Porsche 911 991 4 GTS und 996 4 Cabriolet: Vergleich

Erst kam das Wasser, dann die Druckluft

Constantin Bergander

verfasst am Sat Jan 02 14:17:43 CET 2016

Seit 1997 kühlt Porsche 911-Motoren mit Wasser. Heute saugen sie ihre Verbrennungsluft nicht mehr selbst ein. Wir vergleichen den ersten mit dem letzten Wasser-Sauger.

Zwei Elfer im Vergleich: Im 996 führte Porsche die Wasserkühlung ein. Der 991 ist der letzte Elfer mit Saugmotor in den Basisversionen
Quelle: MOTOR-TALK

Berlin – Eine Zäsur in der 911-Entwicklung schmeckt manchen bis heute bitter. Porsche-Fans sind Traditionalisten, viele von ihnen altmodisch. Niemand sonst hätte sich 1997 über die Abschaffung der Luftkühlung echauffiert. Ihr wisst schon: Das, was bei Käfer, Trabi und Tatra so toll funktioniert hat.

2015 wiederholte sich die Geschichte. Wieder ein Einschnitt in der 911-Tradition. Dieses Mal gab es Turbolader für die Basismodelle. Porsche modernisiert, Nostalgiker jammern. Und sie zitieren Walter Röhrl. Der hat früher gemeine Sachen über Turbomotoren gesagt, die jetzt toll zum Traditionsbruch passen. Sorgen muss sich aber niemand machen: Der geliftete 911 mit Turboladern spricht so spontan an wie der Sauger.

Der GTS röhrt lauter als unser 996 - Porsche installiert serienmäßig einen Klappenauspuff
Quelle: MOTOR-TALK
Wir nutzen den Moment der Umstellung für einen Rückblick. Vor rund 18 Jahren floss erstmals Kühlwasser durch einen Elfer-Motor. Bis vor Kurzem fuhr er ohne Überdruck im Saugrohr. Wir vergleichen deshalb unseren Dauertester, ein Porsche 911 Cabriolet der Baureihe 996, mit seinem Enkel: einem 911 GTS der Baureihe 991 - der letzten ohne Turbo-Unterstützung.

Spiegelei und Wasserkühlung: Porsche 911 996

Unser Dauertester stammt aus dem Modelljahr 2002. Einige Monate vor seiner Erstzulassung vertrieb ein Facelift das Eigelb aus den berühmten „Spiegelei“-Scheinwerfern. Im Heck röhrt die zweite Generation des Wasserboxers. 3,6 Liter Hubraum erzeugen 320 PS und 370 Newtonmeter Drehmoment. Vier Ventile pro Zylinder steuern den Fluss von Gemisch und Abgasen, Aktuatoren lenken Ventilhub und Steuerzeiten. Im Vergleich zum luftgekühlten Vorgänger gab es 34 PS mehr Leistung und einen halben Liter weniger NEFZ-Durst.

Mit dem Modell 996 wurde der Elfer allerdings pummelig. Der Porsche streckt sich auf 4,44 Meter Länge. Das Lenkrad sucht trotzdem noch Körperkontakt. Sitze mit Lehnen in Coke-Bottle-Form wirken altmodisch, schmiegen sich aber fein an Schenkel und Rücken. Schwarzes Leder spannt auf einem Armaturenbrett aus hartem Kunststoff.

Knöpfe, Displays und ein dicker Po: Porsche 911 991 GTS

Serienmäßig im 991 GTS: schwarze 20-Zöller
Quelle: MOTOR-TALK
Nach seiner Wasser-Premiere wuchs der Elfer weiter. Das aktuelle Modell misst gut 4,50 Meter in der Länge und 1,85 Meter in der Breite. Das Gewicht des Cabriolets mit Allradantrieb stieg auf 1.515 Kilogramm – 30 Kilo mehr Gesamtmasse als unser Dauertester. Auf kurzen Strecken können dafür (kleine) erwachsene Menschen auf den Rücksitzen mitfahren. Beim 996 ist das undenkbar.

Was unser Dauertester im Innenraum gut kann, macht der Neue besser. Seine Sitze halten uns fester, die Oberflächen wirken edler und er passt zu jeder Körpergröße. Endlich reibt das Lenkrad nicht mehr an den Schenkeln, die Gänge klacken präziser in die Gassen. Neben dem aktuellen Cockpit wirkt die 90er-Jahre-Landschaft des 996 alt und überholt. Dafür ist sie übersichtlich: Der Alte kommt mit sehr wenigen Knöpfen aus.

