Übersicht: Euro-6-Diesel ohne SCR-Kat

Euro 6 geht (noch) ohne AdBlue

Constantin Bergander

verfasst am Fri Nov 10 09:00:51 CET 2017

In modernen Selbstzündern säubert die Harnstofflösung „AdBlue“ die Abgase. Das gilt allerdings nicht für alle Autos. Wir haben zusammengefasst, welche anders reinigen.

Manche Autofahrer wollen keinen Diesel mit Adblue-System. Noch gibt es Alternativen, aber bis 2019 wird ihre Zahl deutlich abnehmen
Quelle: mobile.de, BMW, Ford, FCA, Skoda, Mazda, Opel

Berlin – Das Universalmittel gegen Stickoxide heißt „Adblue“. Eine Harnstofflösung, die im warmen Dieselabgas schädliche Stoffe wegwäscht: Sie reagiert zunächst zu Ammoniak, dann mit dem schädlichen Stickstoffdioxid (NO2) zu harmlosem Stickstoff (N2) und Wasser. Das Ganze passiert im sogenannten SCR-Kat.

Seit der Einführung der Abgasnorm Euro 6 setzen viele Autokonzerne bei ihren Selbstzündern diese Technik ein. Spätestens mit der Euro-6d-Temp-Norm kommt voraussichtlich der flächendeckende Einsatz. Dann kann sich kein Hersteller mehr hohe Stickoxid-Werte im Realbetrieb leisten. Zuverlässig klappt das nur mit Adblue. Momentan geht es aber noch anders.

In kleineren BMW-Baureihen werden bisher flächendeckend sogenannte NOx-Speicherkatalysatoren eingesetzt
Quelle: BMW
Seit 2015 diskutieren MOTOR-TALKer darüber, welche Diesel ohne AdBlue die Euro-6-Norm schaffen. Die Gründe für die Suche nach solch einem Auto sind vielfältig: Weniger Komplexität im Abgassystem, günstigere Anschaffung oder der Wunsch, nicht auf einen weiteren Flüssigkeitsstand achten zu müssen. Wir haben bei den Herstellern angefragt, welche Autos dafür heute konkret in Frage kommen.

SCR-Kats mit AdBlue-Einspritzung: Vor allem in großen Autos

Derzeit fahren noch viele Neuwagen ohne SCR-Kat. Die strenge Norm Euro 6d-Temp gilt seit dem 1. September 2017 für neu typisierte Fahrzeuge, zwei Jahre später für alle Neuwagen. Das Gros der heute erhältlichen Fahrzeuge muss nur Euro 6b erfüllen. Die misst nach NEFZ-Protokoll, also ohne realitätsnahe Straßenchecks. Das erlaubt günstigere Lösungen bei der Abgasreinigung.

Beispiel Mercedes: Einen AdBlue-Tank gibt es erst ab der C-Klasse. A-, CLA-, GLA- und B-Klasse reinigen die Abgase ohne die Lösung. Allerdings nicht mehr lange: Anfang 2018 startet die neue Generation der A-Klasse. Die technischen Geschwister folgen voraussichtlich innerhalb eines Jahres. Mit den Modellwechseln kommen die SCR-Kats.

Ähnlich sieht es bei BMW aus. Große und schwere Autos spritzen AdBlue in die Abgase. Dazu zählen die SUV X5 und X6 sowie die Limousinen 5er, 6er GT und 7er. Alle kleineren Modelle, also 1er, 2er, 3er, 4er, X1, X3, X4 reinigen mit sogenannten NOx-Speicherkatalysatoren, also ohne AdBlue. Einzige Ausnahme: Die auslaufende 6er-Reihe verzichtet ebenfalls auf AdBlue. Für sie lohnt sich eine Überarbeitung der Abgasreinigung nicht mehr.

VW verzichtet aktuell in Golf, Scirocco, Beetle und Passat 1.6 TDI (120 PS) auf SCR-Kats
Quelle: Volkswagen
Audi setzt SCR-Kats in allen Autos mit Längsmotoren ein, also ab den Modellen A4 bzw. Q5. Hinzu kommen Audi Q3 (alle Diesel) und der Audi Q2 mit dem großen Diesel (2.0 TDI). Bedeutet: Alle A1, A3 und TT sowie der Q2 mit kleinem Diesel fahren ohne AdBlue.

Bis zur Kompaktklasse oft ohne SCR-Kats

Die übrigen VW-Konzern-Marken orientieren sich ebenfalls an Fahrzeuggröße, Gewicht und Alter. Seat bietet Toledo, Leon und den kleinen Ateca ohne SCR-Kat an. Bei Skoda tanken Fabia, Rapid und Octavia kein Adblue, außerdem die Basis-Diesel in Superb und Karoq. VW verzichtet in Golf, Scirocco, Beetle und Passat 1.6 TDI (120 PS) auf diese Technik. Im kleinen Passat gibt es gegen Aufpreis einen AdBlue-Tank. VW Polo und Seat Ibiza sind noch nicht mit Dieselmotoren verfügbar. Sie bekommen SCR-Kats.

Opel setzt AdBlue in allen Crossland X, Grandland X, Zafira und Cascada ein, außerdem bei den großen Dieseln des Insignia. Corsa, Astra, GTC und Mokka X fahren ohne die Harnstofflösung. Infiniti verkauft nur den Q30 ohne SCR-Kat.

