Peugeot RCZ: Test
Ein Österreicher in Berlin
Man kann zu Peugeot eine Meinung haben. Und zu Sportwagen eine andere. Man kann sogar denken, beides passt nicht. Aber das denkt unser Autor nach dem RCZ-Test nicht mehr.
Der Peugeot RCZ fiel schon immer aus dem Rahmen seiner Brot-und-Butter-Brüder. Franzose ist der RCZ nur im Geiste, denn zusammengeschraubt wird er in Österreich, bei Magna Steyr. Ein kurzes Coupé mit Schwung, ein bisschen leicht, ein bisschen überflüssig. Drei Buchstaben grenzen ihn von den spaßfrei durchnummerierten 107, 208 und Co ab. Wie schön, dass daran auch das Facelift nichts ändert.
Blech und Form
"Das ist ja ein schönes Auto“, sagt meine Freundin. Sie hat Geburtstag, und der Peugeot RCZ bringt uns in die Stadt, in ein feines Restaurant. Schönheit liegt im Auge der Betrachterin. Unstrittig ist: Der RCZ fällt auf, wenn er breit und gedrungen am Bordstein kauert. Vorn ein langer Überhang mit frisch gelifteter Nase, hinten ein kurzer Überhang mit breitem Po. Durchschnitt geht anders. Fand auch der Oldtimer-Club Ledorga, der den kleinen Peugeot 2011 zum "European Gay Car 2011" wählte.
Koffer und Raum
Wir sinken ins 1,36 Meter flache Coupé hinab. Ja, andere sind flacher – sportlich fühlt sich der Einstieg trotzdem an. Dieser Franzose hat das Cockpit schön, dank Vollleder-Paket für 3.250 Euro. Sehr schön sogar: Materialien und Verarbeitung gefallen auch beim zweiten Hinsehen, viele Details offenbaren die Liebe zum schönen Raum. Neu im Vergleich zum Vorgänger: Alu-Zierrat, Ledereinsätze an den Türen und der geschmackvoll lackierte Schaltknauf. Die Pracht endet leider abrupt an der Plastikkante hinter den sportlichen Liegesitzen. Aber wer auf der besseren Ablage namens Rückbank sitzen will, hat sowieso nichts zu lachen.
Kraft und Quelle
Kalt ist es auf den Straßen der Hauptstadt, die Fenster des RCZ sind geschlossen. Der Meister des schönen Scheins lockt mich auf den Holzweg: Um diesen Diesel zweifelsfrei als Diesel zu erkennen, muss man schon mit offenem Fenster an der Ampel stehen, oder in die Papiere schauen. Kein Nageln belästigt die Passagiere, nur das heisere Röhren der klangoptimierten Abgasanlage orchestriert das erotische Pfeifen des Turboladers. Gut, dass es den Fehlbetankungsschutz gibt.
Fahr und Spass
Trotzdem könnte man drauf kommen, dass dieses Sportcoupé einen Dieselmotor trägt. Auch, wenn Peugeot die Passagiere seit dem Facelift mit einer besonders schallschluckenden Frontscheibe verwöhnt. Schon im Drehzahlkeller schiebt das Drehmoment uns schneller als erwartet auf die Ampel zu. Ein kräftiger Tritt motiviert den Turbolader zum Mitschieben, und dann liegt sie auch schon hinter uns, die Kreuzung. Das Schalten wird zur angenehmen Nebensache, dank kurzer Wege und präziser Führung.
Null bis 100 Kilometer pro Stunde in 8,7 Sekunden – das klingt nicht nach viel. Fühlt sich aber trotzdem gut an. Der RCZ hängt prima am Gas, dreht gern auf und bleibt dabei so angenehm im Klang, dass ich noch mal nachlese: Tatsache, auch in der Zulassung steht „Diesel“.
Wer schon mal seine Plomben in einem echten Männersportwagen verloren hat, der hält diesen Peugeot vielleicht für verweichlicht, denn er pflegt einen sehr französische Charakterzug: Den Komfort. Unisex-tauglich beweist der RCZ, dass sportlich-direktes Handling nicht bedeuten muss, dass nach jedem Schlagloch der Bandscheibendoktor mahnend guckt. Spaß ohne Schmerz, dieser Franzose weiß, wie es geht.Auch beim Tanken (an der richtigen Säule) hält sich das Leid in Grenzen. 7,5 Liter auf 100 Kilometer können es schon werden. Weniger geht sicher auch, aber mal im Ernst: Wer bei diesem knackig-kleinen Coupé nur vernünftig fährt, der fährt lieber was anderes.
Ende und Urteil
Vielen Autos sieht und fühlt man an, dass sie in der Buchhaltung entstanden sind. Mutlos gedacht und dann zu Tode rationalisiert. Manche Autos sind anders. Ihnen fühlt man an: Hier will der Hersteller zeigen, was er wirklich kann.
