24 Jahre deutsche Einheit und 50 Jahre Trabant 601
Dieses Trabi-Jubiläum feiern wir ohne Reng-teng-teng
Deutschland feiert die Einheit. Wir feiern das Auto dazu. MOTOR-TALK-Redakteur Philipp Monse fuhr im E-Trabi durch Berlin. Eine Geschichte über freudige Blicke und irritierte Nasen.
Berlin – Mittwoch der 1. Oktober in Berlin. Die Hauptstadt bereitet sich auf die Wiedervereinigungs-Feierlichkeiten vor. Wenn die Straße des 17. Juni abgesperrt und zur Fanmeile umfunktioniert wird, versinkt Mitte im Verkehrschaos. In zwei Tagen sollen die Deutschen wieder vor dem Brandenburger Tor feiern. Nicht ihre Fußballer, sondern sich selbst. Ihr Land, ihre Einheit.
Eine Blechkarawane quält sich am Reichstag vorbei. Mittendrin fahren wir. In einem Auto, dessen Haut aus alten Baumwollresten und Phenolharz besteht. Und das in unserem Fall doch moderner ist, als die meisten um uns herum. Denn unser Trabant 601 S von 1989 fährt ohne Reng-teng-teng und blaue Wolken. Dafür mit einem nachgerüsteten Elektroantrieb.
Der Trabi öffnet Türen und Herzen
2014 feiert Deutschland nicht nur 24 Jahre Einheit und 25 Jahre Mauerfall, sondern auch sein bekanntestes Auto neben dem Käfer: der Trabant (P) 601 wird 50 Jahre alt. 2.818.547 Exemplare (inklusive Trabant 1.1) baute die VEB Sachsenring zwischen 1964 und 1991.
Auf alle warteten ihre Besitzer sehnsüchtig, auf viele zehn Jahre lang. Autofahren, das war ein Stück Freiheit, und wenn sie noch so kurz reichte. Zu Beginn seines Geburtsjahres hätte sich unser Trabi nicht auf die Westseite des Brandenburger Tors verirrt. Wie seine ersten Besitzer war er gefangen im eigenen Land.
Heute öffnet er alle Türen und Herzen. Die Arbeiter auf der Fanmeile lassen unsere quietschgrüne Plastikwanne durch die Absperrung und direkt vor das steinerne Symbol der Wiedervereinigung.
„Kann ick mal die Batterie sehn?“
Touristen und Berliner umringen den Trabi, zeigen mit den Fingern und machen Fotos. Besonders Deutsche schauen verdutzt, wenn der Trabi geräuschlos rangiert. Begeisterung und Neugier liegen in der Luft. Veränderung in unserem Auto, weil das die Luft nicht mehr verschmutzt.
Einen Trabant, der nicht stinkt, der keinen Lärm macht, da schauen sogar alte Ostberliner ganz genau hin. „Kann ick mal die Batterie sehn?“ Klar, befindet sich im Kofferraum.
Der 18-PS-Elektromotor (nominal, 13,6 kW, asynchroner Drehstrommotor von Linde) dagegen sitzt genau da, wo früher ein 0,6-Liter-Zweizylinder Öl und Benzin zu 26 Pferdestärken verbrannte. Mit einer Adapter-Platte ist er an das Original-Getriebe des Zweitakters angeflascht Bereits seit einigen Jahren baut der Hamburger Fiat-Händler diesen E-Motor in Kleinwagen und Transporter.
Erste Fahrt im Karabag-E-Trabant
Lärm und Geruch sind nicht das einzige, was bei der Fahrt in unserem Trabi fehlt. Den typischen Trabi-Schalthebel neben dem Lenkrad gibt es nicht mehr. Das Getriebe ist auf den dritten Gang festgelegt. So wandert die Hand beim ersten Start ins Leere.
Der E-Motor schafft das Anfahren im dritten Gang problemlos. Das Drehmoment von 148 Newtonmetern muss dabei sogar heruntergeregelt werden. Deswegen fehlt die kräftige E-Auto-Beschleunigung. Getriebe und Motoraufhängung würden ihr nicht lange standhalten. Auf so viel Bums waren sie nie ausgelegt.
Langsam schiebt sich unser Trabi auf den ersten Metern nach vorn. Und wenn er dann auf Touren kommt, vernimmt der Fahrer ein vertrautes Geräusch: das laute Surren stammt nicht vom E-Motor. Es ist das typische Geheul eines betagten Trabant-Getriebes, das da erklingt und Erinnerungen weckt.
10.000 Ostmark für etwas Freiheit
Um die 10.000 Ostmark mussten DDR-Bürger für einen Trabant bezahlen. Dafür bekamen sie ein 3,55 Meter langes und rund 620 Kilogramm schweres Fortbewegungsmittel. Mit zwei Türen, zwei Sitzen, einer Rückbank und dem typischen Zweitakter-Schieberuckeln im Teillastbereich.
Das entfällt bei unserem E-Trabi. Genauso wie das Anrühren des Zweitakt-Gemischs aus Öl und Benzin (1:50 laut Werksangabe). Unser Treibstoff kommt aus der Haushaltssteckdose. Aufgetankt wird in 5,5 Stunden. Bis zu 130 Kilometer soll man dann mit dem E-Trabi schaffen – genug, um eine ganzen Tag vielen Menschen in Berlin ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern.
Im Eco-Modus mit maximal 60 km/h schont unser Trabant den Akku. Im normalen Modus liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 100 km/h und damit fast auf Augenhöhe mit dem rund 110 km/h schnellen Original. Das könnte unser Elektroflitzer sogar überholen, wenn er den vierten Gang zur Verfügung hätte. Doch der hat einen Freilauf. Die Lithium-Polymer-Batterie könnte dann im Schubbetrieb nicht geladen werden.
