Classic Driving News
Familien-Sache mit T-Modell
Im Mercedes-Benz 230 TE zum Camping-Wochenende im Schwarzwald. Kann man seiner Familie ein Auto ohne Klimaanlage, elektrische Fensterheber und CD-Radio heute überhaupt noch zumuten? Auf jeden Fall, meint Redakteur Michael Schröder und brach mit Kind und Kegel und einem Boot in einem Mercedes 230 TE zu einem Camping-Wochenende auf.
Endlich sind wir unterwegs, ordnen uns mit Tempo 90 auf der Bahn in Richtung Süden ein. Der Mercedes-Benz 230 TE könnte durchaus schneller, doch nicht mit einem fast fünf Meter langen Kanu auf seinem Dach. Im Fond haben es sich unsere Kinder Luca und Lea eingerichtet, mit Malsachen und Lesestoff, während Franca und ich einer alten Cassette aus unserer Studienzeit lauschen. Das lang versprochene Camping-Wochenende - heute ist es so weit.
Der 123er-Kombi schluckt alles
Ohne Kombiheck hätte dieser Ausflug nicht stattfinden können, so viel war schnell klar. Das Zelt, die Isomatten, vier Schlafsäcke, zwei Reisetaschen, Campingstühle, ein Klapptisch, die Verpflegung inklusive einer Getränkekiste sowie diverses Bootszubehör - kurz vor der Abfahrt sah der Platz vor meiner Garage aus wie das Basislager einer Amazonas-Expedition. Der Mercedes-Benz 230 TE nahm's jedoch gelassen, wohl wissend, dass seine Konstrukteure 1977 beim ersten Kombi des Hauses von Anfang an alles richtig gemacht haben, als sie das T-Modell des 123ers mit einer riesigen, weit öffnenden Heckklappe, einem durchgängig ebenen Ladeboden und zwei darunter befindlichen Staufächern versehen haben.
Auf einmal verfügte der schwäbische Konzern über ein Auto mit einer gehörigen Portion Nutzwert, das zudem auch noch so elegant aussieht, dass sein Besitzer damit selbst vor der Oper parken kann - und das lange, bevor der Begriff Lifestyle Einzug in die Lastenhefte hielt. Dieses formvollendete Heck stammt aus der Feder von Paul Bracq, und selbst eingefleischte Limousinen-Fahrer müssen zugeben, dass es sich dabei um einen ganz großen Wurf handelt.
Während knallgelbe Rapsfelder und schließlich die ersten Hügel des Schwarzwaldes an den großen Fensterflächen des Mercedes-Benz 230 TE vorbeirauschen, genieße ich die unerschütterliche Souveränität und Ruhe, die nach wie vor von diesem Auto ausgeht. Der erhoffte Erholungswert - er beginnt bei einem Kombi der 123er-Baureihe bereits beim Einsteigen. Ein Blick reicht, um sich in der gleichermaßen klassisch wie logisch aufgebauten Steuerzentrale zurechtzufinden, selbstverständlich ohne Bedienungsanleitung. Die Anmutung der Materialien lässt zudem nur einen Schluss zu: Wer einen 123er kauft, denkt an die Ewigkeit - T-Modell-Kunden schätzten damals schon, dass ihre im Werk in Bremen produzierten Autos qualitativ noch hochwertiger waren als die Limousinen aus Sindelfingen.
Der 123er - ausgetüftelt bis ins Detail
Die erste Pause auf einem Rastplatz im Wald. Frisch gefällte Stämme liegen neben der Strecke, und Luca und Lea bemerken, dass es nun nicht mehr nach Raps, sondern intensiv nach Holz und Harz duftet. Schwarzwald oder Alaska? Bundesstraße oder Panamericana? Das spielt im Moment keine Rolle. Was zählt, ist das Gefühl, auf Reisen zu sein. Der Kopf atmet durch, freut sich auf das, was noch kommt, gerät allmählich ins Schwärmen.
