Vom Militärfahrzeug zur Bäckerei: Florian Dombergers MAN 630
Dieser MAN-Oldtimer liefert Motörbread für alle
Wasser, Mehl, Salz und neun Meter Stahl. Ein zu einer mobilen Bäckerei umgebauter MAN 630 bringt echtes Brot in in die "Brotwüsten" des Landes.
Von Haiko Prengel
Berlin - Offizier Florian Domberger hat seinen Teil zur Abrüstung beigetragen. Seine mobile Bäckerei ist ein ausgemustertes Armeefahrzeug. Die Technik ist herrlich simpel, ohne "Nato-Knochen" läuft aber nichts. Das ist der Vorteil von Motoren aus dem vorigen Jahrhundert: Man braucht keinen Laptop anzuschließen, um sich die Fehler auslesen zu lassen.
Einfachstes Werkzeug reicht aus, wenn es mal hakt. "Den kann man noch klassisch mit dem Hammer reparieren", sagt Florian Domberger und zeigt auf den monströsen Sechszylinder-Reihenmotor seines MAN 630, Baujahr 1958. Wenn etwa der Anlasser seines tarngrünen Lasters streikt, dann haut der Berliner Bäcker einfach mit dem Hammer drauf und die Maschine startet wieder.
Überhaupt zeigt sich das Aggregat erstaunlich genügsam. Die gewaltigen Brennräume, insgesamt sind es über acht Liter Hubraum, möchten zwar mit Treibstoff gefüllt werden. Aber was hineinkommt, ist ihnen fast egal. Benzin, Diesel, Kerosin, ja sogar Frittierfett oder Pflanzenöl. "Das ist ein Vielstoffmotor, der nimmt fast alles", erklärt Domberger. "Außer Orangensaft."Klingt nach Steinzeit-Technik, doch reif fürs Museum ist der MAN 630 noch lange nicht. Der ausgemusterte Lkw der Bundeswehr sorgt tagtäglich dafür, dass der 51-Jährige seine fahrbare Backstube durch Berlin und Umgebung ziehen kann. Mit alten Gulaschkanonen aus Ex-Militärbeständen wird ja gerne mal auf zünftigen Dorf- oder Feuerwehrfesten gekocht. Florian Domberger, Bundeswehr-Offizier der Reserve, backt dagegen Brot.
"Don't eat Shit." - Hier wird anständiges Brot gebacken
Möglich machen es sein MAN 630 und ein ganz spezieller Anhänger, eine sogenannte Mob BK 68a von 1968. Solche mobile Bäckereien hatte früher die Schweizerische Armee im Einsatz. Mit dem neun Meter langen Gefährt kann man überall und zu jeder Zeit Brot backen. Der Generator braucht lediglich ein wenig Sprit, mit dem Brennstoff wird der Bäckereiwagen in Gang gesetzt und so Strom erzeugt. So wiederum kann der Ofen auf bis zu 330 Grad aufgeheizt werden.
Heute steht Domberger mit seinem ungewöhnlichen Gefährt im Nordosten Berlins. In der Mittagspause kommen die Angestellten verschiedener Unternehmen zu Dombergers Militär-Truck, um sich mit Schinken- und Käse-Stullen zu verpflegen. "Motörbread" steht auf den T-Shirts von Dombergers Mitarbeitern. Und auf der Rückseite: "Don't eat Shit." Für seine Sauerteig-Brote verwendet die Bäckerei nur Wasser, Mehl und Salz. "Unser Brot ist anständig und braucht kein Doping mit Pülverchen, die nicht hineingehören", erklärt Chef Florian Domberger.Der gebürtige Augsburger begeistert sich für alte Militärtechnik. Als Soldat bei der Bundeswehr führte er Züge und Kompanien an. Danach arbeitete er lange in der Logistikbranche. Das Faible für alles Tarngrüne aber blieb, nebenbei fing Domberger an, ausgemusterte Fahrzeuge der Bundeswehr zu sammeln. Heute besitzt er auf einem Gelände bei Augsburg um die zehn Exemplare, darunter einen Kübelwagen, einen Flugfeldtanker von Faun und ein Flugfeldfeuerlöschfahrzeug von Mercedes.
