80 Jahre Citroën Traction Avant
Gangster-Limousine und Technik-Wunder
Berühmt und berüchtigt, Fluchtfahrzeug der Gangster und Favorit der Politik: Der Traction Avant führte den Frontantrieb in die Großserie und Citroën in die Insolvenz.
Köln - Dieses Auto begründete den Mythos der Andersmacher von Citroën: Der vor 80 Jahren vorgestellte Citroën Traction Avant (=„Frontantrieb“) zählt zu den ersten Hightech-Fahrzeugen der Autogeschichte und erwarb sich in seiner 23-jährigen Produktionszeit den Ruf unzerstörbarer Robustheit.
Mit einer beispiellosen Fülle an Innovationen fuhr der Franzose seiner Zeit so weit voraus, dass er sogar zwei Jahre lang neben dem Nachfolger DS gebaut wurde. Über eine dreiviertel Million Einheiten entstanden in zahlreichen Ländern, zeitweise auch in Deutschland.
Der Traction Avant, vermarktet als 7 CV, 11 CV und 15-Six, war das erste Großserienmodell mit Frontantrieb und überraschte am Ende seiner Zeit mit der revolutionären Hydropneumatik-Federung. Als einzige Vorkriegskonstruktion steckte der Citroën noch 1957 viele jüngere Konkurrenten in die Tasche. Im präsidialen Fuhrpark von Charles De Gaulle hielten sich deshalb in den 1960er-Jahren mehrere Traction Avant mit Sonderkarosserie.
Auch Gangster und Gendarmen nutzten die schwarze Limousine weiter für Fluchten und Verfolgungen. Im wirklichen Leben oder auf der Filmleinwand, etwa mit Jean Gabin als Kommissar Maigret oder im James-Bond-Abenteuer „Liebesgrüße aus Moskau“.
Genie und Pleite
André Citroën hatte das Fließband nach Europa geholt und machte so seine Marke in den 1920er-Jahren zum größten Automobilhersteller des Kontinents. Er schrieb seinen Namen mit 25.000 Glühbirnen auf den Eiffelturm und inszenierte Weltrekordfahrten. Ein großer Industrieller, aber kein begnadeter Geschäftsmann.
Der technisch brillante Traction Avant sollte sein größter Triumph werden, und kostete doch die Unabhängigkeit. Zu hoch waren die Entwicklungskosten. Michelin übernahm im Jahr der Einführung des Traction Avant die finanzielle Kontrolle über Citroën. Wenige Monate später verstarb André Citroën an einer Krebserkrankung. Er erlebte den Triumph seines automobilen Meilensteins nicht mehr.
Der Anfang war schwer, André Citroën wollte zu viel zu schnell. „Ein Pferd schiebt nicht. Es zieht“, lautete seine Devise, als er auf den Frontantrieb setzte. Damit nicht genug: Der Traction Avant erhielt eine selbsttragende Sicherheitskarosserie, Einzelradaufhängung, hydraulische Bremsen sowie eine Getriebeautomatik, die allerdings kurz vor Serienstart zum manuellen Getriebe modifiziert wurde. Nicht zu vergessen die damals nahezu perfekte Gewichtsverteilung.Ein geniales Auto, aber: die knappe Kassenlage zwang André Citroën zur vorschnellen Markteinführung, was Kinderkrankheiten mit sich brachte. Die verschwanden jedoch bald.
Mercedes-Konkurrent aus Frankreich
Entsprechend voll des Lobes war die Fachwelt. Noch am Ende seiner Bauzeit galt der Traction Avant mit seinem niedrigem Schwerpunkt als beispielhaft kurvenfreudig und spurtreu. So bewertete etwa die deutsche Motorpresse den Sechszylinder 15-Six im Jahr 1952 als bei Weitem billigste Drei-Liter-Limousine mit souveräner Straßenlage.
Tatsächlich hatten Deutschlands Hersteller in dieser Hubraumliga damals nur den Mercedes 300 „Adenauer“ zu bieten, der aber ausschließlich für Staatenlenker und Industriekapitäne bezahlbar war. Kritisiert wurde beim Franzosen nur der Wendekreis von gewaltigen 14 Metern.
Schöpfer der Technik war der jungen Ingenieur André Lefebvre, den Citroën zusammen mit dem Designer Flaminio Bertoni in sein Entwicklungsteam geholt hatte. Der Verzicht auf seitliche Trittbretter und die schnörkellose Silhouette machten aus dem Traction Avant eine Skulptur, die sogar das revolutionäre Stromliniendesign der Dreißiger Jahre überstrahlte und überdauerte.
Karosserien und Motoren
Typisch französisch war der Traction Avant, und vielseitig: So gab es den Citroën als Limousine, Coupé, Cabrio und Roadster, und als familienfreundlichen Familiale mit bis zu sieben Sitzen und sogar mit großer geteilter oder ungeteilter Heckklappe.
