Classic Driving News
Die unvergesslichen Heckschleudern
Mit Ausnahme von Porsche und Smart hat heute der Heckmotor bei Großserienautos ausgedient. Das macht diese Automobil-Spezies für Sammler umso interessanter. Ein Rückblick auf 124 Jahre Heckmotorgeschichte.
Am Anfang war der Heckmotor. Die Pioniere Carl Benz und Gottlieb Daimler konstruierten 1886 jeweils ein Automobil, dessen Einzylinder-Motörchen über beziehungsweise vor der Hinterachse pulsierten.
Schnell setzt sich der Frontmotor durch
Den Grund hierfür zeigt besonders Daimlers Motorkutsche, die der Konstrukteur bei der Firma Wilhelm Wimpff & Sohn in Stuttgart bestellt hatte - natürlich noch ohne Motor. Das Modell "Americaine" mit seinen schmalen Holzspeichenrädern und den beiden nach vorn ausgerichteten Sitzbänken musste auf Pferde und Deichsel verzichten, erhielt aber dafür den neuartigen Hubkolben-Verbrennungsmotor. Den platzierte Daimler so nah wie möglich an der fest installierten hinteren Antriebsachse vor der zweiten Sitzbank. Die Vorderachse bot hierfür keinen Raum und musste zum Lenken drehbar sein.
Ebenfalls im Heck tackerte der Einzylinder des Carl Benz, dessen dreirädriger Motorwagen sich formal bereits von der Kutsche verabschiedete. Trotzdem hielt sich das Bauprinzip der vierrädrigen Heckmotor-Wagen bis zur Jahrhundertwende, als nahezu jeder Hersteller auf Frontmotor umstellte, zunächst bei den sportlichen Zweisitzer-Modellen. Die Motoren wurden größer und technisch komplexer, sodass sie mehr Platz beanspruchten. Hinzu kam wohl eine psychologische Komponente, dass man sich von seinen Pferdestärken wie einst in den Kutschen lieber ziehen als schieben lassen wollte. Nach 1900 setzte sich deshalb der Frontmotor in allen Fahrzeugklassen fast ausnahmslos durch.
Das Hanomag Kommißbrot und der Mercedes 130 setzen auf den Heckmotor
Zu den wenigen Ausnahmen zählte der Zweisitzer-Kleinwagen Hanomag 2/10 PS von 1925, dessen 0,5 Liter großer Einzylindermotor im Heck für moderaten Vortrieb sorgte. Wegen seiner kantigen Form erhielt er den Beinamen "Kommißbrot". Ausgestattet mit nur einem Schweinwerfer und einer Tür (aus Stabilitätsgründen) begründete er das Billig-Image für Autos mit Heckmotor. Nur Mercedes wagte 1934 mit dem 130 (W 23) den Versuch eines ausgewachsenen Autos mit einem achtern montierten Motor, das sich jedoch nicht durchsetzen konnte. Es war zu teuer, extrem hecklastig und bot in der rundlichen Nase zu wenige Kofferraum.
Deutlich erfolgreicher waren dagegen die Heckmotorkonzepte der Automobilkonstrukteure Hans Ledwinka und Ferdinand Porsche, die auch miteinander befreundet waren. Beide favorisierten die Luftkühlung, die Ledwinka für eine große, avantgardistisch anmutende Stromlinien-Limousine und Porsche für ein kompaktes, robustes Alltagsauto nutzen wollten.
Mit Hilfe seines Sohns Hans stellte Ledwinka 1934 den Tatra Typ 77 mit drei Liter großem, luftgekühlten V8-Motor der erstaunten Öffentlichkeit vor. Er bildete die Basis für eine bis 1998 produzierte Reihe von Luxuslimousinen aus Tschechien, in denen vornehmlich Politiker und Parteifunktionäre unterwegs waren.
Der größte Fan des Heckmotors: Ferdinand Porsche
Porsche backte dagegen lieber kleinere, aber im Nachhinein umso erfolgreichere Brötchen. Seinen Kompaktwagen mit luftgekühltem Vierzylinder-Boxermotor im Heck, der 1933 zunächst als NSU erste Versuchsfahrten unternahm, entwickelte Porsche ab 1934 im staatlichen Auftrag zu einem Volkswagen.
Der VW Käfer kommt schneller durch die Kurven als seine Konkurrenten
Sein Durchbruch als erfolgreiches Zivilfahrzeug erfolgte jedoch erst 1946. Der später liebevoll "Käfer" genannte Dauerbrenner blieb in Mexiko bis 2003 in Produktion und war nach dem Zweiten Weltkrieg das Lieblingsauto der Deutschen. Auch in den USA und besonders in Mexiko und Brasilien zählte und zählt noch heute der Käfer zum alltäglichen Straßenbild.
Die Vorteile, die der Käfer gegenüber seinen Konkurrenten bot, sind aus dem Protokoll einer Alpen-Vergleichsfahrt aus dem Jahr 1938 zu entnehmen. Der Wagen aus der VW-303-Serie musste gegen einen Adler Junior, einen DKW (beide mit Frontantrieb), einen Opel Kadett und einen Steyr antreten. Alle Testteilnehmer besaßen einen Frontmotor. Man stellte damals fest: "Die Straßenlage des Volkswagens, bedingt durch Einzelradabfederung, Torsionsstäbe, tiefe Schwerpunktlage und die damit verbundene Kurvensteifigkeit erlaubt ein schnelleres Durchfahren von Kurven." Außerdem gefiel die VW-Lenkung "durch leichten und vollkommen erschütterungsfreien Gang".
