BMW R5 1936: Ausfahrt mit dem Oldie-Bike
Der Trendsetter
BMW feiert 100 Jahre Firmenjubiläum. Firma und Fans feiern die Autos. Wir schauen auf ein Motorrad: Die R5 legte 1936 maßgeblich den Grundstein zum Erfolg.
München – BMW Motorräder zählen heute als das kleine Hobby des großen Autoherstellers. Das meiste Geld verdienen die Münchner auf vier Rädern. Das war mal anders.
Als ein Auto für die meisten Deutschen noch unerschwinglich war, träumten sie von Motorrädern. Sie spielten bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg auch bei BMW die Hauptrolle. Denn die hatten seit 1923 einen legendären Ruf erworben: Teuer in der Anschaffung, aber zuverlässig, haltbar und sogar wirtschaftlich.
Maßgeblich zum Erfolg trug die R5 bei. 80 Jahre hat der Boxer jetzt auf dem Sattel, wirkt aber immer noch modern. Keine andere BMW-Maschine hat das Unternehmen so geprägt wie dieses Bike. BMW nennt sie im Prospekt von 1936 offiziell „Typ R5, 500ccm Touren-Sport-Maschine mit Fußschaltung“ – damals eine Besonderheit. Schon ein Jahr zuvor sorgte die R5 als Wettbewerbsmotorrad für Aufsehen.
Überraschend modern: BMW R5 von 1936
Kein Wunder: Die R5 nimmt vieles vorweg, was andere Hersteller erst Jahrzehnte später einführen, zum Beispiel einen stabilen, verwindungssteifen und dennoch dünnen Stahlrohrrahmen. Durch das damals neue Schutzgas-Schweißverfahren ließen sich die Enden des Doppelrohrahmens verbinden – frühere Modelle mit Pressstahl rissen an der Stelle oft. Dazu kamen eine vordere Teleskopfederung und ein Viergang-Getriebe. Geschaltet wurde - wie heute noch üblich - per Fuß. Der Boxer hat einen Leichtmetallzylinderkopf, dreht leicht hoch. Motorblock, Getriebe und Kardangehäuse sind ebenfalls aus Aluminiumdruckguss.
Die meisten Motorräder wurden damals noch mit der Hand geschaltet. Racer hatten fast immer eine Hand am Knüppel und nicht am Lenker. Die Hinterradbremse bedient der Fahrer nun nicht mehr mit der Ferse, sondern mit der rechten Fußspitze. Statt einer Kette oder eines Riemens treibt eine dünne Welle das Hinterrad an. Diese technischen Merkmale sind bis heute für BMW-Motorräder mit Boxer-Motor typisch.
Rückblick: BMW R32, ein Vorgänger der R5
Doch das damals Sensationelle steckt zwischen dem schwarzem Rahmen. Andere Hersteller orientierten sich an Fahrrädern. BMW baute schon 1923 ein Motorrad, das um den Motor konstruiert wurde. Einen obengesteuerten Zweizylinder-Boxermotor mit quer angeordneten Zylindern und ein direkt an den Motor geblocktes Schaltgetriebe gibt es erstmals in der R32, einem Vorgängermodell der R5.
Der Vorteil des Boxers: Die Zylinder schnüffeln quer in der Luft, werden gut gekühlt, auch bei höherer Geschwindigkeit. Britische Racer mit Kompressor fuhren zwar damals mit mehr Druck, starben aber je nach Wetter und Belastung früh den Hitzetod.
Der Motor der R32 mit 500 Kubikzentimetern leistet bei Entwicklungsstart 1921 nur 8,5 PS bei 3300 Touren. Vier Jahre später sind es 16 PS, die „Sportversion“ erreicht 22 PS. Zugunsten eines zuverlässigen Motors verzichten die Entwickler auf mehr Leistung. Wichtiger war ihnen die Schmierung. Erstmals liegen die Ventile abgekapselt in einem Alugehäuse und laufen in Öl. Das macht die Motoren langlebiger, aber teurer. 2.200 Reichsmark kostet die R32 im Jahr 1924. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Monatsverdienst lag zeitgleich bei 128,50 Reichsmark.