Der "Nato-Knochen" muss mit
Sein MAN 630 L2A diente einst bei einem Transportbataillon der Bundeswehr. Heute zieht der 130 PS starke Laster seine mobile Bäckerei. Und das ist Schwerstarbeit. Die sechs Gänge werden per Stockschaltung eingelegt, die bei der Bundeswehr auch "Wichserschaltung" genannt wird. Deren senkrechtes H-Schaltbild ist für ungeübte Fahrer eine gemeine Zumutung, zumal ein unsynchronisiertes Getriebe schon so nicht einfach zu schalten ist.
Über eine Servolenkung verfügt der Siebentonner freilich nicht, beim Manövrieren ist echte Muskelarbeit gefragt. "Da ist man dann nicht mit dem Handy beschäftigt nebenher", sagt Domberger und lacht.Die simple Technik des Lkw-Oldtimers zahlt sich noch heute aus. "Ich schraube grundsätzlich selbst", sagt Florian Domberger. Ausfälle kommen aber höchst selten vor, denn als taktisches Fahrzeug wurde die Technik so ausgelegt, dass der Lkw praktisch immer, auch bei minus 40 Grad Kälte anspringt.
So gibt es allein drei Vorrichtungen, um den Motor anzuwärmen. Darunter eine sogenannte Schwingfeuer-Heizung, die in den Sechszylinder eingeführt werden kann, um das Aggregat auf Betriebstemperatur zu bringen. Sogar eine Wegfahrsperre hat der MAN 630 an Bord: Den Batteriehauptschalter kann man nur mit einem extra Schlüssel betätigen, im Militärjargon auch als "Nato-Knochen" bekannt.
Mit dem "Brotwüstenexpeditionsfahrzeug" in die "Brotwüsten"
Die Idee mit seiner mobilen Bäckerei kam Domberger nach einigen Jahren im Ausland. Nach Asien und Australien ließ sich der leidenschaftliche Esser und Biertrinker Wurst und Brot mitunter aus Deutschland importieren, weil es vor Ort keine vernünftigen Nahrungsmittel gab. In der Schweiz entdeckte der Bayer schließlich die ausgemusterte Mob BK 68a, die in unauffälligem Tarngrün am Straßenrand stand.
Nun kann man sie in Eberswalde oder an einem anderen Ort in und um Berlin bestaunen – meistens auf Märkten, Festen oder Veranstaltungen– wo Florian Domberger und sein Team ihr Brot backen.
"Brotwüstenexpeditionsfahrzeug" haben sie die mobile Bäckerei getauft, und das nicht ohne Grund. "Wir möchten gutes Brot in sogenannte Brotwüsten bringen", erklärt der Firmenchef. Sogenannte Bäcker gebe es zwar an jeder Ecke, sogar Supermärkte und Discounter bieten heute frische Brötchen an. Doch das sei kein Backen, findet Florian Domberger. Allenfalls würden dort industriell gefertigte Teiglinge aufgewärmt.
Ein Beitrag zur Abrüstung
Den Kunden jedenfalls scheinen die Stullen aus der Militärbäckerei zu schmecken. Die Reaktionen auf sein tarngrünes Gespann seien fast durchweg positiv, berichtet Domberger. Mitunter sorgt sein Auftritt mit dem Armee-Truck aber für Irritationen.
Neulich etwa, als Domberger mit seiner mobilen Bäckerei auf einem Schulhof in Berlin-Wittenau stand. Da kam ein Lehrer zu dem Stabsoffizier der Reserve geeilt und betonte, dass es sich um einen "gewaltfreien Schulhof" handele.Sicherlich kann die tarngrüne Feldbäckerei ihre Herkunft nicht verhehlen. Vom robusten MAN 630 orderte die Bundeswehr in den Fünfziger Jahren tausende, es gab ihn als Infanterie-Transporter, mobile Radarstation, Raketenträger-Plattform und in vielen anderen Varianten. Waffen sucht man in der mobilen Bäckerei von Domberger aber vergeblich – mal abgesehen vom Messer, mit dem die rustikalen Brotlaibe in Scheiben geschnitten werden.
