Motorsphere
Elektronik im modernen Motorrad
Die elektronischen Geister in den Maschinen, wir haben sie gerufen, aber kaum einer begreift sie. Viel Zeit ist vergangen seit Daimlers Reitwagen anno 1885, und selbst den verstehen die meisten nicht, wenn sie ehrlich sind. Kein Wunder, dass die im Unsichtbaren arbeitende Elektronik gern als Voodoo rundweg abgelehnt wird. Hier ein paar Grundlagen digitaler KFZ-Technik.
Sagen wir’s doch sofort mal, wie es ist: Ohne das, was in der Blackbox still vor sich hin schaltet und waltet, geht an einem modernen Motorrad gar nichts. Zu händischer Zündwinkelverstellung am Lenker, wartungsintensiver Kontaktzündung und ölenden Motoren ohne Leistung möchten nur die Wenigsten zurückkehren. Im Gegenteil: eine der beliebtesten Oldtimer-Umrüstungen ist die auf kontaktlose Zündung. Da sind auch Halbleiter drin. Die Elektronik hilft der Mechanik zu einem Niveau von Haltbarkeit und Wartungsarmut, das für uns heute selbstverständlich ist, für das Rallye-Fahrer früherer Zeiten jedoch ihre Kinder verkauft hätten. Selbst der Zweiradmechaniker heißt mittlerweile „Zweirad-Mechatroniker“. Und trotz all dieser Vorzüge ist Elektronik ein ungeliebtes Kind, was hauptsächlich daran liegt, dass sie unsichtbar arbeitet und daher miss– bis unverstanden ist.
Was macht sie?
„Warum überhaupt Elektronik?“ ist eine berechtigte Frage, denn im Prinzip kann man einen Verbrennungsmotor rein mechanisch-elektrisch lösen, wie frühe Ausführungen zeigen. Zum Beispiel der Zündfunke. Die Flammenausbreitungsgeschwindigkeit im Brennraum steigt zum Beispiel nicht mit der Drehzahl, deshalb zündet man bei höherer Drehzahl immer früher, um die Verbrennungsenergie möglichst gut zu nutzen. Um diese Zündwinkelverstellung zu automatisieren, hatten Motoren zur Hochzeit der Feinmechanik Konstruktionen mit Gewichten, die sich bei Fliehkraft wie beim Kettenkarussell nach außen bewegten und dabei einen Mechanismus in Richtung früherer Zündung betätigten. Oder man verwendete den Unterdruck aus dem Ansaugtrakt. Beide Lösungen funktionieren — allerdings weder sonderlich ausfallsicher noch sonderlich robust und genau funktionieren sie schon mal gar nicht. Die Unterbrecherzündung ist ein weiteres Beispiel.
Die moderne Gemischaufbereitung dann, ohne die unsere geltenden Abgasgrenzwerte nicht möglich sind, die ist ohne Regelelektronik nach derzeitigem Kenntnisstand unmöglich. Mechanische Lösungen wie die genannten sind zwar oft im Wortsinn be-greif-bar, selbst mit geringem Geschick reparierbar und haben einen wunderbaren Steampunk-Charme, doch sie sind tendenziell teuer, empfindlich, wartungsintensiv, klobig und schwer. Elektronik ist billiger, robuster, wartungsarm bis –frei, klein und leicht, deshalb hat sie sich nicht nur am Motorrad durchgesetzt.
