Elektro-Motorrad ZERO DS: Fahrbericht

Dieses E-Bike ist eine Sensation

MOTOR-TALK

verfasst am Sat Oct 19 11:00:29 CEST 2013

Ein Motorrad mit Elektroantrieb - klingt schräg, ist extrem leise und macht jede Menge Spaß. Wir sind mit dem Mix aus Streetfighter und Supermoto gefahren.

Die Zero DS ist ein leises, aber spaßgeladenes Elektro-Bike
Quelle: Ralf Schütze

Von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze

München – In Scotts Valley, gut eine Fahrstunde südlich von San Francisco, schleichen sich Cops fast lautlos an Verkehrssünder heran. Sie flitzen mit der leise surrenden Kraft von Elektromotoren auf Motorrädern über die Highways. Das E-Bike der Polizisten heißt Zero DS und soll bald weltweit Motorradfahrer zum Umsteigen bewegen. Wie? Mit der Kraft des lautlosen Beschleunigen.

179 Kilo und 92 Nm

Denn das 54 PS starke Stromgefährt aus Santa Cruz beschleunigt wie von einem gigantischen Expander gezogen. Nach 5,7 Sekunden erreicht es Tempo 100 km/h, möglich sind 153 km/h. Das respektable Drehmoment von 92 Newtonmetern lässt die Zero DS auf Augenhöhe mit der österreichischen Fahrmaschine KTM 990 SM R rollen. Nur, dass der 179 Kilo schwere Strom-Bolide seine maximale Kraft schon ab dem ersten Zucken der Gashand bereitstellt.

Die Zero DS lässt sich an der Steckdose zuhause nachladen
Quelle: Ralf Schütze
Weil ungezügelte Kraft auf einem Zweirad gefährlich sein kann, haben die Ingenieure dem impulsiven Antritt des Stromkatapults Manieren beigebracht. Bis Tempo 30 wird die Kraft elektronisch reguliert. Agil bleibt das Bike dennoch. Dafür hat Technik-Chef Abe Askenazi gesorgt, der jahrelang die rechte Hand von Erik Buell war.

Kein Wunder also, dass die Zero DS an die kompakten Buells mit ihrem sichtbar niedrigen und zur Mitte hin konzentrierten Schwerpunkt erinnert. Die Ähnlichkeit mit etablierten Kurvenräubern wie der Triumph Street Triple oder der KTM Duke liegt vor allem an der leicht nach vorne abfallenden Linienführung und dem ebenfalls abfallenden Sitz. So rutscht der Fahrer automatisch nach vorn, wo er mit dem breiten und nahezu geraden Lenker alles fest im Griff hat. Schon auf den ersten gefahrenen Metern spürt der Pilot die Leichtigkeit des steilen Lenkkopfwinkels. Zusammen mit der übrigen Geometrie des Elektro-Bikes bringt dies eine wieselflinke Fahrdynamik, dank der sich die dahinsurrende Kalifornierin spielerisch um engste Winkel zirkeln lässt.

150 Kilometer Reichweite in der Praxis

Für spaßgeladene, schnelle Turns scheint die Zero DS wie geschaffen. Die Reichweite ihrer Lithium-Ionen-Akkus mit 11,4 kWh liegt laut Hersteller bei mehr als 200 Kilometern. In der Praxis

Ein übersichtliches Cockpit liefert die wichtigsten Infos
Quelle: Ralf Schütze
dürften 150 Kilometer realistisch sein.

Wer weiter fahren möchte, kann einen Kippschalter von „Sport“ auf „Eco“ legen - und ist damit immer noch flott unterwegs. Trotzdem ist die Zero kein Tourenbike, sondern ein Spaßgerät für die Kurzstrecke. Der Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz wird so zum Ziel - ganz nebenbei bieten solche Strecken ausreichend Möglichkeiten zum Nachladen.

Der fast lautlose Antritt des Bikes vermittelt in der Stadt und auf der Landstraße ein Gefühl von Schwerelosigkeit. Statt den polternden Sound eines Twins oder das Kreischen eines hochdrehenden Vierzylinders zu vermissen, genießt der Fahrer die Dynamik. Gewöhnungsbedürftig: Sowohl der Kupplungshebel als auch der Schalthebel vor der Fußraste fehlen.

In 1,5 Stunden ist der Akku geladen

Arrangieren muss man sich mit eingeschränktem Federungskomfort und der ungewöhnlichen

Der Kippschalter entscheidet über die Fahrweise: Sport oder Eco
Quelle: Ralf Schütze
Verzögerung: Weil der Motor als Generator agiert und Bremsenergie als Ladestrom in die Akkus wandert, schiebt die Zero DS etwas nach.

Die Ladezeit des kalifornischen Stromers beträgt acht Stunden an einer Haushaltssteckdose und 1,5 Stunden an einer Schnellladestation. Nach 457.000 Kilometern im Stadtverkehr sollen die Batterien laut Hersteller noch 80 Prozent Leistungskapazität haben.

Fahrverhalten und Technologie der Zero DS könnten absoluten Kultstatus erreichen und dem Motorrad gute Verkaufszahlen bescheren. Einziges Hindernis: der hohe Kaufpreis. Die leistungsstärkste Version der Zero DS kostet 15.995 Euro. Interessant: Alle 10.000 Kilometer spart man mit der Zero DS rund 850 Euro Spritkosten gegenüber einer Verbrennungs-Maschine, die 6 Liter Super schluckt. Außerdem gibt es keinerlei Wartungskosten.

Fazit

Reichweite, Lebensdauer der Akkus, fehlender Motorsound. Gut möglich, dass man über diese Vorbehalte schon bald ähnlich schmunzeln wird, wie über einstige Probleme von Bertha Benz: Die musste bei ihren Pionierfahrten mit dem Motorwagen den Sprit noch in der Apotheke kaufen.

Technische Daten: Zero DS

  • Motor: Luftgekühlter, bürstenloser Permanentmagnetmotor mit Rekuperation
  • Leistung: 54 PS (40 kW)
  • Drehmoment: 92 Nm
  • Reichweite Stadt: 203 km
  • 0 – 100 km/h: 5,7 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 153 km/h
  • Radstand: 1.435 mm
  • Sitzhöhe 873 mm
  • Akku-Kapazität: 11,4 kWh
  • Grundpreis: 15.995 Euro

Die konzentrierten Massen merkt man der Zero DS auf den ersten Blick an
Quelle: Ralf Schütze
11,4 KWh reichen für 203 Kilometer Fahrt
Quelle: Ralf Schütze
Ein übersichtliches Cockpit liefert die wichtigsten Infos
Quelle: Ralf Schütze
Die Silhouette der Amerikanerin ist schmal
Quelle: Ralf Schütze
Der Kippschalter entscheidet über die Fahrweise: Sport oder Eco
Quelle: Ralf Schütze
Links vermisst man Kupplungs- und Schalthebel
Quelle: Ralf Schütze
Der massive Rahmen erinnert an die agilen Modelle von Buell
Quelle: Ralf Schütze
Die Zero DS lässt sich an der Steckdose zuhause nachladen
Quelle: Ralf Schütze
Wieselflink flitzt die Zero DS bis zur 153-km/h-Grenze
Quelle: Ralf Schütze
Über den fast geraden und breiten Lenker hat der Pilot alles gut im Griff
Quelle: Ralf Schütze