Hintergrund: Pkw-Produktion in Deutschland
Die deutschen Autobauer wandern aus
Seit 2009 bauen die deutschen Autohersteller mehr Fahrzeuge im Ausland als zuhause. Der Grund sind die hohen Arbeitskosten, die schneller steigen als die Produktivität.
Wrzesnia - Volkswagen lässt in Westpolen die Bagger rollen. Fast eine Milliarde Euro steckt der Autobauer in Wrzesnia bei Posen in die erste eigene Fabrik für den Großtransporter Crafter. Sie soll schon nächstes Jahr mit der Produktion starten.
"Wir haben in Polen bei der Fertigung des Caddy ausgezeichnete Erfahrungen gemacht", lobt VW-Nutzfahrzeuge-Chef Eckhard Scholz das deutsche Nachbarland. Und daheim? Da klagte VW-Konzernchef Martin Winterkorn vergangenen Sommer, dass eine Variante des SUV-Modells VW-Tiguan an einem deutschen Standort wirtschaftlich nicht machbar sei. Denn die Produktivität hinke den Arbeitskosten hinterher.
VW Werk in Westpolen erhält Zuschlag vor Hannover
In der Theorie ist alles einfach: So lange die Produktivität mit den Lohnerhöhungen Schritt hält, ist alles gut. Hochlohnstandorte kosten dann zwar mehr, liefern aber auch entsprechend. Doch in der Praxis werden neue Autofabriken vor allem im Ausland gebaut. VW steckt 800 Millionen Euro in ein Werk für den neuen Crafter. Bis Ende 2016 wird der Transporter noch beim Konkurrenten Daimler in Ludwigsfelde und in Düsseldorf gebaut.
Als Standort für den künftigen Alleingang war bei VW auch Hannover im Rennen, der Heimat von VW-Nutzfahrzeuge. Doch am Ende bekam Westpolen den Zuschlag. In Hannover sollen bald in kleiner Zahl hochwertige Crafter-Varianten entstehen. Damit spielt Deutschland seine Trümpfe aus: Flexibilität und Qualität. Autohersteller hierzulande können die Produktion mit Arbeitszeitkonten um bis zu ein Drittel nach oben und unten an die Nachfrage anpassen. Trotzdem: Im globalen Wettkampf haben selbst beste Produktionsbedingungen Grenzen.
Deutschland ist Hochlohnstandort
Ausland statt Inland - das hat System. Zwischen 2000 und 2013 stieg die Zahl der im Ausland gebauten Autos deutscher Hersteller um gut 130 Prozent, die heimische Produktion dagegen nur um 6 Prozent. Es gab zuletzt sogar Jahre der Stagnation. Seit 2009 bauen die deutschen Hersteller mehr Autos im Ausland als daheim - die Tendenz ist steigend.
Laut Branchenverband VDA lag Deutschland mit 50,58 Euro Arbeitskosten pro Stunde (inklusive Lohnnebenkosten) im vergangenen Jahr an der Spitze einer Aufstellung. Für Polen nennt die Studie nur 8,79 Euro, für die USA 28,74 Euro, für Japan 24,96 Euro und für Frankreich 39,63 Euro.
Produktion wandert zunehmend ins Ausland
Laut den jüngsten Zahlen für 2013 standen damals im VW-Konzern 28 Produktionsstandorte in Deutschland 39 in Europa (ohne Deutschland) gegenüber. In Asien waren es damals schon 23. Und der Kontinent mit dem Zugpferd China ist der Schwerpunkt der VW-Neubauten. Während der Konzern in den USA erst eine Fabrik unterhält und im benachbarten Mexiko drei, ziehen die Wolfsburger derzeit in China die Werke Nummer 18, 19 und 20 hoch.
Das Beratungsunternehmen Deloitte hat die Standortoptimierung in der Autobranche jüngst untersucht. Demnach bauen die Autobauer bis 2016 weltweit 62 neue Standorte - mehr als die Hälfte davon (32) in China, dem mit Abstand wichtigsten Wachstumsmarkt. Von den 32 Neubauten der Zulieferer entfallen 15 aufs Reich der Mitte. Bei den Autoherstellern folgen Brasilien vor Südostasien und Mexiko.