Die wohl wichtigsten Bauteile der elektronischen Komponenten sind Microcontroller, also integrierte Logikschaltkreise, die Befehle in Form von Spannungsmustern auf ihren Halbleitern abarbeiten. Im Prinzip also dasselbe wie die Prozessoren der Desktop-Computer, nur kleiner, simpler, robuster. Wäre ein PC ein Luxus-Tourbus mit allem Schnickschnack bis hin zum Pool auf dem Dach, dann wären Microcontroller Motorräder, meistens von Ural. Jeder kennt wahrscheinlich vom Sehen die schwarzen kleinen Dinger mit Metallfüßen auf offenen Platinen, vieles davon sind Microcontroller, alles davon integrierte Schaltkreise (Integrated Circuit, IC). Die schwarzen Dinger sind jedoch nur das Gehäuse, sie bestehen im Regelfall aus Keramik. Der eigentliche Halbleiter ist ein winziges, hauchdünnes Plättchen strukturiertes Silizium im Innern dieser Keramikhülle. Chips mit den Ausmaßen eines (kleinen) Fingernagels gehören schon zu den großen. Wer die harte Keramik eines alten Prozessors vom Computerschrott mal mit einer Zange aufbricht, sieht den kleinen Chip, der über haarfeine Drähte mit den Metallfüßchen seines Gehäuses verbunden ist.
Über diese Drähte fließt Strom. In der Analogtechnik liegen dort Spannungen an, die je nach Höhe fließend zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Durchgesetzt hat sich jedoch die Digitaltechnik, die ignorant nur diskrete Zustände kennt, im Prozessor praktisch immer zwei: Entweder es liegt eine bestimmte Spannung an (Eins) oder eben nicht (Null). Digitale Datenverarbeitung hat sich (auch und vor allem in Fahrzeugen) deshalb durchgesetzt, weil die Signalübertragung so viel störunanfälliger ist. Eine leicht veränderte Spannung, etwa durch elektromagnetische Interferenz (Störung durch ein anderes Feld), verfälscht das Signal. Wenn es analog verarbeitet wird, sammeln sich diese Störungen von überallher an, bis irgendwann alles im Rauschen untergeht.
Einer digitalen Signalverarbeitung ist sowas um viele Größenordnungen egaler. Zwar kann man binär digital auf einem Kabel nur noch 0 oder 1 darstellen, aber das löst man einfach durch mehr Kabel und/oder serielle Übertragung: 0100111010110010 ist ja auch hintereinander eine Information. Eine dieser binären Stellen nennt man ein „Bit“, acht Bit sind ein „Byte“, 1024 Byte sind ein „Kilobyte“, 1024 Kilobyte ein „Megabyte“ und so weiter. Wenn man binär mit seinen zehn Fingern zählt, kann man also bis über 1000 zählen (beliebte Nerd-Partywette): 2 hoch 10 nämlich. Mit diesen Zahlen arbeiten Microcontroller. Bestimmte Zahlenfolgen auf bestimmten Kanälen sind dann Befehle, andere sind Daten, manche sind Protokollinformationen. Jede digitale Information, sei es dein Word-Brief an Oma oder das Kennfeld deines Motorrads, besteht auf der untersten Ebene schlicht aus einer langen Folge von Nullen und Einsen. Das Herz jeder Steuerelektronik ist also aus Silizium, und ihre Seele aus reinster Mathematik. Nur die reale Welt ist das halt nicht.
Wandel der Welt und zurück
Die reale Welt ist analog. Die Position einer Kurbelwelle, die Drehzahl der Räder oder die Temperatur der Ansaugluft sind es daher ebenfalls. Deshalb wandelt die Elektronik solche Messwerte zur Weiterverarbeitung in digitale Daten, also letztendlich in Zahlen um. Üblicherweise sitzt dabei heute im selben Sensorgehäuse die Verarbeitungsintelligenz schon mit. Beispiel Luftmassenmesser: Er besteht aus zwei Metallstreifen, von denen einer im Ansaugluftstrom hängt. Die Metallstreifen ändern mit der Temperatur ihren elektrischen Widerstand, und aus der Differenz kann die Einspritzanlage die Luftmenge schätzen (kalte Luft ist dichter). Die Einspritzlogik in der Motorbox will diese Daten digital, daher bereitet die Messelektronik zusammen mit einem analog-digitalen (A-D) Wandler und etwas Verarbeitungslogik ihre Messwerte schon vor Ort auf.
