Martin Winterkorn: Porträt
Der Mann, der Piëch besiegte
Martin Winterkorn und Ferdinand Piëch hatten viele Gemeinsamkeiten, Piëch war Winterkorns Förderer. Ein Machtkampf hat die Verhältnisse nun umgekehrt.
Wolfsburg - Der Mentor wird gestürzt, der Zögling setzt seinen Machtanspruch durch: Mit dem Rückzug Ferdinand Piëchsvon der Spitze des Aufsichtsrats tritt Martin Winterkorn endgültig aus dem Schatten des VW-Übervaters. Wie abrupt und wie klar sich die übrigen Kontrolleure des PS-Imperiums nach einem beispiellosen Führungsstreit auf die Seite Winterkorns schlugen, hält die Autowelt in Atem.
Winterkorns Sieg im Duell der beiden Auto-Giganten wird aber nicht nur Europas größten Autokonzern verändern. Das deutliche Votum des Aufsichtsrats-Präsidiums für ihn und der massive Vertrauensverlust für Piëch nach zwei Wochen voller Krisentreffen und Indiskretionen markieren auch einen Einschnitt in der Karriere des 67-Jährigen.
Motiv von Piëch bleibt unklar
Wie muss es sich anfühlen, von einer Wirtschaftslegende wie dem Enkel des Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche über Jahrzehnte aufgebaut und dann plötzlich fallengelassen zu werden? Und mitzuerleben, wie sich der bisher unanfechtbare Lehrmeister am Ende selbst demontiert?
Nach einem geheimnisumwitterten Treffen des engsten Machtzirkels in Piëchs Heimat Salzburg vor eineinhalb Wochen hatten der mächtige Betriebsratschef Bernd Osterloh und auch das Land Niedersachsen - zweitwichtigster Aktionär bei VW - Winterkorn den Rücken gestärkt. Nicht nur ihnen war es ein Rätsel, warum der Patriarch seinem Intimus an der Vorstandsspitze das Vertrauen entzogen hatte - und das auch noch öffentlich. "Ich bin auf Distanz zu Winterkorn", hatte Piëch (78) dem "Spiegel" gesagt. Seine genauen Motive blieben unklar.Der "bestmögliche" Vorstandschef - so lautete das Urteil der Aufseher über Winterkorn - ist ein Autonarr, die Auftritte des Hobby-Fußballers sind gefürchtet. "Da scheppert nix", stellte Winterkorn 2011 auf der Automesse IAA fest, als er an der Lenkrad-Verstellung des VW-Golf-Konkurrenten von Hyundai rüttelte. Das konnte ihm nicht gefallen: "Warum kann's der?"
Winterkorn: Technik-Freak, Top-Manager
Die Szene wurde berühmt durch einen Videoclip bei Youtube und sagt einiges aus über Winterkorn. Er ist ein Technik-Freak und ein detailversessener Top-Manager - ein "Mr. Qualität", der jede wichtige Entscheidung selbst treffen will. Ingenieure und Designer geraten regelmäßig ins Schwitzen, wenn der Chef vor dem Start neuer Modelle höchstpersönlich zur Endabnahme vorbeischaut und Änderungen verlangt.
Nur einer im weit verzweigten VW-Reich thronte noch über Winterkorn: der bisherige Chefaufseher Piëch. Doch das Traumduo ist jetzt Geschichte. Bereits nach dem Salzburger Sondertreffen hatte sich die Mehrheit der Kontrolleure für eine Verlängerung von Winterkorns Vertrag über 2016 hinaus ausgesprochen. Nach dpa-Informationen stand Piëch danach allein da - eine für ihn wohl unvorstellbare Erfahrung.
Der Bruch zwischen den beiden erstaunt, weil sie bisher Weggefährten mit einer nahezu unverbrüchlichen Beziehung waren. Eigentlich galt es als gesetzt, dass Winterkorn den Vorsitz im Aufsichtsrat von Piëch erben würde. Ob ihm das nach dessen Abtritt nun gelingt, darf bezweifelt werden.
Von Bosch über Audi zu VW
Winterkorn wurde am 24. Mai 1947 in Leonberg bei Stuttgart als Sohn eines Arbeiters und einer Hausfrau geboren. Nach dem Studium der Metallphysik und der Promotion begann seine Laufbahn 1977 zunächst bei Bosch. Eine entscheidende Weichenstellung war vier Jahre später der Wechsel in die Audi-Zentrale nach Ingolstadt. Früh arbeitete er im Dunstkreis Piëchs, wurde 1988 Leiter der Qualitätssicherung. 2002 wurde Winterkorn Audi-Chef, 2007 schaffte er es an die VW-Spitze.