Im Vergleich: Porsche 911 996 und 991 Cabrio

Zwischen den Motoren der beiden Elfer-Generationen liegen etwa 15 Jahre Entwicklungszeit. Sie ähneln sich auf den ersten Blick, unterscheiden sich aber technisch. Der 991 spritzt seinen Sprit direkt in die Brennräume, auf dem Papier gut einen Liter weniger als der 996. Die Ölpumpe arbeitet elektrisch, das Wasser kühlt genauer („Thermomanagement“), die Verdichtung liegt höher (12,5:1 statt 11,3:1). In der Basisversion ist er 30 PS und 20 Newtonmeter stärker als unser 996.

Unser Dauertester zeigt seinen Motor. Der aktuelle Elfer hat nur eine Wartungsklappe
Quelle: MOTOR-TALK
Unser Opa-Elfer fährt seinem Nachfolger kaum hinterher. In der Beschleunigung trennt die beiden weniger als eine Sekunde, in der Spitze fährt der 991 gut 20 km/h schneller. Beide Motoren sprechen spontan an und drehen mit Schwung in den roten Bereich, die Fahrwerke reagieren gut und schnell. Natürlich schiebt der Neue etwas stärker, er liegt sicherer auf der Straße und steifer in der Kurve. Schwach oder labil fühlt sich der 996 im Vergleich trotzdem nicht an.

Der auffälligste Unterschied zwischen alt und neu liegt im Verbrauch. Im Berliner Stadtverkehr gönnt sich unser Dauertester im Durchschnitt etwa 14 Liter Super Plus pro 100 Kilometer. Der Neue rollt mit etwa zwölf Litern durch die Stadt. Eine Start-Stop-Automatik und ein toll abgestimmtes Siebengang-Schaltgetriebe sparen Kraftstoff.

Streng genommen ist der GTS eine Ausstattungsvariante. Als Basis dient der 911 Carrera S mit 3,8-Liter-Boxer und 400 PS. Hinzu kommt eine Leistungssteigerung um 30 PS, eine Sportauspuffanlage, Felgen mit Zentralverschluss und ein paar schwarz lackierte Details. Er blickt böser als schwächere Elfer, röhrt lauter und fährt etwas schneller. Mit ähnlicher Ausstattung spart er sogar ein paar Euro.

Das Verdeck knarzt, aber die Technik hält mit

Leder, Alcantara und viel Platz: Der Innenraum des 911 991
Quelle: MOTOR-TALK
Mit fast 100.000 Kilometern hat unser 996 bereits viel erlebt. Die Vorderachse fühlt sich deshalb nicht ganz präzise an. Sein Alter wirkt sich insgesamt aber wenig auf die Technik aus. Fahrwerk, Lenkung, Motor und Getriebe wirken modern und fit. Lager und Achsgeometrie lassen mehr Bewegungen zu, er wankt und nickt stärker als sein Enkel.

Sein Dach sitzt nicht mehr so fest wie vor knapp 15 Jahren. Die Kapuze reibt sich an Säulen und Scheiben, sie knarzt und ächzt. Akustische Patina, ohne technische Relevanz. Wer an dieser Stelle Perfektion braucht, der findet sie beim neuen Elfer – für gut 100.000 Euro Aufpreis gegenüber unserem Oldie. Ob sein Dach in 15 Jahren straffer anliegt, muss sich zeigen.

Besonders begeistert haben uns bei beiden Autos die Antriebe. Die Elfer können ruhig im Verkehr mitschwimmen oder mit viel Krawall über Landstraßen brettern. Das Drehmoment entwickelt sich schöner als die Blumen in Muttis Garten. Mittlerweile geht es beim Elfer aber weniger um ein puristisches Fahrgefühl als um Geschwindigkeit, Umwelt und Komfort. Die meisten Kunden kaufen ein Doppelkupplungsgetriebe. Einen Nachfolger der manuellen Schaltbox wird es vermutlich nicht geben.

Die Umstellung auf Turbomotoren kürzt das 911-Angebot. Die Basismodelle werden stärker und rücken näher an den GT3. Porsche streicht die Zwischenstufe GTS, bisher ein Lückenfüller zwischen Basis und Scharf. Insgesamt fallen fünf Antriebs- und Karosserievarianten weg, das Elfer-Programm schrumpft von bisher 21 auf vorerst 16 Modelle. Immerhin: Gerüchten zufolge plant Porsche einen letzten, starken Sauger.

