Ford Fiesta ST (2018): Erster Test, Fahrbericht, Preise, Motor
Der Kurven-König von Köln
In Fords neuem Fiesta ST stecken neben einem starken Dreizylinder-Turbo mit 200 PS noch weitere Neuheiten in Motor und Fahrwerk. Erste Fahrt im heißen Ford-Kleinwagen.
Nizza – Diese Feder ist der ganze Stolz von Leo Roeks. Leicht gebogen wie eine Banane, etwas länger als eine normale Feder. Eine neue Fahrwerksfeder, die auch Seitenführungskräfte aufnehmen kann. „Darauf haben wir ein Patent“, sagt der Direktor von Ford Performance. Mit dieser Erfindung soll der neue Ford Fiesta ST bei den kleinen Sportlern wieder ganz vorne mitfahren. Vor allem in Kurven.
Schon bei der letzten Abnahmefahrt auf dem Versuchsgelände in Lommel konnten wir uns von der Spritzigkeit des neuen Fiesta ST überzeugen. Jetzt durften wir selbst hinters Lenkrad. Im Innenraum bleibt es sportlich. Carbonlook, tief liegende Recaro-Sportsitze und ein unten abgeflachtes Sportlenkrad machen den Unterschied zum Standard-Fiesta.
Ein zwei Zentimeter kürzerer Schalthebel soll für ein besseres Schaltgefühl sorgen, für uns liegt der Schalthebel einen Tick zu niedrig. Serienmäßig sitzt ein 6,5 Zoll großer Monitor für die Bedienung von Entertainmentsystem und Navi in der Mitte, optional für 350 Euro ein 8 Zoll großes Display. Für mehr Sound auf die Ohren gibt es eine Anlage von Bang & Olufsen ab 550 Euro. Die darf heute nicht aufspielen, denn wir wollen den Motor hören.Dreizylinder, aber sportlich
Die Daten des neuen Triebwerks: Aus dem 1,5-Liter-Dreiyzlinder-Turbo quetschen die Ingenieure 200 PS bei 6.000 Umdrehungen und 290 Newtonmeter Drehmoment zwischen 1.600 und 4.000 Umdrehungen. Dreizylinder, das liest sich wie Verzicht. Beim ST ist das Gegenteil der Fall. Im Stehen säuselt der Motor zwar ein bisschen lustlos mit geschlossener Klappe aus dem Auspuff. Im Innenraum klingt das direkt satter, Sound-Emulatoren unterstützen über die Lautsprecher den Klang. Ohne künstlich oder prollig zu wirken.
Aus dem Stand beschleunigt der Fiesta ST in 6,5 Sekunden auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 232 km/h. Der Vorgänger ST200 benötigte 6,7 Sekunden und fuhr 230 km/h schnell. Doch Topspeed ist nicht das, was zählt. Der 4,06 Meter kurze Fiesta macht mehr Spaß auf Landstraßen, in engen Kurven, am Berg. Dann kann sein straff abgestimmtes Fahrwerk am meisten glänzen – und mit ihm die neuen Federn.
Die „Ford Force Vectoring Springs“-Schraubenfedern nehmen Querkräfte in Kurven auf und stützen das jeweilige Rad dagegen. Die Achse überträgt durch den Einsatz weicherer Gummilager weniger Fahrgeräusche in den Innenraum. Dank der neuen Federn konnten beim Wattgestänge 10 Kilogramm gespart werden. Trotz der weichen Gummis fährt sich der ST sehr sportlich. „Die Fiesta ST-Achse konnten wir deshalb sehr steif auslegen, sie ist die steifste im Ford-Verbund“, sagt Roeks. Die Torsionslenkachse sorgt für eine bessere Seitenführung, eine neuentwickelte mechanische Sperre mit weniger Reibungsverlust für mehr Traktion auf der Vorderachse.
Schnellere Lenkung, gutes Fahrwerk
Zwei Jahre entwickelte Ford den neuen ST. Die Arbeit hat sich gelohnt: Der Fiesta ST lenkt sehr direkt durch enge Kurven, sinkt in Bodenwellen kurz ein, hebt leicht das hintere innere Rad und beißt sich dann wieder mit allen vier Reifen in den Asphalt. 14 Prozent schneller soll die Lenkung im Vergleich zum Vorgänger arbeiten, verspricht Ford. Den genauen Wert können wir zwar nicht bestätigen, aber gefühlt arbeitet die Lenkung tatsächlich schneller und präziser, lässt das Auto schneller durch Kurven tanzen. Die neuen Dämpfer arbeiten dabei frequenzabhängig und feinfühliger, halten selbst auf einer üblen Landstraße die Unruhe aus dem Auto.
