50 Jahre Volvo 1800 S
Einst war das der schönste Vernunftkauf der Welt
Formen wie ein heißblütiger Zwölfzylinder und eine Motorleistung von 96 PS. Der Volvo 1800 S war Verlierer in jedem Sportwagenquartett - und ist trotzdem eine Ikone.
Quelle: Volvo
Köln - Schneller, weiter, höher: Die Swingin‘ Sixties waren ein Jahrzehnt der Leistungsexplosion. Während Jets und Raketen Himmel und Weltraum eroberten, brannten amerikanische Muscle Cars, englische Roadster und italienische Zwölfzylinder Gummi in den Asphalt.
Da wollte Volvo mitmischen. Mit dem Sportcoupé P 1800 präsentierte Volvo Anfang 1960 auf der Brüsseler Weltausstellung seinen Superstar. Ein Gran Turismo für neue Märkte in Amerika, Afrika, Asien und Australien. Der P 1800 sollte die geringe Leistung seines Vierzylinders mit Qualität kompensieren. Einer Eigenschaft, die Aston Martin, Jaguar oder Ferrari damals fehlten.
Quelle: Volvo
Diesen Neuanfang galt es zu feiern. Mit einem S. Fortan trug der bis dahin flotteste Volvo den Namenszug 1800 S, wobei das „S“ für Schweden stand.
Durchstarter in Amerika
Damit nahm der Verkauf des Volvo-Spitzenmodells Fahrt auf, vor allem in den USA. Auch, weil die Schweden ihren Wagen wahlweise als schnellsten Lastwagen der Welt oder zuverlässigsten aller Sportwagen bezeichneten.
Das Coupé kostete in Amerika 3.995 Dollar. An dieser Stelle alle einmal ausatmen. Und wurde in Anzeigen in eine Reihe mit Europäern der 10.000-Dollar-Liga (Maserati, Ferrari) gestellt. Dafür spendierte Volvo seinem 1800 S einen Hauch Extra-Leistung. Sieben Prozent und damit 96 PS kitzelten die Techniker aus dem 1,8-Liter-Motor. Das Maximaltempo stieg von 170 auf 175 km/h, den Sprint auf 100 km/h schaffte der GT in 12,1 Sekunden. Das genügte für den Anschluss an Porsche 356 oder die Alfa Giulia Sprint.
Quelle: Volvo
Simon Templars Dienstwagen
Inzwischen war der Volvo mit der langen Motorhaube und den Heckflossen automobiler Hauptdarsteller in der Fernsehserie „The Saint“ (deutscher Titel „Simon Templar“). Kein Ganove konnte Roger Moore als Privatdetektiv Simon Templar entkommen. Im Casting war es dem Volvo gelungen, den ursprünglich geplanten Jaguar E-Type zu verdrängen.
Es waren die fast unzerstörbaren Motoren und die Qualitätssicherung, die das Volvo-Coupé zum vielleicht „schönsten Vernunftkauf“ machten. So jedenfalls urteilten Fachjournalisten in aller Welt.
In Südafrika beispielsweise wurde der 1800 S in Südafrika als unzerstörbarer Buschracer gefeiert, dessen Karosserie sogar Elefantentritte aushielt. In den USA zelebrierten ihn die Amerikaner als Meilen-Millionär. So wie das rote Sportcoupé des Amerikaners Irv Gordon. Der ehemalige Lehrer kaufte seinen 1800 S im Jahr 1966 und will noch im Jahr 2013 die Drei-Millionen-Meilen-Marke (4.827.000 Kilometer) durchbrechen. Seinen ersten Eintrag ins „Guinness Book of Records“ erzielte Gordon 1998 mit 2,7 Millionen gefahrenen Kilometern. Alles mit Original-Motor und Getriebe.
Quelle: Volvo
Royales Fortbewegungsmittel
Der politisch bedeutendste und repräsentativste Markenbotschafter für den Volvo wurde dann der angehende schwedische König Carl XVI. Gustaf. Er fuhr mit 18 Jahren als erstes Auto einen 1800 S. Und zwar mit solcher Leidenschaft, dass im Lauf der Jahre regelmäßig weitere 1800 S und 1800 E an den schwedischen Hof geliefert wurden. Auch, weil der Wagen immer sicherer wurde.
