Marchionne treibt Fiat-Umbau mit Ferrari-Abspaltung weiter voran
Ferrari geht an die Börse
Sergio Marchionne lässt bei Fiat-Chrysler keinen Stein auf dem anderen. Nun soll die Sportwagentochter Ferrari ausgegliedert und an die Börse gebracht werden.
London/Turin - Der Autobauer Fiat Chrysler will seine legendäre Sportwagentochter Ferrari abspalten und an die Börse bringen. Damit treibt Konzernchef Sergio Marchionne kurz nach der Fusion mit Chrysler den Umbau weiter voran. Fiat kündigte den Börsengang von Ferrari am Mittwoch nach einer Sitzung des Verwaltungsrats an. An der Börse wurde das Vorhaben bejubelt.
Ferrari Aktien auf dem Börsenparkett
Der Plan, der im kommenden Jahr umgesetzt werden soll, sieht vor, dass zehn Prozent der Ferrari-Aktien auf den Markt kommen und die übrigen Anteile an die FCA-Aktionäre gehen. Gehandelt werden soll das Papier in den USA und möglicherweise auch in Europa. Wie viel der Ferrari-Anteil wert ist, wollte Marchionne nicht beziffern. "Aber ich glaube, wir werden alle angenehm überrascht sein, wenn die Platzierung läuft."
Vorausgegangen war ein Machtkampf zwischen dem wenig konfliktscheuen Italo-Kanadier und dem langjährigen Ferrari-Chef Luca di Montezemolo, der am Ende den Kürzeren zog. Marchionne leitet den Sportwagenbauer nun selbst und will ihn in der Formel 1 wieder in die Erfolgsspur führen. "Ein Ferrari, der auf der Rennstrecke nicht gewinnt, ist kein Ferrari", sagte er Anfang Oktober auf dem Pariser Autosalon.
Ferrari sei im Konzern unterbewertet
Es ging aber nicht nur um die sportliche Bilanz. Marchionne, der für 2018 seinen Ausstieg bei Fiat Chrysler angekündigt hat, hatte wiederholt betont, dass Ferrari im Konzern unterbewertet sei. Den Kern von Ferrari werde der Chefwechsel nicht verändern, hatte Marchionne auf dem Autosalon noch beteuert. Aber die Besitzverhältnisse des Unternehmens offensichtlich sehr wohl. Angesichts der anstehenden Aufgaben und mit Blick auf die Belange der Aktionäre bezeichnetet Marchionne es am Mittwoch als angemessen, "dass FCA und Ferrari unterschiedliche Wege gehen".
Marchionne, der angeblich selbst ein halbes Dutzend Ferrari-Modelle in seiner Garage stehen hat, krempelt den italienischen Autobauer gerade komplett um: Erst vor zwei Wochen wurde die Fusion mit der US-Tochter Chrysler abgeschlossen. 48 Milliarden Euro stehen für Investitionen zur Verfügung und sollen unter anderem der Marke Alfa Romeo neues Leben einhauchen.
FCA-Aktien wurden vom Handel ausgesetzt
An der Börse sorgten die Aussicht auf eigene Ferrari-Aktien für Furore: Fiat-Chrysler-Papiere schossen in Mailand nach oben und mussten wegen der starken Kursbewegungen zeitweise vom Handel ausgesetzt werden. Zuletzt verbuchte die Aktie ein Plus von mehr als 15 Prozent. "Für den Fiat-Aktionär, der künftig Anteile an der Konzernperle Ferrari erhält, ist die Meldung sicherlich positiv", sagte Commerzbank-Analyst Sascha Gommel.
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Verstehe ich es richtig?
Klingt gut für jetzige FCA-Aktionäre.
Aber alle anderen Stakeholder (vor allem Mitarbeiter) werden doch so über den Tisch gezogen und FCA insgesamt um 90% des Ferrari-Wertes gebracht, oder?
Ich versteh das auch nicht so recht, womöglich eine Fehlinterpretation seitens einiger Journalisten?
Ferrari gehört doch jetzt zu 90% zu FCA, 10% hält ein Ferrari-Familienmitglied. Nun wollen sie 10% der Ferrari-Anteile an der Börse frei verkaufen. Wieso sollte FCA dann die restlichen 80% Aktien an ihre Aktionäre verscherbeln wollen? Das würde ja der ersten Meldung, man wolle nur 10% verkaufen, widersprechen, denn wer sich einmal Ferrari-Aktien zugelegt hat, gleich ob als FCA-Aktionär oder nicht, der kann diese doch umgehend weiter verkaufen.
Grüße
Udo
P.S.: Jedenfalls muss der FCA-Konzern ganz schön in massiven finanziellen Schwierigkeiten stecken, wenn sie ihr Tafelsilber verhökern.
Nein, Ferrari ist jetzt neben FCA direkt unter Exor angesiedelt. Die Familie Agnelli hat somit einen direkteren Zugriff auf Ferrari, und Ferrari als Firma für exotische Autos und Autorennen steht in Distanz zu diesem Massenhersteller FCA mit seinen FIAT-Kleinwagen und leichten Nutzfahrzeugen.
Exor ist die Holdinggesellschaft, mit der die Familie Agnelli ein deutlich größeres industrielles Imperium kontrollieren kann, als es der Familienkonzern Giovanni Agnelli B.V. alleine könnte (neben FCA und Ferrari noch CNHI, die The Economist Group, eine Immobilienfirma und eine Rückversicherung; zu CNHI - Case New Holland International - gehört u.a. Iveco und Magirus).