Maut-Verfahren: Brüssel zögert wegen britischem EU-Referendum

Deutsche Maut als Zünglein an der "Brexit"-Waage

verfasst am Thu Apr 28 12:12:10 CEST 2016

Blöd für den Verkehrsminister: Dobrindt will schnell seine Maut einführen und fordert einen EU-Prozess. Den wird es vorerst kaum geben. Und das liegt an Großbritannien.

Alexander Dobrindt (links) will schnell zu einer Lösung mit der EU im Maut-Streit kommen. Die EU will das derzeit nicht. Denn dann müsste sie auch die Briten verklagen
Quelle: picture alliance / dpa

Brüssel - Im Verfahren gegen die deutsche Pkw-Maut muss EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker entscheiden: Entweder verschärft seine Behörde an diesem Donnerstag die Gangart gegenüber Berlin. Oder Juncker vertagt den Schritt aus Rücksichtnahme gegenüber London.

Denn was in Deutschland kaum diskutiert wird: Das britische Mautsystem löst ähnliche rechtliche Bedenken aus wie das deutsche. In beiden Fällen wird die von allen zu zahlende Maut durch eine Absenkung der Kfz-Steuer für heimische Fahrer ausgeglichen.

Die Maut-Thematik könnte so am Ende nur eine untergeordnete Rolle spielen. Viel wichtiger: In einem Referendum am 23. Juni stimmen die Briten über die weitere Mitgliedschaft in der Europäischen Union ab. Wenn die EU-Kommission ein Verfahren gegen Deutschland vorantreibt, muss sie auch gegen Großbritannien vorgehen. Das jedoch wäre derzeit politisch äußerst heikel.

Um den Austrittsbefürwortern keine Munition zu verschaffen, fasst die EU Großbritannien derzeit mit Samthandschuhen an. In einem Brief an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, über den der "Spiegel" berichtet hatte, beschrieb Junckers Kabinettschef jüngst die Kritik am britischen Lkw-Maut-System und kündigte ein Verfahren auch gegen London an. Gegen Deutschland wurde dies bereits im Sommer eröffnet.

Dobrindt drängt auf Entscheidung

Die EU-Kommission trifft Entscheidungen über Verfahren gegen EU-Staaten wegen Verletzung europäischen Rechts einmal im Monat an einem vorher angekündigten Termin. Im Falle Deutschlands stünde nun ein "begründetes Mahnschreiben" an, in dem die EU-Kommission Änderungen verlangt. Wenn die Bundesregierung nicht binnen zwei Monaten einlenkt, könnte die EU-Behörde sie vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen.

Dobrindt drängt die EU-Kommission nach langem Streit inzwischen zum Handeln. "Die Brüsseler Eurokratie blockiert seit Monaten", sagte er Ende März der Deutschen Presse-Agentur. Es sei inakzeptabel, dass die Kommission das Mahnschreiben noch nicht geschickt habe.

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