Einen großen Anteil daran haben die extra für den ST entwickelten Michelin-Pilot-Super-Sportreifen. Einmal auf Temperatur, kleben sie am Asphalt und halten sehr lange den Grip in schnellen Kurven. Bis sie leicht, aber noch kontrolliert anfangen zu schmieren. Möglich wird das durch zwei unterschiedliche Mischungen. Eine weichere Schicht außen sorgt für mehr Haftung in Kurven, die härtere in der Mitte für mehr Haltbarkeit. Mit größeren Bremsen im Durchmesser 278 Millimeter vorne und 253 Millimeter verkürzt sich der Bremsweg um bis zu sechs Prozent im Vergleich zum Vorgänger.
Auch der Unterboden trägt zum besseren Handling bei. Er ist mit glatten Kunststoffplatten verkleidet, lässt die Luft ohne viel Verwirbelungen unter dem Auto durchhuschen. Zusätzliche Verstrebungen am Unterboden versteifen den ST zusätzlich.Sparen beim Sport
Allein mit „schneller und stabiler“ ist es allerdings nicht getan. Auch der Verbrauch muss beim Modellwechsel sinken. Der kleine Dreizylinder leistet so viel wie der Motor im Vorgänger, der die Leistung aus einem 1,6-Liter-Vierzylinder schöpfte. Der neue ST-Motor kann zeitweise auf zwei Pötten laufen. Zwischen 1.200 und 4.500 Touren schaltet die Steuersoftware innerhalb von 14 Millisekunden den ersten Zylinder ab oder wieder zu. Per Hydraulik wird die Annahme der Nockenwelle so eingestellt, dass der Druck auf die Ventile entweder übertragen wird oder ins Leere fällt. Zu spüren ist das während der Fahrt nicht.
Ford spricht von einem Kraftstoffeinsparpotenzial von bis zu sechs Prozent. Im Normzyklus verbraucht der ST 6,0 Liter auf 100 Kilometer. Bei unserer Testfahrt über verwinkelte Straßen mit kurzen Vollgasetappen genehmigte sich der Kleinwagen laut Bordcomputer 9,2 Liter auf 100 Kilometer. Nicht wenig, aber für sportlich bewegte 200 PS durchaus akzeptabel. Bei zurückhaltender Fahrweise mit frühem Hochschalten wären weniger drin gewesen – weniger Fahrspaß allerdings auch.
Ein Benzinpartikelfilter ermöglicht dem Ford Fiesta ST das Erreichen der Abgasnorm Euro 6d Temp. Nachteil: Der Filter schluckt Motorsound. Deshalb installiert Ford im linken Auspuffrohr eine Abgasklappe. Der Klang verändert sich über die Drehzahl und die Last sowie beim Wechsel der Fahrmodi. Bei „Sport“ und „Track“ knallt es dezent beim Zurückschalten und beim Lupfen. Die drei Fahrmodi verändern außerdem die Annahme und Reaktion des Gaspedals und der Lenkung. Das ESP lässt sich komplett ausschalten.
Der Fiesta ST bleibt ein guter Deal
Der neue ST kostet 22.100 Euro und ist damit 460 Euro teurer als der Vorgänger. Aber der Fiesta bleibt etwas günstiger als seine stärksten Wettbewerber Renault Clio R.S. (200 PS, 23.690 Euro), Peugeot 208 GTI (208 PS, 23.990 Euro) oder VW Polo GTI (200 PS, 23.950 Euro). Mit Styling-Paket inklusive farbigen Ziernähten an Hebel und Schalter sowie getönten hinteren Scheiben kostet der ST 22.600 Euro, die fünftürige Version 800 Euro mehr, LED-Scheinwerfer gibt es für 750 Euro.
Vielleicht nur eine Kleinigkeit, aber sie nervt: der fehlende Haltegriff für den Beifahrer. Denn der könnte ihn definitiv gut gebrauchen. Spätestens dann, wenn der Fahrer die neuen Federn ausprobieren möchte und mit dem ST richtig Spaß hat.
