Classic Driving News
Die Geschichte des Allradantriebs
Der Allradantrieb -am Anfang seiner Geschichte wurden beide Achsen starr verbunden, heute hingegen bieten neuzeitliche Elektroniksysteme automatisch geregelt höchst individuelle Kraftverteilung. Die Meilensteine der Allrad-Historie im Überblick.
Der Allradantrieb widerlegt mit Verspätung den griechischen Philosophen Heraklit, der um 500 vor Christus behauptet hatte, der Krieg sei der Vater aller Dinge. Gefährte, die alle Räder antreiben, entstehen nicht aus militärischen Überlegungen heraus. Das erste ist ein Dampf-Fuhrwerk, das die Briten John Hill und Timothy Burstall 1827 zusammenbasteln. Und 1900 beweist Ferdinand Porsche große Weitsicht, als er den Lohner-Porsche mit je einem Elektromotor pro Rad ausrüstet.
Allradautos zunächst Sache des Militärs
Den Allradantrieb in großem Stil zu verwirklichen, wird dennoch eine Sache des Militärs: als die amerikanische Regierung der Industrie den Auftrag gibt, ein leichtes Fahrzeug zu entwickeln, das auch schwere Geländesituationen bewältigen kann. Heraus kommt der Jeep, von dem die Amerikaner noch heute behaupten, er habe den Zweiten Weltkrieg gewonnen. Der Jeep bedient sich eines höchst einfachen Prinzips. Unter normalen Umständen wird die Hinterachse angetrieben. Wenn es dick kommt, kann per Hebel die Vorderachse zugeschaltet werden. Dazu dient eine simple Kupplung, die eine starre Verbindung zwischen den beiden Achsen herstellt. Das ist gut fürs Gelände, aber unbrauchbar auf fester Straße. Denn beim Kurvenfahren legt die Hinterachse einen kürzeren Weg zurück als die Vorderachse. Auf losem Untergrund ist das kein Problem, die unterschiedlichen Raddrehzahlen werden durch den Reifenschlupf ausgeglichen. Gibt es genügend Grip, kommt es aber zu Verspannungen im Räderwerk des Allradantriebs - man kommt nur schwer um die Ecken und muss mit starker Beanspruchung der Mechanik rechnen.
Der zuschaltbare Allradantrieb hat für den Geländeeinsatz unbestreitbare Vorteile, weshalb er sich bis in die Neuzeit beispielsweise beim Jeep Wrangler gehalten hat. Erstens ist er vergleichsweise preisgünstig, und zweitens sichert er die Traktion auch dann, wenn sich eine Achse auf rutschigem und die andere auf festem Untergrund befindet. Nur die beiden Räder einer Achse, verbunden durch ein Differenzial, können da noch Probleme machen. Beispiel: Ein Rad dreht auf Eis durch, das gegenüberliegende steht still.
Das am weitesten ausgefeilte Prinzip des zuschaltbaren Allradantriebs, verwirklicht etwa im ersten G-Modell von Mercedes, bedient sich deshalb dreier schaltbarer Differenzialsperren. Damit herrscht starrer Durchtrieb zu allen vier Rädern. Selbst wenn zwei bei extremer Verschränkung in luftiger Höhe rotieren, kommt an den beiden anderen Drehmoment an, das geeignet ist, die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Der Zuschalt-Allradantrieb dient als reine Traktionshilfe.
Jeep als Vorreiter der "zivilen" Allrad-Fahrzeuge
Den Vorteil vier angetriebener Räder auch auf fester Straße zu nutzen scheint angezeigt, als sie sich auf dem zivilen Markt auszubreiten beginnen. Das tun sie vor allem in den USA, und dort ist es wieder die Firma Jeep, die sich etwas Neues ausdenkt. Seit Anfang der sechziger Jahre hat man den Wagoneer im Programm. Ein geräumiges Gefährt, dessen Käufern man nicht das Hantieren mit einem Zusatz-Schalthebel zumuten möchte. Das Bedienungs-Szenario hat ein Ende, als Jeep beim Wagoneer ein zentrales Differenzial einsetzt. Damit kann man problemlos auf fester Straße fahren. Da der Ausgleichseffekt im Gelände aber eher hinderlich sein kann, verfügt der Quadratrac genannte Antrieb über eine automatische Sperre, welche die Kraft immer an die Achse mit dem besten Grip leitet. Reicht das nicht aus, muss der Fahrer wieder aktiv werden. Vom Cockpit aus lässt sich das Zentraldifferenzial auch voll sperren damit hat man dann wieder das klassische 50:50-Allradprinzip.
Die Zukunft des Allradantriebs liegt in der Verfeinerung des Prinzips
Was noch kommt in der Allradtechnik, ist nur eine Verfeinerung des Prinzips. Der Quattro-Antrieb von Audi beispielsweise. Auch er bedient sich eines zentralen Differenzials und ist deshalb so genial einfach, weil Audi einen vor der Vorderachse liegenden und längs eingebauten Motor verwendet. Zum üblichen Frontantrieb kommt das Differenzial, eine Kardanwelle und der hintere Achsantrieb - fertig.
