Honda GL 1800 Gold Wing Tour: Fahrbericht, technische Daten, Preis
Die Honda Gold Wing hat Diät gehalten
Honda schickt seine Gold Wing mit üpiger Ausstattung, neuem Boxermotor und Doppelkupplungsgetriebe in die sechste Generation. Gespart wurde nur am Gewicht.
Köln - 44 Jahre sind eine lange Zeit. Da kann man schon mal ein bisschen zulegen. Das gilt für Motorräder nicht weniger als für deren Fahrer oder Fahrerinnen. Die Honda Gold Wing kannte seit 1974 nur eine Richtung: nach oben. Mit einem Tausender-Vierzylinder-Boxer fing es damals an. Seither gab es: mehr Zylinder, mehr Hubraum, mehr Leistung, mehr Platz, mehr Gewicht.
Eine extrem treue Fangemeinde wusste genau das zu schätzen und hielt immer zu diesem Giganten der Motorradwelt. Doch auch sie wird zu schätzen wissen, dass die Gold Wing sich auf ihre alten Tage nochmal Mühe gibt und ein bisschen abgespeckt hat. Seit dem Frühjahr 2018 ist die sechste Generation am Start. Und sie wiegt "nur noch" 383 Kilogramm. Immerhin, das sind bis zu 48 Kilo weniger als beim Vorgänger.
Angetrieben wird die Honda Gold Wing Nummer sechs von einem neuen 1.800 ccm großen Sechszylinder-Boxer mit 126 PS. Auf Wunsch übernimmt ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe die Schaltarbeit. Was sich in den vier Jahrzehnten nicht verändert hat: Die Honda bleibt ein fahrendes Sofa für zwei Personen. Und teuer war sie auch schon immer. Jetzt kostet sie 35.990 Euro.
Honda Gold Wing 2018: Ein Motorrad für die große Fahrt
Wer sich der aktuellen Gold Wing nähert, tut dies am besten mit dem Handbuch in der Hand. Auf 258 Seiten werden die Neubesitzer in ihre Geheimnisse eingeweiht. Weitere 88 Seiten beschreiben das Navigationssystem. Die Ausstattung der Version „Tour“ ist nunmal sehr umfangreich. DCT-Getriebe, Airbag, Navigationssystem, Audioanlage und Topcase - alles bringt die GL 1800 mit. Einige Kleinigkeiten wurden jedoch nicht ganz zu Ende gedacht: So gibt es zwar hinterleuchtete Schalter und Taster am Lenker und im Cockpitbereich, aber kein Licht im Topcase.Mitfahrer freuen sich über Trittbretter statt schnöder Fußrasten, die dezente Zentralverriegelung arbeitet genauso einwandfrei wie die elektrische Scheibenverstellung. Ein wenig umständlich ist das Öffnen der Tankklappe, deutlich aufwendiger die Integration eines Audiogerätes, weil der USB-Anschluss sich nicht im Cockpitbereich, sondern im Topcase befindet.
Der Motor der Honda Gold Wing ist eine Wucht
Schon kurz nach dem Start zeigt sich: Die aktuelle Generation der Gold Wing ist eine Wucht. Das Siebengang-Doppelkupplungsbetriebe wechselt fast unmerklich die Übersetzungsstufen. "Gas zu" vor einer Kurve, schon wird zurückgeschaltet – prima! Im Fahrmodus Tour, für Überlandfahrten vorzüglich abgestimmt, bewegt sich die Drehzahlmessernadel zumeist zwischen 1.500 und 2.500 Touren. Muss der Überholweg mal verkürzt werden, genügt ein Daumendruck auf den Minus-Taster links am Lenker, schon schaltet die Automatik zurück, die Kraft aus sechs je 300 Kubikzentimeter großen Zylindern schiebt die Gold Wing mit Vehemenz nach vorne.
Immer kultiviert, aber nach Wahl geschmeidig oder nachdrücklich. Die Akustik ist gelungen; aus dem Säuseln früherer Gold-Wing-Generationen ist ein dumpferes, jede Menge Kraft verheißendes Grollen geworden, das nie lästig wird. Die Wohlfühlzone ist so breit wie der Highway I-405 in Los Angeles, zwischen Leerlaufdrehzahl und 6.000 Touren geht alles, was man sich wünscht.
