Le Mans 2015: Vorschau und Interview
Die berühmtesten 24 Stunden beginnen am Samstag
Am Samstag startet das 24h-Rennen in Le Mans. Alles Wichtige zum Langstreckenklassiker lest Ihr hier, inklusive der Frage: Was bringt der Motorsport-Zirkus dem Hersteller?
Le Mans – An diesem Wochenende startet in Le Mans der Langstreckenklassiker schlechthin: Bei der 83. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans treten 56 Fahrzeuge in vier Klassen an. Alles Wissenswerte zum Rennen haben wir zusammengetragen. MOTOR-TALK wird außerdem vor Ort sein und berichten.
Doch zunächst gehen wie einer anderen Frage nach. Warum beteiligen sich Autohersteller an der teuren Materialschlacht? Was lernen sie für ihre Serienmodelle? Darüber sprachen wir mit Dr. Frank-Steffen Walliser von Porsche. Er verantwortete als Projektleiter den Hybrid-Straßenrenner Porsche 918 und leitet derzeit als Motorsportchef das GT-Programm.
Interview: Porsche-Motorsportchef Dr. Frank-Steffen Walliser
MOTOR-TALK: Herr Walliser, wie viel Le Mans steckt im Serien-Porsche 918?
Frank-Steffen Walliser: Wir reden da mehr über Methoden, Auslegung und Software als über konkrete Teile. Das einzige Übernahmeteil ist die Antriebswelle der Ölpumpe. Was wir in der LMP1 für die Serie lernen, sind Dinge wie Fahrprogramme, Batterietechnologie oder Hochdrehzahlkonzepte.
Ein echter Teiletransfer ist meist nicht sinnvoll. Im LMP-Auto stecken Kleinstserienteile, die oft nicht industrialisierbar sind. Diese Teile brauchen wir im Prototypen fünf- oder zehnmal im Jahr, im Serienfahrzeug fünf- oder zehnmal am Vormittag.Der wichtigste Austausch: Dieselben Leute entwickeln für Motorsport und Serie. Der 918 fährt zum Beispiel mit einem Zweiriemenkolben. Das Konzept kam aus dem Motorsport.
MT: Gilt das auch für die Gran-Turismo-Serien? In Le Mans starten neben drei Porsche 919 Hybrid auch sechs Porsche 911.
Walliser: Bei den GT-Autos haben wir zum Beispiel die gleiche Motor- und Fahrwerksbasis wie beim Serienmodell, und wir lernen im Renneinsatz viel, das auch in den 911 einfließt. Die doppelte Verschraubung der Federdämpfung beim 911 GT3 stammt aus dem Motorsport. Der längere Radstand des neuen Serien-911 war ein Wunsch des Motorsports. Den bekommen wir Sportler aber erst jetzt, da die Rennfahrzeuge bisher noch auf dem Vorgänger-911 homologiert waren.
Oder nehmen Sie die Literleistung. Ein 911 Turbo 996 (2000) holte aus 3,6 Liter 420 PS. Heute ziehen wir aus 4,0 Litern 500 PS, ohne Turbo. Das Know-how dafür, Reibungsreduzierung und Hochdrehzahlkonzepte, stammt aus dem Motorsport.
Die wichtigsten Autos
2014 lief es für Porsche nicht gut in Le Mans. Erstmals seit 1998 startete Porsche wieder in der Le-Mans-Königsklasse. Technische Probleme überschatteten den Auftritt. Dieses Jahr soll das anders aussehen.
Im Qualifying fuhr Porsche die schnellsten Zeiten und brach alle Rundenrekorde. Erstmals fährt Porsche in der höchsten Rekuperationsklasse (acht Megajoule pro Runde). In dieser Klasse dürfen die Prototypen nur noch 4,76 Liter Benzin pro Runde verbrauchen.Zum ersten Mal seit Jahren kämpfen in der LMP1-Klasse vier Werksteams um den Sieg, neben dem Schweizer Team Rebellion Racing. Seit dem Jahr 2000 hieß der Sieger fast immer Audi. Aber für die Ingolstädter wird es enger. 2014 führte Toyota 14 Stunden lang.
Und dann ist da noch der Neuling Nissan. Anders als bei der Konkurrenz, treibt im GT-R LM Nismo ein Front-Mittelmotor mit KER-System die Vorderachse an. Darin sehen die Techniker Vorteile in der Aerodynamik.
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Le Mans: Klassen und Stars beim Klassiker
Wer von der Faszination Motorsport spricht, meint oft: Le Mans. An der Sarthe liegt die vermutlich berühmteste Rennstrecke der Welt. 1923 wurde hier das erste 24-Stunden-Rennen ausgetragen. 9,207 Kilometer der 13,629 Kilometer langen Strecke bestehen aus öffentlichen Landstraßen.
Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 247 km/h und einem Vollgasanteil von 75 Prozent stellt Le Mans besondere Anforderungen an Fahrer, Teams und Fahrzeuge. Berühmt ist der Langstreckenklassiker, seit 2012 Teil der World Endurance Championship (WEC), vor allem durch die Duelle der Prototypen.
In der Königsklasse LMP1 (Le Mans Prototyp 1) sind die Teams frei bei der Wahl des Konzepts. Für Zylinderzahl, Kraftstoffart, Hubraum und Maximal-Drehzahl gibt es keine Vorschriften. Energiedichte und Durchflussmenge des Sprits sind allerdings gedeckelt. Die Konstrukteure setzen deshalb auf Hybrid. Elektro- und Verbrennungsmotoren erreichen gemeinsam um die 1.000 PS.In der LMP2-Klasse sind Hybridantriebe nicht erlaubt. In der GTE-Pro- und GTE-Am-Klasse starten Boliden auf Basis von Straßenfahrzeugen. Sie leisten zwischen 460 und 490 PS.
In Le Mans starten 2015 insgesamt 56 Fahrzeuge. Die Innovations-Garage Nr. 56 bleibt dieses Jahr leer. Viele Stars fahren mit: Nick Heidfeld und Alain-Prost-Sohn Nicolas für Rebellion, Nico Hülkenberg und Mark Webber für Porsche. Für Audi startet Seriensieger André Lotterer, Nissan setzt auf die Werksfahrer Michael Krumm und Lucas Ordonez.
Das Qualifying endet heute am späten Donnerstagabend. Am Freitag treffen sich Fahrer und Fans in der Stadt zur traditionellen Fahrerparade. Das Rennen beginnt am Samstag, 13. Juni um 15:00 und dauert, wenig überraschend, bis Sonntag 15:00.
Wird sicher wieder ein Spektakel!
Endlich wieder Racing:-)
Vor allem die ziemlich schneidigen GT Fahrzeuge.
24 Std Rennen sin einfach etwas ganz besonderes!
Freue mich schon auf die 24 Std von Spa Francorchamps:-):-)
Gruß Tobias
Das wird lustig werden...
Audi R18 etron Quattro, ein geiles Teil!!!
Ich hoffe das sich Audi durchsetzt, wie in Spa und am Nürburgring.
"Vorsprung durch Technik"
Und alles live im free-TV, jubel jubel freu freu! 😆
Danke, Eurosport! 😊
Guter Artikel!
Aber was zur Hölle soll ein "Zweiriemenkolben" sein? Bei Google gab es genau einen Eintrag: Dieser Artikel.
Hm, ich kann da auch nur mutmaßen. Ich hörte, dass man bei Rennmotoren schon mal einen der üblichen 3 Kolbenringe weglässt, um die innere Reibung zu reduzieren. Vielleicht ist ja sowas gemeint...
Wenn die Porsche halten, wird an denen kein Weg vorbei gehen. Im Qualifying waren die rund 2 Sekunden schneller, als der Rest.
Ich denke auch, dass hier der "Zweiringkolben" gemeint ist. Macht auch technisch gesehen mehr Sinn vom Begriff her 😉
Toyota hätte ja mal einen Sieg längst verdient...
Wenn der TS08 mal gehalten hätte in der vergangenheit.
Aber mich interressieren die LMP1 nicht so wirklich!
Finde seriennahe Fahrzeuge cooler:-)
Habt ihr gestern den Abflug der Corvette gesehen?
Mein lieber scholli,das war ganz schön heftig......
Gruß Tobias.
Das liegt aber unter anderem auch daran, dass das Porsche-Konzept besser für schnelle Einzelrunden geeignet ist und sich das über längere Strecken im Vergleich zu Audi wieder etwas nivelliert.
Die Porsche haben ja einen Akku drin, die Audi einen Schwungradspeicher. Porsche kann also im Qualifying steuern, ob eine Runde mit vollem oder leerem Akku angegangen wird (nämlich ganz einfach durch eine zuvor auf viel Rekuperation ausgelegte Runde, was aber natürlich etwas langsamer ist). Mit vollem Akku lässt sich dann eine Rekordrunde raushauen, in der nächsten fehlt dafür wieder etwas Power.
Also so ähnlich, wie der Unterschied bei einem Plug-in-Hybrid, ob er vorher an der Steckdose war oder nicht.
Audis Schwungrad ist ein Kurzzeitspeicher, da wird ständig rekuperiert, geboostet, rekuperiert, geboostet, usw. Die in der ersten Kurve von Runde 1 rekuperierte Energie lässt sich nicht mit in Runde 2 nehmen.
Betrachtet man die im Qualifying gefahrenen Stints und nicht nur einzelne schnellste Runden war Audi teilweise sogar schneller.