BMW R5: 24 PS, 165 Kilo, 140 km/h
Die R5 von 1936 ist deutlich schärfer. Noch heute. Sie ist kein schwächlicher Oldtimer, sondern ein rüstiger Rentner, der gerne mal ausflippt. 24 PS treffen auf 165 Kilogramm, vollgetankt. 140 km/h Spitze schafft die BMW – hätte es in den 30er-Jahren schon den Begriff „Superbike“ gegeben, dann hätte der Boxer in dieser Liga spielen dürfen. Handlich wie ein Mofa, leicht wie ein Mokick und druckvoll wie ein Auto schlängelt sich die BMW durch Kurven.
Die vier Ventile des Boxers schnattern wie eine aufgescheuchte Horde Gänse, die Reifen wimmern und aus dem Auspuff bollert es. Der Sattel schwingt auf und ab, taucht bei Bodenwellen tief ein – Federung hinten bekam erst das Nachfolgermodell spendiert. Die vordere Teleskopgabel schmatzt genüsslich vor sich hin, unterstützt die Arbeit aber kaum.
Motorrad fahren hieß 1936: Arbeiten
Das Revier der R5 sind kleine Landstraßen und Bergstraßen. Für den Fahrer bedeutet das: schalten, schalten, schalten. Bei einem 80 Jahre alten Motorrad ist das sehr mühsam. Es verlangt eine gut trainierte Hand, ein taubes Steißbein und einen starken Nacken. Das Getriebe erfordert viel Geduld. Der erste Gang rastet laut ein, bleibt gefühlt bis zum oberen Drehzahlbereich drin. Dann Kupplung ziehen, bis drei zählen und den Fuß nach oben strecken. Wenn die Drehzahl stimmt, dann wechselt der Gang. Andernfalls knirscht es hässlich und man versucht es noch mal bei einer anderen Drehzahl.
Bremsen? Nicht der Rede wert, lieber vorausschauend fahren. Die Vorderbremse quiekt wie ein Schwein, verzögert aber nicht wirklich. Die Hinterradbremse blockiert bei zu festem Tritt, treibt den Bock dann quer, lässt ihn aber auch schnell wieder los. Der Boxer wieselt durch die Kurven und vernascht bei zügiger Gangart andere Motorradfahrer. Erstaunlich, wie der tiefe Schwerpunkt die sparsamen Reifen ausgleicht. Selbst Ventildeckel anschleifen wäre kein Problem. Doch bei einem 80 Jahre alten Motorrad gleicht das an Blasphemie.
Schmieren, ölen und warten
Die BMW erwartet eine pflegende Hand, damals mehr als heute. Mit der Fettschmierkartusche geht es an Bremshebel und Bowdenzüge sowie an Bremsgestänge und Kupplungshebel (alle 300-500 km). Die vorderen Stoßdämpfer verlangen ebenso einen regelmäßigen Ölwechsel wie Motor und Kardanwelle. Die Radnabe schmieren BMW-Fahrer laut Wartungstabelle alle 1.000 Kilometer ab. Das Motoröl sollten sie alle 400 Kilometer kontrollieren, das Getriebeöl alle 1.000 Kilometer.
Die R5 wurde nur zwei Jahre gebaut, dann folgte ein neues Modell. BMW glaubte an das Boxerprinzip, entwickelte den Antrieb weiter, auch mit mehr Volumen. Vor allem die 750ccm-Maschinen mit Beiwagen für die Aufrüstung der Wehrmacht.
Von den 2.652 R5-Modellen haben nur wenige überlebt. Eines wird derzeit bei mobile.de angeboten – für 39.000 Euro.
BMW R5: Technische Daten
- Motor: Zweizylinder-Boxer, luftgekühlt, zwei Ventile pro Zylinder
- Hubraum: 494 ccm
- Leistung: 18 kW/24 PS bei 5.500/min
- Getriebe: Vierganggetriebe, Kardanwelle
- Radstand: 1,4 Meter
- Gewicht: (fahrfertig): 165 kg
- Tankinhalt: 15 Liter
- Höchstgeschwindigkeit: 140 km/h.
- 0 – 100 km/h: k.A.
- Verbrauch: 4,0 l/100 km
- Preis 1936: k.A. , Wert heute: ca 40.000 Euro
Jawoll, endlich mal ein Bericht über echte Mopeds und keine Elektrikverseuchten Plastikhaufen.
