Oldtimer-Test Opel Commodore C

Ein Cruiser aus der guten, alten Zeit

MOTOR-TALK

verfasst am Sat Jun 04 10:03:45 CEST 2016

Kultivierte Reihensechszylinder gehören auf die Liste der bedrohten Arten. Dabei kann man damit so wunderbar cruisen. Unterwegs in einem Opel Commodore C.

Von Haiko Prengel

Berlin - Die erste Ausfahrt mit dem Opel Commodore beginnt mit einem Schreckmoment. „Wo ist denn der rechte Außenspiegel?”, fragt meine Frau und blickt mich ratlos vom Beifahrersitz an. „Da kann ich ja gar nicht nach hinten gucken!” Mein erster Gedanke: In Berlin-Friedrichshain kann es schon mal passieren, dass sie Dir in der Nacht das Auto demolieren. An meinem eigenen Oldtimer traten sie mir vor einigen Monaten auch den Außenspiegel ab.

Diesmal ist alles in Ordnung. Dieser Commodore hatte ab Werk keinen rechten Außenspiegel – wie so viele ältere Opel. Vor 35 Jahren war das normal. Man war damals der Ansicht, auf dieses Ausstattungsdetail verzichten zu können. Dabei fehlt der rechte Außenspiegel auch mir als Fahrer - und das nicht nur beim Einparken. Sondern eigentlich bei jedem Spurwechsel.

1983 wurde die Baureihe Commodore C aus genau diesem Grund eingestampft. Die Lücke zwischen Rekord und Senator war einfach zu klein, die Autos machten sich gegenseitig Konkurrenz
Quelle: Haiko Prengel
Auf der Fahrt nach Oschersleben mache ich also so viele Schulterblicke wie schon lange nicht mehr. In der Kleinstadt in Sachsen-Anhalt findet einmal im Jahr das größte Opel-Treffen der Welt statt. Um in Stimmung zu komme, fahre ich in diesem Klassiker aus der historischen Sammlung von Opel in Rüsselsheim: In einem Commodore C von 1981 in Silber-Metallic und Rentner-brauner Velours-Innenausstattung.

Nicht ganz passend, zugegeben. Bei dem Treffen dominieren eher tiefergelegte Mantas und Kadetts. Gediegene Senioren-Wagen wie der Commodore sind in der Minderheit, jedenfalls wenn man unverbastelte Fahrzeuge im Originalzustand sucht. Der Commodore stammt aus einer Zeit, als Opel noch in der automobilen Oberklasse mitspielte, oder zumindest mitspielen wollte. Technisch und von der Karosserie her basierte er zwar weitgehend auf dem Rekord. Den Mittelklasse-Bestseller gab es aber nur mit Vierzylinder.

Der vornehme Herr Commodore

Der Commodore wurde dagegen ausschließlich mit Sechszylindern bestückt und sprach die anspruchsvollere Kundschaft an. Nur der Senator (und das Monza-Coupé) waren damals noch luxuriöser, basierten aber ebenfalls auf der gleichen Plattform. Die kultivierten Reihensechszylinder-Benziner aus Grauguss haben bis heute einen exzellenten Ruf. Im Grunde waren es die letzten großen, vornehmen Autos, die Opel baute – mal abgesehen von Omega und Senator B. Danach stieg der Hersteller auf die bei Liebhabern ungeliebten Autos mit Frontantrieb um.

Der Commodore wurde in drei Generationen gebaut (von 1967 bis 1982), schon die Baureihen A und B waren populär. Der 1977 vorgestellte Commodore C maß sich in seiner Fahrzeugklasse mit dem ersten 5er BMW (E12), dem Ford Granada oder dem Mercedes W123.

Mein Test-Commodore ist ein „Berlina”, das stand für die beste Ausstattungslinie: Elektrische Fensterheber vorn und hinten, Schiebedach, Mittelarmlehne hinten und ein Drehzahlmesser, damit man den 2,5-Liter-Reihensechszylinder nicht zu sehr quält. Das 130-PS-Aggregat mit elektronischer Einspritzung ist zum Cruisen ausgelegt, nicht zum Heizen. Trotzdem, auch heute noch kann ich mit dem Wagen wunderbar im Verkehr mitschwimmen, sogar auf der Autobahn.

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Quelle: Haiko Prengel

Nur noch 325 Commodore C zugelassen

Überhaupt, entspannt cruisen: Wer macht das heute denn noch? Selbst moderne Klein- und Kompaktwagen kommen mit ihren hochgezüchteten Drei- und Vierzylindern locker auf 150 PS (ok: mit drei Zylindern in der Serie noch nicht ganz). Gerüstet für das Ampelrennen im hektischen Stadtverkehr. Die Fahrwerke gern so straff ausgelegt wie die Gesichtsmuskeln der gestressten Fahrer.

Im betagten Commodore C gleitet man dagegen über den Asphalt. Die Lenkung ist indirekt und schwammig, aber das stört mich überhaupt nicht. Der Wagen steuert sich ohnehin eher wie ein schwerer Tanker auf hoher See. Gullideckel und andere Unebenheiten überquert man angenehm hüpfend, wie beim Wellenreiten. Commodore C fahren, das fühlt sich so ähnlich an wie bei einem echten Amischlitten mit V8. Die Europa-GM waren (und sind) nur günstiger und an die hiesigen Größenordnungen angepasst.