Klare Haltung: Marken mit und ohne AdBlue-Einspritzung

Bei anderen Herstellern geht es weniger kompliziert. Bentley, Peugeot, Citroën, DS, Porsche, Jaguar und Land Rover liefern ihre Diesel ausschließlich mit SCR-Kats aus. Alfa Romeo, Fiat, Ford, Dacia, Honda, Mazda, Kia, Hyundai, Mitsubishi, Mini, Toyota Nissan, Renault und Volvo haben zum jetzigen Zeitpunkt keine Diesel-Pkw mit SCR-Tanks im Angebot.

Das wird sich ändern. Ford kündigt an, bis zum 1. September 2018 alle Modelle auf die neue Abgasnorm umgestellt zu haben. Volvo installiert SCR-Kats sehr bald bei den SUV (XC90 D5 AWD, XC60 D4 AWD und D5 AWD, XC40 D4 AWD). Mazda stellt 2018 um, nennt aber noch keine Details. Mitsubishi installiert zunächst im neuen Eclipse Cross Diesel (ab Frühjahr 2018) einen SCR-Kat. Honda bietet im neuen CR-V keinen Diesel an. Die anderen Hersteller arbeiten an der Umstellung auf SCR.

Übersicht: Diesel-Pkw ohne SCR-Kat (Stand: November 2017)

  • Alfa Romeo: Alle Modelle
  • Audi: A1 (alle), A3 (alle), TT (alle), Q2 1.6 TDI
  • Bentley: -
  • BMW: 1er, 2er, 3er, 4er, X1, X3, X4, 6er (außer GT)
  • Citroën: -
  • DS: -
  • Dacia: Alle Modelle
  • Fiat: Alle Pkw-Modelle (SCR nur bei Nutzfahrzeugen)
  • Ford: Alle Pkw-Modelle (SCR nur bei Nutzfahrzeugen)
  • Honda: Alle Modelle
  • Hyundai: Alle Modelle
  • Infiniti: Q30 (alle)
  • Jaguar: -
  • Jeep: Wrangler, Renegade, Compass, Cherokee
  • Kia: Alle Modelle
  • Land Rover: -
  • Mazda: Alle Modelle
  • Mercedes: A-Klasse, CLA-Klasse, GLA-Klasse, B-Klasse
  • Mini: Alle Modelle
  • Mitsubishi: Alle Modelle
  • Nissan: Alle Pkw-Modelle (SCR nur bei Nutzfahrzeugen)
  • Opel: Corsa (alle), Astra (alle), GTC (alle), Mokka-X (alle), Insignia 1.6 CDTI (120 und 136 PS)
  • Peugeot: -
  • Porsche: -
  • Renault: Alle Pkw-Modelle (SCR nur bei Nutzfahrzeugen)
  • Seat: Toledo, Leon (alle), Ateca 1.6 TDI
  • Skoda: Fabia (alle), Rapid (alle), Octavia (alle), Superb und Superb Combi 1.6 TDI, Karoq 1.6 TDI
  • Toyota: Alle Pkw-Modelle (SCR nur bei Nutzfahrzeugen)
  • Volvo: Alle Modelle
  • VW: Golf (alle), Scirocco (alle), Beetle Cabrio (alle), Passat und Passat Variant 1.6 TDI (außer TDI SCR BlueMotion)

Fazit

Bis zur Kompaktklasse gibt es AdBlue also bisher nur, wenn Hersteller ihre komplette Flotte umgestellt haben – oder ganz neue Modelle auf dem Markt sind. Größere Fahrzeuge fahren nur noch in Ausnahmefällen ohne SCR-Kat. Alle Hersteller kümmern sich derzeit darum, ihre Flotten für die neue Abgasnorm vorzubereiten. In zwei Jahren werden neue Diesel-Pkw ohne AdBlue-Tank eine Seltenheit sein – falls sie überhaupt vorkommen.

Möglich ist es dennoch: Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich arbeiten an einem neuen Katalysator, der Stickoxide ohne AdBlue umwandelt. Der nötige Ammoniak entsteht aus Stoffen, die bereits im Abgas enthalten sind. Erste Prototypen sollen in drei Jahren fertig sein.

 

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Opel bietet aktuell in Corsa, Astra, GTC und Mokka X noch keine SCR-Katalysatoren an
Quelle: Opel
VW verzichtet aktuell in Golf, Scirocco, Beetle und Passat 1.6 TDI (120 PS) auf SCR-Kats
Quelle: Volkswagen
Auch Skoda bietet in den kleineren Baureihen noch kein SCR an. Im frisch vorgestellten Karoq fehlt das System nur beim Basis-Diesel
Quelle: Skoda
Fiat setzt bisher nur bei Nutzfahrzeugen aus Adblue-Systeme. Die Pkw-Palette verzichtet noch darauf
Quelle: Fiat
Auch Ford setzt SCR bisher nur bei Nutzfahrzeugen ein
Quelle: Ford
In kleineren BMW-Baureihen werden bisher flächendeckend sogenannte NOx-Speicherkatalysatoren eingesetzt
Quelle: BMW
Große und schwere Autos spritzen bei BMW prinzipiell AdBlue in die Abgase - einzige Ausnahme bildet der 6er
Quelle: BMW
Mazda will ab 2018 beginnen, seine Diesel in Europa mit SCR-Systemen auszurüsten
Quelle: Mazda
Alfa Romeo bietet noch keine Dieselfahrzeuge mit SCR-Kat an
Quelle: Alfa
Bei Kia fahren Dieselmodelle ebenfalls noch ohne SCR
Quelle: mobile.de
Mercedes führt SCR-Systeme in den kleinen Baureihen mit dem Modellwechsel ab 2018 ein
Quelle: mobile.de