30 Jahre Renault 19
Ein Renault, der richtig abräumte
Mit dem R19, dem letzten Renault mit einer Ziffer am Heck, machten die Franzosen alles richtig. Egal ob Schräghecklimousine oder Cabriolet, der Renault 19 war ein Siegertyp.
Köln - Dem R19 gelang etwas, das nur wenige schaffen: Er verkaufte sich phasenweise besser als der Konkurrent VW Golf - in Deutschland. Das war kurz nach der deutschen Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern.
„Der VW Golf war unser Vorbild, das es zu schlagen galt“, wurde bereits bei der Pressevorstellung des Renault 19 kommuniziert. Große Worte, aber es klappte. In Testberichten der Fachpresse und teilweise sogar bei den Verkaufszahlen. Allein in Deutschland wurden 1989 bis 1995 über 460.000 Fahrzeuge zugelassen, vier Jahre in Folge war der Renault 19 das meistverkaufte Importauto.
Ein Titel, den er erst zu Zeiten der Abwrackprämie an den Skoda Fabia abgab. Weltweit lieferten neun Werke den Renault 19 aus, insgesamt wurden 3,2 Millionen gebaut.
Der Weg dahin war nicht leicht für Renault. Kleinwagen wie R4 und R5 waren vielfache Produktionsmillionäre, und ab 1984 hatte man mit dem Renault 25 sogar ein Erfolgsmodell in der gehobenen Mittelklasse. In der Kompaktklasse klappte es dagegen nicht. Der kurios geformte Renault 14 von 1976 konnte sich ebenso wenig durchsetzen wie der Renault 11 von 1983.Giugiaro setzt sich durch
Entsprechend motiviert ging Renault in die Entwicklung des Nachfolgers mit dem Prototypencode X-53. Die frühen Entwürfe für den Renault 19 – der von manchen Medien als Renault 13 angekündigt worden war – stammten vom Hausdesigner Alain Jan, das endgültige Konzept kam 1985 vom Italiener Giorgetto Giugiaro. Giugiaros Formen überzeugten die soeben erneuerte französische Konzernführung – George Besse hatte den bisherigen Renault-Präsidenten Bernard Hanon abgelöst. Giugiaro hatte bereits den Golf I gezeichnet, durfte jedoch beim Golf II nicht mehr mitwirken.
Fast zwei Milliarden Mark hat der Renault 19 gekostet, als er im Sommer 1988 endlich auf den Markt kam. In Deutschland dauerte es ein halbes Jahr länger. Denn vor der hiesigen Markteinführung setzte Renaults neuer President Levy eine Revolution um, die er zuerst am französischen Markt testen wollte: Der R19 sollte nach japanischen Qualitätskriterien produziert werden.
Qualität wie aus Japan
Dazu setzte Renault auf die Kompetenz eines eigenen Instituts für Qualität. Tatsächlich erwiesen sich die Japaner als gute Lehrmeister. So konnte sich der Renault 19 in Qualitäts- und Pannenstatistiken weit besser platzieren als seine Vorgänger. Schon das Exterieurdesign mit präzisen Spaltmaßen und ein hochwertiges Interieur ohne französisches „Laissez-faire“ verblüfften - und sorgten dafür, dass die Kunden bereitwillig die hohen Preise des Renault 19 bezahlten.
Zum Kassenknüller wurde der Renault 19 aber auch durch andere Faktoren. Spritzige, durchzugsstarke und sparsame Benziner begeisterten Presse und Publikum - mehr als mancher Golf-Motor, dem der Renault in einigen Vergleichstests Paroli bieten konnte. Hinzu kam das große Gepäckabteil, mit asymmetrisch umklappbarer Rücksitzlehne - heute selbstverständlich, damals hoch innovativ.
Renault: Vorreiter im Osten
Sogar den Golf GTI attackierte Renault, mit dem 135 PS starken und über 210 km/h schnellen Renault 19 16V (ab Herbst 1989). Und pünktlich zum Mauerfall folgte die Stufenhecklimousine Renault 19 Chamade: Stufenhecks waren (und sind) im früheren Ostblock beliebt. Kaum war die Mauer am neunten November 1989 gefallen, begann Renault mit dem Aufbau eines Vertriebs- und Servicenetzes in der DDR und sicherte sich einen Vorsprung, den die meisten Konkurrenten erst allmählich aufholten.
Noch eine Karosserieversion verankerte den Renault 19 im Bewusstsein der deutschen Kunden: Im Oktober 1991 folgte das Renault 19 Cabrio. Die Rohkarosse baute Karmann in Osnabrück, die Endmontage übernahm das Renault-Werk Maubeuge. Im Unterschied zu Ford Escort, Opel Kadett und VW Golf verzichtete der Frischluft-Renault auf einen feststehenden Überrollbügel - optisch ein unschlagbarer Vorteil.Heute eine Rarität
Erstmals seit 1979 erreichte Renault jetzt in Deutschland wieder einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent. Auch auf dem französischen Heimatmarkt ging es dank des R19 steil nach oben.