Die, die uns passieren, schauen neugierig zum Mercedes-Benz 230 TE herüber. Vermutlich so wie damals, als die ersten Kombis mit Stern auf der Haube über die Straßen rollen und Mercedes kurz darauf der großen Nachfrage kaum gerecht werden kann: Bereits im zweiten Produktionsjahr 1979 verlassen 28.405 Exemplare die Werkshallen - rund 10.000 mehr als geplant. Mit einigen gern georderten Extras wie der verchromten Dachreling, Metalliclackierung oder den schicken Alu-Rädern, die bei der Limousine nur ab dem 280er aufwärts zu erhalten waren, wirkt der neue Kombi am Ende wahrhaftig so nobel, wie es sich für ein Produkt aus dem Hause Mercedes ziemt.
Wie selbstverständlich setzt sich der feine Stil sogar im Ladeabteil des Mercedes-Benz 230 TE fort. Farbe und Material des Teppichs auf dem Ladeboden sind identisch mit der Auslegeware im Innenraum. Selbst die Radkästen, die Rückenlehne und die Innenseite der Heckklappe sind mit dem gleichen Stoff verkleidet. Und sollen dennoch einmal Farbeimer anstelle der Golfausrüstung transportiert werden, findet sich in der Liste der Extras selbstverständlich eine passgenaue Gummimatte. So ein 123er wirkt bis ins letzte Detail ausgetüftelt.
Offenbarung für urlaubsreife Großstadtseelen
Weiter in Richtung Süden, ab jetzt der Länge nach durch den Schwarzwald. Ein milder Luftzug strömt durch die leicht geöffneten Fenster, und es ist irgendwie wie früher, als Klimaanlagen noch keine Selbstverständlichkeit waren. Luca will wissen, ab wann es elektrische Fensterheber gab, und Lea plant im nächsten Moment bereits den Umzug aufs Land. Bildhübsche Schwarzwaldhäuser, üppige Gärten, Kinder auf Pferden - das liebliche Wolfach-Tal entpuppt sich als Offenbarung für urlaubsreife Großstadtseelen.
Die Kraft des 230ers reicht locker aus
Der Mercedes-Benz 230 TE folgt dem wilden Hin und Her der Trasse mit stoischer Ruhe, lässt sich fast schon spielerisch durch die vielen Kurven dirigieren. Die Straßenlage - Mercedes-typisch. Satt wie eine Löwin nach der Jagd. Die serienmäßige Niveauregulierung sorgt dafür, dass selbst bei voller Beladung und mit einem rund 35 Kilo schweren Boot auf dem Dach alles so bleibt wie gehabt. Erste Testberichte bescheinigen dem Mercedes-Benz 230 TE sogar ein besseres Kurvenverhalten als der Stufenheckvariante, die mehr zum Untersteuern neigt.
Wolfach, Gutach, Oberprechtal, Triberg, schließlich Furtwangen. Der Weg passiert gleich mehrere Höhenzüge, die den 136 PS starken Vierzylinder nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Der M 102-Motor, der ab 1980 angeboten wurde, hängt direkt am Gas, gibt sich überaus laufruhig und bis rund 5.000 Umdrehungen zudem auch noch recht leise. Mir stehen insgesamt fünf Gänge zur Verfügung, die Kraft des 230ers reicht jedoch selbst bei niedrigen Drehzahlen noch immer aus, um im Mercedes-Benz 230 TE problemlos im modernen Verkehr mitzuschwimmen.
Das Aggregat geht zudem vergleichweise bescheiden mit dem Treibstoff um. auto, motor und sport ermittelte einen Durchnittsverbrauch von 12,8 Liter pro 100 Kilometer (Ausgabe 6/1981). Dass wir beim ersten Tankstopp in Titisee-Neustadt einen halben Liter mehr errechnen, liegt wohl am deutlich erhöhten Gewicht sowie an der bereits länger andauernden Berg-und-Talfahrt.
"Unser" kleiner See kommt allmählich in Sichtweite. Ein abgelegenes Kleinod, wo wir auf einer Wiese, die einem Bekannten gehört, für eine Nacht unser Lager aufschlagen dürfen. Luca und Lea richten sich rasch im Zelt ein, verschwinden anschließend, um das Ufer zu erkunden, können es kaum erwarten, bis die Eltern endlich das Boot vom Dach des Mercedes-Benz 230 TE gehoben und zu Wasser gelassen haben. Das lang versprochene Campingwochenende beginnt wesentlich besser als erhofft. Doch ohne einen Kombi wäre es unvorstellbar.
