Classic Driving News
Die rollende Provokation
Das Schwert Excalibur verlieh der Legende nach seinem Träger übermenschliche Kräfte. Der gleichnamige US-Sportwagen mit 250 PS tut noch mehr: Er verwandelt seinen Fahrer in einen edlen Ritter, dem die Welt staunend zu Füßen liegt.
Der Excalibur Phaeton Series IV ist eine gefährliche Waffe, eine rollende Provokation. Sein Auftritt gleicht einem Schwertstoß, der Passanten und Autofahrer mitten durch den Bauch und durch die Aorta fährt - so entgeistert, benommen und fassungslos starren sie auf das majestätisch dahinrollende Phantom der Straße - der Excalibur Phaeton Series IV von 1981 fällt auf. Diese wie Schwanenflügel sich spreizenden Kotflügel, der nach hinten gerückte Chromkühler, die vier goldfarbenen Fanfaren, die beiden fetten Reserveräder und schließlich die gangsterhaften Suchscheinwerfer am ebenso gangsterhaften, niedrigen Dachaufbau mit der zweigeteilten Windschutzscheibe.
Auffälliger Exot mit SSK-Anleihen
Was für ein Auftritt! Welche Wucht und welche Würde! Die unwissenden Beobachter sehen in dem weißen Wunderwagen Excalibur wohl einen Oldtimer, einen Mercedes oder Maybach gar. Die Halbwissenden faseln vielleicht von einem Kit-Car mit Corvette-Maschine. Doch nur die wenigsten wissen, was hier wirklich passiert: Hier fährt ein echter Excalibur Phaeton Series IV, an dem alles original ist - sogar die falschen, außenliegenden Auspuffkrümmer. Wer mag wohl im engen Cockpit auf den schmalen Ledersesseln sitzen? Boris Becker und Lilly Kerstenberg? Udo Lindenberg (ohne Hut)? Dieter Zetsche? Klaus Wowereit? Oder sogar Elton John?
Ganz so verwegen sind diese Mutmaßungen nicht, schon weil sich in Friedrichshafen am Bodensee zur Vorsaison noch keine Promis zeigen, wenn überhaupt mal. Nein, es ist lediglich der Redakteur von Youngtimer, der hier im Excalibur Phaeton Series IV der noch kalten Nacht ihren unverdienten Glanz verleiht. Er berührt mit seinem rechten Fuß ein Gaspedal, auf das schon die Allergrößten und Allerbesten aus Hollywood und Las Vegas traten.
Besonders US-Schauspieler und sogar ein Präsident schätzten den sportiven Charme und unvergleichlichen Luxus eines handgemachten Excalibur: Gary Cooper, Tony Curtis, Peter Ustinov, Ronald Reagan, Pernell Roberts (Adam aus "Bonanza"), Steve McQueen und viele mehr. Nicht zu vergessen die Sänger und Musiker wie Dean Martin, Piano-Gott Liberace sowie Sonny and Cher (jeweils einen).
Moderne Kopie des legendären Kompressor-Mercedes
Wir sehen also, dass das Staunen hier in Friedrichshafen über den V8-Boliden mit seinen satten 157 PS nicht unbegründet ist. Schon 1965 zog der etwas kürzere, schlicht SS genannte Roadster-Vorfahre unseres kämpferisch-geduckt auftretenden Vierplätzers sogar die harten Testmänner von auto motor und sport in seinen Bann. Diese fanden überhaupt nichts Anrüchiges dabei, dass man dem Mercedes SSK-Renner von 1928 eine moderne Kopie mit Chevy-V8, Zweigang-Automatik und Servolenkung zur Seite stellte. Man berauschte sich vielmehr an den exzellenten Fahrleistungen des damals gut 250 PS starken Retro-Sportlers, der in 6,9 Sekunden von null auf Tempo 100 ging, und stellte dann nüchtern fest: "Der Täuschungsversuch ist gelungen."
