Oldtimer: Was macht ein Auto zu einer Ikone?
Die Latte zur Leitfigur liegt hoch
In Deutschland rollen immer mehr Oldtimer über die Straßen. Doch nur wenige Modelle schaffen es in den Auto-Olymp und werden zur Ikone. Ein Erklärungsversuch.
Köln/Stuttgart - Das Kraftfahrtbundesamt beziffert den derzeitigen Oldtimer-Bestand in Deutschland auf rund eine halbe Million. Tendenz steigend. Manche der Oldies - ob mit glitzernden Chrom, großer Heckflosse oder eleganter Form - sind echte Designträume. Doch nicht jedes "alte Blech" reift zu einer Ikone. Nach welchen Kriterien wird dieser Titel eigentlich vergeben?
Der Duden definiert den Begriff Ikone wie folgt: Eine Sache als Verkörperung bestimmter Werte, Vorstellungen, eines bestimmten Lebensgefühls. Eine Legende oder ein Mythos also. Im Kern stimmen Autohersteller und Fachleute damit überein. Doch es gibt Unterschiede.
Unterschiede in der Auslegung
Mercedes hat nach eigener Aussage in den vergangenen 130 Jahren mehrere Ikonen auf die Räder gebracht. Dazu rechnen die Schwaben das 540 K Coupé aus den 30er Jahren, die Heckflosse aus den 60er Jahren, den 300 SL Flügeltürer von 1954, den 230 SL Pagode von 1963 oder den 190er Baby-Benz aus den 1980er Jahren. "Die wesentliche Grundvoraussetzung für Ikonenstatus ist eine starke Marke", sagt Ina Schultz von Mercedes. Für sie zählt zu den nächsten Anwärtern die seit 1979 gebaute G-Klasse und der CLS.
Für Volkswagen gelten der Käfer, der Bulli, aber auch der Golf GTI als Ikonen. Käfer und Bulli haben nach dem Zweiten Weltkrieg die Massenmotorisierung gefördert. Michael Mauer, Leiter des Designs des VW-Konzerns und Designchef bei Porsche, bezeichnet Ikonen als "einen Gegenstand, der bestimmte Werte, Vorstellungen oder auch ein eigenes Lebensgefühl verkörpert". Nach seiner Definition zählt der Sportwagen 911 dazu. "Dieses Auto erfüllt alle Vorstellungen, die man mit einem Sportwagen verbindet, und verkörpert auf perfekte Art und Weise ein ganz bestimmtes Lebensgefühl", sagt er.
Doch auch Autos wie der Jaguar E-Type oder Mercedes 300 SL Flügeltürer, ein Range Rover, ein Mercedes G-Modell oder ein Mini verkörpern dies heute. "Voraussetzung ist, dass das Design dieses bestimmte Lebensgefühl visualisiert, einen bestimmten Zeitgeist trifft oder besser, ihn sogar vorwegnimmt, sozusagen als Projektionsfläche für gesellschaftliche Stimmungen dient." Dabei müsse das Design eine hohe Selbstähnlichkeit aufweisen, ohne in die Retrofalle zu tappen. "Bezogen auf den Porsche 911 heißt das: Der neue 911 ist zum einen immer als 911, zum anderen auch als der neue 911 zu erkennen", sagt Mauer.
Kein Einheitsbrei sondern Einzigartigkeit
Designprofessor Paolo Tumminelli von der International School of Design in Köln sieht das differenzierter. Er unterscheidet zwischen der absoluten, der mythischen und der Generations-Ikone. Die absolute Ikone muss drei Kriterien gleichzeitig erfüllen: Einzigartigkeit, Wiedererkennungswert und Bedeutung. "Die Ikone hebt sich ganz eindeutig von der Masse ab und wird sofort als solche erkannt, das Modell muss außerdem etwas für seine Zeit, eine Bewegung oder Kultur bedeutet haben."
Dazu zähle eine Bewegung, die Kultur oder die Stimmungslage wie die Wirtschaftswunder- oder Hippiezeit beim VW Käfer. Außerdem durfte die Ikone in Ruhe sterben, wurde also nicht neu aufgelegt. Zu den Ikonen zählen für ihn die Citroen DS, der Jaguar E-Type und der VW Käfer. "Aber auch der Fiat Panda von Giugiaro ist eine Ikone." Denn das Auto war in den 80ern durch seine rustikale Technik und die spartanische Ausstattung in seiner Einfachheit einzigartig. "Mit der "tollen Kiste" kann man durchaus eine Weltanschauung verbinden", sagt er.
