Mercedes E-Klasse (W213) 2016: Fahrbericht
Erste Fahrt in der neuen E-Klasse
Der W123 gilt als die letzte echte Limousine mit Stern, die den Ruhm der Marke in Blech prägte. Der W213 wird sein Erbe. Wir konnten bereits mit der neuen Mercedes E-Klasse fahren.
Von MOTOR-TALK-Reporter Stefan Grundhoff
Los Angeles - Vergesst die Vergangenheit, hier rollt die Zukunft. 160 Meilen vor Las Vegas legt Michael Kelz, Chefentwickler der neuen E-Klasse, die Hände in den Schoß. Meine ruhen auf meinen Oberschenkeln. Wir beide besetzen die Vordersitze im stark abgeklebten Prototyp des neuesten, fahrbaren Mercedes. Der W213 wird der Nachfolger der aktuellen E-Klasse. Das Tuch zieht Mercedes zum Jahresanfang 2016 vom Blech, in der Dienstwagenauswahl taucht der Wagen zum ersten Mal im April/Mai 2016 des kommenden Jahres auf.
Er wird die leasenden Unternehmen und deren Mitarbeiter entspannen. Die Kasse, weil der Wagen nicht teurer, aber sparsamer wird. Die Fahrer, weil dieser E automatisierter, sprich: selbstständiger fährt als jedes andere Auto dieser Art.
E-Klasse mit Autopilot
Kelz sitzt hinter dem Lenkrad, gesteuert wird es vom Drive Pilot. Eine Art Autopilot, an den wir uns in den kommenden Jahren gewöhnen werden. Der Roboter im Auto erkennt Verkehrsschilder, andere Fahrzeuge, Fußgänger, Fahrbahnmarkierungen, schätzt Distanzen genauer und hält Abstände akkurater.
Bis hier verharren die Hände bewegungslos. Erst jetzt blinkt ein Symbol im Cockpit: „Bitte Lenkrad anfassen“. Das System prüft so die Aufmerksamkeit des Lenkers. Kaum spürbar streicht Kelz über einen der beiden Touchtaster am Lenkrad. Dann lehnt er sich wieder zurück. Unverändert rollt der Mercedes E 400 Richtung Norden. Als wir uns einer Kolonne Lastwagen nähern, verlangsamt der Wagen seine Fahrt. Seelenruhig betätigt Michael Kelz den Blinker, das 333-PS-Modell wechselt automatisch die Spur. Kelz hat die Beine angewinkelt und drückt den Schalter am Mitteltunnel auf Sport. Die E-Klasse schaltet zurück, beschleunigt schneller, und überholt – automatisch.
Theoretisch könnte der Fahrer jetzt E-Mails oder Nachrichten lesen. Noch fehlt es dafür an Erfahrungen, und an gesetzlichen Regelungen. Doch auch so ist der Roboter im Inneren des W213 dem mitlenkenden Fahrer überlegen. Über eine Server-Verbindung bekommt das Auto Infos zur Straßenlage, also zu Staus und Unfällen. Es bremst gegebenenfalls aus Tempo 100 bis zum Stand, achtet auf Passanten und arbeitet gegen jeden möglichen Unfall.
Die Vision des unfalllosen Fahrens wird greifbarer, realer. Wie immer bleibt auch hier der Mensch unverändert die Quelle der Gefahr. Aber der Roboter achtet auf den Fahrer. Und bremst ihn soweit möglich aus.
70 Kilo weniger
Nach diesem ersten Ausflug in die Autonomisierung des Fahrens auf echten Straßen mit echtem Verkehr verblassen weitere, wichtige Eigenschaften des Autos. Es behält unverändert Stahlfedern, dämpft damit erwartungsgerecht sanfter als zuvor. 70 Kilo verliert das Auto an Gewicht. Das hilft. Wie schon die C-Klasse und vor allem der Mercedes GLC definiert die neue E-Klasse endlich einen eigenen Stil beim Fahrkomfort. Weniger dynamisch als bei den Mitbewerbern, weniger aggressiv. Aber auch nicht mehr trutschig, schaukelig wie bei vergessenen Vor-Vorgängern.
Gut gelungen ist vor allem der Geräuschkomfort. Optional gibt es wie bei C- und GLC-Klasse eine Luftfederung. Die Außen- und Innenmaße gewinnen gering. Am meisten profitieren Fahrer und Beifahrer, weil die Vorderachse nach vorn gezogen wurde. „Der Laderaum bleibt dagegen weitgehend gleich“, sagt Erprobungsleiter Hubert Schneider.