Zu verdanken haben wir die Existenz von Excalibur - nach eigenem Bekunden nach Chrysler, GM und Ford der vierte amerikanische Serienhersteller - dem Industrie-Designer Brooks Stevens (1911 bis 1995), einem exzentrischen Selbstdarsteller, der damals auch als Roadmanager der Beatles durchgegangen wäre. Er stylte unter anderem Parker-Füller, Evinrude-Außenbordmotoren, Nachkriegs-Harleys und die Zivilvarianten des Willys-Jeeps. Der erste Excalibur J war Stevens eigener, martialisch auftretender Rennsportwagen auf Studebaker-Basis - ohne Retro-Karosserie -, mit dem er von 1951 bis 1953 auf Rundstreckenrennen gegen Ferrari, Maserati und Jaguar antrat.
Excalibur seit 1965 eigenständige Marke
Der vom Mercedes SSK inspirierte erste Serien-Excalibur war zunächst als Spitzenmodell von Studebaker geplant. Seit 1965 trat Excalibur jedoch als eigene Marke auf, weil die Pleite von Studebaker absehbar war und ein Jahr später auch eintrat. Bereits 1966 erweiterte Excalibur die Modellpalette um den viersitzigen Phaeton. Mit der 1980 eingeführten Series IV wuchs die Länge des Phaeton auf deutlich mehr als fünf Meter. Er glich damit der Mercedes-Luxus-Baureihe 500/540 K von 1934.
Zur komplett elektrifizierten Excalibur-Ausstattung zählen auch ein Blaupunkt-Kassettenradio, das abnehmbare Hardtop plus ein elektrisch betriebenes Cabrio-Stoffverdeck und zwei vollwertige Ersatz-Speichenräder. Denn die sind wirklich echt. Alle sechs sogar. Echt ist auch das reichlich verarbeitete Tropenholz des Innenraums. Der zentimeterdicke, ovale Handschuhfachdeckel könnte ebenso als Vesperbrett dienen. Darauf dann ein massives "Excalibur"-Messingschild in einem nostalgisch gehaltenen Gasthaus-Design, das wir mit der Aufschrift "Herren" oder "Damen" kennen.
Mit der Beifahrerin immer auf Tuchfühlung
Den Fahrer begeistert dagegen eine hübsch gemachte Uhrensammlung mit nicht weniger als acht Rundinstrumenten. Das kompakte und griffige Lederlenkrad ist wie in einem alten Mini erstaunlich flach angebracht. Der Fahrer lungert deshalb ziemlich lässig und bequem in einem dünn gepolsterten Ledersessel. Seine Beine stecken in einem schmalen Schacht. Wer dickes Schuhwerk trägt, muss mit dem linken Fuß bremsen, mit dem rechten Gas geben. Das Schalten übernimmt eine GM -Automatik, deren Mittelschalthebel vom Chevy Camaro stammt. Gut, dass wir nicht von Hand die Gänge wechseln müssen, da hierfür bei besetztem Beifahrersitz einfach der Platz fehlt. Mann, ist das eng hier drin!
In der schmalen, niedrigen und dunklen Excalibur-Höhle sitzt man unweigerlich auf Tuchfühlung mit seiner bestenfalls weiblichen Begleitung. Wir fahren natürlich geschlossen, damit das gemeinsame Glück nicht nach draußen und zum Himmel verpufft. Und so blicken wir durch die beiden hoch angebrachten kleinen Scheiben nach vorn auf die wogenden Wellen der weißen Kotflügel und die riesigen Chromkugeln der Scheinwerfer, als wäre der Excalibur ein schönes, altes Riva-Motorboot, das durch den Yachthafen von Antibes pflügt. Nie war Friedrichshafen so schön wie in dieser bitterkalten Frühjahrsnacht.
Quelle: Motor Klassik
Rollende Provokation stimmt, provoziert abwechselnd Lachanfälle oder Brechreiz. Der Name von diesem Vehikel da macht wenig Sinn, Exkrementibur wäre wesentlich passender.
Ich finde die Idee des Excalibur genial: Ursprünglich elegantes und wunderschönes 30er-Jahre-Design in moderner Technik.
