Schadfstoffe: Renault muss 15.800 Captur 110 dCi zurückrufen
Dieselkrise auf französisch
Renault ruft wegen hoher Emissionen 15.800 Autos zurück und stellt die Motoren neu ein. Das sagte die französische Umweltministerin Ségolène Royal. Renault bestätigt.
Paris - Für uns Deutsche ist das eine seltsame Rollenverteilung: Die französische Umweltministerin Ségolène Royal kündigte im Interview mit dem Radiosender RTL einen Rückruf von 15.000 Renault-Fahrzeugen an. Die Schadstoffemissionen der Fahrzeuge hätten in Straßentests weit über dem erlaubten Wert gelegen. Gleichzeitig rief Royal dazu auf, weiterhin Renault-Fahrzeuge zu kaufen.
Der Reihe nach: Für Themen der Luftreinheit ist die französische Regierung sensibilisiert, nachdem in der französischen Hauptstadt mehrmals in den letzten Jahren Smogalarm ausgerufen worden war. Die französische Regierung wollte bereits den Diesel aussortieren und Steuervorteile für den Kraftstoff kappen. Eine gesellschaftliche Kontroverse, denn der Dieselanteil am französischen Automarkt beträgt mehr als 60 Prozent.
Die heimischen Konzerne Renault und PSA sind stark engagiert in der Dieseltechnik, und: an beiden großen Unternehmen hält der Staat Frankreich Anteile. Auf den VW-Dieselskandal reagierte Frankreich ähnlich wie Deutschland. Die Regierung ordnete Tests an. Eine Technik-Kommission unter Leitung von Umweltministerin Royal begann mit Überprüfungen von etwa 100 Modellen verschiedener Hersteller, auf der Straße wie auf dem Prüfstand.Nach Angaben von Renault wurden bis Ende Dezember vier Renault-Modelle getestet – von denen nach Angaben französischer Medien drei Modelle auffällig hohe Schadstoffwerte zeigten. Ein Espace und ein Kleintransporter mit Euro-5-Zulassung sowie ein Captur aus dem aktuellen Modellprogramm.
Wusste Renault schon im Juli Bescheid?
Unzufrieden äußerte sich die Royal-Kommission den Berichten zufolge vor allem über das nach Euro 6 geprüfte Mini-SUV Captur. Darauf bezieht sich nun der Rückruf. Die Fahrzeuge sollten neu eingestellt werden, sagte Ségolène Royal im Interview mit dem Sender RTL.
Den Motor neu einzustellen soll einen halben Tag dauern. Es gehe um bereits verkaufte Fahrzeuge, so Royal. Künftig verkaufte Captur erhielten ab Werk die neue Einstellung der Motorsteuerung.
Gegenüber der Tageszeitung „Le Monde“ bestätigte Renault diese Angaben. Jedoch habe Renault nicht betrogen. „Unter den Testbedingungen des Genehmigungsverfahrens erfüllen unsere Fahrzeuge die Abgasnormen“, hatte Verkaufschef Thierry Koskas am Montag betont. Bei den Emissionen im realen Straßenverkehr gebe es aber Unterschiede zu den im Testverfahren gemessenen Werten.
Interessant: Nach Angaben von Renault handelt es sich bei der Ursache um einen „Parameterfehler“. Diesen will der Konzern schon lange vor den Tests der Royal-Kommission entdeckt haben, im Juli 2015 nämlich. Die Nachbesserungen seien bereits seit September im Gange, zitiert „Le Monde“ den Renault-Entwicklungschef Gaspar Gascon Abellan.
Betroffen: Renault Captur 110 dCi
Dem Renault-Ingenieur zufolge betrifft der Rückruf Renault Captur mit 110-PS-Diesel und Euro-6-Zulassung in ganz Europa (1,5 l Hubraum, Verkaufsbezeichnung: Energy dCi 110).
Renault will in den kommenden Wochen einen Plan zur Reduzierung der Abgase seiner Diesel-Fahrzeuge unter echten Fahrbedingungen vorstellen. Dabei gibt es nur eine Lösung: Renault muss wie der Konkurrent PSA Peugeot Citroen im kompletten Modellprogramm SCR-Katalysatoren einführen, die mittels Einspritzung der Substanz Adblue in den Abgastrakt die Stickoxide chemisch abbauen.PSA hatte 2013 entschieden, die Technik flächendeckend einzusetzen, um die Euro-6-Abgasnorm zu erfüllen. Ein Peugeot 208 und ein Peugeot 508 absolvierten die Tests in Frankreich ohne Probleme. Renault hatte auf die günstigere, aber weniger effektive LNT-Technik (NOx-Speicherkat) gesetzt. Das wird sich nun ändern, berichten französische Medien.