Fehlt der Geruch?
Um Geschwindigkeit ging es beim Trabifahren sowieso nie. Nicht in der DDR, nicht heute und nicht mit Elektroantrieb. Von 0 auf 100 km/h braucht ein Original-601 etwa 20 Sekunden. Der Karabag-Trabi fühlt sich etwas flotter an. Aber er schiebt ein wenig über die Vorderachse, weil der Vorderwagen jetzt schwerer ist. Dafür könnte man sich selbst bei Tempo 100 noch angenehm unterhalten.
Die Herzensfrage bleibt: Geht es überhaupt ohne die blauen Wölkchen, ohne das Klingeln des Zweitakters? Wir treffen auf eine Truppe der Trabi-Safari, die geführte Touren durch Berlin in alten Trabant anbietet. Die Teilnehmer schauen begeistert in den Motorraum. Dann steigen sie in ihre Originale und hüllen uns in blauen Dunst. Für sie wäre es sicher nicht dasselbe.Kultiger als der Käfer
Nach der Wende interessierte sich niemand für den Trabi, heute ist er kultiger als der Käfer. Im Januar 2014 waren laut Kraftfahrt-Bundesamt nur noch 32.311 Trabi zugelassen. Gute Exemplare kosten mittlerweile um die 4.000 Euro.
Oft weckt bei Käufern der Geruch die (N)ostalgie. Viele Trabi-Fans würden den E-Trabant daher vielleicht belächeln. Aber eines ist sicher, damals in der DDR, hätten sich viele des Geruchs wegen mehr von diesen E-Trabi gewünscht. Oder überhaupt einen Trabi.
Mehr zum Elektro-Trabant und seinem Umbausatz lest Ihr in diesem Artikel.
Na ja, ein nettes Spielzeug eben, aber wie bei vielen Dingen, bleibt ein Trabbi nur ein Trabbi mit Zweitakter. Alles andere ist nichts Halbes und nichts Ganzes...
Mir bleibt nur schleierhaft, was man damit zum Ausdruck bringen will...? Dass es den Trabbi mittlerweile auch als Elektroauto gibt? Ja gut, ist aber schon ein alter Hut und nix Neues... 😆
Immer diese Öko-Hipster, gebt dem Trabbi seinen Zweitakter zurück!
In nem ollen Golf ist das egal, aber die Kiste hier ist Kulturgut. Zweitaktmief, das beste auf Erden 😊
Hätten sie mal vor 25 Jahren bringen sollen; dann wäre der Trabbi vielleicht nicht ganz sang- und klanglos untergegangen. Außerdem will doch heute fast niemand mehr einen Trabant s Alltagsauto fahren.
Der Trabant ist nur echt mit Zweitakter und alles andere ist sinnlose Verhunzung im Zuge des allgemeinen Ökoterrors. Als wenn irgendwer, gerade jetzt wo die Trabantpreise wieder steigen, mehrere tausend Euro aufen Tisch legen würd um den Wagen zu verhunzen.
Wo bleibt der Drahkke-Master?
Ihr habt schließlich mit der Verwendung des Kurzzeitkennzeichens (in seinen Augen) einen Rechtsbruch begannen. MISSBRAUCH in vollendeter Form.
Oh Yeah!
😊🙄
Damit ist man heute, am Tag der Tage, bestimmt voll der Hecht auf jeder Veganerparty. So kommt heute dann ein bisschen Farbe in die blassen und eingefallenen Gesichter dieser Jesus-Hemdchen.
Solche Umbausätze gibt es allerdings seit 30 Jahren für fast jeden Kleinwagen.
Ein (elektrischer) "New Trabant (nT)" wurde 2009 schonmal präsentiert.
http://www.zeit.de/mobilitaet/2014-09/trabant-elektroauto
Wer hat sich denn vor 25 Jahren für Elektro-Antriebe interessiert? Gab es ja auch im Golf etc. ...
alte pappe gehört im altpapiercontainer fachgerecht entsorgt
was für ein furchtbares "auto"
Genauso furchtbar wie die Isetta 🙄
Erstaunlich das immer noch über 30.000 Trabis in Deutschland zugelassen sind.
sorry, das hatte ich überlesen hier im text.
wurde die auch auf androgynveganstromo getrimmt?
grundsätzlich geb ich dir aber recht. auch ne furchtbare kiste, aber wenigstens keine sozialismus einheitsplaste
Eigentlich war das ironisch gemeint, weil die Isettas (das sinnloseste Auto ever) absolute Mondpreise erreichen aber der Trabant ja ach so schlecht ist, weil er aus dem Osten kommt. Ich finde: Er gehört zur Geschichte dazu. Was viele nicht wissen, als der Trabant auf den Markt kam war er absolut auf der Höhe der Zeit, man hat es nur versäumt ihn weiter zu entwickeln. Ich finde das übrigens gar nicht mal so schlecht das die Außenhaut aus Duroplast ist, weil wo kein Metall ist kann auch nichts rosten. Viele Hersteller, auch "Premiums", haben selbst heute noch Probleme mit rostenden Türkanten, Heckklappen und Radläufen (was nicht heißt, das der Trabant keine Rostprobleme hätte - nur halt eher untenrum).
Auch gut: https://www.youtube.com/watch?v=nGVdGHVFx2Q
Finde die Idee super. Der Trabant ist doch ein ideelles Stadtauto: klein, leicht, übersichtlich (!). Warum nicht mit Elektromotoren ausrüsten? Die Investition "lohnt" sich vielleicht nicht, aber mir gefällt, dass zumindest symbolisch einige dieser Fahrzeuge im Strassenverkehr belassen werden.
Lieb Gruss
Oli