So ein Auto ist der Peugeot RCZ. Innenraum, Design, Fahrwerksabstimmung und Klangkulisse verraten eine Liebe und Sorgfalt, die in dieser Klasse nicht selbstverständlich ist. Chapeau, Peugeot – eine echte Überraschung!
Update: Hier gibt es Neuigkeiten zum Peugeot RCZ.
Peugeot RCZ 2.0 HDi FAP 160: Technische Daten
- Motor: Zweiliter-Turbodiesel
- Getriebe: manuelles 6-Gang-Schaltgetriebe
- Leistung: 163 PS
- Drehmoment: 340 Nm
- Verbrauch (NEFZ): 5,3 Liter/100 km
- CO2: 139 g/km
- 0 – 100 km/h: 8,7 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 225 km/h
- Länge x Breite x Höhe: 4,29 m x 1,85 m x 1,36 m
- Leergewicht inkl. Fahrer: 1.486 kg
- Kofferraum: 321 bis 639 Liter
- Grundpreis: 28.150 Euro; Grundpreis dieser Motorisierung: 30.650 Euro; Testwagenpreis: 35.870 Euro
Ein wirklich toller Wagen. Aufregend anders und doch bezahlbar.
Der VW-Porsche kommt heute aus Frankreich und heißt Peugeot RCZ.
Nett geschriebene Story.
Dazu meine absolute Zustimmung. Sehr treffend ausgedrückt.
Leider wäre es andersherum besser. Lange vordere Überhänge nehmen so einem Fahrzeug viel von der Dynamik. Umgekehrt wäre es besser. Sportwagen- und Coupe-Merkmale waren früher eine lange Motorhaube und ein kurzer Überhang. Da saß die Frontscheibe noch nicht über der Vorderachse.
Trotzdem ein wohltuend aus dem Einerlei herausstechendes Modell.
Wird der RCZ tatsächlich in Deutschland verkauft? Genauso exotisch wie ein Ferrari, daran wird auch die Nasen-OP nichts ändern.
Bei den schweren PSA Problemen wirklich erstaunlich, das er nicht ersatzlos eingestellt wurde. Ein preiswerter Hingucker, der dann doch nicht gekauft wird, sondern lieber das "Original": für das Geld ein gebrauchter Audi TT.
Ein wirklich schöner Wagen.
Das einzige was mich stört ist dieser "Peugeot" Schriftzug unter dem Logo.
Wenn Sie es schaffen das Ding rot zum leuchten zu bringen, hat Michael Knight einen neuen Kitt!
Grüße!
Naja, TT. Sicherlich auch ein schönes Auto, aber warum keinen RCZ... den fährt schließlich nicht jeder, das ist die positive Kehrseite. Und für mich eine angenehmere Optik, auch von vorn.
Und den 163 PS Motor bin ich schon eine Weile gefahren, sehr angenehm.
Ich find ihn gut. Nein, zur Zeit brauche ich keinen.
cheerio
Bei dem Statement: "Ein Österreicher in Berlin" denke ich an etwas ganz anderes😕😊
Ich glaube das liegt auch eher an dieser "weiblichen" Form. Der TE hat es ja schon erwähnt: Gay Car 2011. 😉 Denke mal, das dürfte auch viele abschrecken, auch wenn der wirklich gut verarbeitet ist und wahrscheinlich auch spaß machen kann. Ich sehe auch selten einen Kerl in einem SLK.^^
Für mich wäre sowohl der RCZ als auch der TT nix. Aber ich falle sowieso aus dem Raster der normalen Autokäufer raus. Bei mir muss es wirklich kompromisslos sportlich sein. Autobahn finde ich nicht so wichtig. Hauptsache wenig Gewicht und der geht gut ums Eck und hat nicht den ganzen Schnickschnack an Bord. Toyota GT86 gefällt mir da schon eher (wobei ich das Design grenzwertig finde).
Wenn ich mich zwischen RCZ und TT entscheiden MÜSSTE, weil man mich sonst tötet, oder sonst was, würde ich mich für den TT entscheiden. 😆
Aber auf garkeinen Fall einen Diesel! Das gehört in so ein Auto nicht rein!
@bronx:
Zum Thema Überhang:
Das hat konstruktive Ursachen, die im Frontmotor-Frontantriebs-Layout zu finden sind. 😉
😆😆😆😆
Jepp, der ist gut 😉
Gern geschehen 😆😆
Das ist mir bekannt, danke😉 Nur macht es das nicht schöner😆 Da gibt es bessere Lösungen.
Gruß
Volle Zustimmung.
Wirklich hübscher Franzose..meine Frau hat mich gleich nach dem gefragt, als sie die Werbung dazu im Fernsehen sah. Nur leider passen die Motorisierungen nicht ganz zum Sportwagenanspruch: Denn da wo der RCZ leistungstechnisch aufhört, fangt der TT (dank der S und RS-Versionen) erst an...
Ich sehe den recht regelmäßig und gar nicht sooo selten.
Gefällt mir gut.