"Man muss weiterhin Renault kaufen"
Ministerin Ségolène Royal übte sich im Spagat: Härte zeigen, ohne Renault an den Pranger zu stellen. Die bisher vorgeschriebenen Tests auf dem Prüfstand hätten sich als nicht ausreichend herausgestellt, sagte sie. Bessere Tests seien auch im Interesse der Autoindustrie. Es sei ihr oberstes Anliegen, „die Franzosen vor Luftverschmutzung zu schützen.“
Renault verhalte sich höchst kooperativ und agiere äußerst transparent, so die Ministerin. Man müsse daher weiterhin Autos von Renault kaufen. Der Hersteller sei nicht allein mit dem Problem, dass Schadstoffnormen nur auf dem Prüfstand erreicht würden.
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Das ist keine Dieselkrise auf französisch! In Wahrheit ist die Abgasbehandlung für Diesel-PKW an ihrer Grenze angekommen und somit hat der Motor auch keine Zukunft im PKW!
Jeder Benzin-Hybrid ist um Welten besser als diese Stinker!
Joh, das ist doch harmlos mit dem einen Modell/Stückzahlen.
Frankreich als "Diesel-Nation", wohl 2/3 der Anteil, der olle 205er damals geradezu legendär.
Die wollen doch ingesamt mind. in den Städten ganz allgemein den Diesel verbannen.
"Man müsse weiterhin Renault kaufen" - ja klar, gehört ja auch teilweise dem Staat.
Und man ruft nur ein Modell zurück, obwohl jetzt bereit bekannt ist, dass auch andere betroffen sind? Dagegen war VW ja geradezu ehrlich und transparent.
Witzig fand ich auch die Stellungnahme von Renault: "Unsere Fahrzeuge erfüllen auf dem Prüfstand die erforderlichen Normen" - ja das haben die VWs auch. Interessant wäre es zu erfahren, wie sie dies erfüllen und warum nur auf dem Prüfstand.
Finde ich gut dass Renault so offen, direkt und ohne zuerst alles abzustreiten darüber kommuniziert.
Na, mal wieder den Unterschied nicht verstanden? 😉 Renaults Autos haben die Prüfstandläufe mit legalen Mitteln gepackt, VW nur unter Einsatz eines verbotenen Defeat Devices.
Es ist eine Sache die Prüfstandwerte zu packen und diese im Realbetrieb um das x-fache zu überschreiten (das tut JEDES Auto) aber eine völlig andere so inkompetent zu sein das man nur mit illegalen Methoden (Defeat Device) den läppischen Prüfstandtest packt 😉 Jetzt verstanden? 😊
Hätte Renault auf dem Prüfstand genauso versagt wie VW wären die längst aufgeflogen. Ist ja nicht so als ob man in den letzten Monaten nur VW auf den Prüfstand gestellt hätte.
Ist doch alles gar nicht so schwer.
Na da können wir doch mal gespannt sein wer als nächstes kommt.
Evtl. der Strategiepartner von Renault
Captur mit 110-PS-Diesel und 1,5 l Hubraum.....
Das könnte doch evtl. der OM607 sein, der auch bei Mercedes in der A und B Klasse oder Citan zum Einsatz kommt.
bzw. bei Nissan oder Dacia
Sie sind nur nicht aufgeflogen, weil sie keine Diesel in den USA verkauft haben. Jetzt sind sie aufgeflogen, weil mal einige gemessen haben und festgestellt haben, dass die schmutziger sind als die VWs.
Aber das genau sollen sie doch bitte mal erklären, wie man ohne Prüfstanderkennung den Prüfstand schafft, aber tatsächlich mehr NOx rausbläst (lt. ADAC, ICCT, DUH und AMS Messung) als die betroffenen VWs. Der nächste der auffliegt ist Fiat - deren Euro 6 stoßen sogar mehr NOx aus als die Euro 5 Diesel von VW.
Aber wie schafft es Renault, auf dem Prüfstand die Abgasnachbehandlung so auszulegen, dass die Grenzwerte unterschritten werden, während es im realen Betrieb sogar zu Überschreitungen der Emissionswerte der VW-Diesel kommt? Also wie soll man sich die technische Umsetzung dieser Prüfstandsoptimierung dann vorstellen? 😕
@wein4tler: Jeder Benzin-Hybrid ? Wo doch dort und bei den reinen E-Fahrzeugen die angegebenen und realen Verbrauchs- und Abgaswerte am deutlichsten voneinander abweichen ???
Hört sich für mich an wie: Wir in D haben die niedrigsten Grenzwerte ! Bloß dass keiner die richtig kontrolliert (hat)...