Wem die innovative fünfte Tür fürs große Gepäck nicht genügte, konnte die beiden im 180-Grad-Winkel öffnenden Fondtüren zum Beladen nutzen. Etwa um bis zu sechs Schafe oder zwei Rinder einsteigen zu lassen. Eine Limousine als Viehtransporter? Komfortabler sind Kühe wahrscheinlich nie gereist.
Das Ende kam langsam, als Erlkönigjäger Anfang der 1950er-Jahre mit Details des kommenden DS Schlagzeilen machten. Die Verkaufszahlen gaben nach und Citroën griff vor: Im Frühling 1954 erhielt die Spitzenversion 15-Six H eine hydropneumatische Hinterradfederung.
Die Motorenpalette des Traction Avant ist ähnlich vielseitig wie das Karosserieprogramm. Auf der einen Seite sparsame Vierzylinder mit 1,3- bis 1,9-Liter Hubraum, auf der anderen Seite ein formidabler, 77 PS starker 2,9-Liter-Sechszylinder. Dazwischen die Holzvergaser-Versionen der dunklen Kriegsjahre. Gar nicht auf den Markt kam der geheimnisumwitterte Achtzylinder, mit dem der Citroën auf den großen Automobilsalons des Jahres 1934 kurzzeitig für Furore sorgte.
Wichtige Produktionszahlen
Citroën Traction Avant insgesamt: 758.948 Einheiten (inklusive 478 Coupés und 3.524 Cabriolets). Davon außerhalb Frankreichs montiert: 57.928 Einheiten. In Deutschland entstehen 1934/35 insgesamt 1.023 Citroën 7 CV und 800 Citroën 11 CV.
Quelle: SP-X
Die Langversion hat es besonders in sich-als gepflegter Oldtimer, der gern für Hochzeitsfahrten genutzt wird. Bin damit mal mitgefahren-excellente Strassenlage und tolles Kurvenverhalten-und das zu der damaligen Zeit-beeindruckend!
Danke für diesen Bericht; es gibt jedoch meiner Ansicht nach interessantere Veteranen.
Über die unteressanteren (welche denn?) kann man ja auch etwas schreiben.
Der TA ist eben alles andere als selten und seine Geschichte ist bekannt.
Durchaus! Aber ungleich wenige, welche derart revolutionär verschiedene Konzepte umkrempelten! Von daher, Danke für diesen Artikel!
Das war vor 80 Jahren wohl kein allzu großes Manko für eine Oberklasselimousine🙄
Nichtsdestotrotz ein sehr interessanter Bericht.
ich bin den 11er schon bei unserer hochzeit gefahren - ein geniales fahrzeug, bequem, ruhig, sparsam (um die 10 Liter) viel platz , eine tolle kurvenlage,...
Wenn mal mehr Zeit da ist würd ich gerne den als Oldtimer fahren.
Genau das ist der Punkt. Ich glaube auch kaum, dass bei Citroen mit ähnlich bahnbrechende Innovationen in nächster Zeit zu rechnen ist.
Aber das dürfte mittlerweile alle Hersteller betreffen.
BMW I8? 😆
i8 ? Guter Witz😆😆😆
Aber komm Tessla S? Jetzt hab ich dich 😆
Ein Pferd ist evolutionstechnisch nie dazu bestimmt worden als Zugtier eingesetzt zu werden. Es eignet sich dafür jedoch besonders gut, wegen seines Körperaufbaus. Wie alle 4-Füßer (bis auf einige Ausnahmen) stößt sich ein Pferd mit den Hinterläufen ab. Mit den vorderen Läufen bestimmt es seine Richtung.
Dazu muss man sich nur den Körperbau des Tieres anschauen.
Da unterlag dem Herrn André Citroen also ein Logikfehler. Nichts für ungut. 😉
Der Herr Citroen hat kein motorisiertes Pferd sondern eine motorisierte Kutsche gebaut. Außerdem behaupte ich, dass die Natur den meisten Vierbeinern Allradantrieb und Allradlenkung und nicht Heckantrieb und Frontlenkung mit auf den Weg gegeben hat.
Eine motorisierte Kutsche ist aber nichts anderes wie ein mechanisiertes Pferd, oder meinst du nicht? 😉
Außerdem hätte er ja dann sagen können: "Ein Pferd zieht eine Kutsche".
Und nicht: „Ein Pferd schiebt nicht. Es zieht“
Man versucht ja die Natur zu kopieren und das sinnvollste Antriebskonzept zu finden, welches nach unseren physikalischen Begebenheiten passt.
Ich sage ja nicht, dass das Antriebskonzept fehlerhaft ist, die Analogie zum Pferd dagegen ist es. 😉
"Allradantrieb- und Lenkung" hat in der Tierwelt soweit mir bekannt nur der Gecko. Deshalb wird dieser auch als Symbol bei der quattro GmbH genutzt. 😉
Pferd=Antrieb der Kutsche. Damals hat das wohl jeder verstanden.