Leider sind von den knapp 83.000 Commodore C, die Opel einst baute, nicht mehr viele übrig. 2014 gab es laut Kraftfahrzeugbundesamt noch 325 zugelassene Commodore C in Deutschland. Korrisionsschutz ab Werk gab es so gut wie gar nicht, folglich hat Rost die Bestände arg dezimiert. Schweller, Endspitzen, Türunterkanten, Reserveradmulden - die Rekord-/Commodore-/Senator-Familie hat viele Schwachstellen.

Extrem empfindlich sind die vorderen Federbeindome. Sie gammeln fast immer, und eine Reparatur ist sehr aufwändig. Selbst bei meinem Test-Commodore könnten die Dome schon einmal geschweißt worden zu sein, denn über die Nähte scheint jemand drübergeschmiert zu haben.

Viel Platz, keine Musik

Ansonsten macht der Commodore C aus der Opel-Sammlung einen erwartungsgemäß gepflegten Eindruck und eine Menge Spaß. Das Raumangebot ist üppig, auch im Fond. Nur der Kindersitz auf der Rückbank sitzt etwas wackelig auf den flauschigen Velourssitzen. Und das originale Kassettenradio funktioniert nicht mehr. Macht aber nichts, ich will ohnehin nur den satten Klang des Reihensechsers hören.

„Tolles Auto” sagt ein Nachbar, als ich den Wagen abends im Kiez wieder einparke. „Gehört mir leider nicht”, antworte ich, aber er ruft: „Trotzdem tolles Auto.”

Mehr Infos zu Stärken und Schwächen des Opel Commodore C gibt es in der Bildergalerie.

Technische Daten Opel Commodore 2.5 E 1981-1982

  • Motor: Reihensechszylinder-Benziner
  • Hubraum: 2461 cm³
  • Leistung: 130 PS (96 kW)
  • Drehmoment max.: 185 Nm bei 4.600 U/min
  • Getriebe: Dreigang-Automatik oder Viergang-Handschalter
  • 0-100 km/h: 11-13 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h (Handschalter: 190 km/h)
  • Verbrauch: 13,0-14,5 l/100 km
  • Länge: 4,705 m
  • Breite: 1,722 m
  • Höhe: 1,410 m
  • Radstand:2,668 m

Der Opel Commodore C wurde 1977 auf der IAA vorgestellt und sollte die Lücke zwischen Rekord und Senator füllen
Quelle: Haiko Prengel
Tatsächlich fiel der Preisunterschied zwischen einem Rekord E 2.0 in Luxus-Ausstattung und einem Commodore C mit knapp 300 D-Mark sehr gering aus
Quelle: Haiko Prengel
Huch, fehlt da nicht was? Ein rechter Außenspiegel war vor 35 Jahren selbst bei Autos der oberen Mittelklasse nicht selbstverständlich
Quelle: Haiko Prengel
„Exklusiver 6-Zylinder-Komfort ist etwas, was ihn auszeichnet”, warb Opel im zeitgenössischen Reklameprospekt. „Aber nichts, was ihn unerschwinglich macht.”
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1983 wurde die Baureihe Commodore C aus genau diesem Grund eingestampft. Die Lücke zwischen Rekord und Senator war einfach zu klein, die Autos machten sich gegenseitig Konkurrenz
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Platz da: Wer möchte, kann den Commodore C bis auf 185 km/h beschleunigen. Aber schon ab 130 km/h wird es im Auto sehr laut und der Wagen fängt bedrohlich an zu wackeln
Quelle: Haiko Prengel
Von den exakt 82.820 gebauten Commodore C sind heute nur noch 325 zugelassene Exemplare auf deutschen Straßen unterwegs. Die Alt Opel IG schätzt, dass etwa die gleiche Zahl an Autos nicht fahrbereit in irgendwelchen Scheunen und Garagen steht
Quelle: Haiko Prengel
Ein gepflegter Teppich wie im Wohnzimmer. Trocken ist der Kofferraum auch, das ist ein gutes Zeichen
Quelle: Haiko Prengel
Wer sich für einen Commodore C interessiert, sollte bei der Fahrzeugbesichtigung unbedingt unter das Reserverad schauen. Die Mulde ist ein Hort für Schmutz und Feuchtigkeit und rostet gerne durch
Quelle: Haiko Prengel
Die billig wirkenden Plastik-Armaturen passen nicht ganz zum edlen Velour-Interieur. Zudem wird das Armaturenbrett durch die Sonnenenstrahlung im Alter oft rissig
Quelle: Haiko Prengel
Mit dem Automatikgetriebe lässt sich wunderbar entspannt cruisen. Unter Opel-Fans sind Schalter allerdings beliebter, vor allem bei der Tuningfraktion
Quelle: Haiko Prengel
Die alten Reihensechszylinder von Opel sind praktisch unzerstörbar. Der 2,5-Liter im Commodore C war anfangs ein Vergaser-Motor, später folgte ein Aggregat mit Einspritzung
Quelle: Haiko Prengel
Die Dome sind DIE Schwachstelle bei Commodore, Senator und Monza. Opel konstruierte sie zu weich für die schweren Sechszylinder-Motoren. Restaurationen sind teuer
Quelle: Haiko Prengel