Mystische Ikonen und Verwässerung des Besonderen
Bei den mythischen Ikonen handele es sich um Fahrzeuge, deren Einzigartigkeit aufgrund einer forcierten Weiterentwicklung überholt wurde. So leitete Porsche den 911 vom Vorgänger 356 ab. Der aktuelle
911 (intern 991) fährt nun in der siebten Generation. Der Mercedes SL wird seit 1954 verkauft, nun in der sechsten Generation. Auch der Ford Mustang, gebaut seit 1964 und heute ebenfalls in der sechsten Generation, zählt deshalb nur zu den mythischen Ikonen. Der Mini, von dem es in den vergangenen 55 Jahren viele Varianten gab, gehört auch in diese Kategorie wie der rote Ferrari, abgeleitet aus dem Modell 308 aus der TV-Serie "Magnum".
Von einer absoluten Identität kann nicht die Rede sein. "Der ikonische Wert ist mehr mit der Einzigartigkeit der Marke denn mit einer einzigartigen Gestaltung begründet", sagt der Design-Professor.
Generations-Ikonen, die dritte Kategorie, seien Autos, die eine Ikone ihrer Generation waren und so auch viele Nachahmer fanden. "Das kann der Willys MB sein, aus dem unter anderen Land Rover und Land Cruiser entstanden, die man alle Jeep nennt", sagt Tumminelli. Oder ein VW Golf I der 70er Jahre, dessen Form für viele Autos der 80er wie Talbot Horizon und Opel Kadett D zum Vorbild gestanden habe.
"Dem Mercedes SL könnte ebenfalls Generationscharakter zugeschrieben werden, weil er ebenfalls viele Oberklasse-Roadster inspirierte - vom Cadillac Allanté zum Lexus SC 430", sagt Tumminelli. Generations-Ikone zu sein sei zwar ein Zeichen des Erfolgs und eine Aufwertung, doch gleichzeitig verwässere damit das Absolute und Mythische.
Ikonenstatus wird künftig seltener vergeben
Durch die Modellvielfalt und den schnellen Wechsel der Modelle sieht der Design-Professor in Zukunft wenig Chancen für neue Ikonen. Nicht so für ausgewählte Youngtimer. "Formal gesehen hätte der erste Renault Twingo beste Voraussetzungen dazu, aber die völlig unterschiedlichen gleichnamigen Nachfolger verhindern den Aufbau eines Mythos", sagt er.
Zu den mythischen Ikonen der Neuzeit zählt er den Audi TT, den Mazda MX-5 und den Toyota Prius. "Letzterer hat einen hohen Wiedererkennungswert und als erstes Großserien-Hybridfahrzeug eine Bedeutung für die Mobilität", sagt Tumminelli. Wenn wir uns in 20 Jahren noch an die Fahrzeuge erinnern werden, dann "vielleicht als letzte Automobilikonen".
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Ein Traum von einem Fahrzeug. Für mich definitiv eines der schönsten Autos aller Zeiten.
Die G-Klasse hat nicht erst das Potential, sie ist in meinen Augen schon eine Ikone.
Prius? Der taugt höchstens als Symbol der hässlichkeit.
Gutes Industriedesign ist niemals hässlich. Der Prius ist sowohl windschnittig durch den guten Cw Wert und eine kleine Stirnfläche, hat aber auch einen sehr geräumigen Innenraum.
Meine Liste: BMW 507 Roadster (eines der schönsten Aller Zeiten), FIAT 500 (den ab 1957 gebauten. Warum ? Seht ihn euch an.😊 ), Ford Mustang (wer den nicht cool findet hat sie nicht mehr alle) und bei neueren Autos: ALFA-Romeo 159 (Limousine und Sportswagon) sowie Maserati GranCoupe und GranCabrio (Autos wie italienische Maßanzüge: zeitlos elegant 😎 )
Ich glaube dem Prius wird schon alleine wegen seines Status als Hybrid Pionier ein Platz in der Klassikerriege sicher sein. Nicht jedes hässliche Auto ist automatisch ein Klassikerstatus verwehrt. Da gibts jetzt schon diverse Beispiele von nennen wirs mal "speziellen Autos" die heute Kultstatus haben.
