Classic Driving News
Die rasenden Schuhkartons aus Japan
In Deutschland war die Zeit der Minimal-Autos schnell vorbei, die Bürger strebten nach Größerem. In Japan dagegen sind Kei Jidosha - leichte Autos - seit 1949 Top-Seller. Sie sind steuerbegünstigt, verbrauchen wenig Benzin und passen in jede noch so kleine Parklücke.
Die Kei-Cars kommen zur gleichen Zeit in Japan auf, als auch in Deutschland die Mini-Autos populär werden. Versetzen wir uns um 50 bis 60 Jahre zurück: Deutschland in der Nachkriegszeit. Wer es sich leisten kann, fährt ein motorisiertes Zweirad. An eine Massenmotorisierung ist - noch - nicht zu denken.
Japan denkt früher an die Zukunft
Doch die Automobilindustrie entwickelt sich schnell weiter. Industrie ist vielleicht noch etwas zu viel gesagt. Es ist die Zeit der Isettas, Kleinschnittger und Kabinenroller. Und letzter Begriff trifft es auch am besten - es sind rollende Kabinen, die da auf die wenig bevölkerten Straßen geschickt werden. Kleinstserienhersteller entwickeln die bedachten Minimalmobile, schustern sie oft aus gerade verfügbaren Teilen zusammen und produzieren sie günstig. Mit dem Wirtschaftsaufschwung steigen jedoch auch die Ansprüche und schon in den 196er-Jahren ist der Spuk vorbei - in Deutschland. Die kleinen Wagen sind der aufstrebenden Mittelschicht nicht mehr das adäquate Fortbewegungsmittel. Sie wurden - ähnlich wie der Trabi nach der Wende 1989 - billigst abgegeben oder einfach verschrottet. Anders dagegen in Japan.
Die Kei-Cars werden zum nachhaltigen Erfolgsmodell
Auf der anderen Seite der Weltkugel beginnt im Jahr 1949 schon die nachhaltige Automobil-/Umwelt-Stadtentwicklungs-Politik. In Japan werden die Kei Jidosha - übersetzt: leichtes Automobil - steuerbegünstigt. Die Kei-Cars durften nicht länger als 2,8 Meter, nicht höher als 2,0 Meter, nicht breiter als 1,0 Meter sein und nur von einem Zweitaktmotor mit maximal 100 Kubikzentimetern respektive Viertakter mit 150 Kubikzentimetern angetrieben werden. Damit schlägt die japanische Regierung einen Weg ein, der 60 Jahre später die großen Industrienationen des Westens beschäftigt. Die Gründe liegen auf der Hand: Der begrenzte Raum in den japanischen Städten soll nicht durch große Autos belegt werden - Parkmöglichkeiten und Emissionen können so leicht reduziert werden. Günstig sind die Kei-Cars außerdem; in Anschaffung und durch die Steuerbegünstigung auch im Unterhalt. Im Straßenbild kann man die Minis übrigens sofort an den gelben Kennzeichen erkennen - bei privaten Haltern sind die Buchstaben darauf Schwarz, bei Gewerbetreibenden weiß.
Schon im Jahr darauf, 1950, werden die Grenzwerte heraufgesetzt. 3,2 Meter Länge und 300 Kubikzentimeter für Viertakter, 200 Kubikzentimeter für Zweitakter der Kei-Cars. Und der Absatz der Winzlinge nimmt rapide zu. Bis zu ein Drittel der gesamten Zulassungen in Japan entfallen bis heute auf die Minimalautos.
Winzige Autos - häufig mit Luxus-Ausstattung
Das führt zu einem enormen Einfallsreichtum der Hersteller wie Honda, Suzuki, Mitsubishi, Mazda und Co. So gibt es schnell auch Pick-Ups, Mini-Lieferwagen, Geländeflitzer, Cabrios, Coupés und Kombis - eben die komplette Palette der "Großen" - auch en miniature als Kei-Cars. Zum bisher letzten Mal werden 1998 die Grenzen für die Kei-Cars auf 660 Kubikzentimeter, 3,4 Meter Länge und 1,48 Meter Breite heraufgesetzt sowie die Leistung auf 64 PS begrenzt.
Die Ausstattung entspricht, ganz im Gegenteil zu den Abmessungen, oftmals Oberklasse-Niveau. Klimaanlage, elektrische Fensterheber, ESP, Allradantrieb, ABS, High-End-Soundsystem und vieles mehr gehörte schon vor Jahren zum guten Ton. Auf der technischen Seite gilt natürlich die Hubraumbeschränkung als Herausforderung für die Techniker. Sie müssen möglichst viel Leistung aus den Motoren mit schnapsglasgroßen Zylindern holen. Aufladung, Ladeluftkühlung und Nenndrehzahlen nahe am fünfstelligen Bereich sorgen für Aufsehen - und Anerkennung. Ein gutes Beispiel dafür ist der Suzuki Cappuccino, der sich zwischen 1991 und 1997 zum Top-Seller entwickelt. Der Cappuccino ist die Antwort auf den nur in Japan erhältlichen Honda Beat, der mit 33.600 verkauften Exemplaren zeigt, dass auch für Roadster in der Kei-Car-Klasse ein Markt existiert.