Bei einem insgesamt so fortschrittlichen Auto erscheint eine Entscheidung überholt: Für Navigation, LED-Scheinwerfer und animierte Instrumente verlangt Mercedes Aufpreis. Das kann man machen, weil die Einnahmequelle in diesem Bereich noch sprudelt. Tatsächlich setzen dabei schon heute viele Fahrer auf ihr eigenes, ins Smartphone integrierte Navi.
Zum Start im April 2016 gibt es zwei Motoren. Den 184 PS starken E 200 und den 194 PS starken E 220d. Um dessen neuen Vierzylinder (interne Bezeichnung OM 654) haben die Stuttgarter zumindest das europäische Motorenangebot gestrickt. Der 2,0 Liter große Aluminiummotor kommt später mit 150 und 231 PS und bleibt serienmäßig an eine Sechsgang-Handschaltung gekoppelt. Die meisten Kunden entscheiden sich in der Preisliste für die Neungang-Automatik. Der Verbrauch soll laut Norm bei knapp vier Litern Diesel liegen. Allrad steht für viele Motorisierungen als Extra bereit.
Stärkere Versionen bis Ende 2016
Bis Ende 2016 folgen stärkere Versionen (E 250, E 300, E 400) mit einem Leistungsspektrum zwischen 211 und 333 PS. Bis die Mercedes S-Klasse 2017 im Rahmen der Modellpflege neue Motoren und endlich einen konkurrenzfähigen Sechszylinder-Diesel bekommt, bleibt der betagte V6-Selbstzünder (interne Bezeichnung OM 642 mit drei Litern Hubraum und rund 260 PS) die Topversion. Zudem kommt die neue Mercedes E-Klasse mit Plug-in-Hybrid für Benziner und Diesel. Später mit zukunftsträchtiger 48-Volt-Technik.
„Wir wollten durchaus eine kleine S-Klasse bauen“, unterstreicht Michael Kelz. „Wir setzen mit dem neuen Modell Maßstäbe. Doch das ist nicht einfach, denn die E-Klasse hat bei uns eine maximale Spreizung. Von der einfachen Taxiversion bis zum AMG-Topmodell. Da jeden Kunden zufrieden zu machen, ist eine ganz schöne Herausforderung.“ Sagt Kelz, überlässt der E-Klasse wieder das Steuern gen Las Vegas und lehnt sich zurück. Die Arbeit ist fast fertig.
Update: Erste offizielle Bilder zur Mercedes E-Klasse W213 und weitere Infos seht Ihr hier.
Lest hier weiter: Mercedes E-Klasse (W 213): Fahrbericht Teil 2, Test, Preisvergleich
Wenn das autonome Fahren gut funktioniert, dann wär mal wieder ein Neuwagen angebracht 😊
hmm eine neue kleine s klasse oder eine große c klasse...sieht ja 1 zu 1 gleich aus zu denen
Hm. Bin ich der einzige, dem das aktuelle Heckdesign der E-Klasse sehr gut gefällt? Das sieht mMn deutlich schöner aus als bei C- & S-Klasse.
Dass die E-Klasse jetzt auch dieses glubschige China-Design wie die anderen Limousinen bekommt ist wirklich schade. Da soll mal jemals noch ein Mercedes-Fahrer über langweiliges Einheits-Design bei BMW oder Audi schimpfen.. Was Daimler da abliefert setzt dem ganzen die Krone auf.
Dieses "Dach" über den Armaturen sieht genau so daneben aus wie die serienmässigen Analog-Instrumente (gibt ja schon Paparazzi-Fotos vom ungetarnten Innenraum).
Was sind das für glänzende Knubbel am Lenkrad? Sagt nicht, dass das zwei berührungsempfindliche Felder sind, bitte....
Was die Fahrassistenz angeht kommt halt die Überholfunktion dazu, die restlichen Funktionen gibt es ja bereits am Markt.
Dass der "Autopilot" aber nur aus Tempo 100 bis 0 abbremst, ist eher enttäuschend. Wer seinen Tempomaten bei 120 oder 130 setzt, kann also immernoch kein Nickerchen machen.. 😉
Beim 7er z.B. arbeitet das System afaik bis 210km/h.
Bekommt die E-Klasse denn mit dem W213 endlich auch nützliche Extras wie HUD oder Nachtsichtassistenten? Oder fährt man doch lieber weiterhin der Konkurrenz hinterher?
Wie verhält es sich mit dem Tankvolumen? Wird das noch weiter verkleinert, um wenigstens mit ein bischen Gewichtsersparnis werben zu können? Oder bleibt es bei den (ohnehin bescheidenen) 59 Litern?