So verfügte der Volvo als erstes Sportcoupé serienmäßig über Sicherheitsgurte für alle vier Passagiere. Deren Stabilität demonstrierte Volvo Deutschland in einer spektakulären Show über dem Hamburger Hafen. Der populäre Stuntman Armin Dahl setzte sich in einen Volvo 1800 S, der über dem Hafen schwebte. Gehalten wurde dieses Konstrukt von Volvo-Dreipunkt-Sicherheitsgurten. Auch beim Thema Ladungssicherung leisteten die Schweden Pionierarbeit. So erhielt der Volvo 1800 S mehrere integrierte Ledergurte für das großzügig dimensionierte Gepäckabteil. Auch seine Scheibenbremsen an allen vier Rädern waren damals noch ungewöhnlich.
Quelle: Volvo
Schneewittchensarg als erster Shooting Brake
„In Schweden leben Volvos und Menschen länger“, lautete ein Volvo-Slogan aus jener Zeit. Tatsächlich war das Design des Volvo Sportcoupés beim Produktionsanlauf als P 1800 nicht mehr neu. Die ersten seriennahen Prototypen stammten aus dem Jahr 1957. Dennoch genügten kleine Details, um den Volvo 1800 S zu einem zeitlosen Longseller zu machen. Dazu zählte 1964 ein geglättetes Stoßstangendesign, das die Kuhhornbögen ersetzte, regelmäßig veränderte Kühler, die Einführung des B20B-2,0-Liter-Motors mit 105 PS ab 1968 und die elektronische D-Jetronic-Benzineinspritzung von Bosch im Folgejahr.
Weil für eine Neuentwicklung Geld fehlte, setzte Volvo auf eine Evolution: Als 1800 ES mutierte das Coupé 1971 zu einem der ersten Shooting Brakes.
Volvo nahm dafür richtig viel Geld. Mehr, als ein Porsche 912 damals kostete. Trotzdem verkaufte sich der Schwede gut. Mehr als 8.000 Kombicoupés wurden in zwei Jahren verkauft, die meisten in Amerika. Für das Sportcoupé 1800 E war am 22. Juni 1972 Schluss. Der Shooting Brake 1800 ES hatte die Verkaufszahlen des Schwestermodells im letzten Verkaufsjahr auf 1.865 Einheiten gedrückt.
Historie:
- 1957: Fertigstellung des ersten von drei Volvo-P-1800-Prototypen bei Frua in Italien
- 1960: Im Januar feiert der P 1800 Weltpremiere auf dem Brüsseler Salon; im April debütiert der P 1800 auf dem Autosalon in New York
- 1961: Im Mai Produktionsanlauf in Großbritannien
- 1963: Im April erfolgt der Produktionsanlauf in Göteborg des jetzt Volvo 1800 S genannten Modells. Leistungssteigerung auf 71 kW/96 PS bzw. in den USA 79 kW/108-SAE-PS. Im Sommer kleine Modellpflege (Serie D). 1963 und 1964 Offizielles Fahrzeug beim 24-Stunden-Rennen von Sebring
- 1964: Im August Serienanlauf für die E-Serie mit kleinem Facelift (Grill, Stoßfänger und Interieur). Auszeichnung „Schönster Sportwagen“ beim Concours d’Elegance“ in Baden-Baden
- 1965: Im August startet die F-Serie mit jetzt 76 kW/103 PS bzw. in den USA 85 kW/115-SAE-PS. Der Karossier Fissore präsentiert auf Veranlassung des italienischen Volvo-Importeurs eine Fließheckstudie auf dem Turiner Salon. Der britische Karossier Radford baut eine Cabriolet-Version des Volvo 1800 in Kleinserie
- 1966: Mit der M-Serie erhält der Volvo 1800 ab August eine gerade geformte Seitenzierleiste. Zweiter Platz beim 24-Stunden-Rennen von Daytona
- 1968: Neuer Zweiliter-Motor für den 1800 S. Äußerliches Kennzeichen ist ein B20-Emblem
- 1969: Ab August als 1800 E mit elektronischer Benzineinspritzung von Bosch und 88 kW/120 PS Leistung, Kennzeichen ist der mattschwarze Kühlergrill
- 1971: Im August wird der 1800 ES mit rahmenloser gläserner Heckklappe vorgestellt. Leistungsangabe für die Serienversionen Volvo 1800 E und 1800 ES jetzt 91 kW/124 PS
- 1972: Am 22. Juni läuft der letzte Volvo 1800 E vom Band
- 1973: Am 27. Juni 1973 läuft der letzte 1800 ES vom Band. Rund 80 Prozent der in den letzten zwei Jahren produzierten 1800 E und 1800 ES werden nach Nordamerika exportiert
Produktionszahlen:
Volvo P 1800 / 1800 S / 1800 E / 1800 ES (1961-1973) insgesamt: 47.462 Einheiten
Davon:
- Volvo P 1800 (1961-1963): 6.000 Einheiten
- Volvo 1800 S (1963-1968): 22.300 Einheiten
- Volvo 1800 S, Serie B20 (1968-69): 1.693 Einheiten
- Volvo 1800 E (1969-1972): 9.414 Einheiten
- Volvo 1800 ES (1971-1973): 8.077 Einheiten
Motorisierungen:
Volvo P1800/1800 S/1800 E mit 1,8-Liter- (66 kW/90 PS bzw. 71 kW/96 PS bzw. 76 kW/103 PS), 2,0-Liter- (77 kW/105 PS bzw. 88 kW/120 PS bzw. 91 kW/124 PS)Vierzylinder-Benziner.
