Jaguar XF 20d: Test, Technische Daten, Preise
Engere Wahl für untreue Handlungsreisende
Anders, aber nicht kauzig: Der Jaguar XF ist in der Business-Klasse eine der wenigen ernsthaften Alternativen zu den üblichen Verdächtigen von Audi, BMW und Mercedes.
Berlin – A, B oder M? Darauf läuft es doch hinaus in der oberen Mittelklasse. A, wie Audi A6, B wie BMW 5er oder M wie Mercedes E-Klasse - wenn man überhaupt nachdenkt. Viele Außendienstler bleiben ihren Marken treu. Was soll eine kleine Marke wie Jaguar da schon ausrichten? Nun ja, der XF kommt im Segment immerhin auf Platz fünf bei den Neuzulassungen - mit Marktanteilen von bis zu zwei Prozent. Kleinkram, aber schöner Kleinkram. Weil er ein bisschen mehr Vielfalt bedeutet.
1. Gang: Die Basis
Seit Herbst 2015 verkauft Jaguar die zweite Generation des XF (X260). Und jetzt parkte er auch für zwei Wochen regelmäßig bei uns in der Tiefgarage. Ein bisschen knackiger als der Vorgänger steht er da im Neonlicht. Mit kurzem Überhang an der Front und fließender Dachlinie wirkt er sportlich und schick. Nur eben nicht so straff und drahtig wie der XE.Trotzdem steigt man gerne ein, wenn die bläuliche Innenbeleuchtung lockt. Die edlen, hellen Ledersitze waren auf langen Strecken bequem, vorne wie hinten. Es gibt reichlich Platz für lange Beine, und Dank der Ausformung im Dach auch für große Köpfe. Der tiefe Kofferraum packt 540 Liter Gepäck, irritiert aber mit einer leichten Welle im Boden, etwa auf Höhe der Hinterachse. Einen Überseekoffer bekommt man so nicht ins Heck.
Ein Kombi wäre schön, aber für die Baureihe X260 ist kein Sportbrake geplant. Das ist schade für deutsche Handlungsreisende, aber sie sind selber schuld. Die Business-Kundschaft auf dem Kombimarkt Deutschland kauft zu selten vom Briten. Ein Sportbrake lohnt sich für Jaguar nicht. Satte 95 Prozent der Neuzulassungen im Segment entfielen 2015 auf Audi, BMW und Mercedes.
2. Gang: Das Beste
Von den dreien hat Jaguar es vor allem auf BMW abgesehen. Ein echtes "Fahrerauto" soll der XF sein, sagt Jaguar. Stimmt, zeigt der Alltag im XF. Da war zum Beispiel dieser Ritt durchs einsame Mecklenburg-Vorpommern. Holprige Landstraße, nass, schmal und kurvenreich (für norddeutsche Verhältnisse). Man dreht den Automatik-Wählhebel in „S“ wie Sport, tippt auf dem Mitteltunnel den kleinen Schalter in Richtung Zielflaggensymbol – und hat Spaß.
Sogar mit dem griesgrämigen 2,0-Liter-Diesel. Die Sitzposition passt perfekt, das Lenkrad liegt prima in den Händen, mit den Schaltpaddeln dahinter flitscht man zügig durch die acht Gänge – und das Fahrwerk fühlt sich im Sportmodus so richtig wohl auf miesem Asphalt. So wirkt der XF bei schneller Fahrt auf schlechten Straßen mit engen Kurven kleiner als er ist. Und als Fahrer zieht man unbekümmert das Tempo an. Es fehlt eigentlich nur der Kompressor-V6.3. Gang: Das Schwächste
Vor der Spritzwand brummelt aber nur der 2,0-Liter-Diesel. Mit ihm kann der XF ein Griesgram sein. Gar nicht so sehr auf den Spaßetappen, aber auf dem täglichen Arbeitsweg. Da lässt ihn seine Abstimmung in niedrigen Gängen hoch drehen. Beim Beschleunigen erinnert er mit seinem lauten und rauen Lauf immer wieder daran, dass er nicht für den Spaß gemacht ist. Er ist der Motor der Vernunft im XF. Dabei ist er der erste Vertreter einer neuen Motorengeneration namens Ingenium, die Jaguar Land Rover selbst entwickelt hat und selbst produziert.
Dafür ist der Verbrauch akzeptabel. Mit weniger als neun Litern waren wir im dichten Stadtverkehr zufrieden. Schließlich war Winter, und die vielen Ampeln viel zu oft rot. Inklusive einiger zügiger Autobahnetappen kam der Test-XF am Ende auf akzeptable 7,5 Liter (Norm: 4,3 Liter). Wobei die Achtgang-Automatik die Drehmomentkurve dort trifft, wo sie ihr Maximum von 430 Newtonmetern hat. Dass der Bereich schmal ist, merkt man nur, wenn man selbst schaltet.
