Wie werde ich Testfahrer
Ein Job für Menschen mit viel Gefühl
Wer Testfahrer werden will, braucht mehr als überdurchschnittliches Fahrtalent. Er sollte Techniker oder Ingenieur sein, braucht viel Gefühl und ein gutes Gehör.
München - Testfahrer - das klingt nach Spaß, nicht nach Knochenarbeit. Nach heißen Autos und qualmenden Reifen. Doch die Realität sieht anders aus, trocken, arbeitsintensiv. Manche Testfahrer legen Hunderte Kilometer pro Tag zurück, bewerten dann das Fahrzeug und protokollieren ihre Eindrücke.
Die Autohersteller unterscheiden zwei Arten von Testfahrern: Dauerlauf-Testfahrer und Versuchsingenieure. Die Dauerläufer spulen bestimmte Fahrprofile ab, teilweise 600 Kilometer pro Tag. Anschließend wird die Haltbarkeit der Teile bewertet. Die Fahrer kommen aus den Werkstätten der Versuchsabteilungen. Üblicherweise haben sie eine Ausbildung als Mechaniker, Mechatroniker oder Techniker absolviert.
Versuchsingenieure entwickeln, kontrollieren und optimieren einzelne Bauteile. Dazu gehören Testfahrten, um die entwickelten Komponenten zu erproben. Die Testfahrer sind meist Ingenieure aus den Bereichen Maschinenbau oder Fahrzeugtechnik. "Testfahrer müssen ein gutes Gespür für das Auto haben", sagt Ulrich Pfundmeier, Leiter Test und Technik bei BMW und seit mehr als 30 Jahren Versuchsingenieur.Interne Ausbildungsprogramme
Direkt nach der Ausbildung ins Auto steigen und es abstimmen, das funktioniert nicht. Die Unternehmen beobachten die Bewerber bis zu einem Jahr. Bei BMW stehen jungen Testfahrern erfahrene Ingenieure als Mentoren zur Seite. Bei Mercedes und Volkswagen gibt es interne Ausbildungssysteme. In verschiedenen Stufen lernen die Testfahrer über Jahre schnelles, gleichmäßiges und sicheres Fahren, dicht am Limit. "Nur dann kann man das Auto richtig abstimmen", sagt Pfundmeier.
Wie verhält sich ein Auto, wie federt es? Was muss sich ändern, damit sich die Fahreigenschaften verbessern? Eine komplexe Komponente wie die Feder-Dämpfer-Einheit für eine ganze Baureihe können Versuchsingenieure erst nach drei bis vier Jahren selbstständig abstimmen. Schwierig sei es, innerhalb eines Modells mit den unterschiedlichen Motoren unter ökonomischen Gesichtspunkten die beste technische Lösung zu finden. "Den richtigen Hebel finden, sodass in der Gesamtentwicklung das beste Ergebnis herauskommt, das ist kompliziert", sagt Pfundmeier. Da helfe nur fahren, fahren, fahren.
Überdurchschnittlich gute Fahrer
Mercedes verlangt als Voraussetzung eine Berufsausbildung mit Kfz-technischem Hintergrund und mindestens fünf Jahre Berufspraxis. Danach folgen Fahrsicherheitstrainings und theoretischer Unterricht. Nach dieser Ausbildung müssen die Fahrer zunächst vier Wochen bei einem erfahrenen Kollegen mitfahren und dürfen nur im Beisein eines solchen Kollegen selbst fahren. Danach hat der Testfahrer die Einstiegs-Fahrererlaubnis erreicht - weitere Schulungen folgen."Testfahrer müssen generell überdurchschnittlich gute Autofahrer sein, komplexe Systeme im Fahrzeug verstehen", sagt Koert Groeneveld von Mercedes, "ein gutes Gehör und ein Gefühl für das Auto haben und kritische Situationen im Straßenverkehr antizipieren können." Sie arbeiten teilweise im Dreischichtbetrieb und sind bis zu 80.000 Kilometer im Jahr auf Teststrecken oder im Straßenverkehr unterwegs.
