VW Golf 1.5 TSI BlueMotion (2017): Test
Ein Benziner mit den Stärken eines Diesels
Der Spritspar-Golf bekommt einen großen Motor: Zum Facelift tauscht VW den Dreizylinder gegen einen 1,5-Liter-Mikro-Hybrid. Der Golf BlueMotion im Alltagstest.
Berlin – VW interpretiert das Thema BlueMotion neu: die sparsamste Variante des VW Golf verbraucht jetzt auf dem Papier mehr Sprit. 4,8 Liter pro 100 Kilometer stehen nach dem Facelift im Datenblatt, ein halber Liter mehr als davor. Verantwortlich sind ein neuer Motor und der alte Messzyklus.
Bisher fuhr der Spritspar-Golf mit einem 1,0-Liter-Dreizylinder mit 115 PS. Jetzt bekommt er den modernsten Vierzylinder, den VW im Programm hat: Einen 1,5-Liter-Benziner mit 130 PS, VTG-Turbo und Miller-Zyklus. Details zu Technik und Funktionsweise des Antriebs lest Ihr in diesem Artikel.
Der neue Motor bekommt Spritspar-Strategien, die im alten NEFZ-Zyklus keinen Vorteil bringen. Sie drücken aber den Verbrauch im neuen WLTP-Zyklus – und, sagt VW, auf der Straße. Das haben wir zwei Wochen lang im Alltag ausprobiert.
Antrieb | Motor | Getriebe
VW bezeichnet den neuen Benziner als Mikro-Hybrid. Zu einem echten Teilzeit-Stromer fehlt ihm die Elektro-Unterstützung. Er bekommt aber eine stark erweiterte Start-Stopp-Automatik: Der Verbrenner steht immer dann still, wenn er nicht gebraucht wird. An der Ampel und beim Rollen ohne Last schaltet die Software den Motor ab, selbst bei flottem Tempo.Klar, das kann jeder Mild- und Vollhybrid seit Jahren. Aber die brauchen dafür ein zweites Bordnetz mit höherer Spannung und einen Elektromotor. Der Golf erledigt das mit der normalen 12-Volt-Batterie und einem Ritzel-Anlasser. Registriert die Software eine Bewegung im Gaspedal, dreht der den Verbrenner wieder an.
Das hört man während der Fahrt in den meisten Fällen recht deutlich. Als Zwitschern aus dem Motorraum, nicht so laut wie im Stand, aber stets wahrnehmbar. Immerhin startet der Motor flott genug. Beim Übergang von Segeln auf Last vergeht kaum mehr Zeit als beim Herunterschalten durch Kick-down.
VW tut viel, um den Benziner sparsam zu machen. Der Brennvorgang nach Miller-Prinzip verringert die Abgastemperaturen. Das spart bei hoher Last Sprit. Ein Turbo mit variabler Turbinengeometrie sorgt für Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen. Die Zylinderabschaltung funktioniert bis zu einer Last von etwa 80 Newtonmetern. Wer vorausschauend fährt, verbraucht wenig. Langsam muss man dafür nicht unterwegs sein.
Wir notieren glatt 8 Liter pro 100 Kilometer auf Kurzstrecken im Berliner Berufsverkehr bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Auf langen, flotten Autobahnetappen verbraucht der Golf BlueMotion etwa 7 Liter. Ruhige Landstraßen-Fahrten mit geringem Stadt-Anteil klappen mit dem Norm-Wert von 4,8 Litern.
Zur Einordnung: Vergleichbare Werte kennen wir in dieser Klasse bei ähnlicher Fahrweise vor allem von Dieselmotoren. Nur auf der Pendelstrecke ins Berliner Umland hätten wir weniger erwartet. Der Bordcomputer zeigte einen Durchschnittswert von 6 Litern pro 100 Kilometer. Der Dreizylinder im Vorgänger fuhr die gleiche Strecke mit 5,8 Litern.Eine positive Überraschung gab es beim Getriebe des Golf BlueMotion. VW baut das Siebengang-DSG mit zwei Trockenkupplungen (DQ200) ein. Das fiel in der Vergangenheit häufig durch schlechtes Benehmen und Komfortprobleme auf. In diesem Auto haben wir an der Abstimmung nichts auszusetzen: Flotte Gangwechsel, selbstbewusstes Anfahrverhalten, gut programmierte Übergänge und kein unsicheres Gang-Gewusel beim Kriechen. Geht doch!