Heckmotoren sorgen für Traktion und leichtere Lenkbarkeit
Weitaus wichtiger waren jedoch der größere Innenraum und bessere Fahrkomfort des VW: "Die Anordnung der Sitze, die Unterbringung von Gepäck, Fahr- und Wagengeräusche finden beim Volkswagen eine wesentlich bessere Lösung." Damit sind alle Vorteile des im VW realisierten Heckmotor-Konzepts genannt: Der tief im Chassis eingebaute Motor bringt eine gute Traktion und macht wenig Lärm. Die Lenkung geht ohne Belastung durch den Motor leicht und präzise. Am wichtigsten erscheint der Raumgewinn durch ein deutlich nach vorn gerücktes Cockpit und das Fehlen einer Platz raubenden Kardanwelle bei Frontmotor mit Heckantrieb.
Diese Vorzüge machten den Heckmotor zur Standardtechnik vieler Kleinwagen der Nachkriegsära bis etwa 1970. Neben Volkswagen setzten in Deutschland BMW, NSU und die Hans Glas GmbH mit dem Goggomobil auf die Raum sparende Motoranordnung. Italien mit Fiat 500, 600 und 850, der Ostblock mit Skoda 1000 MB sowie Frankreich mit Renault und Simca fuhren nach dem Krieg ebenfalls mit Heckmotor. Die Briten hielten dagegen dem Standardantrieb die Treue oder favorisierten den Frontantrieb wie im Austin Mini. Auch auf dem Kontinent setzte sich dieses Antriebskonzept allmählich durch, das dort bereits seit 1948 durch den Citroën 2 CV vertreten war: Renault kam 1961 mit dem R 4, Fiat 1969 mit dem 128 und Volkswagen 1974 mit dem frontgetriebenen Golf als Käfer-Nachfolger.
Die Sonderstellung der Heckmotoranordnung bei den Sportwagen
Drei Hersteller nutzten das geringe Gewicht, die hohe Traktion und die niedrige Bauweise zu ihrem Vorteil und schrieben Rennsportgeschichte - Abarth, Porsche und Renault-Alpine. Bei allen kam zunächst brave Großserientechnik mit nur vier Zylindern zum Einsatz: dreimal Abarth von Fiat und Simca, Alpine von Renault und bei Porsche von Volkswagen.
Doch nur Porsche hat als eigenständige Marke überlebt, die seit 1948 schnelle Autos mit Heckmotor in Serie produziert, deren Motorleistungen von 40 auf 530 PS (GT 1) anstieg. Gleichzeitig hat auch der Name jenes Mannes überlebt, der Deutschland nach dem Krieg auf friedliche Art wieder mobil machte.
Quelle: Motor Klassik
NSU TTS......einfach nur der Hammer
Genau, der TT und der TTS – Die Vorbilder des GTI und die größten Feuerzeuge der Welt.
Mein ältester Cousin hatte drei Stück von den Dingern, zwei sind ihm abgebrannt…
Mitte der '80er Jahre konnte ich einen TT für DM 1.500,- kaufen, leider gibt es das Auto heute nicht mehr, aber das Original Werkstatt Handbuch von der Giftspritze habe ich noch!
Die französische Konkurrenz war aber auch nicht schlecht, der Simca Rallye.
Grüsse
Norske
?!
Da ist wohl der GT2 gemeint.. Und mittlerweile gibts den GT2 RS mit 620PS..
und den renault r8 gordini nicht vergessen,
Für die sportlichen HeckMo-Treter gibt es auch heute noch was:
http://www.navc.de/download/ausschreibungen/2010hmflyer.pdf
Auch die SKODA-Modellreihen 1000MB, S100 - 110 und 105S - 135 GLS hatten Heckmotor und Heckantrieb. Der russische Saporoshez ZAZ 968, der dem NSU Prinz ähnelt hatte Heckmotor.
Zitat aus dem Artikel: Die Briten hielten dagegen dem Standardantrieb die Treue...
Dann war der HILLMAN Imp wohl nur ein bedauerlicher Fehltritt...😆
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Und was ist in der BRD mit CHAMPION bzw. MAICO, in den USA mit CHEVROLET Corvair und in der UdSSR mit SAPOROSHEZ 😕
Zitat von NORSKE: NSU TT u. TTS....die größten Feuerzeuge der Welt.
Auch bekannt als "Flammenwerfer" durch die beeindruckende Flamme der SPIESS-getunten TT u. TTS mit "Flammrohr-Auspuff" beim Gaswegnehmen aus hohen Drehzahlen.
Vielleicht sollte man, wenigstens in einem Nebensatz, auch die "Heissen" Steyr-Puch erwähnen.
In der Tat, wobei kaum bekannt ist, daß dieses FIAT 500-Derivat einen eigenen STEYR-Boxer- statt eines Reihen-Motors besaß, der in der Spitzen-Version (650 TR 2) 42 PS leistete. Sehr zum Leidwesen von FIAT-Heilbronn holte der Importeur Liedl in Graßlfing b. Regensburg etliche dieser potenten Teile ins Land, eine solide Alternative zu den empfindlicheren FIAT-Abarth 695 SS !
die 130RS mit 1300ccm,140ps & 220km/h waren sogar richtige heckschleudern & der martialischere 200RS mit 120-160ps rockte bestimmt auch ganz ordentlich
Die Autos aus dem Osten werden gerne vergessen, obwohl die Ingenieure da nur begrenzte Möglichkeiten hatten, haben sie das beste rausgeholt.
"Dann war der HILLMAN Imp wohl nur ein bedauerlicher Fehltritt..."
War er auch. Der verlor bei einem Test den Motor! Da war die Britische Autoindustrie schon derart am Ende, dass keine Qualität mehr rauskam.