Saab-Händler: Besuch bei Bredlow Automobile in Berlin
Deutschlands ältester Saab-Händler macht weiter
Saab ging 2011 pleite - ist aber höchst lebendig. Begeisterte Fans und die gute Ersatzteillage halten die Marke am Leben. Besuch beim ältesten Saab-Händler Deutschlands.
Von Haiko Prengel
Berlin - Eigentlich wäre der Wagen ein Fall für die Schrottpresse gewesen. Bei Bredlow Automobile in Berlin steht ein Saab 900 auf der Hebebühne, der so tot war wie der schwedische Hersteller selbst. Theoretisch kann man zwar jede Bruchbude neu aufbauen. Die Frage ist, ob der Besitzer dafür bezahlen will.
Beim Saab 900 wird es kritisch, wenn die Achswellentunnel unter dem Vorderwagen oder die Stoßdämpferaufnahmen hinten gammeln. Diese Bereiche gehören zu den typischen Schwachstellen beim Saab 900, eine Instandsetzung ist aufwändig und teuer. Der Besitzer dieses Exemplars entschied sich trotzdem für den Wiederaufbau. „Das Auto haben wir praktisch vollrestauriert“, sagt Werkstattleiter Ralph Bredlow.
Bei dem Auto handelt es sich um einen 900 Turbo, und dazu noch um ein Cabriolet. Von solch einem Schmuckstück trennt man sich nicht gerne, erst recht nicht, wenn man Saab-Liebhaber ist. 2011 ging die Traditionsmarke aus Schweden insolvent, nachdem der vormalige Mutterkonzern General Motors sie an den niederländischen Hersteller Spyker verkauft hatte.Saab lebt weiter
Nun ist Saab mit diesem Schicksal keineswegs allein. Seit Erfindung des Automobils blühten 10.000 Marken auf, von denen die meisten früher oder später wieder verwelkten. Nur auf Oldtimertreffen bekommt man manche Exoten noch zu sehen. Bei Saab ist das anders, die Autos prägen weiter das Straßenbild. Sieben Jahre nach dem Ende erfreut sich die Marke weiter großer Beliebtheit.
Das hat nicht nur mit der für eine insolvente Marke erstaunlich guten Ersatzteillage zu tun. Sondern vor allem mit dem ausgezeichneten Ruf der Fahrzeuge, um die sich eine kleine, aber begeisterte Fanszene schart. „Saab ist überhaupt nicht tot“, sagt Fachmann Ralph Bredlow. „Im Gegenteil: Die Marke ist lebendig wie nie zuvor.“ Er muss es wissen: Familie Bredlow betrieb seit 1966 ein Saab-Autohaus.
Saab war für viele Autofahrer schon immer etwas Besonderes. Beispiel Saab 900: Als der Wagen 1978 auf den Markt kam, wirkte er im Vergleich zu anderen Autos, als käme er aus der Zukunft. Damals war in der oberen Mittelklasse die klassische Stufenheck-Limousine üblich. Das langgezogene, schräge Fließheck des 900 war da geradezu revolutionär. Die Linien des eleganten Gleiters erinnerten daran, was Saab ursprünglich war und bis heute ist: ein Flugzeugbauer.
Downsizing-Pioniere
Auch sonst hatte Saab zu Lebzeiten immer versucht, Maßstäbe zu setzen – vor allem bei der Technik. Selbst reparierende Stoßfänger, Scheinwerferwischanlagen oder aktive Kopfstützen: Bei vielen Komfort- und Sicherheitsfeatures war der schwedische Hersteller Vorreiter. Den serienmäßigen Seitenaufprallschutz etwa baute man bereits ab 1972 in alle Modelle ein.
„Von so etwas hatten deutsche Hersteller zu diesem Zeitpunkt nicht einmal gehört", sagt Michael Poltz vom 1. Deutschen Saab Club e.V. mit Sitz in Essen. Das für viele Fans wichtigste Unterscheidungsmerkmal steckte allerdings unter der Haube. Die Schweden setzten nämlich nicht wie damals im Segment üblich auf Reihensechszylinder-Motoren.