Ein ähnliches Prinzip bei Personenwagen konventioneller Bauweise - Motor vorn, Antrieb hinten - zu verwirklichen, erweist sich als weitaus aufwendiger. Denn hier muss das Vorderachs- Differenzial neben dem Motor untergebracht und eine Antriebswelle durch die Ölwanne geführt werden, weil naturgemäß nicht so viel Bauhöhe zur Verfügung steht wie bei einem Geländewagen, wo der vordere Achsantrieb komplett unterhalb des Triebwerks platziert werden kann. Das zentrale Differenzial bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Steuerung des Kraftflusses. So ermöglicht es die Festlegung einer Basisverteilung der Kraft.
Audi setzt zunächst auf das klassische 50:50-Prinzip, steuert aber jetzt zu einer mehr heckbetonten Verteilung (40:60) um, die ein klarer definiertes Fahrverhalten sichert. Weil die Ausgleichswirkung des zentralen Differenzials unter bestimmten Bedingungen auch hinderlich sein kann - siehe oben -, haben sich verschiedene Möglichkeiten zum Sperren herauskristallisiert. Etwa die Lamellensperre, deren Wirkung per Ölpumpe rein hydraulisch, aber auch durch eine elektronische Steuerung kontrolliert werden kann. Oder das Torsen-Differenzial - eine komplizierte Mechanik, die drehmomentabhängig arbeitet (Torsen = Torque sensitive) und die so die Kraft der Achse mit dem besseren Grip zuteilt.
Alternative zum Torsen-Differenzial: die Visco-Sperre
Dritte Alternative: die Visco-Sperre. Hier sorgt eine in ihrer Viskosität veränderliche Flüssigkeit, die auf Drehzahlunterschiede reagiert, dafür, dass sich die Sperre öffnet oder schließt. Das Visco-Element kann auch als Ersatz für das Differenzial dienen. Wenn es sich schließt, weil an einer Achse Schlupf auftritt, gelangt automatisch Drehmoment an die zweite Achse. Ein solcher Allradantrieb - bei Lamborghini beispielsweise - dient in erster Linie der Optimierung des Fahrverhaltens. Den Traktionsaufgaben im Geländewagen ist er nur bedingt gewachsen, weil es bei hoher Beanspruchung Temperaturprobleme gibt.
Noch effektiver zeigt sich die Haldex-Kupplung, die ebenfalls ein Lamellenpaket darstellt, das bei Modellen mit Frontantrieb bedarfsgerecht die Hinterachse zuschaltet (VW 4Motion). Die Haldex-Kupplung zeichnet sich durch eine schnelle Reaktionszeit aus. Selbstverständlich gibt es immer wieder neue Ideen: etwa das Terrain- Response von Land Rover, das elektronisch die Kraftverteilung je nach Untergrund variiert und zusätzlich auch das Ansprechverhalten des Motors regelt. Denn Drehmoment ist zwar gut - eine gesunde Menge davon kann sogar den Verzicht auf ein Untersetzungsgetriebe ermöglichen, das den klassischen Allradler auszeichnet.
Der Ur-Jeep hatte schließlich nur einen mickrigen Vierzylinder und keinen großvolumigen Drehmomentbullen. Aber zu viel Moment führt zu Schlupf und damit dem Gegenteil von Traktion. Terrain-Response ist in der Lage, dem Fahrer die feinfühlige Regelung mit dem Gaspedal abzunehmen. Nichts mehr zuschalten, nichts mehr sperren. Dem Fahrer das Leben so leicht wie möglich zu machen - das ist der Trend beim Allradantrieb der Neuzeit. Nur auf eines muss der Fahrer achten, wie schon zu den Anfängen: Wer nicht alle vier Räder am Boden hält, hat auch keinen Allradantrieb.
Quelle: Motor Klassik
Soweit eine schön kompakte Übersicht - der folgende Abschnitt enthält aber Verwirrungspotential:
Liest sich so, als könne Terrain Response in Verbindung mit einem drehmomentstarken Motor das Untersetzungsgetriebe ersetzen. Wenn es das könnte - würde Land Rover vermutlich bei Discovery, Range Rover Sport und dem Range Rover komplett auf die Reduktion verzichten, dadurch ließe sich auf einen Schlag ein nicht unerhebliches Gewicht einsparen, vom Kostenfaktor ganz zu schweigen.
So einfach ist es aber nicht, neben der Drehmomenterhöhung am Rad geht es dabei auch um die Langsamfahrfähigkeit. Das maximal angegebene Motordrehmoment und die damit verbundene Steigfähigkeit stehen erst ab einer bestimmten Drehzahl zur Verfügung - schlecht, wenn die Übersetzung aus dieser Drehzahl dann bereits Geschwindigkeiten im Bereich von 20 km/h oder mehr erzeugt, damit lassen sich viele Geländepassagen nicht oder nur schwer fahren. Dieses Manko lässt sich zwar mit dem Drehmomentwandler einer Automatik ganz gut kompensieren, aber - selbst bei einem Touareg V10 TDI (welchem man sicher keine Motorschwäche unterstellen kann) hat VW noch das Reduktionsgetriebe mit 'rein gebaut, und das bestimmt nicht weil sie davon eine Überproduktion hatten oder mal die Haltbarkeit der Achsen testen wollten... 😉
Man ist in der Straßenübersetzung für viele Geländeabschnitte halt einfach zu schnell.