Ihre Aufgabe ist, die Ergebnisse von Prüfstandstests oder Simulationen zu bestätigen. "Die einzelnen Aufgaben werden über Systeme im Fahrzeug überwacht. Die Ergebnisse aus dem Fahrzeug werden online in unserem Entwicklungszentrum in Sindelfingen gesammelt und ausgewertet", sagt Groeneveld.
Objektiv oder subjektiv
Auch bei Autozulieferern und Reifenherstellern wie Continental steuern Ingenieure mit automobiltechnischem Hintergrund die Testfahrzeuge. "Testfahrer müssen disziplinierte, präzise, teamfähige und ergebnisorientierte Fachleute für ihre jeweilige Testdisziplin sein", sagt Enno Pigge von Continental. Dazu müssen sie vorurteilsfrei ihre Fahreindrücke und -ergebnisse festhalten sowie Prüfobjekte wie Reifen, Bremsen oder Assistenzsysteme gut kennen.
Continental unterscheidet zwischen Objektivbeurteilung und Subjektivbeurteilung: "Bei der Objektivbeurteilung nutzen die Ingenieure reproduzierbare Verfahren zur Reifenbeurteilung", sagt Pigge. Die "Subjektiven" beurteilen das Fahrverhalten mit ihren eigenen Eindrücken. Entscheidend dabei ist, dass die Ingenieure so arbeiten, dass ihre Beurteilung nach einigen Jahren reproduzierbar ist.Der Zulieferer bietet für die nötige Qualifizierung den internen Ausbildungsgang Testfahrer an. Zwischen zwei und drei Jahren werden die Kandidaten auf die Feinheiten und die präzise Beurteilung von Reifen geschult. "Testfahrer sind eher hart arbeitende, nüchterne Prüfingenieure als Rennfahrer", sagt Enno Pigge. Die Bezeichnung Rennfahrer sei für die meisten Testfahrer eine Abwertung ihrer Arbeit.
Zumindest was das Gehör angeht dürfte ich (leider) ein guter Testfahrer sein. Leider habe ich von Mercedes kein Job-Angebot bekommen - obwohl ich genug Geräuschquellen in meiner A-Klasse geortet und bemängelt hatte 🙄 Mir wurde dann durch die Blume gesagt, dass ich wohl etwas empfindlich sei.
Ich würde fast alle Anforderungen erfüllen, nur käme ich nicht damit klar, den elektronischen Müll im Grenzbereich testen und abstimmen zu müssen (dagegen sträubt sich mein innerer Schweinehund 😆)
Käme sicher auch auf den Hersteller an. 80 tkm im Jahr mit einem Fahrzeug aus einer edlen italienischen Sportwagenschmiede wären sicher angenehmer, als Testwagenfahrer bei Dacia oder Ligier zu sein. 😆
Trotz der immens vorhandenen EDV, die im Vorfeld ja alle Wahrscheinlichkeiten berechnen und ausmärzen soll, gibt es dauernde Rückrufe. Hier wird bei fast allen Herstellern einzig auf Kosten geachtet, egal was der Testfahrer sagt.
Von da her, käme der Beruf in der heutigen Zeit für mich nicht mehr in frage.
Wie komme ich an so einen Job überhaupt dran??
Wie viele echte Testfahrer gibt es denn bei Mercedes, BMW oder VW? So viele spezialisierte Testfahrer braucht es doch nicht, um einzelne Bauteile abzustimmen. Dauerlauftestfahrer ist wohl auch kein sehr beneidenswerter Job. Versuchsingenieure, welche neue Bauteile applizieren gibt es dagegen wie Sand am Meer, aber da ist es inzwischen vermutlich fast besser, wenn man Informatik oder Elektrotechnik studiert hat. Sicher lässt sich mit der Berufsbezeichnung klar zwischen den einzelnen Berufsgruppen unterscheiden, aber ein bisschen Testfahrer zu sein, gegört doch für jeden Ingenieur, der ein Bauteil erproben muss, zum alltäglichen Job.
Zum Glück fährt man ja meist auf abgesperrten Testgelände und ist geschult.
Schon vorgekommen ist, dass das Vorzeichen eines Singals verwechselt wurde und deshalb das Steuergerät im Erprobungsfahrzeug beim ESP-Eingriff das Bremsmoment als Antriebsmoment weitergibt.
