Der VW Käfer wird 75

Exklusiv: Das Geburtstagskind im Gespräch

MOTOR-TALK

verfasst am Tue Jan 29 18:07:26 CET 2013

Heute vor 127 Jahren meldete Carl Benz seinen Motorwagen zum Patent an. Der Tag gilt als Geburtsstunde des Automobils. Doch es gibt noch mehr zu feiern: 2013 wird ein ganz besonderes Automobil 75 Jahre alt: der Käfer. MOTOR-TALK traf den Jubilar zum Interview. Und bekam ungewöhnliche Einblicke in das bewegte Leben des Automobil-Stars.

Der Käfer wird 75. MOTOR-TALK gratuliert!
Quelle: VW

VON MT-REPORTERIN MARGRET HUCKO

Motor-Talk: Herr Käfer, herzlichen Glückwunsch zum 75. Geburtstag. Oder sollen wir Sie lieber Dudu oder Herbie nennen?

Käfer: Glauben Sie alles, was Ihnen die Filmindustrie vorgaukelt? Herbie, Dudu - das waren mittelmäßige Schauspieler. Ich heiße Käfer. Ja, Käfer ist mir am liebsten. Auch wenn mich die Amis erst zum "Beetle" (Käfer) machten. Um ganz genau zu sein: Die New York Times taufte mich 1938 auf den Namen. Offiziell heiße ich ganz langweilig Volkswagen oder Typ 1.

Motor-Talk: Da haben Ihre Erfinder aber wenig Phantasie bewiesen. So was können sich auch nur teutonische Ingenieure ausdenken.

Käfer: Kommen Sie endlich zum Punkt, sonst drehe ich durch. Immerhin gab es später auch noch die Bezeichnung Standard oder Export für die Ausstattung. Als Export erhielt ich endlich ein wenig Glamour mit verchromten Stoßstangen und Zierleisten. So machte VW mich fit für die weite Welt.

1939 wurde der Käfer als KdF-Wagen in Berlin präsentiert.
Quelle: VW
Motor-Talk: Naja, einen Namen verschweigen Sie uns. Zu Beginn Ihrer Karriere hießen Sie Kraft-durch-Freude(KdF)-Wagen...

Käfer: Oje, erinnern Sie mich bloß nicht an diese düstere Nazi-Zeit! Nachdem mich ein Mann namens Ferdinand Porsche auf die Räder stellte, geriet ich spätestens mit meiner Präsentation 1938 in den Propagandasog der Nationalsozialisten. Als Kraft-durch-Freude-Wagen sollte ich gerade einmal 990 Reichsmark kosten, um die Menschen zum Sparen zu bewegen. Ein völlig utopischer Preis! Ich bin doch kein Billig-Bug! Dagegen wehre ich mich vehement und von dem braunen Sch... will ich nichts mehr wissen.

Wie war das mit den Halteschlaufen?

Motor-Talk: Okay, kommen wir zu den schönen Seiten Ihres bewegten Lebens, schließlich feiern Sie ja Geburtstag...

Käfer: Moment! (Nimmt einen kräftigen Schluck verbleites Benzin).

Motor-Talk: Sie saufen ja noch wie früher.

1303 Käfer als Gelb-Schwarzer Renner. Nur 3.500 Exemplare des Sondermodells wurden gebaut.
Quelle: VW
Käfer: 13 Liter haue ich weg wie nix, wenn ich gefordert werde. (Rasselt mit den Ventilen)

Motor-Talk: Ach, so ein Typ sind Sie! Einer dieser forschen 1303 S. Jetzt verstehe ich auch Ihre gelb-schwarze Kriegsbemalung. Ist das Rallye-Outfit nicht ein bisschen pubertär für Ihr Alter?

Käfer (schnattert vor sich hin): Ein Käfer ist zeit- und klassenlos! Und läuft und läuft und läuft...

Motor-Talk: Ersparen Sie uns bitte diese PR in eigener Sache!

Käfer: Das meine ich nicht böse. Ich muss doch erst mal warm laufen. Frieren Sie nicht? Mein Gebläse muckt mal wieder.

Motor-Talk: Nicht, wenn Sie meine nächste Frage zu den Halteschlaufen an den Türen ehrlich beantworten.

Die Zahl sagt alles: Der 1.000.000ste Volkswagen (1955)
Quelle: VW
Käfer (Öldruckwarnlampe leuchtet hellrot auf)

Motor-Talk: Als wir den Begriff googelten, kamen nur verlegene Treffer wie "Grins" oder derbe Porno-Seiten. Zwar regen die Schlaufen Männerphantasien an, aber keiner traut sich, deren Bedeutung für die sexuelle Befreiung in den 60er Jahren in Worte zu fassen. Hängten die Damen tatsächlich freiwillig ihre Füße in diese Dinger?

Käfer (Gebläse heult): Puh, jetzt wird mir warm. Machen wir lieber mal den Motor aus...

Motor-Talk: Kommen Sie endlich zur Sache...

Käfer: Volltreffer! Sie sagen es: Mit den Halteschlaufen kamen meine Love-Bugs zur Sache... Bitte, mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Hippie-Ikone und Milliardär

Motor-Talk: In der Wirtschaftswunderzeit feierten Sie Ihre größten Erfolge. Alt-Bundeskanzler und Mercedes-Fahrer Konrad Adenauer adelte Sie, als er sagte: "Dat is aber auch ne jute Wagen." Ging das nicht runter wie Öl?

2003: VW Käfer „Última Edición“ aus Mexiko.
Quelle: VW
Käfer: Mächtige Menschen interessieren mich nicht. Durch meine Historie entwickelte ich eine Apathie gegen Alphatiere. In der "Love and Peace"-Zeit der Hippies fühlte ich mich endlich frei. (Schaltet sein Blaupunkt-Radio ein, aus dem Lautsprecher vorne links unter dem Lenkrad klingen die Stimmen von Paul McCartney und John Lennon "Here comes the sun") .

