Citroën 2CV: Scheunenfund im Schwarzwald
Ente mit 15 Kilometer Laufleistung im Schuppen gefunden
Lust auf einen Neuwagen? Einfach mal im Holzschuppen nachschauen. Dort kam nach fast 30 Jahren eine nagelneue Ente zum Vorschein, mit nur 15 Kilometern auf dem Tacho.
Von Haiko Prengel
Oberwolfach – Tachostand 00015, bei einem 28 Jahre alten Auto. Dreister kann man wohl nicht am Zähler drehen? Doch der Citroën 2CV „Club“, der in Oberwolfach im Schwarzwald aufgetaucht ist, hat tatsächlich erst 15 Kilometer auf der Uhr. Die taufrische Ente, oder besser das Küken, wurde bei einer Hausräumung in einem Schuppen entdeckt. Über ein Vierteljahrhundert lang schlummerte der Quasi-Neuwagen dort hinter gestapeltem Holz, bis Mitarbeiter eines Bauhofs ihn freilegten.
„Wir wussten ja erst gar nicht, dass das so ein Schmuckstück ist“, sagt Martin Klausmann, Leiter des Bauhofs in Oberwolfach. Seine Mitarbeiter sollten ein Haus leerräumen, dessen Besitzer verstorben war. Zu dem Grundstück gehörte auch eine Scheune, komplett vollgestopft mit Kaminholz. Es dauerte einige Stunden, das Holz abzutragen. Dabei tauchte plötzlich die Karosse eines roten Citroën 2CV unter dem Brennholz auf. Das Auto war, wenig verwunderlich, völlig verdreckt und verstaubt.
Doch dann warfen die Bauhof-Mitarbeiter einen Blick in den Innenraum, der erstaunlicherweise wie neu aussah. Und auf den Tachostand. „Da haben wir gemerkt, dass wir ja praktisch einen Neuwagen ausgegraben hatten“, erzählt Martin Klausmann. Die Ente wurde mit einem Trailer abgeholt und erst einmal gewaschen. Danach zeigte sich das Blechkleid praktisch im Auslieferungszustand. Von Korrosion keine Spur, nur die Stahlfelgen zeigten leichten, oberflächlichen Rostansatz.Erstzulassung 1990, nur einmal gefahren
Wie sich bei der näheren Recherche zeigte, war der Citroën 2CV am 1. Juli 1990 erstzugelassen worden. Am Ende desselben Monats endete in Portugal endgültig die Produktion der Ente, in Frankreich hatte Citroën sie bereits 1988 gestoppt. Der Käufer fuhr mit seinem neuen Auto aber wohl nur ein einziges Mal: Vom örtlichen Autohaus zu seinem 15 Kilometer entfernten Wohnort. Dort stellte er den Wagen ab und fuhr ihn kein weiteres Mal.
Über die Gründe kann man nur mutmaßen: Ein günstiges Angebot für das Auslaufmodell? Der Wunsch, eine der letzten Enten zu retten? Das Zustapeln mit Holz hatte in jedem Fall seinen Sinn. „Der Mann wusste, was er machte“, sagt Fridolin Bonath. Denn er habe das Holz auch unter dem Auto gestapelt. So nahm es die Feuchtigkeit auf und schützte den Unterboden vor Rost.
Bonath ist der neue, glückliche Besitzer des Citroën 2CV. Die Nachricht von dem spektakulären Autofund hatte sich in Oberwolfach nämlich wie ein Lauffeuer verbreitet. Und die Gemeinde, die das Haus des verstorbenen Enten-Besitzers gekauft hatte, entschied sich zu einer Versteigerung. Viele interessierte Bürger gaben ihr Gebot für das Auto ab. Fridolin Bonath erhielt schließlich den Zuschlag.
24.500 Euro legte er auf den Tisch. Ein Neuwagen eben. Vermutlich gibt es im beschaulichen Oberwolfach niemanden, zu dem die Ente besser passt. Bonath ist Kfz-Meister und außerdem Fan französischer Autos. Sein Vater führt im benachbarten Wolfach ein Citroën-Autohaus. Sohn Fridolin teilt das Faible, fuhr schon Klassiker wie CX Turbo oder XM V6, die frühere Präsidenten-Limousine. Außerdem besaß er schon vor dem Scheunenfund einen Citroën 2CV, ebenfalls in Rot.