Vielen Dank für die Blumen. 😆
Ich bin zwar kein Experte, und auch kein wirklicher Fan des Twingos (I), aber wenn man sich mal daran zurückerinnert, so Anfang der 90er Jahre: Da gab es massenhaft noch Käfer und Enten auf den Straßen. Die Autos wollte keiner mehr haben, die gab es hinterhergeschmissen. Das war Billig-Ware. Nicht besonders gut verarbeitet, mit mickrigen Motoren, designmäßig kann man sich darüber streiten. Aber sicher nicht mehr zeitgemäß zu dem damaligen Zeitpunkt. Mit 300 DM und Rest-TÜV konnte man sich Käfer- oder Entenbesitzer nennen. Seitdem sind nun zwanzig Jahre vergangen, und Enten und Käfer sind preislich durch die Decke gegangen.
Jeder will sie (wieder) haben. Begehrlichkeiten wecken diese Autos vor allem bei den Leuten, die früher so ein Auto (damals als Student oder Azubi?) gefahren sind.
Beim Twingo, Fiasko (Mk 2, Mk 3, Mk 4)und beim Corsa B wird es sich ähnlich verhalten. Heute ungeliebte Kisten, mit wenig Charme. Stehen an jeder Ecke, sind günstig zu haben mit Rest-TÜV für wenige hundert EUR.
Wenn die Studenten von heute in zwanzig Jahren ihre Häuser fertig gebaut haben und in ihren 40er / 50er Jahren sind, dann werden die Autos ihren Wert schnell steigern und ihren "Kultstatus" auf den Straßen sicher haben. Käfer und Ente wird man dann immer seltener sehen, obwohl diese Autos heute die beliebtesten Oldtimer sind. Die wird man nur noch in Museen und auf Treffen zu Gesicht bekommen.
Bei Maserati GranCoupé und GranCabrio stimmen für mich die Proportionen absolut nicht.
Ist aber auch gut, daß die Geschmäcker unterschiedlich sind. 😉
Wär doch schrecklich, wenn wir alle den Prius (neu und alt) schön fänden...😆
Ich sehe weder beim Audi TT, den Mazda MX-5 noch beim Toyota Prius eine Ikone.
Momentan kommt ja der Jahrgang 86 in die Oldtimer Einstufung - auch da fällt es mir schwer das ein oder andere Auto als Oldtimer zu werten, der Status Ikone ist noch weiter entfernt.
Mercedes-Benz W 124 - nettes Auto, als Kombi gefragt und der Preis steigt auch schon an - aber Ikone ?
Golf II, Kadett E, Peugeot 205 mit H-Kennzeichen bei der Oldtimer Rallye am Start ? tut mir etwas in der Seele weh
Das geht, glaube ich, jeder Generation so. Man selbst wird alt, und die Autos mit denen man aufgewachsen ist und sie evtl. damals bewegt hat, ebenfalls. In den 80er Jahren wollte auch keiner wahrhaben, dass die Autos der 50er und 60er Jahre nun Oldtimer sind. Das waren in der damalige Zeit einfach nur alte Kisten. Die "echten" Oldtimer waren die Vorkriegsautos.
Da waren die Meinungen auch ziemlich eingefroren.
Meiner Meinung nach sind Autos, die dreißig Jahre überstanden haben, durchaus Wert erhalten zu bleiben und entsprechende Vergünstigungen zu erhalten.
Kadetten und 205er sind hierzulande ja auch nicht mehr an jeder Ecke anzutreffen. Im Ruhrgebiet (ehemals Opel-Hochburg) sind sie jedenfalls kaum im Straßenbild vorhanden. Eigentlich garnicht mehr.
Das selbe gilt auch für BMW E30.
Die Benzen der Baureihen W124 und W201 sind dagegen noch auffällig häufig unterwegs. Wohl auch wegen der guten Rostvorsorge ab Werk.
In der Liste fehlt noch der Suzuki Jimny - das Wildschwein schlechthin 😆
(Analog dazu kann man auch den Lada Niva setzen)
..meine "Ikonen" / Leitfigur
FIAT Multpla (häßlicher gehts nicht, aber mittlerweile echt cool)
Alfa Romeo 156 GTA 😆
Maserati GT-3200 "Hufeisen"
Matra Baghera 😉 (das dreisitzige Coupe)
"Massenprodukte" wie ein MX5, TT, etc. sehe ich nu wirklich nicht
als "Ikone" an.
Grüße
Da kannst du noch den Piagio Porter mit dazunehmen passt zu deinem Multipla
Meine Ikonen sind eindeutig Lancia Delta Integrale 16V, Renault 5 Turbo, Ford Sierra RS500, Ferrari F40 und Nissan R32 - für jeden einzelnen von ihnen könnte man mir das tollste und teuerste neue Auto hinstellen, ich würde meine persönliche Ikone wählen 😊.