Oldtimer-Reisetipp: Der nördliche Schwarzwald
Die schlechte Nachricht vorweg: Die Schönheit des Schwarzwaldes ist längst kein Geheimnis mehr - die Region gilt als die meistbesuchte in Deutschland. Besonders an den Wochenenden kann es da rund um Titisee-Neustadt, auf den Strecken am Feldberg oder entlang der Schwarzwald-Hochstraße bisweilen recht eng hergehen. Der Tipp der Redaktion: Unbedingt durch das beschauliche Wolfachtal südlich von Freudenstadt fahren, danach die extrem kurvige Strecke von Gutach über Oberprechtal bis Triberg unter die Räder nehmen und anschließend den Schluchsee anpeilen. Zum Baden, Zelten oder Segeln.
Tipp - Oldtimer und Kinder
Selbstverständlich spricht nichts dagegen, Kinder in einem Klassiker mitzunehmen ? sofern das Auto über Sicherheitsgurte verfügt: Bis zu einem Alter von 36 Monaten darf der Nachwuchs grundsätzlich nicht in einem gurtlosen Fahrzeug mitfahren, darüber hinaus ist ein Kindersitz noch immer der sicherste Platz. Falls das Auto vor Einführung der Gurtpflicht (1970) zugelassen wurde, bitte nachrüsten!
Quelle: Motor Klassik
Durchaus ein ehren- und lobenswerter Wagen, der 123er, auch als Kombi. Vor Jahren habe ich mal einen 1983er 300TD vor dem Schrott gerettet, drei Wochen selber gefahren, um sperrige Gegenstände zu transportieren (das passte da ganz gut) und dann für 800 Euro mit Rest-TÜV an einen Landwirt verkauft. War kein schlechtes Auto, schon 1983 mit Automatikgetriebe und Klimaanlage, und ein Scheckheft lag auch noch drin, das ich dem Sammler schenkte. Angenehm zu fahren.
Der W123 Kombi war für Mercedes-Verhältnisse praktisch, das wars denn aber auch. Die Konkurrenten waren damals teilweise Laderiesen, die bis zu 2000 Liter und mehr Ladevolumen boten, vom Volvo 240, Opel Rekord, Ford Granada bis zu den ungeschlagenen Peugeot 505 und Citroen CX.
Der Mercedes T hatte riesige Radkästen und kostete horrenden Aufpreis zur ohnehin schon teuren Limousine. Gekauft wurde er nur, weil die Qualität damals noch wirklich überlegen war, und das Image sowieso.
Das T-Modell war doch tatsächlich vornehmer als die Limo, vorausgesetzt das Geld reichte noch für Alufelgen und Metalliclack.
Schöner Artikel und der Wagen ist ein einziges Gedicht, ein echter Traumwagen für solche Momente.
Ein tolles Auto und noch ein "echter" Benz dazu. Erinnert mich an die frühen 80er Jahre, als mein Vater einen 240 TD hatte und wir damit nach Westerland fuhren. Manche Erinnerungen bleiben hängen...
Ich mag den 123 erst heute. Damals haben wir immer eher über ihn amüsiert, da er mit seinem übersichtlichen Wintertalent an jeder lächerlichen Steigung festhing. Heute würde ich so ein Teil sowieso nicht mehr im Winter fahren, daher fällt das schon mal flach. Leider rostete ein alltäglich bewegter 123 ziemlich schnell, wie fast alle Autos dieser Zeit. Die einzigen Autos, die damals schon für die Ewigkeit gebaut wurden, waren die großen Peugeot-Kombis 504 und 505, die auch heute noch in ganz Afrika unterwegs sind...
Schon ein toller Wagen, aber der 124er-T ist mir einfach ans Herz gewachsen...