Stattdessen baute Saab kleinere Vierzylindermotoren ein, die gegen Aufpreis mit einem gierigen Turbolader bestückt wurden. Wer in den Siebzigerjahren ein Auto mit Turbo fahren wollte, hatte kaum Auswahl. Porsche 911 und BMW 2002 waren zwei der in Europa mit Ladetechnik gefertigten Fahrzeuge - allerdings in kleiner Stückzahl. „Der Hersteller, der den Turbo alltagstauglich machte, war Saab", sagt Michael Poltz vom Saab-Klub.
Der Vater schloss den ersten Vertrag
Kleine Motoren mit viel Leistung? Das kennen wir aus heutigen Autos. „Saab war praktisch Pionier des Downsizings, meint auch Werkstattleiter Ralph Bredlow aus Berlin. Bredlow Automobile ist ein Saab-Urgestein. 1966 wurde das Familienunternehmen offizieller Saab-Vertragspartner. Damals betrieben Birgit und Bernhard Bredlow eine BP-Tankstelle in Berlin-Lankwitz. Saab war als Automarke kaum bekannt. Doch Bernhard Bredlow, bis dato DKW-Fahrer, bekam Wind vom Saab 92. Das erste Serienautomobil der Schweden hatte den Ruf, einen richtig guten Zweitaktmotor unter der Haube zu haben.
Bredlow senior flog kurzerhand zu einer Probefahrt nach Frankfurt am Main, wo Saab damals ein Kontaktbüro unterhielt. Er war so begeistert, dass er nicht nur den Saab 92 kaufte. „Wenig später bekam unser Vater den ersten Saab-Handelsvertrag“, erzählt Sohn Ralph Bredlow. Die Urkunde hängt heute eingerahmt im Büro des Autohauses. Durch den Deal waren die Bredlows bis zur Markeninsolvenz der älteste Saab-Händler in Deutschland. Zu Spitzenzeiten, Ende der Achtzigerjahre, verkauften die Berliner 120 bis 130 Neuwagen pro Jahr.Und nach der Insolvenz? Als General Motors die Marke abstieß, habe man zunächst das Schlimmste befürchtet, erinnert sich Geschäftsführer Ralph Bredlow. Doch es ging weiter, mit der Werkstatt und Gebrauchtwagen.
Ersatzteile weiter lieferbar
Sehr viele Saab bleiben bis heute am Leben. Das liegt zum Teil an der weiterhin professionellen Ersatzteilversorgung. Die frühere Saab Parts GmbH, heute Orio Deutschland GmbH, existiert weiter und sichert die Teileversorgung – sei es für Klassiker wie den Saab 900 oder 90, oder für neuere Saab-Modelle wie die 9-3 oder 9-5 aus der GM-Ära. Viele ehemalige Saab-Stützpunkte wie der Betrieb der Bredlows sind nach wie vor präsent und halten das Servicenetz aufrecht.
„Autos für Individualisten“ lautet das Firmenmotto von Bredlow Automobile in Berlin. Sie stiegen nach der Insolvenz auf keine andere Automarke um, sondern blieben bei Saab - wenn auch nicht mehr exklusiv. Neben dem Handel, der instandsetzung und der Wartung von alten und gebrauchten Saab betreut Bredlow inzwischen auch Fabrikate anderer Hersteller und vermittelt markenoffen Neuwagen. Das aktuelle Gwebrauchtwagenangebot besteht zum großen Teil aus Volvo.
Das Klischee stimmt: Tatsächlich fuhren vor 30 Jahren vor allem Hochschulprofessoren, Anwälte und Ärzte die automobilen Exoten von Saab. Leute mit Geld, die keinen Mercedes oder Porsche fahren wollten, sondern sich von der Masse abheben wollten – ohne mit einem Ferrari oder ähnlichem zu protzen. „Viele unserer Kunden schätzen eher das Understatement“, sagt Ralph Bredlow.
Auf Stig Blomquists Spuren
Bredlow selbst auch, zumindest ein wenig. So hat der 56-Jährige von seinem eigenen marmorweißen Saab 99 die Turbo-Embleme entfernt. Der 99 ist noch so eine Legende. 1968 kam das Mittelklasseauto auf den Markt. Für Furore sorgte es, nachdem sich Saab entschlossen hatte, in den Fronttriebler drehzahlhungrige Turbomotoren einzubauen. Mit einer Sportvariante des 99 startete Saab im Rallyesport. 1979 war Stiq Blomqvist bei der Rallye Schweden auf einem Saab 99 Turbo der erste Fahrer, der mit einem turboangetriebenen Wagen an die Spitze fuhr.Ralph Bredlows marmorweißer Saab 99 Turbo wurde im Jahr 1980 gebaut. Erstbesitzer war ein Stammkunde des Familienunternehmens, 1983 kauften die Bredlows den 99 Turbo zurück. Exakt 25.350 Mark kostete die Turboversion des Saab 99 im Jahr 1980 im Grundpreis. „Das war damals ambitioniert“, sagt Ralph Bredlow, der mit dem Klassiker heute gerne an Oldtimer-Rallyes teilnimmt.