Starkes Fahrzeug, hab's noch nie gesehen in und um Berlin.
Mal was anderes als die üblichen Ex-Schulbusse und Citroen-Blechbüchsen called "Food-Truck".
Wie das dann aber zu dem Dachauer Kennzeichen passt ...
Ersatzteile finde der Besitzer sicher beist den "Steelbuddies" von DMAX...
Das glaube ich weniger, der handelt doch ausschließlich mit amerikanischer Militärware.
Ich habe übrigens auf so einem MAN 1966 den C-Führerschein gemacht, der Fahrschulwagen hatte jedoch wenigstens eine Hydrolenkung.
Und eine sogenannte "Wichserschaltung", der Leerweg des Schalthebels ging nicht von links nach rechts, sondern von oben nach unten. Ein Synchrongetriebe gab es nicht, stimmte die Drehzahl beim Runterschalten mit Zwischengas und -kupplung nicht drosch es einem den Schalthebel aus der Hand.
6 Vorwärtsgänge gab es, die bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit betrug 62 km/h, wir mussten in der Bundeswehrfahrschule immer im ersten Gang anfahren und bis zum 6. Gang hochschalten. In richtigem Gelände durften wir auch rumwühlen. Und hinterher die Fuhre wieder saubermachen. Aber wir hatten ja Zeit.
Woher kommt die Bezeichnung Siebentonner?
630 heißt 6 Tonnen Nutzlast. In meiner BW-Zeit hatten wir davon noch 3 Stück. Bei der BW waren sie auf 5 Tonnen Nutzlast begrenzt. Eine Lenkhydraulik hatten die beiden Kofferfahrzeuge des Stabs. Ein ansonsten baugleiches Auto der Küche hatte die nicht. Ein junger StUffz rutschte damit im Geländer, der Küchen-Tonner wollte kippen und der StUffz das Lenkrad festhalten. Das endete mit einem auf der Seite liegenden Tonner und einem gebrochenen Handgelenk. Der StUffz bekam die Flosse nicht schnell genug aus dem Lenkkranz.
Die drei Emmas (wie sie bei uns hießen) sorgten immer dafür, dass wir als erste Batterie nie das vorgeschriebene Tempo von 60 km/h auf der Autobahn halten konnten, aber sie waren im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten zuverlässige Autos. Sie wurden bei ins gehegt und gepflegt, denn planmäßig sollten sie vom Zweitonner UNIMOG abgelöst werden. Gleiche Besatzung, weniger Platz im Koffer, da kleineres Auto.
Cool .. live noch nicht gesehen, aber ein Kollege hat mal Brot von denen mitgebracht ...
Da schmeckt man erst wieder mit was für einer industrie Backware,die eher aus dem Chemiebaukasten kommt, wir in den ganzen Supermärkten/ meisten Bäckereien abgespeist werden...
Ist meiner Meinung nach eine Marklücke, es gibt sie noch die echten Bäcker, wo man sagen kann, weniger Zutaten ist mehr, aber leider nicht an jeder Ecke....🙁
Dazu noch Musi von Motörhead und alles ist gut.😊
Tolles Teil. Da fehlt jetzt nur noch die passende fahrende Metzgerei dazu.😊
Aber ist das Gespann wirklich nur 9 Meter lang? Ich hätte das eher in Richtung 12 m geschätzt.😕
Gruß
electroman
Mit so einem habe ich auch 1980 meinen BCE beim Bund gemacht. Wir hatten die in der Kompanie als Koffer, und das waren Werkstattwagen für die Instandsetzung von Optischen- Optronischen Gerät. Wir hatten beide Varianten mit oder ohne Lenkhilfe. Sowie mit Wixerschaltung aber auch schon mit der normalen H-Schaltung. Meiner war damals Baujahr 1959, hatte Lenkhilfe und schon die normale H-Schaltung. Aber was sie alle hatten, ausser dem Natoknochen, war der Natozeiger. Und nach meinem Wissen nach wurden die Teile beim Bund 5 Tonner MAN genannt, eben wegen der erlaubten Zulassung.
