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Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?

verfasst am Mon Aug 17 09:46:37 CEST 2009

Oma: -Junge, hast Du denn vorgesorgt? Enkel: -Ja, Oma.Oma: -Kauf nichts, was Du nicht kennst.Enkel: -Ja, Oma.Oma: -Ich hab schon zwei Inflationen erlebt. Enkel: -Ja, Oma.Oma: -Sei vorsichtig! Geld kannst Du nicht essen. Enkel: -Oma, was ist denn mit Deinem alten Borgward hinten in der Garage?Oma: -Räum erst die Garage auf.

Oma ist wegen der Risiken eines Investments zur persönlichen Vorsorge sehr besorgt. Die Idee des Enkels mit Omas Erbstück ist gut: Unsere Blechdollars in der Garage sind ein Investment mit Aussicht auf Wertsteigerung, mindestens jedoch Wertstabilität, verbunden mit großem Nutzwert.

Doch Omas Mahnung zur Vorsicht schauen wir uns genauer an. Denn es gibt kein Investment ohne Risiko, und da machen unsere Oldies keine Ausnahme.

Ein professioneller Anlagenmanager unterscheidet die Risiken nach ihrer Ursache: Dazu gehören Risiken, die vom Markt für die Wertsteigerung der eigenen Anlage ausgehen, vom Mangel an Liquidität, vom Regulator, vom Manager der Anlage selbst und spezifische Risiken. Doch nun der Reihe nach. Oma ist ja kein D-Zug.

Marktrisiken

So genannte Marktrisiken gibt es auch bei Oldtimern. Das bedeutet, das in Zeiten nachlassender Kapitalmärkte auch der Oldtimermarkt leiden könnte. Bislang ist davon jedoch nur wenig zu spüren. Der Gesamtmarkt für Oldtimer scheint derzeit zu wachsen - trotz ständig neu hinzukommender Autos im Oldie-Alter steigt die Nachfrage und damit steigen die Preise.

Das vermittelt uns möglicherweise eine trügerische Sicherheit, denn es gibt für den Oldtimerhandel (noch?) keine Börse oder Plattform mit systematisch erfasster Preisbildung - geschweige denn einen Index. Preise für den Gesamtmarkt stammen von Gutachtern oder aus Kleinanzeigen, also der Angebotsseite. So kann gar nicht ausgeschlossen werden, dass in Zeiten schlechter Konjunktur auch der Oldiemarkt unter Spannung gerät.

Liquiditätsrisiken

Seltenheit ist zweifellos einer der großen Preistreiber im Oldtimermarkt. Aus dem Segen wird jedoch schnell ein Fluch: Sind unsere Oldtimer tatsächlich laut Gutachten viel Geld wert, dann heißt das noch lange nicht, dass sich die Oldies auch gut verkaufen lassen. Große Preisabschläge müssen in Kauf genommen werden, wenn man es eilig hat, weil zum Beispiel die Steuernachforderung gerade gekommen ist – oder die Finanzkrise einen Nachschuss in die eigene Firma erfordert. Dafür ist Zeit, Geduld und möglicherweise die Bereitschaft zu Preisabschlägen nötig, soll ein würdiger Abnehmer für den geliebten eigenen Oldie gefunden werden. Das ist nicht zu vergleichen mit einer börslichen Transaktion, die in Bruchteilen einer Sekunde virtuelle Unternehmensanteile von einem Eigentümer zum anderen verschiebt.

Der Fachmann nennt diese Situation „Liquiditätsrisiko“. Erstaunlicherweise werden die Liquiditätsrisiken erst seit den vergangenen zwölf Monaten näher von der Fachwelt beleuchtet. Selbst die moderne Finanzwissenschaft hat keine Antworten auf die Frage, was Liquidität eigentlich wert ist - als hätte es die Krise der offenen Immoblienfonds vor wenigen Jahren nicht gegeben. Betroffen sind im Grund alle Anlagen, die entweder einmalig oder selten sind: Immobilien, Firmenbeteiligungen, Schiffsbeteiligungen, oder eben Oldtimer. null

Etwas mindern kann man das Risiko nur durch das Investment in derzeit nachgefragte Modelle – Porsche 911, Mercedes Pagode bzw. W111 oder Alfa Bertone - nur einige Beispiele. Allerdings muss bei diesen dann ein hoher Preis für die Anschaffung in Kauf genommen werden. Die Wahrscheinlichkeit, in diesem Feld ein Schnäppchen zu erwischen, sinkt mit steigendem Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad des Oldies.

Regulatorische Risiken

Hier liegen wir bei den Oldies immer in einer umkämpften Grauzone: Der Staat könnte unseren Oldies schnell den Saft abdrehen, wie schon 2007 bei der Einführung der Umweltzonen und der Feinstaubplakette beabsichtigt. Eine neue Abgas- oder Kennzeichenregelung kann einige Oldies und Youngtimer ganz schnell aus dem Straßenverkehr verbannen. Das gilt auch für neue Sicherheitsvorschriften auf den immer dichter genutzten Straßen oder die Verfügbarkeit bestimmter Benzinsorten. Der Umbau eines Miura auf Tesla-Antrieb ist sicher nicht sehr werterhaltend. Wenn auch diese Risiken nicht auf alle Oldie-Besitzer gleich zutreffen, so sinken zumindest die Preise für Alle durch die geringere Nachfrage.