Aufgewachsen im Autohaus
„Ich bin aufgewachsen im Citroën-Autohaus, da entwickelt man eine bestimmte Verbindung zu der Marke“, sagt Fridolin Bonath. Auch mit den aktuellen Autos der Franzosen kann sich der 24-Jährige anfreunden. DS Automobiles, die neue Premiummarke des PSA-Konzerns, sei schon richtig gut, auch was die Qualität der Fahrzeuge betreffe, findet Bonath. Er selbst fährt momentan als Alltagsauto einen Citroën DS5. Aber auch der DS7 Crossback sei echt ein cooles Auto.
Die gute alte Ente, mit über fünf Millionen gebauten Exemplaren einer der erfolgreichsten Fahrzeuge der Automobilgeschichte, fährt er aber auch mit sehr viel Leidenschaft. „Das Schöne ist, dass man sie dank des Faltdachs als Cabriolet fahren kann“, sagt Bonath. Aber auch die Spazierstock-Schaltung und das Fahrwerk mit der berüchtigten Einzelradaufhängung machen ihm Spaß. „Die Kurvenneigung ist brutal.“ Manchmal denkt man bei schneller Fahrt, dass sie umkippt. Aber das tut die Ente nicht, sie hebt höchstens mal ein Hinterrad an.
Und wann geht die nagelneue Ente auf Kurvenfahrt, zum Kilometersammeln? Vorerst soll sie erst einmal stehenbleiben. Neue Papiere gibt es zwar, und die TÜV-Vollabnahme wurde auch gemeistert. Doch Fridolin Bonath will seinen einzigartigen Scheunenfund lieber schonen. „Ich habe das Auto als Wertanlage gekauft.“ Schade eigentlich. Nach 30 Jahren Standzeit im Schuppen würde sich die Ente bestimmt über etwas mehr Frischluft freuen.
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Technische Daten Citroën 2CV (1990)
- Motor: Zweizylinder-Benziner
- Hubraum: 597 cm³
- Leistung: 28 PS (21 kW),
- Getriebe: Viergang-Schaltgetriebe
- 0-100 km/h: 35 s
- Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h
- Verbrauch: ca. 6 l/100 km
- Leergewicht: 560 kg
- Länge: 3,830 m
- Breite: 1,480 m
- Höhe: 1,600 m
- Radstand: 2,400 m
*****
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War das damals üblich, ein Reserverad ohne Reifen im Kofferraum zu haben, oder wurde der Reifen wegen dem hohen Alter entsorgt?
Ansonsten finde ich den Fund ziemlich cool!
Schönes Fahrzeug und es werden Erinnerungen wach.
Sehr schön. Schade, dass nicht bekannt ist, was sich der ehemalige Besitzer gedacht hat.
Sehr bedauerlich finde ich jedoch, dass das gute Stück als Wertanlage gekauft wurde. Die Ente wäre besser bei einem Liebhaber aufgehoben, der sie auch fährt. Ordentlich konservieren und trotzdem den Winter und auch Regen weitestgehend meiden... Wirklich schade, dass sich die Ente weiter die Reifen platt steht.
Unglaublich, dass so etwas vor drei Jahrzehnten noch gebaut wurde. Ich nehme an, dass sich der Käufer eine Wertsteigerung verspricht? Damit zu fahren, hätte schon etwas von suizider Tendenz.
… meine Freundin hatte mal eine "Ente" und dürfte auch mal hinter's Lenkrad... einmalig die "Straßenlage"😊, wer noch nie "Ente" gefahren ist, hat wirklich was verpasst
Auf der Geburtstagsfeier meines Onkels kam einer der Gäste ebenfalls in einer roten Ente. Ein anderer Gast im neuen Porsche Cabrio.
Alle haben die Ente die Ente bestaunt, weil man sowas einfach nicht mehr im Alltag sieht😎
Bei mir in der Arbeit (über 5.000 Leute am Standort) steht täglich u. a. eine Ente. Aber auch andere ältere Fahrzeuge.