Motor-Talk: Sie sind ja ein komischer Vogel...

Käfer: Käfer, bitte!

Motor-Talk: Jetzt geben Sie sich bodenständig, dabei gehören Sie mit 21,5 Millionen produzierten Fahrzeugen zu den wenigen Auto-Milliardären.

Käfer: Das Geld gehört mir ja nicht persönlich, sondern dem VW-Konzern. Luxus steckt nicht in meiner DNA. Noch Jahre nach dem Produktionsstopp in Deutschland lief ich bis Sommer 2003 in Mexiko vom Band.

Prominente Nachfahren

Motor-Talk: Was haben Sie gedacht, als Ihnen 1974 der Golf vor die Nase gesetzt wurde?

Käfer: 'Scheiß egal', ging mir zunächst durch den Kopf. Mich liebten ja noch die Südamerikaner. Später sind wir dann aber fürchterlich aneinander geraten. Alles, was mich auszeichnete, hat dieser, dieser Wolf über den Haufen geworfen.

Wachablösung bei VW: Dem Käfer folgt der Golf.
Quelle: VW
Motor-Talk: Golf, meinen Sie.

Käfer: Da geht es doch schon los. Statt nach einem Tier wurde dieses niedersächsische Schwarzbrot nach einem Strom benannt. Sein Motor saß vorne und trieb die Vorderräder an und statt eines luftgekühlten Boxermotors setzten die Ingenieure plötzlich auf einen quereingebauten Reihenmotor. Und ich? Galt plötzlich als Auslaufmodell...

Motor-Talk (lautes Husten): Und als zu schmutzig... Haben Sie gerade etwas durch Ihren Doppel-Auspuff fliegen lassen?

Käfer: Wenn Ihnen das nicht passt, dann kaufen Sie doch den aktuellen Beetle.

Motor-Talk: Ach, der Name ist so hässlich. Beetle, das klingt nach dem zwanghaften Versuch, seinem Kind eine internationale Karriere zu ermöglichen.

Käfer: Wer es nostalgisch liebt, klebt sich den "Käfer"-Schriftzug ans Heck. Den gibt es im Zubehör für 50 Euro.

Motor-Talk: Und von uns gibt es zum Abschluss eine Blume - zum Geburtstag. Für Ihre Porzellanvase am Armaturenbrett. Alles Gute zum 75.!

 

Das Interview führte MT-Reporterin Margret Hucko. Ihre Magisterarbeit schrieb die 37-Jährige über die Massenmotorisierung in der Zeit des Wirtschaftswunders, dabei entwickelte sie eine innige Beziehung zum VW Käfer. Sie arbeitete unter anderem für die Auto Bild und die Financial Times Deutschland. Aktuell ist sie als Redakteurin für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

 

Quelle: MOTOR-TALK

VW 38, erster Volkswagen in der endgültigen "Käfer" Form
Quelle: VW
Treffen der Käfer-Generationen in Wolfsburg.
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Der Ur-Käfer kam als KdF-Wagen auf den Markt.
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1939 wurde der Käfer als KdF-Wagen in Berlin präsentiert.
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Der Käfer bei seiner Publikumspremiere.
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Käfer-Fertigung kurz nach Kriegsende.
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Ab 1946 rollt der Käfer nicht mehr als KdF-Wagen.
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Heinrich Nordhoff und der 100000. Käfer
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Schweißen am Brezel-Käfer im Jahre 1947.
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Die Fertigung eines Brezel-Käfers.
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Ab 1949 sorgt das Käfer-Cabrio für Frischluftvergnügen
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Herrlich! 1950 im Urlaub mit dem Käfer.
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Ab 1953 kam der Käfer mit Ovalfenster.
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Unterwegs im Ovalfenster-Käfer von '53
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1955 wird der Käfer zum Millionär.
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Auch in Mexiko rollt der Käfer 1964.
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1303 Käfer als Gelb-Schwarzer Renner. Nur 3.500 Exemplare des Sondermodells wurden gebaut.
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Es wurde experimentiert: 1303 Maxikäfer Prototyp von 1973.
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Das 1303 Cabriolet kam ab 1974.
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Der Käfer kommt nicht aus der Mode.
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Käfer 1300 von 1965.
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Den Käfer 1500 gab es ab 1966.
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Februar 1972: Mit dem 15.007.034sten Käfer überholt Volkswagen das legendäre Ford T-Modell.
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Viel Spaß im 1303 Cabrio.
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Bis heute beliebt und unvergessen: der Käfer.
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Die Zahl sagt alles: Der 1.000.000ste Volkswagen (1955)
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Käfer 1303 S von 1972
Quelle: VW
Käfer 1303 S von 1972
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Frisch lackierte Käfer vor der Montage.
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Käfer-Fertigung in den '70ern.
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Mit dem Käfer über die Alpen.
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Auch die 20 Millionen knackt der Käfer.
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Wachablösung bei VW: Dem Käfer folgt der Golf.
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Im Korb-Käfer von 1972 stecken 600 Arbeitsstunden.
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2003: VW Käfer „Última Edición“
Quelle: VW
2003: VW Käfer „Última Edición“
Quelle: VW
2003: VW Käfer „Última Edición“
Quelle: VW
2003: VW Käfer „Última Edición“
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2003: VW Käfer „Última Edición“ aus Mexiko.
Quelle: VW
2003: VW Käfer „Última Edición“
Quelle: VW
2003: VW Käfer „Última Edición“
Quelle: VW
2003 ist auch in Mexico Schluss: Der letzte Käfer rollt vom Band.
Quelle: VW