Klar, dabei geht es immer ums Touren, nie ums Rennen. Rahmen, Radführungen und Bremsen sind ebenfalls für diesen Zweck optimiert. Die neue Doppelquerlenker-Vorderradführung spricht feinfühlig, das elektronisch vorspannbare Federbein ebenfalls. Dass Honda die Höchstgeschwindigkeit auf 180 km/h begrenzt, schmerzt nicht: Die Möglichkeiten für höhere Tempi sind zwischen Regensburg und Dithmarschen mehr als selten. Zudem steigt jenseits der 150 km/h der Benzinverbrauch kräftig.
Honda setzt bei der Gold Wing auf Komfort und Sicherheit
Der Sitzkomfort überzeugt genauso wie Aerodynamik und Fahrstabilität. Eine Notbremsung bringt die Honda kein bisschen aus der Spur, der Warnblinker springt automatisch an und signalisiert nachfolgenden Autolenkern, dass der Zweiradkoloss den Bremsfallschirm ausfährt. Die zügig, aber nie hektisch gefahrene 2.000-Kilometer-Tour absolviert die Gold Wing mit einem Durchschnittsverbrauch von 5,9 Litern; das Minimum liegt bei Zieltempo 140 km/h bei 5,5 Litern, schnellere Fahrt und ein maximal ausgefahrener Windschild lassen den Konsum exponentiell steigen.Doch die die jüngste Gold Wing kann auch anders. Man muss schon sehr brachial am angenehm geformten Lenker reißen, um um die Schräglagengrenze aufzuspüren. Dank niedrigen Schwerpunkts dampft sie im Fahrprogramm Sport fast mühelos die Berge rauf und runter. Klar, das ist eher Schneewalzer als Jazz, aber die Gold Wing verzögert talwärts fadingfrei und beweist eindrucksvoll, dass auch Großkaliber Spaß machen können.
Honda Gold Wing Preis: 36.000 Euro für ein gutes Paket
Auch für die Sozii ist gesorgt. Mit einer regelbaren Sitzheizung sowie den an der Vorderkante des Topcase montierten Zusatzlautsprechern lassen sich auch als Beifahrer längere Touren auf den Gold-Flügeln aushalten.
Nur eine Sache stört: "Warum nur ist das Gepäckvolumen gegenüber dem Vormodell so stark geschrumpft worden und warum sind Koffer und Topcase innen so zerklüftet?" Ein Wochenende zu zweit geht gerade noch, eine volle Urlaubswoche nicht.
Der mangelhafte Stauraum ist neben einigen Unzulänglichkeiten am Navigationssystem der einzige Kritikpunkt an der Honda Gold Wing. Ansonsten ist sie – für ihren speziellen Zweck – ein vorzügliches Motorrad geworden, auch wenn 36.000 Euro nun wirklich nicht wenig sind. Motor, Getriebe, Fahrwerk, Bremsen, Komfort, Windschutz, Ausstattung – in all diesen Disziplinen kann die Gold Wing voll punkten.
Honda GL 1800 Gold Wing Tour - Technische Daten
- Motor: Sechszylinder-Boxermotor
- Hubraum: 1.833 ccm
- Leistung: 126 PS bei 5.500 U/min.
- Maximales Drehmoment: 170 Nm bei 4.500 U/min
- Radstand: 1,695 m
- Sitzhöhe: 74,5 cm
- Gewicht fahrfertig inkl. Koffer: 383 kg
- Zuladung: 203 kg
- Tankinhalt: 21 Liter.
- Höchstgeschwindigkeit 180 km/h
- Normverbrauch lt. EU4: 5,6 l/100 km
- Testverbrauch. 5,1 bis 6,6 l/100 km (Mittelwert 5,7 l/100 km).
- Preis: 35.990 Euro
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Quelle: SP-X (Ulf Böhringer)
ih hoffe der hat einen Rückwärtsgang und Stauassistent...
Kein beleuchtetes Topcase? Womöglich nicht mal einen Schminkspiegel im Deckel? 😱
Shocking!
Natürlich hat eine Goldwing eine Rückwärtsgang. Und eigentlich auch einen Airbag.
Nicht meine Welt - aber ein imposantes Stück Technik! 😊
In Deutschland ist die Goldwing recht selten zu sehen, finde ich. Die großen Reisedampfer von BMW haben ihr den Rang abgelaufen...
Zwar nicht mein Typ von Motorrad (bin da etwas puristischer) aber gerade technisch sehr beeindruckend.
Auch der Sechszylinder, in Zeiten wo BMW in seinen Autos (!) vermehrt Dreizylinder einbaut.
Insgesamt gibt es auf dem Motorradmarkt mehr interessante/individuelle und unterscheidbare Angebote als bei Autos.