Manager-Risiko

Ein weiteres Risiko betrifft den Manager der Finanzanlage, nämlich Sie: Sind Sie denn kompetent genug, die richtigen Anlagen aus dem Markt auszusuchen? Den aktiven Fondsmanagern ist das in den vergangenen 12 Monaten trotz fürstlicher Entlohnung nicht gelungen – das könnte uns genauso gehen. Vor allem, weil unsere Zuneigung zu einem Fahrzeugtyp in Natura eben doch nicht von Renditeaussichten geprägt ist, sondern von dessen Aussehen, Klang, Geruch oder den mit ihm verknüpften Erinnerungen. Wollen wir unsere Oldie-Garage nur nach Renditeaspekten gestalten oder vertrauen wir darauf, dass es außer uns auch zukünftig noch ausreichend VW K-70-Fans gibt?null

Die Beurteilung ist nicht einfach, viele Aspekte spielen eine Rolle und werden noch im Rahmen dieser Serie zur Sprache kommen. Das so genannte Einzeltitelrisiko kann aber stark gemindert werden, indem auf mehrere Pferde gesetzt wird. Die so genannte Diversifikation ist eine der einfachsten Regeln zur Senkung des Risikos – ohne große Opfer bringen zu müssen.

Allerdings ist diese Methode bei Oldtimern nur mit zwei Mitteln durchführbar: Entweder es steht einfach ausreichend Vermögen zur Verfügung, um sich eine Sammlung aufzubauen. Das muss nicht weiter erklärt werden, alleine auf Carsablanca sind schon viele sehr geschickt zusamengestellte Sammlungen zu bewundern.

Die zweite Möglichkeit zur Diversifikation, besser auf Otto-Normalinvestor zugeschnitten, ist eine Beteiligung an einer Sammlung. Beteiligungsmodelle für Oldtimersammlungen sind jedoch noch die Ausnahme, denn neben den Anlage-und Renditeaspekten sind noch viele Unbekannte wie Lagerung und Versicherung einzukalkulieren. Den meisten Anbietern von Beteiligungsmodellen steht im Moment das Wasser bis zum Hals, da fehlt es derzeit an Mut und Geduld, solche Konzepte umzusetzen.

Timing-Risiken

Einmal investiert und gehalten heißt im Neudeutsch der Finanzprofis „Buy and hold“. Das ist die Strategie, die die meisten von uns anwenden: wer will schon mit Oldies spekulieren. Trotzdem kommt vielleicht eines Tages das böse Erwachen, wenn der eigene Traum-Sambabus nicht mehr so im Wert steigt wie bisher oder gar an Wert verliert. Dann haben die zum Romantisieren neigenden alt-68iger vielleicht begriffen, dass der luftgekühlte Geselle im Heck beim Familienausflug ins Mittelgebirge restlos überfordert ist. Vielleicht sind auch nachfolgende Generationen gar nicht mehr an dem Bus interessiert und fallen als preistreibende Nachfrager aus, weil gerade die Achtziger nun „in“ sind. null

Wer Oldtimer als Investment begreift, muss hier Antworten finden. Im Idealfall wäre der Sambabus schon vor einem Jahr ein Verkaufskandidat gewesen. Als Ersatz im Oldie-Portfolio eignet sich vielleicht ein zeitloseres Fahrzeug mit ausreichend Pferdestärken für die Autobahn-Hatz. Vielleicht wäre aber der Preis des Samba-Bulli noch zwei weitere Jahre in die Höhe gejagt, ohne dass wir daran teilhaben.

Aber selbst Branchenkenner haben schon oft mächtig daneben gelegen. In der Fachsprache wird dieses Risiko als „Timing“-Risiko bezeichnet. Know-How und gute Nerven sollen dagegen helfen. Kein einfaches Unterfangen, wenn man sein(e) Auto(s) liebt.

Spezifische Risiken

Ein Horror-Szenario: Der Oldie wird von Jugendlichen aufgebrochen und für eine Spritztour mißbraucht. Oder der Kabelbaum war eben doch nicht so gutgewickelt und sorgt für das Ausbrennen des geliebten Stücks. Genauso kann die Pendelachse des W108 unser Heck von der Ideallinie direkt in den Straßengraben befördern. Solche Beinahe-Katastrophen lassen sich immerhin versichern. Alles hat seinen Preis, aber diese Risiken glauben die Versicherer einschätzen zu können. Die Preise sind daher erträglich. null

Nicht wirtschaftlich versicherbar sind dagegen Schäden durch das Versagen der alten Mechanik oder etwa durch die braune Pest. Ein kapitaler Motorschaden kann den Wert des Oldies erheblich mindern. Hier sind wir als Experten und Liebhaber gefragt. Oder wir stellen den Oldie zur Risikominderung weg, wohlbehütet, in einen klimatisierten Sack.

Fazit

Wie immer liegen Risiko und Chance nahe beieinander. Lassen wir uns nicht verunsichern. Giovanni Agnelli, lange Jahre mächtiger Fiat-Boss und Miteigentümer, sagte einst: Es ist unmöglich, ein unnötiges Risiko einzugehen. Denn ob das Risiko unnötig war, findet man erst heraus, wenn man es längst eingegangen ist.

Aber was wissen schon diese Unternehmer.

Nur nichts überstürzen. Man kann es auch übertreiben.

Ja, Oma!

Autor: Jan Altmann

Vom selben Autor bisher erschienen:

Oldtimer als Kapitalanlage

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Heute nur ein Euro

Bildquelle: -Carsablanca Archiv

Quelle: Carsablanca