4. Gang: Das Unnötigste
In der oberen Mittelklasse will man eigentlich nicht mehr mit der harten Realität konfrontiert werden. Wird man beim XF aber. Jedes mal beim Einsteigen. Der Mitteltunnel ist mit Hartplastik verkleidet. Weiteres schäbiges Detail: Auf dem Boden der Türinnentaschen hat Jaguar einfach etwas lieblos einen schmalen Streifen Stoff verklebt. Das ist unwürdig in dieser Klasse und passt nicht zur guten Verarbeitung. Besser: Alle Knöpfe und Schalter fühlen sich angenehm an.An die Bedienung mit einigen Tasten links und rechts vom Touchscreen hat man sich schnell gewöhnt. Leider kam aber jemand auf die Idee, einen Knopf für die Regelung der Sitzheizung einzusparen. Will heißen: Ein Schalter in der Mittelkonsole ruft ein Menü auf dem Touchscreen auf, in dem man dann die Heizung in drei Stufen regelt. Man verbrennt sich vor lauter Menüs nicht den Hintern. Aber es war kalt während unserer Zeit mit dem XF, die Sitzheizung war oft an, schnell zu heiß und musste wieder runter. So tippelt man mit dem Finger viel zu oft zwischen Mittelkonsole und Touchscreen hin und her.
5. Gang: Das Wissenswerte
Man vergisst das gerne: Jaguar ist sowas wie ein Pionier für Aluminium im Autobau. Der XJ von 2003 sah zwar alt aus (damals hieß das retro), hatte aber eine moderne Alu-Karosserie. Bei der 2. Generation des XF ist auch ganz viel Alu in der Außenhaut. Einen Baukasten hat Jaguar entwickelt, der beim kleineren XE, beim XJ und auch beim SUV F-Pace zum Einsatz kommt. Für den XF heißt das laut Jaguar konkret: bis zu 190 Kilo weniger Gewicht als beim Vorgänger. Beim XF 20d mit Automatik sind es laut Datenblatt 110 Kilo weniger als beim BMW 520d mit Automatik.
Wir haben nicht nachgemessen, aber man kann die knappen 1.600 Kilo erfahren. Genau wie die Vorderradaufhängung, die der XF vom Sportwagen F-Type übernimmt.
6. Gang: Das Besondere
Das, was er nicht ist - also ein Audi, BMW oder Mercedes. Schon alleine deswegen sitzt man gerne drin, fährt damit rum, steigt aus, steigt ein - kurz: wird gesehen mit dieser anderen Business-Klasse. Und ganz objektiv betrachtet muss man sich über alles freuen, was versucht, in dem Segment einen Reifen auf den Asphalt zu kriegen. Vielfalt ist gut. Im XF ist sie umso besser, weil Jaguar nicht versucht, durch unnötige Extravaganz oder Design-Experimente aufzufallen.Design und Bedienkonzept sind Europäisch. Das Motorenangebot bietet alles, was Festland-Vertreter sich von ihrem Dienstwagen wünschen - obwohl Jaguar nur eine schlanke Palette anbietet. Neben dem vernünftigen Diesel 20d mit 180 PS oder 163 PS als Sparversion, gibt es noch den fast vernünftigen 30d mit 300 PS und 700 Newtonmetern Drehmoment. Und den nicht mehr so vernünftigen 3,0-Liter-Benziner mit Kompressor im 35t mit 340 PS. Und dann gibt es den Motor noch im XF-S, wo er sogar 380 PS leistet. Reden wir nicht drüber, wie vernünftig der ist.
Fazit
So agil und fröhlich wie der XF fährt sich selbst der aktuelle 5er-BMW nicht. Mercedes legt seine E-Klasse ohnehin eher auf Komfort aus und bei Audi gibt es nun mal keinen Hinterradantrieb im A6. Der Jaguar XF macht also vor allem die großen Dinge richtig. Kleine Schwächen hingegen verzeihen wir der kleinen Marke aus Großbritannien. Zugegebenermaßen auch, weil man sich im XF ein bisschen wie der coole Außenseiter mit Stil fühlt. So gesehen könnte man es natürlich auch gleich krachen lassen: Statt 20d also 30d oder gar 35t. Schade nur, dass der Preis dann gleich über 60.000 Euro klettert.