Neulich ein Morgan Threewheeler.
Meins wär´s tatsächlich nicht.
Ich bekomme schon Komplexe, wenn ich meinen Kleinwagen neben einen Range Rover stelle. Man stelle sich vor was der mit einer Ente macht.
Aber es gibt eben mutige Leute, die außerdem darauf sch... wenn´s dem Hintermann nicht schnell genug geht. 35 Sekunden von 0-100 km/h sind eben eine Ansage und wenn man dann ohnehin nur 70 bis 80 km/h auf der Landstraße fährt, schön die Fenster offen... hat was... 😎 😊
@gttom:
Solange man das Ding nicht vor sich fahren hat, mag es jeder gerne ansehen. Aber wehe man muss hinterherfahren, dann fangen sie alle das Fluchen an. Da sieht man mal wie gestört die Leute sind. 😕
Anfang der 1970er war neben dem Renault R4 die Ente das meistgefahrene Auto unter meinen Mitstudenten. Käfer, Kadett, kleine Fahrzeuge anderer Hersteller (Simca, Fiat, Peugeot, Ford, ....) folgten weit abgeschlagen. Artikel über die Ente wecken immer schöne Erinnerungen, auch wenn ich heute in keinem Fahrzeug dieser Art auf keinen Fall mehr im Großstadtverkehr oder auf Langstrecken unterwegs sein möchte. Weniger wegen des Komforts, eher wegen des Crashverhaltens.
Da finde ich es vollkommen richtig, so einen weitgehend neuwertigen Scheunenfund als Sammler- und Ausstellungsobjekt zu erhalten, statt das Fahrzeug im Alltagsverkehr zu verschleißen.
Wer Details über die teils wirklich außergewöhnliche Technik der Ente nachlesen möchte, findet hier eine umfangreiche, mehrteilige Darstellung: https://www.heise.de/.../...ik-im-Citroen-2CV-erster-Teil-2775898.html
Ich würde fahren, man lebt nur einmal...
Für mich liest sich das so als ob der Erstbesitzer schon auf eine Wertsteigerung spekuliert hat. Warum sonst ist er den Wagen in fast 30 Jahren nicht einmal gefahren und warum sonst hat er sich mit der Einlagerung so viel Mühe gegeben?
Warum Vollabnahme? Reicht da nicht eine erweiterte HU? Aber egal, eine Vollabnahme bei so einem Fund ist eh eine lockere Sache.
Zum Glück war das Fahrzeug einmal zugelassen gewesen und somit war die Wiederzulassung kein Problem. Nur bei einem so alten Auto, das noch nie zugelassen war, wäre es nahezu unmöglich, wegen der heute gültigen Abgasvorschriften, welche übrigens der Ente den Garaus machten.
Wie kommen hier alle auf das Thema Wertanlage? Davon habe ich im Bericht nichts gelesen. Das wird ein Werbeobjekt des Autohauses sein und auch ab und zu fahren dürfen.
Was ist an der Einzelradaufhängung der Ente so berüchtigt, geht meine Frage an den Redakteur. Die Ente war konstruiert einen Korb Eier unbeschadet über schlechte Wege zu bringen. Das können die tiefgelegten Stylingcards heute nicht. Dem Artikel merkt man an, dass dem Schreiber das Gefühl für diese Autos völlig fehlt.
Verstehe nicht, wie man für so eine lahme Kiste knapp 25.000€ hinlegen kann, was könnte man sich dafür für schöne Autos kaufen...
Aber eine Ente? Das wäre nun wirklich das Letzte, wofür ich so viel Geld ausgeben würde.
Die Frage wäre ob der Wagen tatsächlich schon einmal zugelassen war. Das könnte zumindest eine Erklärung sein. H-Abnahme wird der Wagen ja noch nicht gebraucht haben.
Weil der jetzige Besitzer so zitiert wird:
„Ich habe das Auto als Wertanlage gekauft.“
Ganz tolles Auto, aber ich glaube, die angegebenen 120 schafft die Ente nicht. Ich habe sowas von ca. 107 km/h in Erinnerung.
j.