Auch nach seinem Amtsantritt in Wolfsburg war der zweifache Vater erfolgreich, baute den Konzern zu einer Zwölf-Marken-Gruppe aus, fuhr Rekordzahlen ein und ist der mit Abstand bestverdienende Dax-Chef. Mit der "Strategie 2018" sorgte Winterkorn für klare Zielvorgaben bei Qualität und Quantität. Spätestens 2018 soll Volkswagen demnach der weltgrößte Autokonzern sein. Noch liegt Toyota vorn.
Doch die Baustellen im hochkomplexen Konzern häuften sich - und waren wohl Mitauslöser der Piëch-Attacke. Auf dem wachsenden US-Markt kommt Volkswagen nicht in die Spur. Die Kernmarke dümpelt mit einer im Branchenvergleich schwachen Rendite vor sich hin. Winterkorn steuerte gegen - und brachte ein milliardenschweres Sparprogramm auf den Weg.
Dazu kommen die Herausforderungen für die ganze Branche: die digitale Vernetzung mit möglichen neuen Größen auf dem Markt wie Google und Apple sowie die alternativen Antriebe. Kurz vor Weihnachten sagte Winterkorn: "In den vergangenen sieben Jahren hat sich unsere Branche stärker und schneller verändert als in allen Jahrzehnten zuvor."
Dass er sich bei aller Machtfülle nicht als beinharter Manager gibt, sondern stets auch um einen direkten Draht in die Belegschaft bemüht ist, dürfte für Winterkorn im Showdown mit Piëch ein wertvolles Plus gewesen sein. Die "Mannschaftsleistung" sei entscheidend, lautet einer seiner zentralen Sätze bei der Vorstellung von Geschäftszahlen - Betriebsratsboss und Mitaufseher Osterloh wird es ihm gedankt haben.
67 Jahre alt?! Also kurz vor der Rente an die Spitze gekommen? Das hat sich ja gelohnt...
Oder will der tatsächlich weitermachen wie sein Mentor?! Hallo, nehmt den jüngeren nicht die Aufstiegsmöglichkeiten!
notting
Ich halte es für ausgesprochen fragwürdig, wenn Leute aus dem Top-Management sich so stark in die operative Arbeit einmischen. Davon sind sie nämlich üblicherweise weit weg, was auch richtig ist. Auf welcher Basis verlangt ein Winterkorn dann Änderungen? Im Zweifel auf der Basis persönlicher Vorlieben - und damit zieht er die vorangegangene Arbeit eines kompletten Teams in den Dreck.
Die Aufgabe des Managements ist es, Ziele zu entwickeln und vorzugeben sowie dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen, um die Ziele zu erreichen. Für die operative Ausführung sind andere zuständig - und die können das im Zweifel auch besser.
Ein Musterbeispiel für einen guten Manager ist der Flavio Briatore der frühen Jahre - also bevor er meinte, dass Regeln für ihn nicht gelten würden. Als er als Manager in die F1 kam, da hatte er nach eigenen Aussagen von Motorsport wenig bis keine Ahnung. Er wusste aber genau, wie man die richtigen Leute an die richtigen Stellen setzt. Das war seine Aufgabe. Seine Aufgabe war es nicht, den Mechanikern zu sagen, wie der Schlagschrauber bedient wird.
"Nicht nur ihnen war es ein Rätsel, warum der Patriarch seinem Intimus an der Vorstandsspitze das Vertrauen entzogen hatte"
Warscheinlich hat Piech als Enkel doch noch etwas den Geist des Großvaters in sich. Dieser hat erfolgreich neue Konzepte geliefert und Fahrzeuge zum Fahren für die Ewigkeit konstruiert. Winterkorn hat sich nicht zuletzt wegen seiner Kriegserklärung an Toyota absolut lächerlich gemacht und den Konzern darauf umgebaut Fahrzeuge zu produzieren die nur auf Verkaufserfolg getrimmt sind, und nicht mehr den Langzeitnutzen in sich vereinen. Um den Konzern hat sich eine Image-Blase entwickelt die zu platzen droht, wenn die Letzten realisiert haben das die eigentliche Qualität hinter als dem Schnickschnack auf das Minimalstes geschrumpft und dadurch höchstens noch so der Gewährleistungspflicht gerecht wird. Autos aus diesen Jahren werden es wohl kaum noch bis zum H-Kennzeichen bringen.