So wie früher gucken Porsche-Fahrer noch immer verdutzt, wenn ihnen plötzlich ein Saab 99 Turbo am Heckspoiler klebt. 145 PS leistete die Serienversion des Saab 99 Turbo. Bredlow hat den Zweiliter-Vierzylinder auf gute 180 PS leistungsgesteigert. Dazu kommen Sportfahrwerk und Breitreifen. „Das geht gut ab, das Auto“, sagt der Saab-Fan.
Saab sind noch bezahlbar
Wie es aussieht, wird die Saab-Gemeinde weiterwachsen. Die neueren Saab aus der Ära unter General Motors reifen allmählich zu begehrten Youngtimern. Trotz der Baugruppen aus dem Konzernregal. Über die zweite Generation des Saab 900 etwa rümpften eingefleischte Saab-Fans in den Neunzigerjahren zunächst die Nase, heute hat die Szene diese Modelle ins Herz geschlossen.
Trotzdem blieben die Preise bislang moderat, ein Saab ist kein unvernünftig teurer Klassiker. Selbst ein Kultmodell wie den 900 Turbo der ersten Generation. Gepflegte Exemplare sind mitunter noch für 5.000 bis 8.000 Euro zu bekommen. Zum Vergleich: Ein Porsche 911 aus den Achtzigerjahren kostet locker das Zehn- bis Zwanzigfache. Das sei ja das Schöne an der Marke Saab, unterstreicht Ralph Bredlow: Die Autos seien schick, gut motorisiert und alltagstauglich, „und gleichzeitig vom Preis her bezahlbar.“ Das nach wie vor vorhandene Servicenetz garantiert zumindest die Alltagstauglichkeit.
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Bredlow ist bei mir um die Ecke und ich war/ bin die letzten 30 Jahre als Saab-Fan immer gerne dort zum Saab gucken gewesen (irgendein Interessanter steht immer rum und wenn es der 99 turbo von Grönemeyer ist 😉). Dirk Bredlow, der "kaufmännische" Bruder des Werkstattleiters, ist auch, wenn er Zeit hat, immer für einen (Saab-) Plausch zu haben und das war auch schon bei seinen Eltern so. Sympathischer Laden, übrigens gab es zwischendurch auch eine (durch die Hersteller-Insolvenz beendete) kurze MG-Episode (in den 2000 ern) der Bredlows. Eigentlich müßte ich bei so guter Service-Versorgung Saab (Cabrio) fahren, mein SL wird aber immerhin nur 100 Meter weiter gut versorgt, ein Saab war damals (und einige Male vorher...) auch immer auf der Cabrio-Liste, letztlich lief mir aber der Mercedes zu... 😉
Natürlich lebt die Marke weiter. Ist auch nicht 08/15 Zeug und dank Orio AB ist vieles gesichert. Da sieht es selbst bei manch existierendem Hersteller schlimmer aus, siehe Corrado-Teile oder für ältere Renaults, bei Audi sind die älteren und besonderen ebenso ein Problem.
Ich freu mich jeden Tag über meinen 9-3 SC. 😉
Schön, daß es so enthusiastische Händler gibt, der Fahrern eier bereits toten Marke hilft!
Daß die Teile gesichert sind, ist auch toll!
Da sieht es wie bereits erwähnt für Corrado, Audi Coupe, Golf Country und ähnliches traurig aus!
Anders bei BMW. Da kann man mit genug Kleingeld
jedes Teil von einem 1602 noch bekommen!
Viele Teile vom Golf 4 sind schon gestrichen,
obwohl sicher noch 70 Prozent aller gebauten Golf 4 auf der Strasse sind!
Mit der Zeit wir er sich wohl aber eine zweite Marke als Standbein
nehmen müssen, um bestehen zu können...
