Krise in Brasilien: deutsche Autohersteller mit Sorgen

Die Krise in Brasilien

verfasst am Wed Aug 26 17:41:56 CEST 2015

Brasilien rutscht in die Krise, dem Autosektor fehlt die Nachfrage. VW und Daimler drosseln ihre Produktion, doch der Tiefpunkt ist noch nicht erreicht.

Die brasilianische Wirtschaftskrise hat das Land und die dortigen Autohersteller im Griff. Auch 2016 wird mit einer Rezession gerechnet
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Rio de Janeiro - In den Läden an der Copacabana überwiegt die Tristesse. Der Konsum der sonst so kauffreudigen Brasilianer bricht auf breiter Front ein, vor allem aber meiden sie offensichtlich die Autohäuser. Allein der VW-Konzern verkaufte seit Jahresbeginn fast 31 Prozent weniger Autos, Daimler will rund 1.500 Stellen streichen. Und es könnte schlimmer kommen.

Der Absatz ist deutlich eingebrochen

Von Januar bis Juli verkaufte Volkswagen knapp 31 Prozent weniger Fahrzeuge als noch ein Jahr zuvor
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Volkswagen do Brasil ist seit 1953 eine Erfolgsgeschichte, das Land ist VWs größter Auslandsmarkt nach China. VW betreibt drei Fahrzeugwerke und eine Motorenfabrik mit 20.000 Beschäftigten, im März wurde das 22-Millionste Auto produziert. Doch nun herrscht Krisenstimmung. In den ersten sieben Monaten lieferte VW in Brasilien nur noch 245.900 Fahrzeuge aus. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Rückgang von 30,6 Prozent.

"Brasilien hat das niedrigste Pkw-Nachfragevolumen seit 2007", sorgt man sich in der VW-Zentrale in Wolfsburg. Hauptgründe dafür seien neben einer zu Jahresbeginn angehobenen Industrieproduktsteuer die schwache Konjunktur und gestiegene Zinsen. Im Werk Taubaté ruht die Produktion derzeit sogar, auch Daimler stoppte in den vergangenen beiden Wochen in seinem LKW- und Buswerk São Bernardo do Campo die Produktion. Die Gewerkschaften stemmen sich gegen einen drohenden Stellenabbau.

Allein der brasilianische Lkw-Markt ist im ersten Halbjahr um 44 Prozent geschrumpft. Daher sieht Daimler keine Alternative und will 1.500 Stellen streichen. Bisher beschäftigen die Schwaben hier knapp 11.900 Mitarbeiter. Es habe bereits "kollektiven Urlaub, temporäre Freistellungen zur Weiterbildung sowie freiwillige Abfindungsprogramme" gegeben. "Leider ist der Markt so schwach, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen," sagt ein Sprecher.

Deutscher Hersteller haben Millionen investiert

Audi konnte gegen den allgemeinen Trend seinen Absatz in Brasilien steigern
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Audi und BMW wollen eigentlich in Brasilien investieren. Da Brasilien hohe Einfuhrzölle für Autos erhebt, ist eine Inlandsproduktion fast alternativlos. BMW eröffnete vor einem Jahr ein Werk in Araquari (Bundesstaat Santa Catarina). Im Juli wurden 1.401 Autos in Brasilien ausgeliefert - da der Konzern vorher kaum präsent war, ein Zuwachs. "Die Investitionen belaufen sich in den nächsten Jahren auf über 200 Millionen Euro", sagt eine Sprecherin. Geplant sei eine Produktion von 30.000 Autos jährlich.

VW hat bereits reagiert. "Volkswagen nutzt derzeit mit den Gewerkschaften abgestimmte Flexibilisierungsmaßnahmen wie Kurzarbeit und freiwillige Abfindungsprogramme", sagt VW-Sprecher Eric Felber. Zudem würden "Instrumente" diskutiert, "um die Belegschaft anzupassen".

Bisher hält VW im Werk Curitiba an den Vorbereitungen für die Produktion des Golf und des Audi A3 fest. Ab 2016 soll dort auch der Audi Q3 vom Band rollen. Von Januar bis Juni 2015 verkaufte Audi in Brasilien mehr als 10.000 Autos, gegen den Trend ein Plus von fast 40 Prozent. Die VW-Tochter sieht hier "kurz- und langfristig gute Perspektiven". Der Anteil des Premiumsegments liege in Brasilien erst bei zwei Prozent, in Europa seien es 20 Prozent.

Ende der Krise ist nicht in Sicht

Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte Brasilien in der vergangenen Woche
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9,5 Prozent Inflation werden für dieses Jahr in Brasilien erwartet. 8,4 Millionen Arbeitslose gab es bis Juli - 23,5 Prozent mehr als vor einem Jahr. Durch den größten Korruptionsskandal in der Geschichte Brasiliens gibt es zudem eine politische Lähmung, die rasche Reformen erschwert.

Pünktlich zum Besuch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der vergangenen Woche reagierte man aber ein wenig, trotz aller Sparzwänge: es soll eine Kreditunterstützung von 3,1 Milliarden Real (764 Mio. Euro) für den Autosektor geben. Die Hilfen sollen vor allem einheimischen Zuliefererunternehmen zugutekommen.

Die deutschen Hersteller könnten 2016 noch weniger Autos verkaufen, auch droht eine Rezession. Die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff baute diese Woche schon einmal vor. Sie scheint selbst nicht an eine rasche Besserung zu glauben: "Ich kann nicht garantieren, dass die Lage 2016 schön sein wird".

Weitere MOTOR-TALK-News findet Ihr in unserer übersichtlichen 7-Tage-Ansicht

Von Januar bis Juli verkaufte Volkswagen knapp 31 Prozent weniger Fahrzeuge als noch ein Jahr zuvor
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