Ich habe die GoldWing auch immer belächelt und konnte mir nie vorstellen, mal eine zu fahren.
Nun hat sich mein alter Herr nach 15 Jahren "Fremdfahren" wieder eine GoldWing zugelegt, die DCT Tour Airbag.
Nachdem ich die gefahren bin muss ich sagen: Hat was! Der Boxer schiebt absolut seidig an, klingt nie aufdringlich, aber immer souverän. Das Fahrverhalten absolut stabil, aber in Kurven (in Anbetracht der Größe und des Gewichts) erstaunlich handlich. Und mega-komfortabel!
Auf unserer letzten Tour (ca. 1.000km; 2x KTM 1290 S@S, 1x besagte GoldWing und eine CBF 1000) hatte er auch keinerleich Probleme, mitzuhalten. Mit der GW kann man einen durchaus flotten Strich fahren.
Könnte ich mir in ein paar Jahren eventuell auch vorstellen. Allerdings die Basisvariante ohne Topcase, sofern die irgendwann einmal eine Traktionskontrolle bekommen sollte..
Nicht nur einen Rückwärtsgang, sondern auch eine Rangierhilfe für vorwärts (1,5km/h).
Was daran liegen könnte, dass von der neuen GoldWing nur 350 Stück in 2018 nach Deutschland gekommen sind.
Und preislich liegt die Wing auch deutlich über der K1600. Bei der BMW geht es bei ca. 22.000€ schon los, bei der GoldWing startet man bei 26.000€. Mit Topcase bei über 30.000€.
Die alte GL wurde von der K1600 in jeder Hinsicht technisch abgehängt, da ist es verständlich, dass mehr BMW verkauft wurden.
Bei der neuen hat die BMW es allerdings wirklich schwer und kann m.E. nur über den Preis trumpfen.
BMW verbaut übrigens selber auch noch R6-Sauger in Motorrädern.
Bei den PKW ist die Geschichte derzeit ja leider erstmal vom Tisch, dabei bot der N53 durchaus Potential, welches selbst zu seiner Zeit nicht mal ausgeschöpft wurde.
Interessanterweise passt der Testverbrauch relativ gut zur Norm, etwas was bei vielen PKW heutzutage nicht mehr oft auftaucht.
@FWebe
Dessen bin ich mir bewußt 😉
Und ja, entsprechend große Saugmotoren liegen oft erstaunlich nah an ihrem Normverbrauch.
BMW hat seine R6 Sauger meiner Meinung nach ohne Not aufgegeben, diese waren ein tolles Alleinstellungsmerkmal.
Aber den meisten Käufern scheint ja technisch alles egal (Zylinderzahl, Motorbauform, angetriebene Achse, etc.), Hauptsache die Marke transportiert das entsprechende "Image".
Ganz ehrlich? Ich hätte so einen Motor gerne im Auto. Kleiner 6-Zylinder, muss kein Leistungswunder sein, dafür Sparsam, Vibrationsarm und mit tollem klang. Am liebsten noch als Plug-In, dass man das dann auch "für sich" hat...
Bei 400 Kilo Gewicht und einem höchstwahrscheinlich eher unschönen Luftwiderstand, wäre das wirklich mal interessant...
Ich muss endlich den Motorradführerschein machen 😆
Stimmt nicht, bei ihrer Markteinführung war das die billigste 1000er die man bekommen konnte. Deswegen hat die sich auch bei den Heizern so gut verkauft, nur zum heizen war die nie geeignet. Deshalb gab es Anfangs auch die schrecklichen Unfälle.
Die Gold Wing ist irgendwie Kult. 😆
Ich bin kein Mopped-Fahrer (eher Cabrio) aber bei den Dingens schaut man halt immer...und denkt COOL.
Andererseits, bei den Preisen bin ich froh kein Mopped-Fahrer zu sein. 😉
Reihensechser? Kein Problem! 320i (e36) und 330i (e46) im Cabrio. 😆
btw. beide zusammen günstiger als EINE neue Gold Wing...
Die Zuladung von 203 kg ist ein Witz🙄
Aber echt. Honda hätte statt dem 1.8er 4 Zylinder lieber den Goldwing Boxer in meinen Civic einbauen sollen. Hubraum wäre schon Mal passend. 😆
Ein Auto mit 7 Sitzplätzen schafft den Verbrauch von knapp 6 Litern mit 3,5x so viel Eigengewicht. Um mal den ökologischen Fußabdruck zu betrachten. 😊