Lohnkosten sind nicht der einzige Faktor
Ein Fazit der Studie: Wären nur Arbeitskosten ausschlaggebend, müsste die Verlagerung vor allen gen Länder wie Moldawien, Georgien oder die Philippinen gehen. Doch es gebe entscheidende weitere Faktoren wie "die Verfügbarkeit qualifizierten Personals, die Infrastruktur oder die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen". Deloitte schaut daher auch auf die Lohnstückkosten, die die absoluten Arbeitskosten pro Kopf ins Verhältnis zu Wertschöpfung und Produktivität setzen.
Dabei liegt Deutschlands Industrie nur wenig über dem Schnitt aus 26 Ländern, von denen Großbritannien, Italien und Frankreich die rote Laterne halten. Polen belegt Platz drei - vor Litauen und Lettland.
Die Studie bilanziert, dass die Standortverlagerung im Wesentlichen von der Verschiebung der Endkundenmärkte getrieben sei. Eine Analyse von dem Beratungsunternehmens EY bestätigt diese Behauptung. In der EU fielen die Pkw-Verkäufe aller Hersteller seit 2005 um 17 Prozent, in den USA stagnierten sie. In China verfünffachten sie sich. Laut Deloitte werden schon 2018 gut zwei Drittel aller Autos in Niedriglohnländern verkauft werden.
Mehr Roboter, weniger Kosten
In Deutschland will VW-Personalvorstand Horst Neumann künftig noch mehr Roboter am Fließband. Er sagte Ende 2014: "Der Ersatzmann für Routinearbeiten in der Fabrik kostet bereits heute nur etwa fünf Euro je Stunde." Autoexperte Stefan Bratzel bestätigt den Trend, wonach das Gros der Autoarbeitsplätze hierzulande sinken dürfte, vor allem am Band. Deutschland mit seinen Premiummarken halte aber wegen der höheren Margen viele Jobs im Inland.
Dazu passt, dass die im vergangenen Jahr eröffnete Fabrik für den Porsche-Macan in Leipzig steht. Der Sportwagenbauer gilt als der renditestärkste Hersteller der Welt. Laut Bratzel muss sich künftig zeigen, wie sehr die Forschungsarbeit Jobs im Inland sichert.
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Tja, ich habe mich schon recht bewusst für ein Auto entschieden, welches in Deutschland bzw. im Bundesland produziert wird, in welchem ich wohne.
Klar, einige Teile werden im Ausland produziert, aber trotzdem unterstütze ich damit eine nicht unerhebliche Wertschöpfung in der Heimat.
Vielleicht zahlen die Automobilfirmen auch einen zu hohen Lohn für ihre Festangestellten (und einen zu niedrigen für Leiharbeiter)?
WHAT THE F*** 😱😱😱😱😱😕
zu hoher Lohn für Festangestellte? Ja die Automobilbranche zahlt im Schnitt mit am besten in Deutschland aber im Kompletten Überblick ist Deutschland mit seinem Lohnniveau doch eher hinterher. Nicht die Löhne, die bei den Arbeitern ankommen sind das Problem - sondern die damit verbundenen Nebenkosten. --> 50,58 Arbeitskosten / h (inklusive Lohnnebenkosten) !
"Deutschland ist Hochlohnstandort"
Der Satz ist ein Hohn für die vielen Geringverdiener die sich kaum ein neues Auto leisten können.
Jeder, aber wirklich Jeder, welcher in der dt. Fahrzeugindustrie arbeiten darf, sollte jeden Tag einen Luftsprung machen- und sonst nichts...Mit welchem "Recht" sind die Lohn-u. Gehaltskosten über Jahrzehnte (!) in diesen Größenordnungen beheimatet ? Insofern haben Betriebsräte (gut, daß es sie gibt), Vetrtrauensleute und die Belegschaft selbst mit ihren Forderungen über Jahre hinweg MIT AN DER SCHRAUBE GEDREHT, die nun festgezurrt ist; hier setzen Roboter und das produzierende Ausland an. Ein guter Nebenhinweis ist der Sachverhalt über die eingesetzten Leiharbeiter - sie spüren als Erstes was kommen wird. Grundsätzliches Problem: Husten Wolfsburg, Eisenach und co., kriegen die umliegenden Regionen Grippe. Schlussendlich: Ein wenig mehr Zurückhaltung in der Vergangenheit wäre HEUTE evtl. ein Stück mehr Sicherheit.
