Mercedes 500/540 K Spezial Roadster: Spende

Ein Mercedes gegen Krebs und Alzheimer

Constantin Bergander

verfasst am Wed Jul 23 16:00:25 CEST 2014

Bei diesem Mercedes schnalzen Sammler mit der Zunge: Der fast perfekte 500 K Spezial Roadster kostet mehrere Millionen Euro. Doch der Verkäufer verzichtet auf sein Geld.

Mittlerweile trägt der Spezial Roadster roten statt grauen Lack
Quelle: Bonhams

Stuttgart – Ein kleiner Blechschaden veranlasste den Berliner Anwalt Dr. Alfons Sack, seinen Mercedes 500 K "Spezial Roadster" wegzustellen. Es war nicht viel passiert, das Blech war etwas eingedrückt und der Tankdeckel soll nicht mehr auffindbar gewesen sein. Doch der Zweite Weltkrieg hatte gerade begonnen und Sack wollte seinen automobilen Schatz absichern. Er verwahrte sein graues Cabriolet mit den schönen Chromleisten und dem „Wasserfall-Grill“ auf seinem Grundstück in Landsberg.

Der Mercedes hatte einen Auffahrunfall hinten rechts. Dabei soll der Tankdeckel abhanden gekommen sein
Quelle: Bonhams
Sack kehrte jedoch nie wieder zu seinem Auto zurück: Er verstarb ein Jahr vor Kriegsende in Brandenburg. Er wurde berühmt, weil er 1933 die vermeintlichen Brandstifter des Reichtags vor Gericht verteidigte. Später leistete er Schlägern der NSDAP rechtlichen Beistand. Er selbst soll unpolitisch gewesen sein, heißt es.

70 Jahre nach seinem Tod schreibt Alfons Sack erneut eine Schlagzeile: sein Mercedes 500 K von 1934 unterstützt ab sofort die Krebs- und Alzheimerforschung.

Ungewöhnliches Puzzle: Vom Tankdeckel zum Auto

Der Reihe nach: Der schwedische Oldtimer-Experte Birger J. Nilssen fand Anfang der 1970er-Jahre ein ungewöhnlich schönes Stück Altmetall. Er ordnete den Tankdeckel einem Vorkriegs-Mercedes zu wollte fortan mit seinem Partner Alf Johannsson schöne Oldtimer finden.

Unter der Haube: Ein Reihen-Achtzylinder mit Kompressor, der "Fußgängern Angst einjagt"
Quelle: Bonhams
Auf dem Weg nach Tschechien reisten sie auch durch Posen. Dort, unweit von Sacks Landhaus, bot ihnen eine Familie einen sorgfältig zerlegten Mercedes an. Dieser habe nur auf die Restauration gewartet, berichten die beiden später. Er sei sogar fast komplett gewesen – nur der Tankdeckel habe gefehlt.

Mercedes 500 K mit 540 K Motor

Nach einer 20-jährigen Restauration erstrahlte der Mercedes von Neuem. Der Mercedes-Experte Jan Mellin, bekannt für sein enormes Wissen über Vorkriegsmodelle aus Stuttgart, half mit seiner Expertise. Er fand heraus, dass es sich bei dem Auto mit der Chassis-Nummer „105136“ um den sechsten produzierten Mercedes 500 K handelt. 1934 verkauft an Alfons Sack. Der Neupreis lag bei rund 15.000 Reichsmark.

Sacks Mercedes 500 K in den 1930er-Jahren mit Chromabdeckungen auf den Reserverädern
Quelle: Bonhams
Ursprünglich war der Spezial Roadster in „Speedgrau“ lackiert. Einige Jahre nach dem Kauf schickte Sack sein Auto zurück ins Mercedes-Werk Sindelfingen und ließ den Motor und die Haube des stärkeren 540 K nachrüsten. Der leistete 180 PS aus 5,4 Litern Hubraum, 20 PS mehr als der 5,0-Liter-Basismotor. Mittlerweile trägt der Mercedes einen roten Lack.

3,1 Millionen Euro gegen Krebs und Alzheimer

Tester schwärmten seinerzeit vom Kompressor-Mercedes: „Auf normalen Straßen erschrecken die Passanten, wenn man diesen Wagen mit aufheulendem Motor bewegt, daher ist es ratsam, sich eher einen gesitteten Fahrstil anzugewöhnen, obwohl dieses Automobil auch um Kurven fahren kann – und zwar sehr schnell". Damals wie heute ist er ausgesprochen selten – nur 354 Exemplare wurden insgesamt gebaut.

Bonhams schätzte den Verkaufspreis des restaurierten Sack-Mercedes auf 3,6 bis 5,8 Millionen Euro. Bei einem Gebot von 3.105.000 Euro fiel am 12. Juli 2014 der Hammer. Nach 40 Jahren wechselt der restaurierte 500 K erstmals wieder den Besitzer. Der Erlös geht jedoch nicht an den bisherigen Eigentümer, sondern wird an den Krebsfond Schweden und die Schwedische Alzheimer Stiftung gespendet. Wer der spendable Anonymus ist und warum er sich diese Organisationen ausgesucht hat, ist nicht bekannt.

 

Quelle: MOTOR-TALK

180 Kompressor-PS: Im Mercedes 500 K steckt der Motor eines 540 K
Quelle: Bonhams
Leider nicht dabei: Verchromte Ersatzrad-Abdeckungen
Quelle: Bonhams
Der Mercedes hatte einen Auffahrunfall hinten rechts. Dabei soll der Tankdeckel abhanden gekommen sein
Quelle: Bonhams
Restauriert bis ins Detail: Mercedes 500 K Spezial Roadster von 1934
Quelle: Bonhams
Laut Bonhams sind alle Teile original oder gleichwertig
Quelle: Bonhams
Die Instrumente des Mercedes sitzen zentral
Quelle: Bonhams
Unter der Haube: Ein Reihen-Achtzylinder mit Kompressor, der "Fußgängern Angst einjagt"
Quelle: Bonhams
180 PS aus 5,4 Litern Hubraum bei gut 2,3 Tonnen Gewicht
Quelle: Bonhams
Der Roadster wurde in Sindelfingen gebaut und später getunt
Quelle: Bonhams
Liebevoll restauriert: Plaketten
Quelle: Bonhams
Unter den Rückleuchten saßen einst die Kennzeichen
Quelle: Bonhams
Größerer Kühler: "Wasserfall-Grill"
Quelle: Bonhams
Sacks Mercedes 500 K in den 1930er-Jahren mit Chromabdeckungen auf den Reserverädern
Quelle: Bonhams
Damals wie heute: Schriftzüge auf den Einstiegsleisten
Quelle: Bonhams
Sack ließ Motorhaube und Motor seines 500 K gegen Teile des stärkeren 540 K tauschen
Quelle: Bonhams
Gefunden in einer amerikanischen Zeitung: Ein Foto des Sack-Mercedes
Quelle: Bonhams