Fahrverhalten | Fahrwerk | Lenkung
Zum Spritspar-Konzept gehören bei VW kleine Modifikationen an der Karosserie und ein Sportfahrwerk. Das gibt es serienmäßig im Golf BlueMotion. Er liegt eineinhalb Zentimeter tiefer und federt straffer als die Serienversion. Dies soll den vor allem Luftwiderstand verbessern, nervt im Alltag aber zum Teil mit unschöner Härte. Ein verstellbares Fahrwerk mit Komfort-Modus lässt sich aktuell nicht konfigurieren.
Wohl fühlt sich der Golf auf glatter Straße, dort rollt er ohne Motorkraft leise und weit. Anfangs verschätzt man sich beim "Segeln" und geht zu spät vom Gas. Mit etwas Übung nutzt man den Schwung besser aus und gleitet mit abgeschaltetem Verbrenner still durch den Verkehr. An der Lenkung ändert VW nichts. Sie arbeitet weiterhin präzise, direkt und etwas zu leichtgängig.
Assistenzsysteme | Sicherheit
Leider nutzt VW nicht die vollen Möglichkeiten des Konzernbaukastens aus. Im Golf BlueMotion fehlt der "Prädiktive Effizienzassistent" von Audi. Der kündigt enge Kurven und Geschwindigkeitsbegrenzungen lange im Voraus an und empfiehlt, vom Gas zu gehen. Diese Technik gibt es bereits in VW Arteon und VW E-Golf und. Dort spart sie viel Energie. Im ausdrücklichen Spritspar-Golf müsste sie serienmäßig verfügbar sein. Dann fiele das vorausschauende Fahren leichter.Bei anderen Assistenten ist der Golf auf dem Stand der Zeit. Gegen Aufpreis hält er Abstand und Spur, bremst automatisch und warnt beim Parken. Fährt der Vordermann an der Ampel los, startet der Motor automatisch. Schade: Das maskierende Fernlicht blickt nicht weit genug nach vorn. Bei unserer Testfahrt blendeten wir auf langen Geraden den Gegenverkehr. Auf kürzere Sicht arbeitet das System aber zuverlässig und schnell.
Abmessungen | Platzangebot | Karosserie
Der Golf bleibt ein Golf, unabhängig von Motor und Verbrauch. VW nutzt den Innenraum in allen Varianten gut aus. Sitzposition, Platzangebot und Ergonomie passen zu nahezu jedem Körperbau. Vor der Rückbank bleibt genug Platz für Mitreisende, das Kofferraumvolumen von 380 Litern lässt sich gut ausnutzen.
Der Golf BlueMotion unterscheidet sich nur in Details von anderen Derivaten. Mit einem modifizierten Kühlergrill und einem kleinen Heckspoiler optimiert VW die Luftströmung. Eine blaue Zierlinie weist auf das Spritsparmodell hin. Andere Lampen wie bei den Elektro-Modellen gibt es nicht.
Innenraum | Verarbeitung | Materialien
Im Innenraum sieht das BlueMotion-Modell aus wie jeder andere Golf. Im Sichtbereich gibt es viel unterschäumten Kunststoff. Weiter unten wählte VW härteres Plastik. Alles ist sauber verarbeitet, nichts knarzt oder scheppert. Bequeme Sitze mit straffen Polstern gibt es serienmäßig. Die Spritspar-Variante lässt sich mit den Ausstattungen „Comfortline“ und „Highline“ kombinieren.Infotainment | Radio | Konnektivität
Zum Facelift startete im Golf 7 eine neue Infotainment-Generation. Beim Top-Gerät mit 9,2-Zoll-Bildschirm verzichtet VW vollständig auf Tasten und Knöpfe und setzt auf Touch-Flächen plus Gesten- und Sprachsteuerung. Das große Navi steht für knapp 2.500 Euro in der Preisliste. Mit dem zwingend nötigen Zubehör kostet es 3.615 Euro.