Das fühlt sich sehr interessant an... (besonders bei Heckantrieb) 😱
Entschuldigung aber ein Techniker oder Ingenieur sind Theoretiker, was sollten diese Menschen bei einer Testfahrt feststellen? Sie brauchen hier einen Menschen mit Gefühl im Pop und technischen Verständnis
Was ein Blödsinn. Ich kenne 3 Testfahrer von Mercedes. Davon hat kein einziger einen Techniker oder Ingeneursabschluss. Alle 3 arbeiten oder arbeiteten dort über eine Verleihfirma... der Job macht übrigens keinen Spaß. Das konnten mir die 3 sofort bestätigen.
Hier wird das Thema ein bischen zu arg aufgpusht.
Ja, wäre mir auch neu, dass Techniker oder Ingenieure tatsächlich technisches Verständnis haben. /sarkasmus off
Es soll tatsächlich Leute geben, die sich die Mühe machen zu ihrem Popometer und technischem Grundverständnis noch ein Ingenieursstudium draufzusetzen. Klingt unglaublich, ist aber so 😉 An jeder Hochschule oder Universität wirst du Pistonheads finden, die in ihrer Freizeit aus eigenem Antrieb Theorie und Praxis zusammenführen. Das sind keine Heerscharen, aber die Industire braucht auch nur wenige. An einigen HS/Unis wirst du auch offizielle Rennsport Teams finden.
Und ja, natürlich gibt es auch die Fahrer, die ohne technische Qualifikation Dauerläufe absolvieren. Aber das dabei keine spannenden Aufgaben übertragen werden, ist ja dann auch nicht verwunderlich. Natürlich gibt es überall Talente, die es auch ohne entsprechende Qualifikationen auf dem Papier durchaus weitbringen, aber das ist definitiv nicht der Regelfall. Die Systeme sind heutzutage so komplex, dass man ohne theoretischen Hintergrund nur schwierig das volle Potential ausschöpfen kann.
Bist wohl ein Büro Arbeiter bei einem KFZ Hersteller.
Techniker haben meist eine Lehre usw., bevor die den Techniker / Meister in der Freizeit machen.
Ingenieure haben in der Regel keine Lehre hinter sich ... usw.
Im Text wird es doch ziemlich genau beschrieben: es gibt Testfahrer und Testfahrer.
Die eine Sorte fährt, mitunter im 3 Schichtbetrieb, um Dauerlaufergebnisse einzuholen. Diese Damen und Herren sind in der Regel Techniker oder auch Facharbeiter. Sie fahren, mit gesonderter Ausbildung hinsichtlich Prototypen (Notaus/Selbstbeschleuniger) sowie Hochgeschwindigkeit (wo notwendig, mit besonderer Ausbildung für Geschwindigkeit >250) auf abgesperrten Prüfgeländen oder in der Umgebung des Automobilherstellers auf vorgegebenen Strecken. Die Zusatzausbildungen sind schlicht und ergreifent Forderung der Berufsgenossenschaft. Bei diesen Fahrten geht es um Ergebnisse hinsichtlich Dauerhaltbarkeit aller möglichen Komponenten und über verschiedene Reifegrade der Entwicklung hinweg. Die Fahrzeuge kommen normal in den "Boxenstop" und bekommen eine Inspektion mit Ölwechsel etc. Am Ende dieser Erprobung werden die Fahrzeuge bis auf Bauteilebene hinunter begutachtet. Hierbei sichern die verschiedensten Fraktionen ihre Baustände ab (also sowohl Haltbarkeit der Hardware als auch Funktion von Software).