Quelle: Volvo
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Quelle: Volvo
Quelle: Volvo
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Sehr schönes Auto. Offenbar weit vor meiner Zeit, den kannte ich gar nicht...
Schade: Ich würde ihn heute nicht als Volvo erkennen.
Schade das ich mir damals so ein schönes Auto nicht leisten konnte.
Volvo hat schon immer sehr schöne Autos gebaut.
Auch heute noch, wer das Glück hat einen zu bekommen. Man kommt ohne Piepser aus, man kann sehen, wenn ein Kind hinter und neben dem Auto steht.
Ein sehr schickes Auto, die alten Volvos waren einfach hübsch anzusehen.
Leider ist das heute ja nicht mehr so.
Mir gefallen auch die aktuellen Volvo.
Der erste 911 turbo wurde 1974 präsentiert, da war der vermeintlich teurere Volvo schon eingestellt.
Das passt dann wie so häufig bei spottpress wieder gar nicht zusammen. 🙄
Für einen Volvo sicher schön, aber klassische Schönheit ist anders.
Sehr merkwürdig, 1971 gab es noch keinen Porsche Turbo, der kam Jahre später und kostete rund 60.000 DM (Edit : 1974 - 65.800 DM). Was kostete denn der 4-Zylinder Volvo? Ich vermute max die Hälfte, oder?
Hatten meine Eltern, einen P1800E. Für mich als damaliger Zwerg war der Rücksitz, mehr Notsitz, gerade noch so ausreichend. Woran ich mich noch sehr gut erinnere, an das Aircondition ein klobiger Kasten unter dem Armaturenbrett, mittig angeschraubt. 4 Gang Getriebe mit dem Overdrive als fünften Gang.
In der damaligen Zeit ausreichend um vieles auf der Autobahn zu verblasen.
Schade, heute sind die Fahrzeuge sehr selten, teurer und begehrt sofern man ein Exemplar ergattern kann.
Hätte gerne als Zweitwagen,leider ist mir der Preis zu hoch nach Wertschätzung in Original zu bekommen.
Der schönste Volvo den es gab.
Schöner Volvo. Habe in Ende der 80er in Schweden einige rumfahren gesehen.
Dem VOLVO Schneewittchensarg wurde ja ein Denkmal gesetzt der VOLVO C30.😉
Sehr schönes Auto, wie eigentlich so viele sportlich elegante Autos aus den 60ern 😊
Schade das es die Hersteller nicht hinbekommen solche Formen neu zu interpretieren.
Ich habe seinerzeit den Volvo 480 S gefahren. Wurde als Nachfolger des P 1800 "Schneewittchensarg" angepriesen. Einklappbare Scheinwerfer und separat öffnendes Heckfenster waren die Merkmale. Das Auto war sehr schön anzusehen hatte aber qualitativ massenhaft Probleme. Permanenter Wassereinbruch vorn und hinten; Pfeifgeräusche an der Windschutzscheibe und an den rahmenlosen Türen; billigstes Plastik am Armaturenträger und Mittelverkleidung; simple Schaumkernsitze ohne besonderen Seitenhalt, welche aber schnell durchgesessen waren und die dann die "Stange" am Hintern spüren liessen, machten einen zum Dauerkunden in der Werkstatt. Wurde zwar alles immer wieder auf Garantie und Kulanz abgewickelt, war aber total nervig und zeitintensiv. Die gute Strassenlage und der unverwüstliche, drehfreudige 4-Zylinder von Renault machten die Negativerfahrung teilweise wieder wett.
Grüße,
Phil