Und bitte wieso können dann Harnstoff-Diesel die Euro 6 überhaupt hinkriegen ? Die sind doch schärfer als die bisherige Euro 5, oder ?
Das ist ein kleiner Fehler, kein Betrug. Kein Defeat-Device -> kein Betrug. Ach ja und eine transparente Zusammenarbeit mit den Behörden gibt es auch.
Es ist doch ganz einfach:
Der Prüfstandlauf fordert ein bestimmtes Fahrprofil was abgefahren wird. Der Schadstoffausstoß eines Autos ist ja nicht immer gleich, genausowenig wie der Benzinverbrauch. Soweit zu den Basics.
Wenn ich den Wagen jetzt im Prüfstandlauf eher permanent am unteren Ende der Leistungsskala bewege, verbraucht er auch kaum etwas. So kommen auch die unrealistisch niedrigen NEFZ Werte zustande. Jetzt kommt noch erschwerend hinzu das JEDER Hersteller völlig legal bei der Messung betrügen darf. Da werden dann Spalte abgeklebt, Zusatzaggregate abgeklemmt die den Verbrauch erhöhen, der Motor auf eine bestimmte Temperatur vorgewärmt etc.
Jetzt kann man sich natürlich denken das nach so einer Messung nicht nur ein ganz ganz toller Verbrauchswert, sondern auch ein noch viel viel tollerer Schadstoffwert dabei herauskommt. Die EU kann sagen "der durchschnittliche CO2 Ausstoß wird immer niedriger" und die Hersteller können sagen "unsere Autos sind sauber".
Blöderweise sieht die Realität ganz anders aus. Motoren werden morgens für gewöhnlich kalt gestartet, ohne abgeklebte Spalte und MIT angeklemmten Aggregaten (Lichtmaschine z.B.) gefahren. Dazu fährt der gemeine Deutsche auf der Autobahn länger als gefühlte 10 Sekunden 120 sobald er auf der Autobahn ist.
Was passiert folglich: Der Wagen verbraucht mehr als im unrealistischen Prüfszenario. Dies hat natürlich auch einen höheren CO2 Ausstoß zur Folge. Spätestens jetzt sollte dem letzten Depp klargeworden sein wie ein Auto auf dem Prüfstand sauber sein kann und in der Realität nicht.
So und jetzt schauen wir uns nochmal den Fall von VW an: VW hat es im Gegensatz zu jedem anderen Anbieter in den USA eben NICHT mal die Prüfstandwerte geschafft. Deshalb gab es dieses lustige Defeat Device in den Medien auch immer so verniedlicht "Schummelmodul" genannt welches den Motor für den Prüfstandlauf so eingestellt hat das die Werte eingehalten werden.
Hier liegt dann auch schon das Problem. Die Amis hatten kein Problem damit das VW die Grenzwerte überschreitet, sondern damit das man sich eine Allgemeine Betriebserlaubnis erschlichen hat die der Wagen nicht mal auf dem Prüfstand hätte bekommen dürfen. Ist in Deutschland ja nicht anders. Jeder Neuwagen muss behördlich geprüft werden um festzustellen ob der Wagen geltende Abgas- und Sicherheitsbestimmungen erfüllt. Tut er dies nicht, bekommt die Baureihe keine Genehmigung.
Um nichts anderes ging es bei VW. Was da gerade bei Renault vor sich geht betrifft eigentlich ALLE Hersteller:
Ein Auto hält in der Realität nicht was es auf dem genormten Prüfstand nicht verspricht. DAS ist jetzt nun wirklich keine Neuigkeit. Wenn die Autos jetzt auf dem Prüfstand Unregelmäßigkeiten gezeigt hätte wäre das wieder was völlig anderes dem man nachgehen müsste.
@Dynamix: perfekt auf den Punkt gebracht!
Bei der Angabe "110Dci" musste ich auch unwillkürlich an zumindest Dacia denken...
CO2 und NOx sind zwei verschiedene Kisten. Ein Defeat Device lässt sich erahnen, wenn die Grenzwerte nur auf dem Prüfstand stimmen.
VW ist darüber gestolpert, dass der NOx-Grenzwert in keinem realen Szenario (Stadt, gebirgige Landstraße, Highway) eingehalten wurde. Die Überschreitungen waren zudem erheblich. Ein X5 hingegen hat den Grenzwert nur im "Gebirge" überschritten. VW konnte auf diese Diskrepanz keine plausible Antwort liefern.
Im Gegensatz zum CO2(=Verbrauch) kann einfach mehr Harnstoff eingespritzt oder der LNT (NOx-Kat) freigebrannt werden und die NOx-Grenzwerte sollten wieder stimmen. Beim Verbrauch lässt sich weniger optimieren.