Wie beim Dezimalsystem jede Stelle die Zahl um den Faktor zehn vergrößert, verdoppelt jedes zusätzliche Bit als zusätzliche Stelle im Binärsystem die Zahl und damit die Genauigkeit. Von 8 auf 16 Bit steigt daher die Genauigkeit nicht aufs Doppelte, sondern aufs Quadrat: von 256 auf 65536 mögliche Werte. Damit kann man schon recht genau rechnen. Und bei 32 Bit sind schon mehr als vier Milliarden Werte darstellbar.
Die Motorbox mit ihrem Prozessor wird in der Presse oft als Gehirn des Krads bezeichnet und man kann sie sich wirklich ein bisschen so vorstellen wie unser vegetatives Nervensystem. Der Controller darin nimmt Sensorwerte wie Ansaugluftmasse, –druck und –temperatur, Motordrehzahl, Drosselklappenstellung, Abgaszusammensetzung und mehr entgegen, schlägt dann in seinen Kennfeldern nach, überlegt ein bisschen und sagt schließlich, wie viel Sprit die Einspritzdüsen in die Saugrohre lassen sollen. Der Controller errechnet die Spritmenge beziehungsweise Einspritzdauer als Zahl, die wiederum in eine analoge Zeit an der Düse gewandelt wird. Dieser Regelkreis ist komplex und erfordert einen gewissen Fertigkeitslevel, damit alles gut funktioniert. Wie ein schlampig eingestellter Vergaser keinen Spaß macht, so sind auch schlecht programmierte Einspritzanlagen eine Krankheit. Abhilfe schaffen in beiden Fällen Experten. Eine Motorbox kann man zum Beispiel als Zubehör frei programmierbar kaufen und dann seine eigene Gemischabstimmung einstellen, wie es auch Rennteams machen. Oder jemand bietet ein überarbeitetes Mapping für die originale Motorbox an. Andere gebräuchliche Systeme wie ABS arbeiten in einem der Motorbox sehr ähnlichen Kreis: Messen (ABS: Raddrehzahlen), digitalisieren, verarbeiten, entscheiden und schließlich tun (ABS: Ventile öffnen und schließen).
Licht und Schatten von 0 und 1
Wie schon eingangs gesagt wären Motorräder, wie wir sie heute kennen, ohne Elektronik und Datenverarbeitung nicht möglich. Doch obwohl viel an der Kritik der Elektronik aus Unwissenheit entsteht, ist ein Teil durchaus berechtigt. Der Fairness halber sei gesagt, dass viele Probleme, die pauschal kategorisch der Elektronik zugeschoben werden, in Wirklichkeit eher mit der steigenden Gesamtkomplexität des Systems Motorrad zusammenhängen. Man kann eine Einspritzanlage auch recht simpel bauen und vor allem mit Rückfallebenen. Luftmassenmesser abgerissen? Nehm ich halt Druck und Temperatur.
Dennoch: Obwohl elektronische Zündanlagen um Welten zuverlässiger sind als Kontaktzündung, bleibt dem Fahrer im Fall eines Defekts oft nur der Tausch der kompletten Komponente. Eine Kontaktzündung kann oft selbst der Laie so flicken, dass er nach Hause kommt. Gut, er *muss* das auch gelegentlich, und die Zivilisation lacht ihn aus. In der Wüste Gobi kann das allerdings anders aussehen, dort ist er vielleicht froh, dass er mit drei Stöckchen und einem Brocken Eselscheiße seine Vergaser bis zum nächsten Dorf fixieren kann. Für den Rennbetrieb oder Rallyes ist die Empfehlung heute jedoch immer: Elektronik, Einspritzanlage. Für die Straße eh. Einspritzanlagen sind genauer in der Gemischaufbereitung, konzeptionell robuster und weniger zickig.