Nach fünf Jahren war der R19 noch frisch. Ein Facelift im Jahr 1992 genügte, bis nach sieben Jahren der Nachfolger Mégane bereitstand. Der wurde, weltweit gesehen, zu einer noch größeren Erfolgsgeschichte. Initiiert vom Renault 19, der das Image der Marke massiv poliert hatte. Was den R19 jedoch wie alle Massenmodelle nicht davor bewahrte, am Ende verbraucht, verschlissen und vergessen zu werden. Nur noch fünf Prozent aller in Deutschland verkauften Renault 19 sind noch beim KBA registriert.
Chronik: Renault 19
- 1983: Unter der Codenummer X-53 beginnt die Entwicklung des Nachfolgers von Renault 9 und 11
- 1984: Die ersten Designstudien werden im November vorgestellt
- 1985: Giorgetto Giugiaro präsentiert die entscheidenden Entwürfe für den Renault 19
- 1988: Im Mai feiert der 4,16 Meter lange Fünftürer Premiere. Für Europa wird der Renault 19 in den Werken Douai, Maubeuge, Valladolid und Setúbal produziert
- 1989: Markteinführung in Deutschland. Auf der Frankfurter IAA debütiert die Stufenhecklimousine Renault 19 Chamade (deutsch: „Herzflimmern“). Sportliches Spitzenmodell wird der anfangs ausschließlich dreitürige Renault 19 16V
- Nur einen Monat nach dem Fall der Mauer beginnt Renault mit dem Aufbau eines Vertriebs- und Servicesnetzes in der damaligen DDR
- 1991: Im Oktober erlebt das Renault 19 Cabrio seine deutsche Markteinführung
- 1992: Im Juni gründliches technisches und optisches Facelift für alle Renault 19
- 1993: Der Renault 19 Chamade erhält in Deutschland die Bezeichnung Renault 19 Bellevue nach dem Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten
- 1994: Im Herbst entfällt die 58-PS-Motorisierung aus dem deutschen Lieferprogramm
- 1995: Der Renault Mégane ersetzt im Herbst den Renault 19
- 1997: Ablösung des Cabriolets
- 2001: Einstellung der Produktion in Südamerika
Gefiel mir, speziell als Cabrio, besser wie alle seine Nachfolger😊. Wobei der Nachfolger noch ging, der Nachnachfolger war grauslich. Der aktuelle ist bis aufs Cabrio aber wieder recht fesch.
ein Renault macht keinen froh… 😆
Ach ja, der R 19 ... war ein prima Auto. Schön, dass er hier mal gewürdigt wird.
Ich hab gleich kurz nach der Deutschland-Premiere einen gekauft ... im April 1989 einen 5-türigen GTR mit 1,4 Ltr.-Motor/59 PS in hellblau-metallic. Direkt vom Hof des Händlers, da mein damaliges Fzg. einen Unfallschaden hatte. Angenehmes und zuverlässiges Fahrzeug ... mein Vater hat zur gleichen Zeit ein dunkelgrünen TXE gekauft, der auch gern und viele Jahre gefahren wurde. Wahrscheinlich die Fzge. von Renault, die wir in der besten Erinnerung behalten haben. Und wir hatten etliche in der Familie (R 5, R 11, R 21, Laguna, Scenic, einen Megane und einen Clio noch heute) .... und enttäuscht waren (bzw. sind) wir von keinem ....
Sonntagsgruss ... Martin
Reno macht keinen froh-Au weh, ein VW😆
😎😎😎
Da kommen Erinnerungen hoch... war mein "Fahranfängerauto" - Renault 19 1.8 (75PS) Phase II.
Kann nichts negatives über den R19 sagen - sehr schönes und zuverlässiges Auto !!! 😉
Das sind dann die Sprüche von den Neidern, die sich kein richtiges Auto leisten können - und das meine ich nicht unbedingt finanziell 😉
Ernsthaft: Ich fand den R19 schon nicht übel. Er besticht durch große Zuverässigkeit, Robustheit und auch der Rost hat dort wenig Chancen. Ich habe im Jahre 2005 ernsthaft über die Anschaffung eines R19 nachgedacht.
Genial: Die Ölstandsanzeige im Cockpit.
Beim R19 sehe ich genau zwei Probleme. Zum Einen beichen die Rückleuchten (insbesondere von vor dem ersten Facelift) im Alter oft aus, das läßt sich allerdings recht leicht beheben.