Ja, wird optisch zwischen C- und S-Klasse liegen...
Bin mal gespannt ob auch die E-Klasse so einen aufgesetzten Bildschirm auf die Mittelkonsole bekommt - ist den Bildern nach schwer zu sagen. Auf jeden Fall nicht besonders schön 🙁
Die letzte schöne E-Klasse (meiner Meinung nach!) war der W212, besonders die Vormopf-Variante von 2009 bis 2012, wobei die Mopf-Variante jetzt auch nicht soooo schlecht war/ist.
Danke!
Ich dachte schon, es geht nur mir so..
PS:
Hier mal Fotos vom halbwegs ungetarnten Innenraum des W213 und Videoaufnahmen von minimal getarnten Prototypen.
Nö, finde ich seit Facelift eigentlich auch ganz gut. Was dieses "bleibt eigenständig im Design" im Artikel soll verstehe ich auch nicht. Noch mehr C/S-Klasse kann das ja wohl kaum sein. Nie war das Design bei einer E-Klasse vorhersehbarer als beim W213.
Ja, die Tarnung ist eigentlich nicht mehr nötig:
http://s1.cdn.autoevolution.com/.../...hots-photo-gallery-100488_1.jpg
Edit: Hast dir ja schon selbst geholfen! 😉
Bzgl. Touchtaster, steht doch im Artikel:
Der Stoff, der bei den Bildern oben das Cockpit abdeckt, hat eine "Klappe" genau da wo das HUD sitzen müsste, also ja.
Ich meinte eher, ob die auch zur Steuerung gebraucht werden. Wenn sie nur für den Aufmerksamkeits-Test da sind, geht es ja noch.
Bei dem Stoff war ich mir nicht sicher, ob es nur Falten sind, oder ob es da wirklich eine Lücke für ein HUD gibt. 4 Augen sehen halt doch besser als zwei. 😉
Ist ja schon nicht schlecht, da hat Daimler nur etwa 13 Jahre länger gebraucht als die Münchner Konkurrenz... 😆
Gute Frage, ich hoffe mal eher nur für den Test...am Lenkrad halte ich haptisches Feedback schon für sinnvoller.
Hmm.... immerhin kein Tablet das auf die Mittelkonsole gestellt wurde. Aber dafür sieht es wie ein Tablet aus, das in die Mittelkonsole reingeklemmt worden ist. Sehr seltsam! Ist mal was anderes, das muß auch mal positiv betont werden, aber so wirklich stimmig finde ich das jetzt nicht.
Also aktuell hat der BMW 5er und der Audi A6 den schöneren Innenraum! Und auch außen sehen beide besser aus!
Hab ich auch gedacht. Das aufgesetzte Tablet bei den anderen Modellen liegt zumindest höher und ist funktionaler.
Also Irgendwie glaube ich nicht, dass das Ganze so kommen wird. Diese Tachoringe mit echten Nadeln und plumpen Ringen, soll seriennah sein? Eigentlich unmöglicg! Und noch die Theke über dem Tacho.
Jetzt versuche ich noch, mir das E-Cabrio mit diesem Interieur vorzustellen ... mir wird schlecht.
Die Technik wird aber wahrscheinlich top sein.
Stimmt, der ganze Tacho sieht komisch aus!
Mal schauen ob das alles am Ende tatsächlich so aussehen wird...
Die Technik wird bestimmt wieder gut sein, wie in der oberen Mittelklasse üblich!
Seltsam... Mein W212 von 2010 hat einen Nachtsichtassistent
ab Werk.
Und wie kommt die Gewichtsreduzierung zustande? Hoffentlich nicht nur größtenteils durch einen deutlich kleineren Serientank als bisher...
Schade, dass es bis zu den R6-Motoren noch eine Weile dauern soll...
Übrigens: Selbstfahrer brauchen den ganzen Assistenzkram nicht!
Der ganze Elektronikfirlefanz ist mir sowieso suspekt. Nach meinem Empfinden nimmt das langsam unheimliche Ausmaße an. Bald gibt es für jeden Handgriff und jede Eventualität Assistenten... City-Safety und einen radargesteuerten Tempomaten lasse ich mir als Sicherheitsunterstützung und Komfortextra ja noch gefallen, aber dann ist mein Bedarf gedeckt.
Der 2. oder 3. Besitzer des W213 wird sich dann freuen, wenn der Elektronikkram nach ein paar Jahren Ärger machen sollte und teure Komponenten oder Steuergeräte fällig sind.