Formel E: So profitiert die Serienentwicklung
Genutzte Chancen und geschürte Ängste
Am Wochenende gastierte die Formel E in Deutschland. Sah Berlin bloß eine große Marketingshow oder profitiert die Serienentwicklung vom lärmarmen Motorsportspektakel?
Berlin – Formel-E-Autos sind gnadenlose Petzen. Jeden Fehler und jede Unsicherheit des Fahrers teilen sie den Zusehern akustisch mit. Das deutlich hörbare Surren des E-Motors unter Last zeigt, wo der Fahrer aufs Gas geht. Das verhältnismäßig laute Quietschen der Rennreifen, ob der Bremspunkt so gestimmt haben kann.
Die Unterschiede zwischen den einzelnen Fahrern und Teams sind größer als in anderen Rennserien. Auch, weil sich die technischen Lösungen beim Antriebsstrang stark unterscheiden – im Besonderen die Anzahl der E-Motoren und Gänge. Tüfteln die Ingenieure hier rein im Dienste von Marketing und Werbung? Oder können Hersteller auf den Stadtkursen und Flugfeldern tatsächlich Erkenntnisse für die Serienproduktion gewinnen?
Renault bislang erfolgreichster Hersteller
„Win on Sunday, sell on Monday“ gehört zu den markantesten Zitaten von Henry Ford. Der Industrielle begründete damit die Motorsportaktivitäten seines Konzerns. Bei den in der Formel E vertretenen Hersteller hängen Platzierung und E-Auto-Absatz wohl weniger direkt zusammen. Nach wie vor hat es nicht jeder mitbekommen, dass seit Ende 2015 elektrische Formelwagen durch Innenstädte glühen. Auch, wenn Motorsportfans die Rennen vor der Haustüre gern besuchen.Glaubt man Brancheninsidern, verfolgt kaum ein Fan die gesamte Serie. Wüsstet Ihr ohne zu googeln, wer den Lauf in Mexiko gewonnen hat? Wir auch nicht. Es war Lucas Di Grassi im von Audi unterstützten Abt-Schaeffler-Auto.
Meistens lag in der Formel E bislang am Ende ein Renault voran. In Berlin holte Sebastian Buemi im zweiten Rennen den Sieg für das Team von Formel-1-Legende Alain Prost. Im ersten Lauf war Felix Rosenqvist für Mahindra erfolgreich. Die PSA-Tochter DS verkauft sich als Team DS-Virgin bislang ganz gut, Jaguar hat unter den namhaften Herstellerteams die schlechteste Bilanz. Und karrt dennoch unzählige Gäste zu den Rennen. „Dabeisein ist alles“ hat in kaum einer Sportart mehr Gültigkeit. Imagepflege scheint hier vorerst noch ohne Siegesserien zu klappen.
Ein bis Drei Gänge-Menü
Kein Hersteller nimmt sein Formel-E-Engagement locker, bis zu 10 Millionen Euro betragen die Saison-Budgets. In die Entwicklung der Antriebsstränge fließt am meisten Manpower und Geld. Verfeinerung bis ins letzte Detail? Oft sind eher noch Grundsatz-Fragen offen: Ein oder mehrere Motoren? Wie viele Gänge? Und ja, ein E-Auto kann Gänge haben.„So deckst du trotz eines kleineren Motors die relevanten Geschwindigkeitsbereiche ab. Das spart Gewicht und Energie“, sagt Weltmeister Sebastian Buemi vom Renault-Team. Bis zu drei seien üblich. Der Gegenentwurf: Mehrere kleinere E-Motoren und nur ein Gang. In Summe mehr Gewicht, doch der Schwerpunkt des Fahrzeugs wandert nach unten.
Themen, die auch bei der Konstruktion von zivilen Stromern von Bedeutung sind. „Die Antriebsstränge sind ähnlich“, kommentiert Buemis Team-Kollege Nicolas Prost dazu, „theoretisch können Teile eins zu eins ins Serienauto verbaut werden.“ Praktisch passiert das noch selten.