Im Stand arbeitet das System schnell, flüssig und klug. Während der Fahrt nervt es. Der Finger rutscht oft auf die falsche Fläche oder tippt komplett daneben. Wichtige Basisfunktionen wie die Anpassung der Lautstärke sind unnötig kompliziert. Per Fernbedienung am Lenkrad geht das besser, aber immer noch nicht gut. Manchmal ist ein altmodischer Drehregler eben die beste Lösung. Die Gestensteuerung ist überflüssig und mangelhaft umgesetzt.
Besser lässt sich das System „Discover Media“ bedienen. Hier misst das Display nur 8 Zoll, aber es gibt zumindest zwei Drehregler. Zum Gerätepreis von rund 1.000 Euro kommen aber ebenfalls noch diverse verpflichtende Extras. Wer ein Navi konfiguriert, bezahlt mindestens 2.185 Euro für das Paket. Schlecht: Eine günstige Variante mit Navigation über ein Smartphone ist nicht einzeln verfügbar. VW erzwingt das fest eingebaute Navi.
Ausstattung | Preis | Fazit
Der neue Spritspar-Motor passt toll zum Golf. Er fährt souveräner als sein Vorgänger mit drei Zylindern. Im Alltag ist er ähnlich sparsam wie ein vergleichbarer Diesel, ohne teure Hybrid-Technik zu verwenden. Das kommt allerdings nicht beim Preis an. Der Golf BlueMotion 1.5 TSI kostet mindestens 24.050 Euro. Mit automatischem Getriebe sind es 2.025 Euro mehr.Wer einen sparsamen Benziner sucht, könnte als Alternative zum VW-Mikro-Hybrid einen Vollhybrid in Betracht ziehen. Toyota verkauft den ähnlich großen Auris Hybrid mit 136 PS und CVT-Getriebe für 23.490 Euro. Der ist etwas langsamer, aber sparsamer. Ein Navigationssystem gibt es bei Toyota ab der Ausstattung „Comfort“ (25.740 Euro) für 790 Euro – ohne erzwungene Extras.
VW setzt für Navigation das „Business Premium“-Paket voraus. Das umfasst zwar sinnvolle Funktionen wie Abstandstempomat, Fußgängererkennung und Scheinwerferreinigungsanlage – aber zum Beispiel auch Sportsitze mit Sitzheizung vorn und Massagefunktion für den Fahrer. Eine Aufpreispolitik, die VW dringend entschlacken sollte.
Technische Daten VW Golf BlueMotion 1.5 TSI DSG
- Motor: 1,5-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
- Leistung: 130 PS (96 kW) bei 5.000 – 6.000 U/min
- Drehmoment: 200 Nm bei 1.400 – 4.000 U/min
- Getriebe: 7-Gang DSG
- 0-100 km/h: 9,1 s
- Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
- Verbrauch: 4,8 l/100 km (NEFZ)
- Testverbrauch: 6,0 l/100 km
- Länge: 4,258 m
- Breite: 1,790 m
- Höhe: 1,492 m
- Radstand: 2,620 m
- Leergewicht: 1.322 kg
- Kofferraum: 380 – 1.270 l
- Basispreis VW Golf: ab 18.075 Euro
- Basispreis VW Golf BlueMotion: 24.050 Euro
- Preis Testwagen: 37.383 Euro
Ach? 😱 Da wird sich doch nicht endlich ein Ende des Downsizing-Wahns abzeichnen? 🙄😆
Ein halber Liter mehr Hubraum + 1 Zylinder mehr... na also, geht doch. 😉
Hoffentlich ist das ein neuer anhaltender Trend, der nun wieder bei allen Herstellern einzieht. 😉
Also auf der Autobahn ist der Verbrauch nicht wirklich niedriger, da kann der Motor seine Vorteile nicht ausspielen. Der 150PS TSI schafft auch einen kaum höheren Wert, so wie ich das mitbekommen habe. Würde da auf den BM verzichten, da ich kein unkomfortables Fahrwerk in einem Alltagsauto haben möchte.