Die andere Sorte Testfahrt betrifft die Ingenieursfraktion. Auch hier gibt es verschiedene Fachbereiche, die ihre Abstimmungsarbeit zu leisten haben. Das sensibelste Popometer benötigen hier wohl die Damen und Herren der Fahrwerksabstimmung (Feder/Dämpfer/Gesamtfahrwerk, ESP...). Die verschiedenen Fachbereiche leisten ihre Arbiet in verschiedenen Umgebungen: Hitze (Death Valley, Nardo/Spanien, ...), Kälte (Finnland, Arktis...) sowie Höhe. Mitunter wird auch am Großglockner erprobt; da kann man schön Last auf die Orgel bringen. In diesen Umgebungen werden von den jeweiligen Sachbearbeitern ihre jeweiligen Themen bearbeitet: Applikateure stimmen ihre Software ab, Versuchssachbearbeiter prüfen hinsichtlich Haltbarkeit der Hardware oder überprüfen reibungslose Funktionen der Kollektive (z.B. Ölhaushalt am Motor/Getriebe aufgrund neuer Ölpumpe...etc), Gesamtfahrzeugentwickler prüfen den kompletten Spaß... Zu hause haben die dann natürlich auch zu tun; an Prüfständen zum Beispiel.
Es gibt also viele Themen, die tief bohren und von den jeweiligen Fachexperten erprobt werden und halt die Damen und Herren, die breit erproben und kurz vor Serienanlauf das Gesamtkunstwerk absichern.
Ein Kumpel von mir hat gerade seinen Diplomingenieur gemacht, und ist jetzt Versuchsingenieur bei Vau-Weh. Der gute Mann ist schon vorher mit mir zusammen Rennen gefahren, noch als er Student war. 😉
Das eine muss das andere nicht ausschließen. Er ist noch kein Testfahrer, das wird noch ein paar Jahre dauern, aber zumindest ist er seinem Traumberuf einen Schritt näher gekommen.
Ich habe leider keine technische Ausbildung gemacht. Als ich jünger war lagen die Interessen woanders.
Die Zwei-Klassen-Gesellschaft bei Testfahrern muss man leider bestätigen.
Variante 1, der Vollzeit-Testfahrer:
Als Zugangsvoraussetzung ist oft eine technische Ausbildung gefragt, aber es machen auch angelernte Kräfte.
Der Job taugt für Leute die ihr Mitdenken am Tor zur Teststrecke abgeben können.
Es werden Runden um Runden nach strengen Testplänen gedreht, Eigeninitiative wird nicht gefragt, das ganze im Mehr-Schicht-Betrieb und unterbezahlt über verschiedenen Subunternehmen.
Wer den Job macht, ist nicht zu beneiden und sitzt die Hälfte der Zeit hinterm Steuer, exakt vorgegeben fahrend und die andere Hälfte werden die Auffälligkeiten notiert, wobei eigenen Lösungen nicht gefragt sind.
Es wird bei diesen Fahrern ausgenutzt, das viele Leute eine unrealistische Vorstellung von coolen Testfahrern haben und sich dann für Dumpinglöhne in einen verdammt eintönigen Job stecken lassen.
Variante 2, der Ingenieur-Testfahrer:
Zugangsvoraussetzung ist hier ein technisches Hochschulstudium und erste Ergebnisse in der Fahrzeugentwicklung.
Die Ingenieure kommen zur Teststrecke um Lösung auf Basis der eingefahrenen Meldung der einfachen Testfahrer zu entwickeln . Sie testen sehr frei und nach eigenem Willen und führen das Feintuning ihrer speziellen Entwicklung durch. Die meisten Ingenieure der Entwicklungsabteilungen der Autohersteller gönnen sich den Spaß ab und an und bekommen dazu vom Arbeitgeber ein Fahrertraining bezahlt.
Wer mit "Popometer" erproben will und wirklichen Einfluss auf das zukünftige Auto nehmen möchte, kommt nur bei absoluten Ausnahmen an diesem klassischen Ingenieurweg vorbei.
Sonderlich guter Fahrer muss man hier auch nicht sein, es reicht, dass man an der Entwicklung beteiligt ist. Die Automobilhersteller nutzen diese sehr freien Testfahrten auch als Möglichkeit, dass der Entwickler sein eigenes Produkt kennt und Weiterentwicklungspotenziale in der Praxis sieht.
Die Testfahrer die ich kenne und an der Entwicklung direkt beteiligt sind, haben meist eine Lehre und ein Studium hinter sich. Keiner hat sich bisher beklagt, dass der Job kein Spaß machen würde (eher wird geschwärmt). Dennoch kommt zeitweise Zeitdruck auf, wie in jeden Job halt.