Vater hatte 1979 den 280TE. Mit Klimaanlage und ABS. Own the left track. 😎
Da gingen eine 4-köpfige Familie plus Hund (gr. Münsterländer) + Skiausrüstung für 6 Personen und Klamotten für 2 Wochen rein. Gut. Skier aufem Dach. Und das Ganze mit knapp 200 Richtung Schweizer Grenze. Verbrauch etwa 18 Liter. 😱😆
Nach 190tkm gegen einen der ersten W124T getauscht. Was für eine Klapperkiste, damals.
ein tolles auto 😊 mein vater fuhr viele jahre einen 240td, verkauft wurde dieser mit über 400.000km und er hat keine probleme gemacht. danach folgte ein ebenso guter w201 2.5d der ebenfalls über 500.000km problemlos abspulte, bis dann ein s202 folgt, den ich heute noch fahre (auch mit deutlich über 500.000km). wunderbare autos, klasse motoren. das gilt im gleichen maße für die benzinmotoren (im vergleich zu den motoren anderer marken).
Da hat man noch gesehen, das der aufpreis, die die wagen kosteten, der qualität gerecht wurde.
Heute wird sowas leider nicht mehr gebaut...
P.S.: Bei der Namenswahl der Kinder drängt sich mir der Verdacht auf, das der Autor ein Star Wars- Fan ist 😉
Sorry, aber der 123 ist der Mercedes, dem beim besten Willen überhaupt nichts abgewinnen kann. Bieder spießig, vor allem mit den Rundscheinwerfern.
Wenn ich die Sitze nur sehe, bekomme ich Rückenschmerzen. Schlimmer noch als im /8.
Gleiches gilt für den 240D Motor, die zusätzlichen sieben PS und besseren Schadstoffwerte sind mit einer deutlichen Zunahme des Geräuschpegels gegenüber dem Vorgänger verbunden.
Einzig das Fahrwerk ist weniger schaukelig.
Stimmt, die Sitze sind wirklich ganz übel. Ungefähr genau so schlecht wie im W201.
Vor Jahren suchte ich die ganze Republik ab nach einem brauchbaren T. Gute Exemplare glänzten mit gepflegtem Erstlack und absurden Preisvorstellungen, der Rest durch teils unfassbaren Reparaturstau. Durch die Kombinutzung war der Innenraum fast immer völlig verwohnt und mangels brauchbarer Ausstattungsteile nicht mehr zu restaurieren. Ich gab es schweren Herzens auf und beließ es bei der Limousine- einem 1984 200-er Benzinger mit 109 PS...
meine Eltern hatten jahrelang einen weißen 300er TD von 1983. Zig Umzüge und Urlaube mitgemacht. Habe vor kurzem einen 300er TD auf einem Parkplatz gesehen - als er den Diesel angeworfen hat kamen sofort Kindheitserinnerungen hoch. Dieses Geräusch vergesse ich nie.
Habe dieses Auto als Kind geliebt. Sein Besitzer (mein Vater) ist schon lange nicht mehr unter uns aber sein Auto fährt möglicherweise irgendwo auf der Welt noch immer. Anbei ein Bild von mir als kleiner Junge in diesem Auto. Weiß sogar nach über 20 Jahren noch das Kennzeichen (HG-VE 55)
Der W123 erinnert mich an die Zeit als mein Bruder seinen Führerschein gemacht hat, er fuhr damals(glaub um 1990 herum) einen grünen 240D. Heute sind wir zwar zerstritten aber die Erinnerung an diese Zeit lässt immer wieder hoffen und Freude aufkommen. Was man solchen Autos nicht manchmal alles zu verdanken hat.
Schade, das durch viele Faktoren die Autowelt langsam verkümmert. Vermutlich wird kein heutiges Auto in so einem Alter so zu fahren sein wie ein W123. Vielmehr sind die Dinger eher fertig oder garnichtmehr auf der Strasse zu sehen. Den "Sitzkomfort" der Federkernsitze mal heftigst ausgenommen.
Wenn so ein Auto nicht bereits zu schade wäre es auf bösartige Motoren umzubauen hätt ich wohl schon einen. Wobei ein absolut originaler w123 mit einem "gemachten M103/M104 Motor schon was Interessantes hätte. Naja mal schauen was die Finanzen in Zukunft so mit sich bringen.
das auto war "in". die ladekapazität und das raumangebot war nicht hoch. das kleinste extra kostete einen wilden aufpreis, serienmäßig war nichts. anders als heute, wo schon die basis sehr komplett ausgestattet ist. deshalb ist der testwagen typisch für die zeit - es wurden wenig extras geordert.