Finde ich bescheuert irgendwann ist halt auch mal schluss und ein Mensch kann nunmal nichtmehr schneller arbeiten, die Firmen jammern über hohe Lohnkosten und verdiehnen Milliarden in De, reicht das nicht, das Problem ist die Gier und immer größer werden wollen immer mehr.
Und über die Löhne der Arbeiter beschwerden und selber Millionen im Jahr verdiehnen das sind die besten.
Das ist dann wohl einer dieser Vorteile den deutsche Exporteure durch EU und den schwachen Euro haben ?!
Das sind bei einer 40 Stunden Woche ungefähr 96.000 € Brutto p.a. inklusive Lohnnebenkosten!
Leiharbeit machts möglich!
Würde man die Leute noch direkt beschäftigen, könnte man richtig Geld sparen und ein Monteur aus der Produktion könnte von seinem Gehalt auch wieder gut leben.
So muss man dann ins Ausland gehen, wo keine Seelenverkäufer dazwischen sitzen und sich eine goldene Nase mit dem Elend der Leute verdienen.
Verrückt!
Die Hersteller müssen ihre Fahrzeuge im Ausland billig verscherbeln um neue Wachstumszahlen zu präsentieren während die Preise hierzulande hoch sind. Würden die Fahrzeuge in jedem Land für Deutsche Preise angeboten, ist auch die Produktion des großen Tiguan in Deutschland darstellbar. Die Alternative geringe Lohnkosten in die Dt. Listenpreise einfließen zu lassen, geht natürlich gleich gar nicht. Irgendwann lassen sich hierzulande keine großen Margen mehr erzielen.
3D Drucker und bissl handwerksgeschick -
dann baut jeder selber sein Verhikle
Na, dann haben unsere "Deutschen Firmen" sicher auch nichts dagegen, wenn ich mir z. B. einen Dacia aus Rumänien oder Marokko als nächstes Auto anschaffe. Hey, das Leben in Deutschland ist teuer und so viel verdiene ich auch nicht.... und da wir ja alle Multikulti sind und global aufgestellt, ist das am Vernünftigsten.
Und wer zahlt die Zeche? Der Arbeiter in Deutschland....
Nein, warum auch? Damit folgst du doch nur einem allgemeinen Trend. Dacia ist ja nicht umsonst so erfolgreich. In diesem Preis-Leistungs-Segment gibt es keinen deutschen Wettbewerber.
Zumindest jeder Festangestellte. Wenn man mal Gehalt+Prämie+Zuverdienst mit Fahrzeugverkauf zusammen nimmt, kommt schon ein kleiner Batzen zusammen für ein paar Teile zusammen stecken. Das sind wahrscheinlich auch die wenigen, die noch 50.000 für ein Mini-SUV auf den Tisch legen können.
Ich bin sicher nicht neidisch, aber es soll sich niemand beklagen, wenn Privatleute sich keine deutschen Marken mehr leisten können.
Aus diesem Grund versteh ich auch nicht, warum gerade beim Auto immer so ein falscher Patriotismus an den Tag gelegt wird. Wenn man in allen Ländern so denken würde, könnten die nach paar Tagen zumachen.
Eben. Aus welchem Grund sind die Löhne in der Automobilindustrie (für Festangestellte) so hoch im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen?
Solange die Modelle in Schland so teuer verkauft werden, bleiben auch die Preise hoch. Und daran wird sich wohl auch in absehbarer Zeit nichts ändern, solange Unternehmen Firmenwagen in nahezu beliebigem Maße steuerlich absetzen können.