Das andere Problem betrifft die Eigner seltener, ist dafür aber deutlichgravierender: Zum Kupplungswechsel muß der Motor fast ausgebaut werden. Meine Werkstatt veranschlagt für den Kupplungswechsel 8 Arbeitsstunden. Nicht wenige R19 dürften trotz ansonsten gutem Zustand wegen einer verschlissenen Kupplung auf dem Schrott gelandet sein. Einer davon ist mir persönlich bekannt.
Ich hab schon lange keinen mehr gesehen, dabei waren die vor 10-20 jahren hier vielfach vertreten.
btw: die 30 jahre sind aber etwas übertrieben, den R19 gibts erst 25 Jahre, fürs H-kennzeichen reichts also noch nicht ;-)
Na ja ein Brot und Butter Wägelchen mit klappernden Steuerkettchen und massig DSG Problemen aber noch weniger 😆😉
Renault hatte mit dem R19 und mit dem Megane I sehr vieles richtig gemacht,war damals in Ostdeutschland sehr beliebt.
Dann wurde Renault übermütig und hat mit grausamen Design beim Megane II ab 2002 fast alles zerschlagen, mit der Qualität waren viele vorher schon nicht zufrieden. Jetzt kommt Renault langsam wieder, aber Hyundai/ Kia sind mittlerweile mindestens gleichwertige Konkurrenten mit besseren Garantien.
Der R 19 hat ein zeitloses Design und sieht auch heute nicht angestaubt aus. Das ist bei seinen Nachfolgern teilweise doch erheblich anders.
Herzlichen Dank!
In der Tat ein sehr schöner Artikel, über den ich mich sehr freue. Wir haben den R19 immer gut verkauft, und die meisten Kunden waren mit ihm über lange Zeiträume sehr zufrieden. Bei den Fahrzeugen stimmte das Verhältnis von Preis und Leistung einfach. Man bekam ausgereifte Technik, soliden Nutzwert und gute Qualität in attraktiv-zeitgemäßer Hülle und das zum sehr fairen Kurs. Der R19 ist einfach zeitlos - ein Auto, das man immer wieder antreffen wird. Danke für diesen wunderbaren Bericht!
Für Renault war der R19 das Auto, auf das man Ende der 80er-Jahre alle Hoffnungen setzen musste. Die Modellpalette war unattraktiv. Renault ging es damals schlecht. Die fetten Jahre waren einfach vorbei, und die Modellpalette entwickelte sich langsam, aber sicher zum Problemfall. Die Autos waren preiswert und vom Gegenwert her gut, aber veraltet und bis auf den R21 und den R5 kaum konkurrenzfähig.
Das Problem mit der Modellpalette von Renault vor 1988/1989 war für viele Händler auch ein Problem; Stammkunden griffen zu, aber die waren irgendwann versorgt, und Neukunden sprach man mit Autos wie den R9/R11 kaum an. Unter anderem wurden damals einige der vorher recht vielen deutschen Renault-Werksniederlassungen in private Großbetriebe umgewandelt. Das war sicher auch der Fall, weil die Modellpalette der Kompaktwagen vor 1988/1989 problematisch war und sich außer echten Stammkunden kaum jemand einen R11 oder R9 gekauft hat.
Der veraltete R4 war nach langen Jahren im Dauererfolg mehr Kultobjekt und Liebhaberstück geworden; wer den 1988 herum tatsächlich als Neuwagen kaufte, tat das nicht, weil er sich nicht mehr leisten konnte, sondern weil er ein echter Fan war, der den R4 liebte und nach Möglichkeit noch ein anderes Auto zur Verfügung hatte. Die „neuen Wilden“ in der Kompaktklasse waren 1988 eher zahm und bissen sich ihre Zähne an den Konkurrenten aus; die sogar 1987 nochmals modellgepflegten R9 und R11 begeisterten kaum mehr: Das waren zwar ausgereifte und solide Autos, aber unattraktiv – es gab inzwischen modernere Alternativen, zudem hatte es Renault bis Mitte ’88 noch nicht geschafft, alle seine Kompakten mit G-Kat auszurüsten. Der neue R21 verkaufte sich hingegen ganz gut und hatte sich mit französischem Chic einen festen Platz in der Mittelklasse neben Ford Sierra und Audi 80 erarbeitet, und der große R25 verkaufte sich besser, als man es heute im Zusammenhang mit großen Ausländern sich erdenken könnte. Auch der Rapid ging gut, aber das waren eben die Modelle, an denen kaum verdient wurde. Der R5 war damals der erfolgreichste Renault, aber eben auch ein im Grunde steinaltes Auto. Als Hoffnungsträger warf man den R19 auf den Markt – er hat Renault gerettet, und in den frühen 90er-Jahren erreichte die Marke ihren qualitativen Höhepunkt endgültig. Autos wie der R19 sind zeitlos gut und haben Renault zu dem gemacht, was man heute ist.