Seufz, wenn ich den platten Titel allein schon wieder lese...
Bin ich bei Asterix & Obelix ? In sonst einem Comic ?...
Absolute Zustimmung!!!
Beide keine Menschen mit denen ich arbeiten moechte...
Gruss, Pete
Was für ein Text: "Piëch war Winterkorns Förderer. Ein Machtkampf hat die Verhältnisse nun umgekehrt."
Ist Winterkorn nunmehr Piechs Förderer? 🙄
Bitte beim Formulieren der Artikel künftig besser aufpassen. 😉
Anscheinend. 😆 Er hat ihn doch grade den Lehrgang "wie ueberlebe ich einem Machtkampf erfolgreich" gelehrt. 😉
Also ist nun der Schueler der Lehrer. Sagt mein Rechtsanwalt ja auch 😜
mit lachenden Gruss, Pete
Was da wirklich passiert ist oder damit beabsichtigt war, genau weiß
es nach wie vor KEINER.
Also ergeht man sich in Behauptungen, Vermutungen und Gemunkel.
Die bisher Besten Reportagen waren Die, die sich auf Tatsachen
beschränkt haben. Da Keiner von uns Vorraussagen kann, was "politisch"
mit dieser "Affäre", auf lange Sicht beabsichtigt ist, bin ich da mehr für
Abwarten. Als Nichtaktionär kann ich Dies ohne jede Sorge. Gruß aus B........
Und wenn die Ziele dann kommen, dann meckert die Belegschaft, weil sie in den Prozess der Zielfindung nicht einbezogen worden sind. Denn die neuen Ziele gehen ja unter Umständen am operativen Ist-Zustand vollkommen vorbei. Und auch hier kann die Arbeit von Teams "in den Dreck" gezogen werden.
Was daran tragisch sein sollte, dass das Management noch mal eine Endbesichtung machen will ist mir auch schleierhaft. Als ob das Beispiel Briatore vor Saisonbeginn sich nicht mal das Endprodukt und die Kennzahlen angeschaut und gesagt hätte, dass hier noch dran gearbeitet werden müsste... Weder ein Herr P. oder Herr W. wird irgendeinen Angestellten dort erzählen wie Maschine XY zu bedienen ist, aber wenn das Produkt nun mal der obersten Herarchie nicht passt, dann passt es nicht zu den Unternehmenszielen, ob nun beim Design, Funktionalität oder der Qualität.
Absolut, volle Zustimmung. Ich kann auch immer nur den Kopf schütteln wenn ich lese dass Winterkorn bei Abnahmefahrten selbst die Lackdicke misst. Laut eigenen Aussagen hat VW über 1.200 Mitarbeiter in der Qualitätssicherung, wie kann es da sein dass der CEO so profane Dinge wie die Lackstärke messen erledigen muss?
Er muss nicht, aber er sorgt damit dafür das die QS nicht Einschläft und wengstens die Abnahmemuster ok sind. 😆
Manchmal ist es kein Fehler wenn ein Externer mal ein Auge drauf wirft. Der sieht möglicherweise Dinge die der Stammtruppe wegen Betriebsblindheit durchrutschen.
Davon abgesehen ist eine Lackdickenmessung etwas was Jeder kann, nur nicht Jeder kann die Werte richtig interpretieren.
Aber dabei könnte es auch schlicht darum gehen das der Lack nicht zu Dick aufgetragen wird = höhere Kosten.
Unternehmensziele lassen sich nicht einem Detail eines fertigen Produkts festmachen. Zu den Zielen von VW gehört es beispielsweise, Toyota beim Autoabsatz zu schlagen. Dafür muss ein Vorstand die Weichen stellen. Er legt beispielsweise auch eine Strategie fest, welche Marktsegmente man bedienen möchte. Er ist sicherlich auch in die Entscheidung involviert, welche Modelle auf den Markt kommen sollen. Den Job, diese Modelle auf die Räder zu stellen, sollten andere übernehmen.
Wieviele Piech / Winterkorn-Artikel wird uns
VW-Talk....äh Motortalk denn hier noch präsentieren?Der Klickzahlengenerator läuft bestimmt schon heiss......