Damals hat BMW noch geile Mopeds gebaut.
Ab diesem Wochenende fangen endlich die Oldtimertreffen an.
Alteisen rockt einfach 😊
Nettes Alteisen...wobei mir ein etwas verlotterter und verlebter Originalzustand immer lieber ist, als die totalrestaurierte Hochglanzversion, aber das ist Geschmackssache.
Weiter zurück als bis zu einer 55er NSU Max kann ich selber nicht mitreden, aber eigentlich fahren sich die alten Kisten auch heute noch ganz anständig.
Power reicht zum mitschwimmern. Laut und vibrieren wie blöde, aber irgendwas is ja immer 😉
Am geilsten finde ich immer das abbiegen. Lügentacho 120 - Gas weg - Arm raus zum Handzeichen.
Ist so eine völlig andere Welt, als der Begriff Blinkmuffel erst noch erfunden werden mußte. 😉
Das stimmt, es geht nichts über ordentliche Patina.
Und so wartungsintensiv sind die alten Teile gar nicht mal.
Keine Blinker, keine Spiegel, keine Abgas- und Lärmvorschriften, so muss das
Nur schade, daß die Preise für gute Exemplare mittlerweile durch die Decke geschossen sind...
Ein schöner Beitrag, danke!
Ich finde ja das man heute dank dem Retrotrend als Laie nicht mehr sagen kann ob ein Bike von 1936, 1956 oder 2016 ist. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Bei Autos ist das ganz anders, bei Fahrrädern auch. Aber Motorräder sind irgendwie komisch in der Hinsicht.
Ein weiterer Klassiker, gebaut für die Ewigkeit 😊
Genau wie das Gespann:
https://de.wikipedia.org/wiki/BMW_R_75_Gespann
https://upload.wikimedia.org/.../...ad_BMW_R75_mit_Beiwagen_und_MG.jpg
Die Auswahl an modernen mit Retrooptik halten sich in Grenzen.
Mir fällt da spontan nur die Kawasaki W650/800 ein, bezahlbar und mit Königswelle, sabber😎😆
Ein Wochenendausritt bit so einer Schönheit von BMW geil, bin eh der gemütliche Cruiser Typ, leider leider preislich etwas zu viel für ein paar Tage Spass im Jahr..evtl. mal als Wertanlage nimmt wenigstens nicht soviel Platz weg wie ein Auto.😜
Royal Enfield baut doch auch Retro Optik
Stimmt😆, die sind vom Radar verschwunden, bauen halt gefühlt seit 30 Jahren das gleiche Modell😆😆
https://de.wikipedia.org/wiki/Dnepr_%28Motorradmarke%29
https://de.wikipedia.org/wiki/Irbitski_Motozikletny_Sawod
Die Russen auch 😆
Es macht Freude solche schöne Erinnerungen zu sehen !
Obwohl ... meine erste BMW war ne R25/3 meine letzte BMW war ne R90/6
Genau ! ! Ich schließe mich den Worten vom "Schlafauge" an , auch ich begann mit der R25/3 , dann R51/3 danach genau wie "Schlafauge " die wunderbare R90/6 !! Ca. 70 000 KM und fast ohne Probleme .
Mich freud es solche Lieblingsstücke zu sehen ! Respekt vor denen die solche Schätze bewahren !.
"Die Wartungsintervalle bei alten Motorrädern sind kurz - früher wurde regelmäßig geschraubt" kann ich leider nur bestätigen. Mit meiner NSU Prima D aus 1957 blieb ich öfter liegen. Meist wegen nach mehreren nicht sauber ausgeführten Schaltvorgängen mit dejustierter, nicht mehr schaltbarer Schaltung. Einmal mit wegen Überhitzung in "Vollgas" festhängendem Gasschieber im Vergaser. Einmal mit abgenutzter Kupplungsausrückung. Letztlich mit kapitalem Motorschaden. Das alles in nur 15tkm.
Bei meiner 1972er Zündapp CS50 blieb ich mehrfach mit Rostteilchen in der Vergaserdüse liegen, bis ich dann endlich mal einen Benzinfilter (damals nicht Serie) montierte. Danach war Ruhe, über mehrere 10tkm nur tanken + fahren + gelegentlich abschmieren.