Die Zukunft geht deshalb in Richtung mehr Elektronik, aber auch in bessere. Ein weiterer Trend kommt aus dem Autobau. Dort ist es mittlerweile sehr üblich, dass sich Fahrzeuge einer Produktions-Charge nur noch durch durch ein paar Bits und Bytes unterscheiden. Zum Beispiel dieses Abbiegelicht: die Option kostet Aufpreis, der Hersteller schaltet jedoch bei Bestellung nur eine Funktion frei, die das Fahrzeug ohnehin schon hat. Ein erstes Beispiel so eines Features ist die Traktionskontrolle der BMW-Straßenmaschinen (K-Reihe, R-Reihe). Es gibt sie nur für Käufer des Conti-ABS, denn sie hat keine physikalischen Komponenten, ist rein in Software realisiert. Mit „Software“ bezeichnet man die gespeicherten Befehlsstrukturen, die Programme und Funktionen, die dann auf den Controllern laufen.
Software besteht also auch nur aus Information, aus Zahlen, aus Nullen und Einsen. Diese Software liegt meistens außerdem bereits bei Auslieferung im Speicher des Steuergeräts, beim Kauf setzt der Händer oder Hersteller einfach einen Haken, ob der Kunde das jetzt benutzen darf oder nicht. Die Traktionskontrolle der K-Kräder benutzt einfach die Sensoren des ABS und sagt dann bei Hinterradschlupf der Einspritzung und Zündung, wie sie eingreifen sollen. Sie ist nicht mehr als ein Geist in der Maschine, kostet aber Geld. Aber auch das fließt ja heute meist als Datenstrom. Die Wunder des Informationszeitalters.
Die gute, alte, verständliche Mechanik bleibt derweil nicht stehen. Sie wird nur kleiner. Die Drehratensensoren von Assistenzsystemen wie ESP im Autobereich haben nämlich jüngst den Sprung in die Welt der Serienmotorräder geschafft. Zum Beispiel verwenden die Aprilia RSV4 Factory APRC und die BMW S 1000 RR zwei zueinander senkrechte Drehratenmesser, beide für die Schräglagenschätzung der Traktionskontrolle. Diese Sensoren sind Schwingungsgyrometer.
Eine feine, neben die integrierten Schaltkreise ins Siliziumsubstrat geätzte Kammstruktur schwingt mit einer Frequenz von typischerweise etwa 2000 Hertz (Schwingungen pro Sekunde). Wird dieses schwingende System nun auf seiner Messachse gedreht, entsteht eine der Drehrate proportionale Corioliskraft, die der Chip misst, aufbereitet und an interessierte Steuergeräte weitergibt. Da mittlerweile sogar Consumer-Elektronik wie Apples iPhone mikromechanische Drehratensensoren haben, werden BMW und Aprilia nicht lange allein bleiben mit ihren Motorradanwendungen. Schwindlig? Orientierungspunkt: Das Gas bleibt rechts.
Bilder: Bosch
Quelle: Mojomag
Erinnert mich irgendwie an die Digitaltechnik Vorlesung 😊
Ohne FlipFlops geht halt heutzutage gar nix.
Wenn man als Fein- und Feinstmechaniker nicht mehr weiss, wie was funktioniert oder mittels Mechanik zu steuern ist, muss man einen Elektroniker zu rate ziehen und einen Programmierer bitten, für das Steuerelement ein brauchbares Programm zu schreiben.
Da dieses Unding nun auch bei Motorrädern einzieht, wird auch bei denen erfolgreich verhindert, das sie in einigen Jahren zu seltenen Klassikern werden.
Schade durchaus, aber für die Käufer wohl zu verkraften, die wenigsten wollen ihr Mopped fahren bis es ein Klassiker ist.
Brauchen sie auch nicht, man kann nur fahren bis die Elektronik am Ende ist, und keiner mehr weiss, welches Update in welcher schwarzen Kiste steckt. Es dauert nur wenige Jahre, wie beim PKW, bis zum Totalschaden, Dank fehlender Hard- und oder Software.