Bei Renault sind einzig die Designstudie Trezor und das Concept-Car Zoe Sport auf Basis des erfolgreichen Zoe mit Technik aus der Formel E ausgestattet. Spätestens wenn E-Antriebe in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, wird eine Nachfrage nach sportlichen Stromern entstehen. Das Wissen aus der Formel E könnte nützlich sein.
Ein Tag lang Reichweitenangst
"Es muss gar nicht um Sportmodelle gehen", sagt der aktuelle Tabellenzweite Lucas Di Grassi. "Ein Hersteller lernt hier auch viel in Bezug auf Gewichts-Einsparungen." Alles einstudierte Floskeln der Profis? Man ist geneigt, den Fahrern und Teams ihre Aussagen über die Entwicklungsvorteile abzukaufen. Anders ist die Herstellerdichte in der Formel E kaum erklärbar.
Auch wenn die Rennserie einigermaßen spannende Rennen bietet: Als Marketingplattform für E-Autos taugt sie in ihrer aktuellen Form reglementbedingt denkbar wenig. Nach rund 25 Minuten müssen die Fahrer das Auto wechseln, denn die Energie reicht nur für die halbe Renndistanz. Energiesparen und der (rasant abnehmende) Ladezustand der Batterie sind Dinge, die die Fahrer permanent im Blick haben müssen.Reichweitenangst - also die Sorge, mit leerem Akku vor der nächsten Steckdose auszurollen - ist nach dem Besuch eines Formel-E-Rennens garantiert. Genauso wie Sicherheitsbedenken: Bei manchen Service-Arbeiten postiert sich hinter dem Mechaniker ein Kollege mit einem Holzbügel. Um ihn damit im Notfall aus dem Stromkreis zu ziehen.
Immerhin haben die Hersteller eine Spielwiese für technische Erprobungen. Und die Zuseher sehen eine gute Show mitten in der Stadt. Die bessere Werbung für die E-Mobilität wären vermutlich dennoch erschwingliche und solide E-Autos für den Straßenverkehr.
Formel E ist wie Frauenfussball.
Technisch durchaus gut - aber zum anschauen ganz schön langweilig.
Aber das ist nur meine subjektive Meinung. Ich mag E Autos, ich freu mich schon drauf irgendwann eins zu haben. Aber Formel E muss nicht sein.
Na da habt ihr die Formel E aber ziemlich zerrupft. Woanders kommt sie deutlich positiver weg, übrigens auch in Interviews mit Passanten. Die finden es in der Regel spannend, dass Rennen direkt vor der Haustür ausgetragen werden, und das ohne Geruchs- und Lärmbelästigung. Außerdem bietet die Formel E spannende Ansätze, die auch anderen Rennserien etwas mehr Innovation verpassen würden, wie z.B. der Fan Boost (Zuschauer wählen einen Fahrer aus, der dann im Rennen für kurze Zeit mehr Power bekommt) oder einen WM-Punkt für die schnellste Rennrunde. Entgegen der Aussage im Artikel scheinen die Zuschauerzahlen auch zu steigen und die Anzahl der Hersteller (in Zukunft wohl auch noch BMW) untermauert den Stellenwert. Dies scheint vor allem deswegen interessant zu sein, weil die Kosten, im Gegensatz z.B. zur Formel 1, im Rahmen bleiben. Ich meine mich übrigens zu erinnern, dass nächstes Jahr größere Batterien verbaut werden sollen, damit das Wechseln der Autos nicht mehr nötig ist. Ich persönlich werde die Formel E weiter verfolgen und mein Eindruck ist, dass ich damit nicht alleine bin...
Das bezweifelt ich.
Ein E-Auto wird wohl immer eher das Vernunftauto sein.
Wer ein unvernünftigen Sportwagen kauft, will denke ich auch in 40 Jahren noch einen Verbrennen, sofern das dann noch erlaubt ist.
Was für ein Flugzeug ist das da oben im Hintergrund?
EDIT: Habe sie gefunden, eine Douglas DC-4.
wenn ich mir ein unvernünftigen sportwagen kaufen würde, das wäre es aktuell ein tesla modell s p100dl - das schnellste serienauto auf viertel meile. aber ja, noch vor ein paar jahre wäre es ein dodge viper gts oder so gewesen.
wenn ich mir anschaue, was rimac und wie sie alle heißen machen, dann wird es schwer werden in zukunft ein elektroauto zu toppen.
