Recht: Haftungsfrage bei einem Unfall nach Reflexhandlung
Eine Schreckreaktion ist keine bewusste Handlung
Ein Autofahrer muss für die von seinem Pkw ausgehende Gefahr haften – sogar dann, wenn er möglicherweise gar nichts für einen Unfall kann.
Karlsruhe - Vom Auto geht eine gewisse Gefahr aus, für die der Fahrer haften muss. Das gilt in bestimmten Fällen sogar, wenn ein Fußgänger unmotiviert vors Auto springt, hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.
Weil ein Hund sie erschreckt hatte, war eine 15-Jährige reflexartig auf die Fahrbahn ausgewichen und wurde dabei vom Rückspiegel eines vorbeifahrenden Autos erfasst. Das Mädchen stürzte, geriet mit dem Knöchel unter den Reifen des Autos und brach sich das Bein. Der Autofahrer war der Meinung, er müsse weder Schadenersatz noch Schmerzensgeld zahlen, schließlich sei das Mädchen regelrecht auf die Fahrbahn gesprungen. Er habe nichts tun können, um den Unfall zu verhindern.
Der OLG befand, die Jugendliche habe den Unfall durch den Schritt zur Seite zwar mitverursacht, das müsse in dieser Situation allerdings nicht berücksichtigt werden: „Dieser Reflex war keine bewusste Handlung und kann deshalb auch keine rechtlich nachteiligen Konsequenzen für die 15-Jährige haben", erklärt Rechtsanwältin Jetta Kasper von der Deutschen Anwalthotline.
Der Fahrer könne zudem nicht beweisen, dass er alles richtig gemacht habe, so das Gericht. Beispielsweise sei nicht klar, ob er den nötigen Seitenabstand eingehalten hat, als er die Fußgängerin überholte. In jedem Fall gehe die Gefahr in einer solchen Situation vom Auto aus, deshalb müsse der Fahrer für den Schaden aufkommen. (Az. 9 U 9/14)
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irgendwie werden mir Dashcams immer weiter symphatischer. Anders bist du ja immer der Depp.
So ist es, und ich hoffe dass da endlich mal klipp und klar geregelt wird dass Dashcams bei Unfällen ausgewertet werden dürfen und dass solange die Videos nicht im Netz landen die Benutzer nichts zu befürchten haben...
Puhhhh !!!
Ich will nicht wissen wie der ganzen Verfahrensablauf / Sachverhalt war, die Artikel hier IMMER allzu kurz um "ordentlich" darauf sich eine fundierte Meinung bilden zu können !
Instinktiv wird einem aber bei
Also die eine darf alles, der andere muss aber beweisen das !?!
Jaja, die allg. Betriebsgefahr eines Autos, da ist man immer mit dran. Das war auch schon vor solchen Konstellationen aufkommend.
Doch wieso kann hier mal keiner einen Nachteil aufgelastet bekommen oder evt. gar eher noch der Hundehalter ?!
Wieso muss der Autofahrer "mehr beweisen" als die Schreckhafte ?!?
Bei einer 15-jährigen habe ich doch längstens andere ("solidere") Erwartungen als wenn ich einen 5jährigen am Gehweg erblicke und mich darauf, ALLES einstellen muss.
Etwas stimmt mich zuletzt merkwürdig,
Also irgendwie ist der Sachverhalt hier nicht wirklich gänzlich exakt abgebildet !
Oder war es nicht auch ein schreckhaftes ausweichen vom Autofahrer ?! 😉
Mit der Bezeichnung würde ich als Autofahrer in die Berufung gehen. Das man auch nur schreckhaft war, das kann ja jedem mal passieren und sollte nicht nachteilig...
In Kürze: Autofahrer zahlt, der Rest lacht. Alles wie immer also.
Dieser Fall beweist IMHO mal wieder beispielhaft, daß die Haftung aus der Betriebsgefahr für viele Kraftfahrer immer noch zu abstrakt ist.
Da fragt man sich, wie sich der durchschnittlicher Fahrer einen Fall vorstellt, bei dem die Haftung aus der Betriebsgefahr zum Tragen kommen könnte.
Hier geht es ja nicht um Schuldzuweisungen an den Fahrer, sondern um die Absicherung Geschädigter bei Unfällen, in denen dem Kraftfahrer eben keine direkte Schuld nachgewiesen werden kann, aber die Betriebsgefahr des KFZ zu berücksichtigen ist.
Ja nu, dann kann man sich aber die Zweifel + Vorwürfe ggü dem Autofahrer auch sparen,
Was wäre denn wenn er das beweisen könne ?!?
Aber scheint ja auch egal zu sein, denn....
Naja, andersherum gedacht könnte man sich die Haftung aus der Betriebsgefahr sparen. Die ist aber letztlich dafür gedacht, um z.B. bei solchen Grenzfällen wie dem hier geschilderten sicherzustellen, daß das Unfallopfer nicht vollkommen schutzlos bleibt.
Die KFZ Haftpflicht deckt doch solche Fälle ab. (Oder nicht)
Ja, logisch, in der KFZ-Haftpflicht ist auch die Haftung aus der Betriebsgefahr des versicherten Fahrzeugs versichert.
Wurde vor einigen Jahren nicht schon mal geurteilt, daß der Autofahrer bei Fußgängern und Radfahrern als Unfallgegner IMMER eine Teilschuld trägt, selbst wenn sie vorsätzlich vor's Auto laufen/fahren?
War Deutschland nicht das einzige Land, das eine Betriebsgefahr des KFZ definiert hat?
Gut. Und was ist mit:
"Dieser Vorgang [das Anfahren der Fußgängerin] war keine bewusste Handlung und kann deshalb auch keine rechtlich nachteiligen Konsequenzen für den Autofahrer haben"
Das ist haargenau das gleiche, dennoch unterstellt das Gericht dem Geschädigten (oder besser gesagt: einem der Geschädigten, Autofahrer und Fußgängerin sind hier beide Geschädigte) eine Beweislast und der anderen Partei nicht.
Und ganz ehrlich: Jedes 4-jährige Kind weiß, dass es nicht auf die Straße springen soll. Nun kommt eine 15-jährige und dachte, nach einem Schreck wäre es die allerbeste Option, auf eine befahrene Straße zu springen. Ja, sie kann nichts dafür, aber naja...
In diesem Fall hat die nicht bewußte Handlung ja auch keine rechtlich nachteiligen Konsequenzen für den Autofahrer, da die Haftung ja aus der Betriebsgefahr des Kraftfahrzeuges abgeleitet wird und nicht aus einem Fehlverhalten des Fahrers.
Genau das ist ja nicht passiert. Das Besondere an einer Reflexreaktion ist ja gerade, das die handelnde Person dabei nicht denkt.