Das ist heute noch deutlich zu sehen. Fahr mit dein 20 Jahre alte Opel (nur als Beispiel, weil es mir schon mal passiert ist) zum freundlichen um die Ecke. Das MKL leuchtet, muss also ausgelessen werden. Nu, plötzlich findet der (vom Meister nach draußen geschickte) Lehrling ein OBD1 Stecker und schon geht’s los. 20 Minuten später erscheint der Meister selber mit ein (offensichtlich bis Dato verlorenen) sehr staubigen OBD1 Auslesegerät und schwafelt etwas im Richtung "pah, das letzte Mal das wir OBD1 auslesen war in meine Ausbildung", wohl gemerkt der Meister ist schon Grau !
Na ja, ist sicherlich nicht überall so, Fakt ist, und vom Vorredner schon erkannt, die DINs und Norm bleiben NIE, und nach eine Weile weist man nicht mehr was er hat, geschweige denn wie es zu reparieren geht. Aber das ist vielleicht so gewollt. Heute wird selten noch ein TV oder Radio "Repariert". Wir sind Konsumenten, es wird einfach neu gekauft. Und so kommt es, in alle Sparten der Elektronik..
Gruß und schön Sonntag noch .. 😊
Danke für den liebevoll geschriebenen Text.
Wenn ich überlege, wie ich früher als armer Schlucker mir das Überwachen der Zündung selbst beibringen mußte um mir das Geld für die Werkstatt zu sparen, bin ich richtig froh das die elektronischen Anlagen später alle problemlos funktionierten.
Und als ich gestern die 50 00Km mit meinem Kälbchen ( BMW F 650 GS) voll machte, war der einzige Ausfall vor kurzem die H4 Birne vom Hauptscheinwerfer.
Gruß Stino5😉
Sehr humovvoller Text, allerdings mit einem Schönheitsfehler: Selbst die Realität ist nicht analog, sondern digital. Wie uns die Quantenmechanik lehrt, nimmt sie nämlich nur diskrete Zustände an. 😉
genau: im Prinzip funktioniert/basiert alles auf an/aus Bedingungen😉 Im analogen Bereich ist das ganze nur etwas dehnbar😆
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was die ganzen Unkenrufe bzgl. Elektronik immer sollen. Es bringt doch NUR Vorteile...die aber leider nicht erkannt werden werden erkannt werden wollen! Da wird z.B. darüber genörgelt, dass es zwei verschieden Steckervarianten für OBD1 und OBD2 gibt. Also, Leute, wenn man nicht in der Lage ist, zwei verschiedene Steckertypen einer Fahrzeugbuchse zuzuordnen, dann liegt das Problem aber woanders. Im mechanisch-eletrischen Zeitalter musste man für jede mechanische Steuerung Spezialwerkzeuge und Hilfsmittel haben, die man auch noch erstmal verstehen musste. Ohne die ging gar nix! Ist es also besser, zwei Steckertypen vorrätig zu haben oder 50 verschiedene motor- bzw. fahrzeugspezifische Werkzeuge? Ich denke mal eher, dass es den Leuten zu einfach gemacht wird😉 Wenn man 50 verschiedene Werkzeuge übersichtlich lagern muss, dann macht man sich so Gedanken über Boxen, Wände, Taschen usw. Zwei verschiedene Stecker verschwinden schnell mal in irgendeiner Schublade und schon findet die keiner mehr spontan wieder.
Und dass die Steuergeräte irgendwann nicht mehr direkt über den Fahrzeughersteller zu beziehen sind ist auch nix anderes als abgekündigte mechanische Bauteile. Versucht mal einen Vergaser oder Mengenteiler eines 60er Jahre Autos beim Händler zu bestellen😉 Da gibt´s dann wieder nur spezielle Fachbetriebe, die sowas anbieten. Und genau das wird auch für Steuergeräte älterer Bauart angeboten.