Es geht dabei nicht um Performance, die bekomme ich auch mit dem Hybrid System, das auf nen Verbrennen basiert.
Für viele muss so ein Männerspielzeug eben laut sein, und stinken.
Und da nen Dampfwagen wo man noch ab und an Kohlen nachschaufeln muss eben nicht zur Verfügung steht, kommt man da mit einem Verbrennen noch am nächsten ran.
Ob ich damit auf der Nordschleife 3 Sekunden schneller bin interessiert mich z.B. nicht im geringsten.
Das ist eine Douglas C-54 Skymaster, bekannt geworden als Rosinenbomber während der Berliner Luftbrücke.
Richtig, was ja gut zu Tempelhof passt.
Die DC-54 ist die militärische Version, welche aus der zivilen DC-4 entstand. O die noch im Betrieb ist? Als ich zuletzt in Tempelhof war, standen dort keine Flugzeuge, nur massenweise alte und neue Mercedes-PKWs.
Da wäre ich mir ganz sicher, dass die noch im Betrieb ist. Diese Flugzeuge sind überall in der Welt noch im Betrieb, teilweise sogar noch gewerblich. Aber es gibt auch eine ganze Menge an Liebhabern, die die am Fliegen halten.
Also die Formel E finde ich endlich mal wieder sehenswert. Formel 1 ist ein inzwischen so aufgeblasener Sport mit aufgeblasenen Fahrern wo auch inzwischen total uninteressant und nur was für reiche Leute ist.
Ich hoffe das sich diese E Rennen noch weiter fortsetzen auch wenn ich kein Elektro Fan bin.
Also ich kann die Kritik und auch die Aussage keiner wüsste ohne zu googeln wer in Mexiko gewonnen hat nicht verstehen. Da ich das Rennen live gesehen habe wusste ich natürlich wer gewonnen hat.
Das Rennen fand ich sogar sehr spannend da di Grassi mit einer ungewöhnlichen Taktik gewonnen hat.
Die Fahrer müssen ja, da eine Ladung nicht für das ganze Rennen reicht, das Auto zur Rennmitte wechseln. Wann man wechselt bleibt jedem Fahrer selbst überlassen. Di Grassi hat in diesem Rennen sehr früh gewechselt da gerade eine Safety Car Phase war und musste dann natürlich den Strom für das restliche Rennen einteilen.
Dieses Kunststück hat ihn dann von Platz 15 auf Platz 1 nach vorne gespült. Also sehr spannend da niemand mit so etwas gerechnet hat.
Habe das ganze am Anfang auch eher belächelt aber nachdem ich dieses Rennen gesehen habe, habe ich meine Meinung geändert.
"Genauso wie Sicherheitsbedenken: Bei manchen Service-Arbeiten postiert sich hinter dem Mechaniker ein Kollege mit einem Holzbügel. Um ihn damit im Notfall aus dem Stromkreis zu ziehen."
Aha diese Argumentation macht total Sinn 🙄
Ich habe bei meinem Benzingefährt auch panische Angst vor dem Tanken. Denn bei Boxenstops steht beim Tankvorgang mindestens einer mit einem Feuerlöscher dahinter. Ich vertraue dieser neumodischen Verbrennertechnik auch nicht 😆
Darüber hinaus habe ich durch den Rennsport auch eine panische Reichweitenangst entwickelt. Die GT3 Teams auf der NS schaffen schließlich nur 8 Runden auf der Nordschleife mit einer Tankfüllung. Und danach müssen sogar die Reifen gewechselt werden.
Seitdem habe ich jeden Morgen Angst, dass mein voller Benzintank nicht bis zur Arbeit reicht. Und dann die Ständige Sorge: "halten die Reifen wohl noch bis zur nächsten Tankstelle in 50 km?" 😆
Also auch ein Rennen, welches nicht auf der Strecke, sondern in der Box gewonnen wurde? Toll! 😜
Schau dir das 24h Rennen von 2017 noch mal an 😉