Gruß,
Derk
Man sollte vielleicht einwerfen, dass der erste PKW mit Serien AWD der Jensen FF aus GB war. Permanentes AWD bei einem Sportflitzer... Bin jedoch unsicher ob nicht Subaru da auch mit rein müsste...
Und ich dachte Audi wars ;-)
Schön das ich hier bei euch noch dazu lernen kann...
subaru war genauso früh.... wie audi
der erste range rover sollte anfangs übrigens ein allrad kombi werden also kein SUV aber ich weiß nicht ob man ihn wirklich dazuzälen kann
Laut Wikipedia ist Jensen der Erste gewesen. 1966 wurde der Jensen FF vorgestellt und gebaut. Erst 1985 kam Subaru dazu und 1980 war es bei Audi... Sprich: im PKW waren wir Briten Vorreiter in Sachen AWD 😆 Gut, waren nur ca. 330 Fahrzeuge ABER es war zuerst kaufbar - hatte übrigens auch als erstes eine Mechanische Form des ABS 😉 1966!
Der Range sollte sowieso immer auf der Plattform des Landys stehen, somit kann er nicht dazu zählen.
subaru war schon 1980 da vllt. nicht in D aber das weiß ich noch aus irgendeiner Olteimer markt.....
Jensen war enorm fortschrittlich:
erste GFK karossarie
Das erste ABS ist eigentlich aus Flugzeugen und das schon in den 20er und 30er Jahren
Adere Frage:
Ist in den Audi Quattros immer noch das Torsen Mitteldifferenzial verbaut und gibt es jetzt 3 oder 1 torsendifferential in den echten Quattros?
Das war zuschaltbar... Mir ging es eben um das PERMANENTE AWD 😉
Erst 1985 hatte Subaru sein erstes Permanentes AWD Fahrzeug... Das war dieses komische Coupé Ding 😉
muss eines berichtigen, es gibt Allrad bei Subaru seit 1972. Subaru ist vllt. seti 1980 rum auf dem deutschen Markt. Audi kam erst 1982 oder 1983 damit an, auch nur weil ein Ing das unbedingt getestet haben wollte. Ist eigentlich typisch für VW oder Audi dass die sämtliches erstmal verschlafen haben.
Ja, die Briten waren auch in anderen Dingen Vorreiter, z.B. mit der Dampfmaschine und der Eisenbahn!
Die Deutschen haben damals nur durch Industriespionage, Versuchsnachbauten usw ein eigenständiges Wissen entwickelt (Vorläufer der TU Dresden!) und konnten erst nach langer Zeit die Briten einholen!
Insofern ist das überhaupt nicht erstaunlich dass die von Jenson einen Allrad bauen konnten.
achso ja ich wusste nicht das das zuschaltbar war aber hätte man sich eig. auch denken können Subar+allrad= bauernkombi sofern es keine turbo variante ist 😊
die bei jensen bauten nicht wirklich 4wd das war de ferguson....
Liebe Autofreunde,
Ich bin wie immer auf der Suche nach technischen Lösungen, die Spritsparen und eine zumindest eingeschränkte Geländegängigkeit verbinden. Daher meine Frage:
Warum gibt es keine Crossover oder sonstige nur-Front oder nur-Hecktriebler mit grosser Bodenfreiheit
UND Differenzialsperre?
Meiner Erfahrung nach ist eine Differzialsperre im Gelände ebenso nützlich wie ein einfacher "Allrad"-antrieb, bei dem sich im Matsch auch nur 2 Räder drehen, und der einen Mehrverbrauch von rund 25% bewirkt....
Eine Differenzialsperre würde logischerweise kaum Mehrverbrauch bewirken, aber falls man sich plötzlich
auf losem Untergrund befindet, wäre es mehr als nützlich!
von der sperre her weiß ich jetzt kein auto aber es gibt doch momentan massenhaft fronttriebler mit großer bodenfreiheit
Gibt es - bzw. gab es, in Form des Peugeot Partner Escapade. Als Gegenpart zum Allradgetriebenen Kangoo hat man es dort beim Frontantrieb belassen, aber eine automatische Differentialsperre verbaut (nicht über Bremseneingriff, sondern eine richtige Diffsperre).
Gründe, warum man eine manuelle Differentialsperre sonst bei den 2WD-Fahrzeugen nicht findet:
a) Der Allrad bringt mehr und lässt sich besser vermarkten.
b) Man kann mit einer manuellen Diffsperre Einiges falsch machen, und die Belastungen für den Antrieb bei Fehlbedienung sind nicht ohne.
c) Die Traktionskontrolle über Bremseneingriff ist billiger und "idiotensicherer" umzusetzen, außerdem harmoniert diese mit den sonstigen Fahrsicherheitssystemen. ESP und ABS funktionieren mit Differentialsperre nicht, weil sich die Räder nicht mehr unabhängig voneinander abbremsen lassen.
Gruß,
Derk