Ich empfinde die elektronischen Steuerungen als Segen, weil ich jetzt mit ner OBD Schnittstelle, Software und Notebook jederzeit in der Lage bin, vieles selber auszuwerten und zu verstellen. Vor 30 Jahren wäre das ungleich schwieriger wenn nicht sogar unmöglich gewesen😉
Vielleicht bin ich ja etwas old-schooled, aber ich bin froh, dass ich noch mit dem rechten Handgelenk entscheiden kann/darf, ob
a) das Hinterrad durchdreht,
b) das Vorderrad gen Himmel zeigt,
c) das Hinterrad beim Stoppie gelupft wird
und die Spritmenge per Vergaser und nicht per Einpritzung in die Zylinder kommt!
Mir sind die ganzen elektrischen Helferlein suspekt und sie helfen m.E. den Händlern Geld in die Kassen zu spülen. Wo man bei "analogen" Motorrädern noch selber schrauben kann, ist das "digitale" Motorrad auf die PCs der Händler / Hersteller angewiesen.
Mal ein Beispiel - allerdings aus der PKW - Welt:
Bei unserem Scenic ist im letzten Jahr eine Welle an der Umluftklappe gebrochen. Da diese Klappe bei Betätigung der Klimaautomatik fast jedesmal bewegt wird (zumindest beim Enteisen der Scheiben), wollte ich einfach den Strom zum Stellmotor abklemmen lassen.
Obwohl der Werkstattmeister meine Diagnose am Auto bestätigte (das Geräusch war ja auch nicht zu überhören und trat nur bei Bewegung der Umluftklappe auf), war der erste Punkt der späteren Rechnung:
- Auslesen der Diagnose - Einheit
Ich meine es waren um die 60 Euro, die NUR das Auslesen gekostet hat.
Mein Einwand, dass das Auslesen in diesem Fall überflüssig war, wurde mit dem Hinweis abgetan, dass man sich die menschliche Erklärung des Fehlers elektronisch bestätigen lassen müsse. Es hätte ja auch etwas anderes sein können.....
Ein Schelm, wer böses dabei denkt!!
Hardwarebestellungen werden in einigen Jahren bestimmt noch möglich sein, wer weiss dann noch welche, Software und welches Softwareupdate im Fahrzeug steckt?
Dann addiert sich wie heute, alle 5-8 Jahre mit Microsoft, ein erhebliches Softwareproblem.
Hardware wird nicht erkannt, Software lässt sich nicht installieren, Abbruch, da unbekannte/s Gerät/e erkannt wurde/n.
So einfach wird der Markt auf Kosten der Verbraucher manipuliert und jeder Kunde, der auf den gesteuerten Nepp hereinfällt, kann sich freuen, hurra, was neues, was kurzzeitig funktioniert.
Es gab, gibt und wird immer Experten geben, die Mechanik und Elektronik beider maßen beherrschen. Gleichzeitig, was nützt die gute alte Technik wo man noch selber schrauben kann, wenn mann/frau nicht selber schrauben kann? Ich habe z.B. an meinen seligen Vorgängerfahrzeugen einiges an Schrauber Arbeit geleistet und würde heute eben das Notebook anschließen, wenn mein aktuelles Fahrzeug Mucken macht. Die ganzen, von mir persönlich sehr geschätzten, Assistenzsysteme heutzutage wären heute ohne die aktuelle Elektronik gar nicht möglich, noch viel störanfälliger und auch nicht besser reparierbar. Dass z.B. bei diversen Supersportlern (meiner Lieblingsmarke) mittels Schalter die Leistung z.B. für die Stadt gedrosselt werden kann sehe ich als Vorteil. Dank moderner Fertigungsmethoden und Materialien ist es z.B. eben nicht mehr normal, dass ein Motor anfängt Öl auszuschwitzen. Speziell im Motorradsektor gilt doch, mit einem aktuellen und serienmäßigen Supersportler aus dem Laden wäre ein entsprechender Fahrer vor 20-25 Jahren wahrscheinlich auf Anhieb Weltmeister geworden.