Aber irgendwie haben die die Umsetzung imho nie hinbekommen - das Äussere hat seltsame Proportionen, es wirkt zu grob und ist an den falschen Stellen modernisiert. "Moderne Technik"? Zweiganggetriebe und brachialer V8 sind nichts, was mich jubeln lässt. Besser wäre eine noch mehr authentische Karosserie, ein gut erprobter Serienvierzylinder (nach dem Rezept von Lotus vielleicht) und technische Verbesserungen und Notwendigkeiten unserer Zeit fein unsichtbar untergebracht.
Lieb Gruss
Oli
Der hat was... Ich finde ihn gut.
Hi.
also ich finde den gut, schon immer. Es gibt ihn ja schon lange 😊
ehe ich mich schlagen lassen würde ...
Besser als viele anderen amis auf jedenfall!
Oli, ich schätze Dich sehr. 😊
Aber in Sachen V8 sind wir unterschiedlicher Meinung. 😉
Ein Auto wie den Excalibur mit einem Viertöpfer zu bauen, lässt mich im Mark erschaudern.
Ein Auto wie aus einem Comic. Keine Ahnung, wie so etwas auf den Markt geraten konnte. Damit würde ich nicht einmal nachts durch eine Tiefgarage fahren, so peinlich wäre mir das Ding. Naja, Geschmäcker sind ja verschieden, daher wird es wohl auch für dieses Vehikel den einen oder anderen Liebhaber geben...
Deville, Gentleman, ich verstehe, dass ich da wohl etwas übertrieben habe. 😆 Einen Excalibur würde auch ein R8 oder gar ein V12 gut kleiden, denn sowas erwartet man hinter solch prunkvollen (oder prangenden?) Karosserien. Eben ein Comicauto, gut gesagt! Nur ist mein kleiner Abweichertraum eben ein (sehr) altes Auto mit modernen und effektiven Innereien. Dem V8-Konzept würde ich vermutlich keines der beiden Attribute nachsagen, auch wenn es wirklich schöne und sicher verhältnismässig effektive V8 gibt.
Lieb Gruss
Oli
Klar, mit Fiesta Motor 😆😆😆
Das ist dann quasi eine fahrbare Attrappe mit Hilfsmotor 😉
Mit 4-Zylinder Motor??? Ich muß grad laut lachen...
Der 4-Zylinder ist höchsten grad mal der Anlasser.
Nichts desto trotz, beim Lotus kann ich das auch nicht nachvollziehen.
ein fahrzeug mit gewaltigem auftritt. sehr imposant. leider ist der fotowagen im innenraum originaler standard mit technischen umbauten der 70er. damit ist er weniger schön als viele andere der serie iv, deren besitzer armaturenbrett und lenkrad stärker klassischen fahrzeugen anglichen, es gibt sogar einige mit in perlmutt gefassten zentralen instrumenten ähnlich dem 540k. auch gibt es durchaus excalibure, die im laufe der zeit 3-gang-automaten und mehr leistung bekamen.
den umbau auf mercedes-embleme sieht man anders als am beginn des imports kaum noch. wozu auch? der excalibur für sich ist durchaus eine eigenständige marke. und er ist eine gute investition. der werterhalt der fast durchweg sehr gepflegten exemplare ist hoch. das liegt auch daran, daß er deutlich besser als andere in diesem stil gefertigte fahrzeuge aussieht. von clenet bis zimmer ist die konkurrenz optisch weniger stimmig.
@Harry, schon mal einen Lotus gefahren? 😉
@FranzR, schon mal andere Vierzylinder gesehen als schwächliche, unzuverlässige Ford-Produkte?
Lieb Gruss
Oli, versucht offen zu denken, nicht Klischees breitzusitzen
Umzuverlässig? Nö. Ich meinte nur die Leistung und die Geräuschkulisse. Klar gibt es auch dicke Vierzylinder, keine Frage. Aber wenn ich mir einen Excalibur wunschen könnte, sollte der schon einen V8 haben 😆
Nein. Kommt eben grad wegen des Motors für mich nicht in Frage.
Verstehe auch nicht, warum da nichts anderes angeboten wird???