Gruß MIFIA4
Tante Edit: wir haben die Teile nur mit dem 2. Gang angefahren. Der erste war offiziell der Krichgang fürs Gelände.
Eine tolles unternehmerisches Konzept (unser tägliches Brot gib uns heute) und ein tolles Fahrzeug.
1972 darauf als Wehrpflichtiger den CE gemacht und dann noch 12 Monate damit gefahren, in der Variante ohne und mit Servolenkung.
Die Variante ohne Servo hatte größere Räder, an der Hinterachse aber keine Zwillingsbereifung.
Nach meiner Erinnerung betrug die Höchstgeschwindigkeit 69 km/h.
Die Schaltung war eine konventionelle 6-Gang H-Schaltung, mit einem ca. 70 cm langen Knüppel zu bedienen. Uns wurde beigebracht, auch beim Hochschalten zwischenzukuppeln. Ein Runterschalten
ohne Zwischenkupplung und passend dosiertem Zwischengas war kaum möglich. Obwohl, einige alte Hasen konnten Hoch- und sogar Runterschalten, ohne zu kuppeln. Habe ich selbst gesehen. Ich habe es auch probiert: Keine Chance!
Als Wichserschaltung wurde die Schaltung beim MAN nach meiner Erinnerung nicht bezeichnet: So nannte man damals die Schaltung bei einigen Magirus-Deutz-Modellen. Der Gangwechsel erfolgte dabei durch
Hochziehen und Runterdrücken des Griffs am Schaltstock.
Ich habe mal gehört das man so einen Vielstoffmotor zwar prinzipiell mit fast allem fahren kann, jedoch nur im Notfall vom empfohlenen Sprit (also wohl Diesel) abweichen sollte. Ansonsten verkürzen sich die Wartungsintervalle (Ölwechsel und Co.) stark.
Das Fahrzeug das zu meiner Zeit in der BW-Fahrschule verwendet wurde und noch einige andere hatten sehr wohl die Wichserschaltung und die Höchstgeschwindigkeit betrug 62 km/h. Es gab in der Batterie einen Küchenwagen, der hatte kleinere Räder, eine H-Schaltung und keine Hydrolenkung.
Ich erinnere mich genau, es liegt ja erst 52 Jahre zurück.
Das Runterschalten ohne Kupplung war kein Hexenwerk, nur Übungssache, wenn die Drehzahl nach dem Zwischengas nicht stimmte krachte es im Getriebe und der Schaltstock gab üble Schläge aufs Handgelenk. Stimmte die Drehzahl ging der Gang ohne Geräusch und auch ohne Kupplung rein.
Auf einer Pritsche mit Faltverdeck habe ich 1975 den BCE gemacht. Da die 12. PzDiv als letzter Großverband erst 1961 aufgestellt wurde, hatte wir nur Fahrzeuge mit Servolenkung und normaler H-Schaltung.
Was man auch beachten muss, der hat noch weitere Schalthebel für den Geländegang und den Allradantrieb. Dann gab es den speziellen Lichtschalter der Bw mit den Tarnlichtstellungen.
Übrigens gab es diese Fahrzeuge auch als Feldküche und da war auch Backen möglich.
Um alternative Kraftstoffe zu benutzen, mußte man an der Dieseleinspritzpumpe die Mehrmenge einstellen.
Wer dies wusste (wie ich) konnte mit Diesel mehr Leistung raus holen!
Bin 1979 Katastropheneinsatz im bayrischen Wald damit gefahren!
Der hatte mit dem Schnee keine Probleme!
H-Schaltung und keine Servo.
Wixserschaltung hab ich (da in der Inst) auch gefahren und mir am Blinkerschalter den Knöchel aufgeschlagen!
Hier hieß es; nie ohne Handschuhe fahren!