Porsche 911 Carrera 4 GTS 991 und 911 Carrera 4 996: Technische Daten

  • Modell: Porsche 911 Carrera 4 Cabriolet, Typ 996
  • Hubraum: 3.596 cm3
  • Getriebe: Sechsgang-Handschaltung, Allradantrieb
  • Leistung: 320 PS
  • Max. Drehmoment: 370 Newtonmeter
  • Verbrauch: 11,2 l/100 km (NEFZ)
  • Testverbrauch: ca. 14 Liter (Stadtverkehr)
  • 0 - 100 km/h: 5,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 280 km/h
  • Leergewicht: 1.485 kg
  • Wert: ca. 25.000 Euro
  • Modell: Porsche 911 Carrera 4 GTS Cabriolet, Typ 991
  • Hubraum: 3.800 cm3
  • Getriebe: Siebengang-Handschaltung, Allradantrieb
  • Leistung: 430 PS
  • Max. Drehmoment: 440 Newtonmeter
  • Verbrauch: 10,0 l/100 km (NEFZ)
  • Testverbrauch: ca. 12 Liter (Stadtverkehr)
  • 0 - 100 km/h: 4,4 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 303 km/h
  • Leergewicht: 1.515 kg
  • Preis: ab ca. 130.000 Euro

Unser Testwagen hat 430 PS: Im 911 Carrera 4 GTS arbeitet ein 3,8-Liter-Sauger
Quelle: MOTOR-TALK
Die Linien sind ähnlich. Der neue Elfer ist größer, moderner und schwerer
Quelle: MOTOR-TALK
Das durchgehende Leuchtband tragen alle Allrad-Modelle der Baureihe 991. Beim 996 nur die S-Version
Quelle: MOTOR-TALK
Spiegeleier: Zum Facelift entfernte Porsche das Eigelb aus den Scheinwerfern
Quelle: MOTOR-TALK
Der GTS röhrt lauter als unser 996 - Porsche installiert serienmäßig einen Klappenauspuff
Quelle: MOTOR-TALK
Basispreis 991 Carrera 4 Cabriolet: Etwa 130.000 Euro. Unser Dauertester kostet etwa 25.000 Euro
Quelle: MOTOR-TALK
285er Reifen auf der 996-Hinterachse. Der 991 trägt hinten 305er Pneus
Quelle: MOTOR-TALK
Beide Elfer bremsen stark und sicher. Der 991 verzögert bissiger
Quelle: MOTOR-TALK
Serienmäßig im 991 GTS: schwarze 20-Zöller
Quelle: MOTOR-TALK
Allrad-Modelle der aktuellen Generation haben eine breitere Spur an der Hinterachse
Quelle: MOTOR-TALK
Unser Dauertester zeigt seinen Motor. Der aktuelle Elfer hat nur eine Wartungsklappe
Quelle: MOTOR-TALK
Öl, Wasser und Luft: Alles andere bekommt der 991 in der Werkstatt
Quelle: MOTOR-TALK
Leder, Alcantara und viel Platz: Der Innenraum des 911 991
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Nach dem 996 gab es bei Porsche wieder runde Scheinwerfer
Quelle: MOTOR-TALK
Serienmäßig im 911 GTS: "Sport Chrono Paket" mit Uhr und "Sport Plus"-Fahrmodus
Quelle: MOTOR-TALK
Rundinstrumente gehören zum Elfer wie der Boxer im Heck. Im 991 ist eins von ihnen ein Display
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Beide Cabriolets öffnen ihre Kapuzen per Knopfdruck im Innenraum oder auf der Fernbedienung
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911: Verdeck
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911: Verdeck
Quelle: MOTOR-TALK
Verdeck-Vergleich: Der 996 öffnet und schließt im Stillstand innerhalb von 20 Sekunden. Der Neue bis Tempo 50 in 13 Sekunden
Quelle: MOTOR-TALK
Komfortfunktion: Beim Einsteigen fährt der Fahrersitz zurück - auch, wenn jemand auf der Rücksitzbank sitzt
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 991 Carrera 4 GTS Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 996 4 Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 996 4 Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 996 4 Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK
Porsche 911 996 4 Cabriolet
Quelle: MOTOR-TALK