US-Behörde NHTSA verschärft Crashtests

Europa als Crashtest-Vorbild

Björn Tolksdorf

verfasst am Fri Dec 11 14:42:01 CET 2015

Erstmals seit 2008 will die US-Behörde NHTSA die offiziellen Crashtest-Normen aktualisieren. Vorbild ist Europa: Neu eingeführt werden Wertungen für Fußgängerschutz und Assistenzsysteme.

Vermessung eines Audi A3 für den Crashtest der staatlichen US-Behörde NHTSA: Ab 2018 will die Behörde ihre Bedingungen verschärfen und ein Wertungssystem nach europäischem Vorbild einführen
Quelle: NHTSA

Washington - Die Crashtest-Normen der USA gelten als besonders streng. Doch bei näherem Hinsehen bleiben zumindest die offiziellen Standards hinter den europäischen Euro-NCAP-Regeln zurück. Das soll sich ändern, die in den USA maßgeblichen, staatlichen Crashregeln sollen verschärft werden.

Während Euro NCAP ein Zusammenschluss privater Organisationen wie ADAC, FIA sowie mehrerer europäischer Ministerien ist, setzt in den USA die Verkehrssicherheitsbehörde „National Highway Traffic Safety Administration“ (NHTSA) die Normen. Daneben testet das von den Versicherungen finanzierte private Institut „Insurance Institute for Highway Safety“ (IIHS) die Crashsicherheit von Autos.

Dieses nicht-staatliche Institut führte zum Beispiel den „Small overlap“-Test ein, an dem einige in Europa als besonders sicher bewertete Autos scheiterten. Teil der „offiziellen“ amerikanischen Sicherheitstests ist das Verfahren bisher nicht.

Halbe Sterne, neue Kategorien

NHTSA-Chefadministrator Mark Rosekind will es den Autoherstellern schwerer machen, eine Fünf-Sterne-Wertung zu erhalten
Quelle: U.S. Department of Transportation

Das wird sich bald ändern. Die staatliche NHTSA plant, ihr Bewertungssystem deutlich detaillierter und strenger zu gestalten als bisher. Wurde bislang nur gemessen, was bei einem Crash mit einem Auto passiert, will die NHTSA künftig separate Testkategorien für Unfallvermeidung durch Assistenzsysteme sowie für Fußgängersicherheit einführen.

Damit bewertet die Behörde künftig drei Kategorien, statt wie bisher nur eine. Vergeben werden ein bis fünf Sterne. Auch halbe Sterne sollen möglich sein. Eingeführt wird außerdem ein Aufpralltest „in einem bestimmten Winkel“, als Variante des „Small overlap"-Test. Elektronische Sicherheitssysteme wie Spurhaltewarner und Bremsassistenten will die NHTSA realen Tests unterziehen, anstatt wie bisher nur ihr Vorhandensein zu vermerken.

Anwendung ab 2018

Mit dem neuen System folgt die NHTSA dem Vorbild der europäischen NCAP-Organisation, die in vier Kategorien Insassensicherheit, Kindersicherheit, Fußgängerschutz und Sicherheitssysteme bewertet. Die US-Behörde reagiere damit auf neue technische Entwicklungen, sagte ihr Leiter Mark Rosekind auf einer Pressekonferenz.

Zuletzt hatte die NHTSA ihre Crashnormen 2008 aktualisiert. Die nun vorgeschlagene Änderung soll ab 2018 auf Autos des Modelljahrs 2019 angewendet werden. Es werde künftig schwieriger, mit fünf Sternen zu werben – „und so soll es sein“, sagte Rosekind.

Beobachter erwarten, dass neue Sicherheitstechnologien durch die neuen Regelungen schneller den Weg in die Serienausstattung von Fahrzeugen finden. Dies könnte auch für europäische Hersteller gelten, die ihre Modelle in die USA exportieren. Allerdings müssen die Tests im Detail noch definiert werden, wobei Vorschläge von außerhalb der Behörde gern gesehen sind. Man kann davon ausgehen, dass die Autoindustrie diese Möglichkeit intensiv wahrnehmen wird.

Seht hier, wie z. B. der Volvo S90 beim Small-Overlap-Crashtest abschneidet.

Crash eines Hyundai Elantra: Künftig will die NHTSA nach Euro-NCAP-Vorbild Fußgängerschutz und Assistenzsysteme separat prüfen
Quelle: NHTSA
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Quelle: U.S. Department of Transportation