Das alles mit dem Hintergrund, dass rund 90% meiner Freunde und Bekannten reine User sind und waren und die technischen Fähigkeiten auch bei den meisten Fahrern hier und überall sich auf das Wechseln/Nachfüllen/Austauschen von Verschleißprodukten beschränkt. Wer damals z.B. eine Kopfdichtung oder Kupplung wechseln konnte kann das heute immer noch! Die z.T. unzähligen Sensoren und Systeme helfen dem Profi z.T. extrem bei der Fehlersuche und dem Durchschnittsuser geben sie viel Sicherheit im Alltag.
Genau die Thematik wurde aber in einer mehrteiligen Serie in einem Oldtimermagazin für Motorräder angesprochen.
Je mehr Elektronik reinwandert desto schwerer werden REparaturen und Restaurationen von alten Fahrzeugen werden.
Es kommt nämlich gerade die Zeit wo die ersten Generationen mit mehr Elektronik in das Alter kommen dass sich Restauratoren anfangen dafür zu interessieren.
>Um diese Zündwinkelverstellung zu automatisieren, hatten Motoren zur Hochzeit der
>Feinmechanik Konstruktionen mit Gewichten, die sich bei Fliehkraft wie beim Ketten-
>karussell nach außen bewegten und dabei einen Mechanismus in Richtung früherer
>Zündung betätigten. Oder man verwendete den Unterdruck aus dem Ansaugtrakt.
>Beide Lösungen funktionieren — allerdings weder sonderlich ausfallsicher noch sonderlich
>robust und genau funktionieren sie schon mal gar nicht. Die Unterbrecherzündung ist ein
>weiteres Beispiel.
>
>Die moderne Gemischaufbereitung dann, ohne die unsere geltenden Abgasgrenzwerte nicht
>möglich sind, die ist ohne Regelelektronik nach derzeitigem Kenntnisstand unmöglich.
>Mechanische Lösungen wie die genannten sind zwar oft im Wortsinn be-greif-bar, selbst mit
>geringem Geschick reparierbar und haben einen wunderbaren Steampunk-Charme, doch sie
>sind tendenziell teuer, empfindlich, wartungsintensiv, klobig und schwer. Elektronik ist billiger,
>robuster, wartungsarm bis –frei, klein und leicht, deshalb hat sie sich nicht nur am Motorrad >durchgesetzt.
Hi,
Das ist Halbwissen, das man so nicht stehen lassen kann.
Z.B. Bosch Zündverteiler gingen selbst bei alten Gebrauchtwagen selbst nach Jahrzehnten kaum kaputt. Abgesehen davon waren sie weder billig, noch konnte sie jeder minderbemittelte reparieren. Aber sie liefen zuverlässig, daher war das i.d.R. kein Thema. Zündkontakte sind Verschleißteile, mußten natürlich ausgewechselt werden. Hier wurde gerne mal geschlampt, die Rechnung zahlte natürlich der Verbraucher und schuld war natürlich der Zündkontakt (sagte der Kundendienstmeister und kreuzte die Finger hinter dem Rücken).
Und von wegen billige Elektronik: Der Himmel ist gelb und das Gras blau oder? Ich weiß nicht was der Verfasser so raucht??
Na ja, so lange ich eine Maschine ohne viel Elektronik - Ausnahme CDI - fahren kann, bin ich heilfroh. Das gilt auch für Autos, nB. Der Grund sind die potenziellen Folgekosten, denn die können immens sein. Da muss man bloß man in die Ersatzteil-Preislisten schauen.
Ein Freund ist übrigens auf die Reparatur von Steuereinheiten, auch von Auto- und Motorrad-Elektronik, spezialisiert und macht damit ganz gutes Geld. Noch, sagt er. Denn das Problem sei in der Tat die Software. Gerade bei aktuellen Fahrzeugen sei diese mit normalem Aufwand definitiv nicht zugänglich oder überhaupt verständlich. Kann schon sein, dass irgend jemand in der Zukunft das Problem lösen kann, aber so kostenaufwändig, dass es sich nicht lohnen wird, selbst für einen heute potenziellen Klassiker.