Technische Daten: Ford Fiesta ST
- Motor: 1,5-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner
- Leistung bei U/min: 147 kW (200 PS) bei 6.000 U/min
- Drehmoment bei U/min: 290 Nm zwischen 1.600 und 4.000 U/min
- Antrieb: manuelles Sechsgang-Getriebe, Frontantrieb
- 0 – 100 km/h: 6,5 s
- Höchstgeschwindigkeit: 232 km/h
- Verbrauch: 6,0 l/100 km
- CO2-Ausstoß: 136 g/km
- Abgasnorm: Euro 6d Temp
- Länge: 4,068 m
- Breite: 1,941 m (mit Spiegel)
- Höhe: 1,469 m
- Radstand: 2,493 m
- Leergewicht: 1.262 kg
- Zuladung: 373 kg
- Kofferraumvolumen: 269-1.093 l
- Basispreis: 21.100 Euro
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Geil! Downsizing richtig gemacht!
Ford hat verstanden....
....wie man aus nem flotten stylischen Kleinwagen einen mega langweiligen, weichgespülten Einheitsbrei gestaltet. Keine Ecke, keine Kante... nur noch öde der neue Fiesta.
und für die anstehenden Kommentare zum Verbrauch:
https://www.motor-talk.de/.../...ste-fiesta-aller-zeiten-t4443560.html
der vorherige 4 Zylinder mit 182PS im Overboost eben die ca. 200PS brauchte mehr Sprit, nämlich 10,9l. Damit ist der neue 3Ender etwas effizienter, was natürlich auch so sein sollte.
In den vorhandenen Videos klingt der Motor außen wesentlich angenehmer, da man das kernige 3 Zylindergeräusch trotz Filter weiterhin gut hört. Innen hätte man etwas weniger Soundemulator nutzen können. Das ist zu künstlich geraten.
Torsionslenkachse mit Wattgestänge und Federn, welche die Seitenführung übernehmen?
Ich würde gerne mal sehen, wie das Fahrwerk des Fiesta aussieht.
Starrachsen brauchen das Wattgestänge zum Abstützen der Querkräfte (wie z.B. bei der A-Klasse der 2. Generation), aber mir war nicht bewusst, dass das inzwischen auch bei Verbundlenkerachsen immer mehr (?) in Mode kommt.
Eine Verbundlenkerachse mit Wattgestänge hatte Opel beim Astra J eingeführt, 2009 war das eine Neuheit.
Scheint ein spaßiger kleiner Flitzer zu sein, schön dass Ford einem die Wahl zwischen 3- und 5-Türer lässt.
Allerdings ist es schade dass heutzutage selbst bei so einem "unvernünftigen" Auto nicht ohne dieses Effizienzgewese geht.
Kann man den Partikelfilter eigentlich legalerweise (sprich gegen entsprechendes Mehr an Kfz-Steuer entfernen )?
Nope.
Die Front, der Innenraum und das Fahrwerk würde ich mir ja gefallen lassen, aber der kleine Motor mit Sound aus den Lautsprechern (Beim MK7 war es nur ein Schlauch mit Durchbruch zum Motor) und das restliche Design sprechen mich nicht an 🙁
Warum sollte man soetwas dummes tun?
Der Corsa OPC ist also in einer anderen Fahrzeugklasse unterwegs. Soso😆
Partikelfilter sorgt für mehr Abgasgegendruck, kostet Leistung und Sound. Da finde ich es eher dumm dass dem Kunden sowas aufgezwungen wird. Geht auch ohne, siehe neue Benziner von Mazda.
Der neue Polo GTI hat keine mechanische Sperre und daher auch Probleme bei zügiger Kurvenfahrt. Und ob die 4 Zylinder besser klingen, als die 3 im Ford, darf auch bezweifelt werden.
Klingt nach einer guten Weiterentwicklung.
Hier noch eine kleine Besserwisserei:
Lieber Herr Hoberg, wieso schreiben Sie, dass der ST200 der Vorgänger wäre? Der ST200 war nur eine Sonderedition des Vorgängers. Den Vorgänger, also den "normalen" ST des Fiesta Mk7, hat es bis zum Schluss gegeben.
Leistung nicht (siehe Artikel) und Sound letztlich auch nicht.
Die aktuelle Abgasnorm ist übrigens verbindlich und nichts was man "wegkonfigurieren" kann.
Komisch, andere regen sich zu recht auf, wenn neue Benziner ohne PF daherkommen, bei Ford motzt man über die aktuelle, vor drohenden Fahrverboten schützende Technik.
Das sicher nicht, aber er ist als Neufahrzeug ab Werk nicht mehr bestellbar.
Wo motzt jemand wegen Ford? Ford kann auch nichts für diesen Wahn mit immer neuen Grenzwerten.
Und es kostet Leistung. Audis S3 hat z. B. dank OPF 10 PS weniger. Ford hat das hier wohl besser gelöst.
Zum Glück hab ich erst ein neues Auto gekauft, da ist das Thema OPF erstmal nicht akut für mich.