Zum DSG: wird sicherlich nur am Anfang so arbeiten, irgendwann die üblichen Macken haben. Das kann ruhig erwähnt werden.
Testpreis über 37.000 und damit doppelt so teuer wie der Basispreis, na dann VW...
"Hybrid" weil er einen Anlasser hat? 8 Liter in der Stadt? Hartes Sportfahrwerk zum Spritsparen? Testwagenpreis 37.000 Euro? Krass. Damit ist VW auf der richtigen Spur um Toyota zu schlagen: Deren Ingenieure lachen sich tot und fallen damit aus.
Ritzelstart im Möchtegern-Hybrid. Warum nicht gleich einen 24V Startergenerator über den Riemen? Da wird der Auris 3 ab 2018 mit dem Hybridsystem des Prius 4 (nochmal real 0,5l sparsamer) deutlich attraktiver sein, für Menschen denen es auf sparsames und ökonomisches Autofahren ankommt.
Wie packen das die Verkäufer von der Kiste?
Werden die extra geschult, um nicht laut zu lachen, wenn jemand den Vertrag für "das Auto" unterschreibt?
37 Mille für einen "Spar"-Golf? WTF 😱
Hab grad letzte Woche einen Golf 1,5l TSI BM bestellt. Aber nur, weil ich den 1.0l im Highline nicht bekomme!
Natürlich ohne DSG, den Mehrverbrauch von dem Getriebe kann man sich sparen.
Da ich vom 1,4l ACT im Golf komme, bin ich gespannt, wieviel der neue Motor noch mehr sparen kann.
Übrigens munkelt man, das Fahrwerk ist zwar tiefer, die Dämpferkennung aber wie beim Standardfahrwerk. Naja, echtes Sportfahrwerk wäre besser. Bestelle ich bei meinen Autos immer mit! Hart ist was anderes!
Trotz Navi und einige Spielereien liege deutlich unter 30.000€(LP knapp darüber).
Bisher ging ACT bis 100NM, ich gehe davon aus, dass wird beim 1,5l auch so sein. Leider der Informationsgehalt dazu recht gering. Ebenso zum BM überhaupt, Antwort von VW über meinen Verkäufer zum Thema was an dem anders zu einen normalen Golf sei: keine belastbare Aussage möglich.
Falsch!
EDIT: Das Active Info Display braucht auch kein Navigationssystem!
Geht da der Motor auch aus beim Segeln, also Gang raus und rollen? Das hätte bei fachkundigem Autofahrer, der auf die Technik eingeht einen potentiellen Spritspareffekt.
Wahnsinn, was VW hier auf die Beine stellt! (Pruust!)
Mein inzwischen alter Ford Focus (2011er 1.6 Ecoboost) schafft das alles auch schon, hat(te) Start-Stop-Automatik, bis sie die Werkstatt deaktiviert hat (danke!) und kommt auf ganz ähnliche Werte, die 8 Liter in der Stadt schaffen nur meine Frau und meine Tochter, ich bleibe da immer drunter, so ca. 7,5l. In der Titanium-Ausstattung für damalige gut 21.000€. Sorry VW, ich bleib da lieber beim Ford.
Nein, beim Handschalter nicht. Aber der rollt mit eingelegtem Gang schon weit genug. Spart genau so viel und am Ende noch etwas Bremsbelag.
Ja, geht aus (bei DSG).
Ich sehe für mich einen potentiellen 3,Xl Kanditen auf meiner Stammstrecke im Golf 1,5l BM. 7,5l ... das braucht nichtmal mein 1,4l Touran... vielleicht solltet ihr S/S wieder aktivieren!
😆 You made my day 😆