Der Suzuki Cappuccino besitzt einen 657 ccm kleinen Dreizylinder aus Leichtmetall und kommt mit Turbolader, Ladeluftkühlung, zwei obenliegenden Nockenwellen, vier Ventilen pro Zylinder und Multipoint-Einspritzanlage auf 64 PS - eine Literleistung von mehr als 100 PS. Der Drehzahlmesser des Kei-Cars reicht bis 12.000/min, die Nenndrehzahl liegt bei 8.500/min. In weniger als acht Sekunden spurtet der rund 700 Kilogramm schwere Wagen auf 100 km/h. Mit seinem neuartigen Dach haben die rund 27.000 Käufer gleich vier Karosserievarianten: Coupé, T-Bar, Targa und Voll-Cabrio, je nachdem, wie viele Elemente des dreiteiligen Hardtops man entfernt. Einige Exemplare des Suzuki Cappuccino finden auch den Weg nach Deutschland. Die Preise für gebrauchte Exemplare des Kei-Cars beginnen bei rund 5.000 Euro und reichen für Top-Exemplare bis mehr als 10.000 Euro.
Quelle: Motor Klassik
Lang leben die Kei-Cars und Danke für den Artikel, bitte mehr davon!
So ein Subaru 360 ist echt was tolles, der Fiat 500 Japans. Der R1 sollte ein wenig an den 360 erinnern, leider wurde der aber eingestellt.
Subaru solle mal eine Art neuen 360 entwickeln, mit einem 2-Zylinder Boxer-Turbo. Bestimmt eine tolle Alternative zum Fiat 500 TwinAir.
Ich habe da auch vor kurzem was zu den Kei-Cars gebracht: http://www.motor-talk.de/.../...s-gibt-solche-und-solche-t2883810.html
diese autos sind klasse, würde ich mir für hier auch wünschen. für viele leute würde die form der mobilität absolut ausreichen.
grüße
... für mich aber nicht, mein Ego passt da einfach nicht 'rein.😮
Ein "grosses" Kei Car gabs auch, der Daihatsu Copen war auch für den europäischen Markt bestimmt und hier zu erwerben...
Die Goggos, Gutbrods, LLoyds, Fiats, sind leider fast alle verschwunden... Praktische Stadtautos, wie auch der Peel 50, Autos, die 1-4 Personen Platz finden lassen, Personenwagen, für den Minimalverkehr, mal eben in die Stadt...
Das sind doch keine Autos, das sind Gehhilfen.... 😆
Kei Cars gab und gibt es auch weiterhin in Deutschland. Daihatsu Cuore, Move, Suzuki Alto (der neue nicht mehr), der Wagon-R+ erster Gen. (wie meiner 😆) und den Subaru Vivio gab es auch mal hierzulande zu kaufen. Gibt wahrscheinlich nicht mal mehr 20 davon in ganz D. Schade.
Nicht nur Kei-Cars ansich sollte es mehr geben hier, sondern auch so ein Kei-Car Ähnliches Gesetz, mit Steuer- und Versicherungsvergünstigungen, Parken für lau oder gratis etc. Erlebe ich ja mit meinem auch, passt in jede Lücke und handlich wie nix.
8sec beim capuchino? das glaub ich jetzt nicht ganz...
Die Herstellerangabe des Suzuki liegt bei 10,5 Sekunden. Ein Copen, etwa 100 kg schwerer, liegt mit europäischem Steuergerät (68 PS) bei 11,7 Sekunden.
... Und wo ist das Bild zum Cappuccino, wo er doch extra eine hervorgehobene Beschreibung verdient hatte? 😉
Der Jimny ist eigentlich auch noch ein K-Car, nur die europäische Version übertrifft sowohl die Motorbegrenzung als auch die Ausmaße, dank zusätzlicher Plastikverkleidung. SJ und Samurai gab es in Japan auch in der enstprechenden Ausführung (wir hatten mal wieder die verbreiterten Hubraum-Monster), und sowohl (Super) Carry als auch Libero verdanken ihre Formgebung ebenfalls der Norm.
Aber eine Panik, wir könnten ein Volk von Kleinwagenfahrern werden, wäre wohl unbegründet...
Gruß,
Derk
sehr schöner bericht, gerne mehr davon und nun weis ich auch endlich warum es diese ganzen minitransporter mit den gehhilfenmotoren aus asien gab.
wobei man hier in deutschland doch bissel größere motoren mag um einfach auch vom fleck zu kommen. Da ist mein 1,0er oftmals untermotorisiert und ich darf irgend welchen kriechenden autos oder lkws hinterher fahren.
Cappus werden aber hier noch immer hoch gehandelt 😉
Mit den 660cc Turbos kommt man bestimmt ganz gut vom Fleck solange sie nicht an eine 4-Gang Wandlerautomatik gekoppelt sind. Das ist klar ein 1.0l Sauger träger und zäher.
Ich würd's jetzt auch nicht am Hubraum festmachen wollen... Mit aktuell 698 cm³ und (halb-)Automatik fühle ich mich nicht gerade untermotorisiert... 😉
Mit dem Abzug von Daihatsu aus Deutschland muessten die Preise ja steigen.
Schön wärs.
Überhaupt glänzt der Bericht mit der Nichterwähnung von Japans ältester Autoschmiede und Pionier in Sachen Kei-Car: DAIHATSU
Deren Autos konnte man seit 1977 sogar in Deutschland kaufen. Anfangs sogar noch mit den original Motoren nach den Kei-Car-Regeln.
Der Bus 55 Wide S60 und ab 1980 auch der Cuore L55 haben beide den 547 ccm 2 Zylinder 4 Takter. Im Bus mit 24,5 PS im Cuore mit 27 PS.
Ab 83 gab es dann im Bus S70 den 850 ccm Dreizylinder und ab 1984 auch im Cuore L80
Noch heute kann man den Bus kaufen. Piaggio verkauft ihn immer noch als Porter.
Für mich gibt es nichts schöneres als diese kleinen Autos. Da lass ich jeden BMW oder Porsche für stehen.