Jaguar XF 20d: Technische Daten
- Motor: 2,0-l-Vierzylinder-Diesel mit Turbo
- Leistung: 180 PS (132 kW) bei 4.000 U/min
- Max. Drehmoment: 430 Nm zw. 1.750 bis 2.500 U/min
- Getriebe: Achtgang-Automatik
- 0-100 km/h: 8,1 s
- Höchstgeschwindigkeit: 229 km/h
- Verbrauch: 4,3 l/100 km (NEFZ)
- Testverbrauch: 7,5 l/100 km
- CO2: 114 g/km
- Länge: 4,95 m
- Breite: 1,88 m
- Höhe: 1,46 m
- Radstand: 2,96 m
- Leergewicht: 1.595 kg
- Kofferraum: 540 l
- Preis: Ab 45.060 Euro
- Basispreis Jaguar XF: 41.350 Euro
Ein Jag mit lahmen Stinkediesel ? - nein danke!
schönes gefährt! (aber lange nicht der schönste Jaguar)
schade, dass der Diesel gefahren wurde
Der alte sah besser aus, auch innen. Das Heck erinnert an Audi, die Rückleuchten sind viel zu groß.
Und was hat ein Dieselmotor in einem Jaguar verloren? Nichts. Noch nicht mal ein V6-Diesel wie bei der deutschen Konkurrenz. Von einer schnurrenden Katze kann also nicht die Rede sein.
Ich denke ich greife doch lieber zur letzten Gen mit FL, es ist ein schönes Auto ohne Frage aber den letzten fand ich schöner.
Ohne Diesel gäbe es Jaguar heute kaum noch. Die meisten Limos fahren mitlerweile mit Diesel. Die Kombis nur noch. Ist genauso wie Porsche mit Diesel. Heute ist der Cayenne mit Diesel das Rückgrat der Firma.
Der neue XF gefällt mir mehr als der Vorgänger. Die 3. Seitenscheibe ist eine schöne Hommage an den X308 (den letzten XJ ohne Alu) und im Innenraum ist ein herrlich einfaches Aussehen drin. Die Glubsscheinwerfer des XF Vorgängers sind auch passé. Mal schauen wann ich eine Probefahrt machen kann.
Oh je.
In den 1920ern hat die Firma Franklin Autos in der Luxus-Klasse überwiegend aus Aluminium (mit sagenhaft zuverlässigen luftgekühlten Motoren) hergestellt. Franklin war damals der größte Alu-Verarbeitende Betrieb weltweit....
Jaguar gibts seit 1945.
..korrekt und auch vor einigen Jahren konnte mann sich ein Kabrio od. Porsche nicht mit
einem Diesel vorstellen und jetzt ?
Ebend, auch Jaguar muss mit der Zeit gehen..
Da stimme ich meinem Vorredner zu, ohne Diesel wäre Jaguar wohl weg vom Fenster.
Ich hatte zwei Jahre einen S-Type R -ein super Teil-, aber es nervt einfach alle 480 km
an der Tanke zu stehen.
Auch ansonsten will ich meinen Jag im Alltag nutzen und nicht nur am Wochenende
"rumheizen". Da spielen Verbrauch und Reichweite schon eine Rolle.
Der neue XF gefällt mir genauso gut wie der alte, etwas modernisieren und weiter
entwickeln ist sicher angebracht, aber von Grund auf neu erfinden muss man den
XF nicht mehr.
Den kleinen Motor würde ich wohl nicht ordern, die 1-2 Liter weniger Verbrauch
hauen es nicht raus.
Ich fahre mittlerweile seit sechs Jahren einen XF 3.0d mit 240 PS und der macht
heute noch viel Spass. Beschleunigung und Vmax reichen mir völlig aus.
Im Innenraum hört man kaum etwas davon ob Diesel oder Benziner.
Das ist Unsinn.
Sakrileg! Da muss ich doch demnächst mal nachfühlen, welch' edle Intarsien die deutsche Premiumliga an dieser prominenten Stelle V2A-vertorxt 😉.
Stilistisch fand' ich den S-Type schöner, gerade weil er mit der Formgebung an die alten Mark 2 erinnerte, und noch nicht mit "bösem Blick" und Riesen-Kühler daher kam. Das autobahntaugliche "weg da, ich hab's eilig"-Konterfei scheint aber aktuell die besseren Umsatzzahlen zu ermöglichen, leider.
...schöne Mondeo Ausstattungsvarianten!😉
Gruß RB!
Seit wann wirkt bläuliches Licht einladend???
Das wirkt eher kalt und abstoßend.
Gruß
electroman
Naja. Sieht von der Seite aus wie Audi, VW, Skoda, Hyundai, ...
Möglicherweise bin ich für die heutigen Einheitsbreifahrzeuge auch zu alt, aber ein Jaguar sieht für mich so aus. Da gehört auch kein Rohöler rein, sondern ein Benzinmotor, es ist schließlich kein Traktor.
Nach dem X350 hat Jaguar irgendwie aufgehört, Jaguars zu bauen. Schade drum.
MfG
DirkB
Und dieser Spalt, quer auf der Motorhaube, geht so auch nicht. Bei Audi kommen selbst neuere Modelle auch ohne aus! Leider auch bei BMW.