Leider wurde die wirklich hervorragende Renault-Qualität der 90er-Jahre mit dem Modellwechsel auf die zweiten Generationen von Laguna (2000/2001) und Mégane (2002/2003) kurzzeitig erheblich schlechter; erst ab dem Baujahr 2004 gilt ein Renault auf dem Gebrauchtwagenmarkt wieder als interessant.
Heute ist der R19 immer noch sehr empfehlenswert. Es gibt noch gute Exemplare, die grundsätzlich eine Empfehlung wert sind. Natürlich hat man dann einen mindestens siebzehn Jahre alten Gebrauchtwagen mit in der Regel einigen Gebrauchsspuren, aber Pech haben kann man auch mit einem Neuwagen, und es gibt bestimmt risikoreichere Niedrigpreis-Fahrzeuge als einen gepflegten R19 Phase II, der im besten Fall 73 oder 88 PS hat, einen Fahrerairbag und ABS an Bord, eine höherwertige Ausstattung wie "Elysée" mitbringt (dann hat er Kassettenradio, Zentralverriegelung mit Fernbedienung, elektrische Fensterheber vorn und Velourspolsterung) und aus erster Hand mit Scheckheft und 120.000 Kilometern vielleicht 800 bis 1000 Euro kostet. Das sind gute, dankbare und technisch beherrschbare Autos. Schauergeschichten über die angebliche Unzuverlässigkeit sind Unfug; wir alle wissen, dass in diesem Fahrzeugalter Mängel rein verschleiß- oder auch pflegebedingt sind.
Vom Renault 19 gibt es heute noch zwei Zustandsgruppen: Sehr gut und sehr schlecht. Der „durchschnittlich erhaltene“ Wagen ist quasi ausgestorben. Entsprechende Mängel, die er haben kann, sind rein pflegeabhängig – der Fahrer hat mit seiner Art des Umgangs mit dem R19 viel selbst in der Hand. Es empfehlen sich in erster Linie sehr gepflegte Erste-Hand-Exemplare mit erkennbarer Scheckheft-Vergangenheit und frischem TÜV – die, was uns freut, selten mehr als 1.000 Euro kosten, meist mangels Nachfrage und begünstigt durch den schlechten Ruf älterer Franzosen sogar deutlich weniger. Ist erst einmal ein gepflegter R19 aufgetrieben worden, hat man hier einen günstigen und zuverlässigen Begleiter, der im Alltag wenig Überraschungen bieten wird. Emotionen löst dieser Franzose eher nicht aus, aber muss er das überhaupt? Ein anspruchsloser Alltagsbegleiter, der einfach nur seinen Dienst nach Vorschrift tut, ist doch auch schon was wert!
Hier ist eine Kaufberatung von mir für diesen wunderbaren Renault-Klassiker!
Der R19 war ein gutes Auto, sozusagen der französische Golf2. Wir hatten einen 2Türer mit 58PS. Das einzigste was nennenswert gestört hatte war die kurze Sitzauflage und teilweise nicht entgratete Kunststoffe in Seitenfächern etc. Die Sitze entsprachen nicht dem gängigen Vorurteil und waren schön straff gepolstert. Ansonsten problemlos zu fahren, komfortabel, zuverlässig und mit gutem Platzangebot. Ca. 6-8 Jahre später mußte er allerdings weg da er zu viel Wasser verbraucht hat (Zylinderkopfdichtung vermutl. oder Riß) und ein R19 16V Phase 2 lockte 😉.
Der fuhr dann auch noch mehrer Jahre ohne Probleme. Außer daß man beim Lichtmaschinentausch schon erheblich mehr auseinanderbauen mußte weil der 16V Motor so viel Platz in Anspruch nahm.
Edit: Einmal Wärmetauscher für die Heizung war auch mal fällig. Natürlich im Winter. Und einmal einen Defekt am ABS-System (Valeo?) welches nur durch ein gute freie Werkstatt günstig behoben werden konnte. Wenn man auf die Bremse tritt und es passiert nichts ist das kein gutes gefühl. Wenn ich mich Recht erinnere hatten spätere Baureihen ein Bosch ABS-System.
Ich kann mich erinnern wie wir für ein paar Wochen einen 19er mit 1,9l Saugdiesel hatten.
Für damalige Verhältnisse war die Maschine ein sehr ruhiger angenehmer Geselle.
Ein Bildschöner Wagen, einige Gene finden sich auch noch in meinem Coach. 😊 Ziehe ich, zumindest aus diesen Baureihen, jedem Golf vor.
Schöner Artikel, danke dafür MT.