoßdämpfern holen, obwohl der Federweg von Dakar-Prototypen auf 25 Zentimeter beschränkt ist. Zum Vergleich: Die Offroader der US-Baja-Rennszene verfügen über drei Mal mehr Federweg, was der Geschmeidigkeit des Fahrwerks außerordentlich zuträglich ist.
Mit schnellen, aber dennoch sanften Korrekturen will der Mini beim flotten Galopp über die Piste auf Kurs gehalten werden. Äußerst hilfreich ist es, dass die Lenkung mit gerade mal 1,5 Umdrehungen von Anschlag zu Anschlag extrem direkt übersetzt ist. Überraschend ist auch das flinke Handling des Zweitonners: Selbst auf Schotter lenkt der Countryman zackiger ein als mancher Serien-SUV auf trockenem Asphalt. In engen Kehren kann man das Heck per Handbremse zum eilfertigen, fahrdynamiksteigernden Mitschwenken überreden.
Nach einer guten halben Stunde Probefahrt steht der Wüsten-Countryman im Schatten unter ein paar Palmen. Der auto motor und sport-Mann wischt sich ein paar Tröpflein aus den Augenwinkeln. Nein, keine Freudentränen (Obwohl auch die angebracht wären), sondern salzigen Schweiß. Die Tür geht auf. Frischluft strömt in die rasende Sauna. Plötzlich empfindet man 30 Grad Außentemperatur als sehr erquickend.
Quelle: Auto Motor und Sport
ich hab jetzt nur die bilder angesehen und die ersten absätze gelesen, den rest heb ich mir mal noch auf.. ich mag so berichte. hab mal auf der auto bild-website oder so nen fahrbericht zu so nem pick-up trophy car gelesen, das war auch so ein "gschooos", wie einer meiner fahrlehrer zu sagen pflegte.😆