Moin,
ich moechte nicht vom Thema abschweifen, aber hier wird ein 9-3 als Cabrio mit angeblichem 6 Zylinder Motor angeboten.
Ist jemandem von euch bekannt ob es fuer den asiatischen (Japan) Markt evtl. einen 6 Zylinder gab?
Waere fuer Hinweise dankbar, denn der Preis fuer das Auto ist unschlagbar.
LG Werner
https://www.dubicars.com/2000-saab-93-96394.html
Im 9-3 gab es einen 2.8l V6 Turbomotor.
Danke fuer den Hinweis, aber ich dachte die 6 Zylinder kamen erst mit der Modellpflege.
LG
Nein, der 900 II bzw. 9-3 I war auch offiziell mit dem V6 bestellbar - ist allerdings kein Saab-Motor, sondern einer aus dem GM Konzernregal. Jedoch handelt es sich hierbei nicht um den 2.8T (der kam erst im 9-3 II), sondern um einen 3.0
Auch falsch, soweit ich weiß gab es nur im 900II den 2.5 V6 aus dem Vectra A/ Calibra. Eventuell gab es diesen Motor auch im Ausland noch für den 9-3I. Für den deutschen Raum gab es nur Vierzylinder Saug- und Turbomotoren.
genau im alten 900 II gabs den 2,5er V6 ausm Vectra A /Calibra. Im Nachfolger 9-3 /1 alles Vierzylinder. (98-03)
Erst der 9-3/2 bekam den 2,8er V6T ausm Vectra/Signum in diversen Leistungsstufen.
Stimmt, bei den 2.5l hast du natürlich Recht - ich bin trotzdem der Meinung, dass der Motor offiziell in D erhältlich war. Ist ja aber auch egal, da es sich bei dem konkreten Inserat ja nicht um ein deutsches Fahrzeug handeln muss. Fakt ist, das Auto war mit V6 bestellbar
Ja, den 3.0V6 mit Softturbo gab es nur im 9-5 aber nicht im 9-3.
Toll! Das freut mich zu lesen. Saab habe ich schon immer gemocht. Alleine schon, dass man im 900 noch immer den Triumph Motor (wenn auch modifiziert) weiterverwendete. Der letzte 9-5 gefiel mir optisch immer SEHR gut. Es ist echt schade, dass diese kleine Marke mit all den Eigenwilligkeiten gegangen ist.
Wenn ich das vergleiche, wie andere Marken ihre Geschichte mit den Füßen treten, ist Saab da echt eine Besonderheit. Und es stimmt, obwohl die Marke offiziell nicht mehr zu kaufen gibt, fahren immer noch viele Saabs durch die Gegend. Auffällig ist, dass es überwiegend die 900 I sind. Liegt wohl daran, dass es die am meisten gebauten Saabs waren.
Erinnert mich auch stark an Rover. Rover ist seit 2005 Geschichte. Aber die Ersatzteilversorgung ist auf einem hohen Niveau. Da gibt es für alle Modelle fast alle Teile noch und das ziemlich schnell lieferbar. Die Fangemeinde wächst stetig und Teile werden mittlerweile auch im Zubehör angeboten (nachdem Patente für Karosserieteile usw. ausgelaufen sind).
Den Pickup Saab finde ich cool. 😆. Leider kann ich den Saabs ab Mitte der 90er nichts abgewinnen. 🙁
Ich bin etliche SAAB´s gefahren und es waren immer tolle Autos, eigenwillig und eigenständig, sei es nur das Zündschloss beim 9-5 in der Mittelkonsole oder die steilen Windschutzsscheiben. Besonders die 2,3 Liter 4-Zylinder-Turbos waren herrliche Motoren und wohl die laufruhigsten 4-Zylinder, die je gebaut wurden (dank Ausgleichswellen).
Zum Glück sieht man sie noch gut verteilt auf der Strasse und ich erfreue mich immer wieder an dem Anblick eines SAAB´s.
Autos für Menschen mit Intellekt, wobei bei manchen Fahrern deutscher Farbrikate dieser beim Jäger und Sammler evolutionstechnisch stehen geblieben ist.
Irgendwann steht auch ein "Mellow Yellow" Cabrio oder ähnliches wieder in meiner Garage.
Ein SAAB 9-3 Turbo Aero (HIRSCH) war das letzte Modell dieser Marke, dass ich fuhr.