Zum 75. Todestag von Bernd Rosemeyer
Geschwindigkeit um jeden Preis
Er war der Schnellste, der Bekannteste, einer der Mutigsten: Der Rennfahrer Bernd Rosemeyer versuchte vor 75 Jahren, schneller als der Tod zu sein. Doch dieses Rennen verlor er zuletzt. Bei einem Rekordversuch mit über 400 km/h.
Köln - Schneller, schneller und immer schneller: In den 1930er-Jahren scheint für das Auto alles möglich. Die noch junge Technik hat in kürzester Zeit einen Riesensprung getan, Rennfahrer sind Volkshelden, Wettrennen eine Obsession der Zeit. Vor allem im nationalsozialistischen Deutschland. Dann kommt der 28. Januar 1938.
Kurz nach halb zwölf steigt das Rennfahrer-Idol Bernd Rosemeyer auf der Autobahn Frankfurt-Darmstadt in seinen Stromlinienrennwagen, Modell Auto Union Typ C. Wenige Stunden zuvor hatte sein Konkurrent Rudolf Caracciola an gleicher Stelle auf einem Mercedes-Silberpfeil einen neuen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt – 432,7 km/h maßen die Streckenposten. Für Rosemeyer – zu dieser Zeit immerhin Europa- und Deutscher Meister, und seinen Auto Union-Rennstall ist das eine Kampfansage.Theoretisch 456 km/h
Um 11.46 Uhr schieben Rosemeyers Mechaniker den Typ C an. 16 Zylinder, 6,5 Liter Hubraum, 545 PS kann der offene Einsitzer in die Waagschale werfen. Theoretisch muss das für 456 km/h und einen neuen Weltrekord reichen. Es soll der endgültig letzte Versuch für diesen Tag sein, der Wind frischt auf, die Rahmenbedingungen verschlechtern sich. Doch Rosemeyer will „sofort gegenhauen“ und der Konkurrenz den Rekord noch am gleichen Tag wieder abjagen. Auf Warnungen Caracciolas und seiner eigenen Team-Mitglieder hört er nicht.
Der Wagen wirbelt durch die Luft
Bis Kilometer 5 geht alles gut. Auch der Streckenposten an Kilometer 7,6 meldet noch die Vorbeifahrt. Rosemeyer hat knapp 430 km/h auf dem Tacho. Bei Kilometer 8,6 lichtet sich der Wald am Fahrbahnrand. Eine Windböe erfasst den Rennwagen, Rosemeyer wird auf den Grünstreifen abgedrängt. Was genau dann passiert, ist bis heute nicht vollkommen geklärt. Unterläuft Rosemeyer vor lauter Schreck ein Fahrfehler? Oder war das Auto beschädigt, womöglich schon beim Start? War der Rennwagen mit dem hohen Tempo vielleicht technisch einfach überfordert?
Um 11.47 Uhr, kurz vor Kilometer 9,2, verlieren die Hinterräder den Bodenkontakt, das Heck hebt ab, der Wagen überschlägt sich und wirbelt durch die Luft. Schlägt auf, fliegt weiter, schlägt wieder auf. Rosemeyer ist da schon nicht mehr im Fahrzeug. Die Streckenposten finden ihn kurz darauf am Straßenrand, tot.Missbrauch des Rosemeyer-Kultes
War es krankhafter Ehrgeiz oder ein technisches Problem, was Bernd Rosemeyer an diesem Tag von der Strecke trieb? Für die Nazis war die Sache klar: Der titanische Wille zur Größe hat den Rennfahrer das Leben gekostet – und er hat es mit Heldenmut für Deutschland gegeben. Der blonde Draufgänger wurde zur quasi-mythischen Figur verklärt. Die gleichgeschalteten Zeitungen folgten dieser Sicht der Dinge, Untersuchungen zum Unfallhergang kamen nie ans Licht der Öffentlichkeit.
Der Bevölkerung war das egal, der Kult um Rosemeyer war nicht mehr zu stoppen. Tausende nahmen an seiner Beerdigung in Berlin-Dahlem teil, Straßen trugen seinen Namen, Biografien über ihn wurden zu Bestsellern. Zur Instrumentalisierung eignete sich Rosemeyer bestens: Seine risikofreudige Fahrweise, der Gewinn von Europameisterschaft und Deutscher Straßenmeisterschaft hatten ihn in der Bevölkerung zum Idol werden lassen. Rosemeyer spielte das Spiel bis zu seinem Tod mit, trat nicht nur in das Nationalsozialistische Kraftfahrkorps, sondern sogar in die SS ein.
Auch wenn der Kult irrationale Züge annahm: In Rosemeyer hatte der Rennsport sein bis dato prominentestes Opfer. Sein Rekordversuch sollte der letzte für die Auto Union bleiben, die Sachsen beteiligten sich danach nie wieder an derartigen Wettbewerben. So hat noch heute Rudolf Caracciola den 1938 aufgestellten Geschwindigkeitsrekord auf öffentlichen Straßen inne. An Rosemeyer erinnert ein Gedenkstein an Kilometer 508 der Autobahn Frankfurt-Darmstadt.
Quelle: SP-X
echt erstaunlich wie schnell die Rennfahrzeuge schon vor mehr als 70 Jahren waren.
Ein wundervoller Wagen..., ein Königreich für eine Runde damit 😊
Und ja, das waren Helden. 432 km/h..., in einem solchen Auto..., das muss man sich mal vorstellen. 😱 Ich frage mich gerade ob ich überhaupt den Mut hätte, auf einer Autobahn mit diesem Wagen wesentlich über 200 zu fahren. Probieren würde ich es. Vor allem wäre interessant, wie sich das Fahrzeug verhält, wie fährt es sich? Seit einiger Zeit verspüre einen unheimlichen Reiz so alte Autos einmal zu fahren. Das muss ein tolles Erlebnis sein!
Danke für den Artikel! 😊
Zum Begriff Held gehört für mich, einen (vielleicht sogar unbekannten) anderen selbstlos aus einer Notsituation zu erlösen.
Das kann ich hier nicht erkennen.
Hier spielen wohl Geltungsdrang und krankhafter Ehrgeiz die Hauptrolle.
Ich hätte dem Herrn Rosemeyer jedenfalls ein längeres Leben gewünscht.
Hätte mir schon gewünscht, dass der Artikel mehr auf die NS-Vergangenheit eingeht. Schließlich hat das Regime die Hersteller, vor allem Mercedes und die Auto Union, maßgeblich finanziert um solche Rekordfahrten durchzuführen, und die schnellsten Rennwagen zu bauen, die es zu der Zeit gab, damit auch dort die deutschen die besten sind. Bei der ausländischen Konkurrenz stieß das natürlich auf Spott. Schließlich wurden deren Werke nicht von Staaten unterstützt.
Zudem war Hitler ein Fan von Autos! Auch Bernd Rosenmeyer wurde durch die Nazis unterstützt und bekam Gelder, sowie ein Engagement. Der Artikel erwähnt ja am Rande, dass er der SS beigetreten ist. Seine Nachfahren behaupten natürlich vehement, dass er sich mit der politischen Ideologie nicht identifizieren konnte, und nur beigetreten war, weil er so leichter an einen Fahrerplatz kam.
Ich glaube zwar nicht, dass dies der Fall ist (schließlich war der SS-Verein sowas wie die Hardcore-Nazi-Versammlung), aber ich lass es mal dabei beruhen.
Für die meißten ist er noch heute ein Held (wer ihn überhaupt noch kennt) - aber wie jeder Held, hatte er auch seine Schattenseiten.
Ein Rennfahrzeug - wie aus dem Bilderbuch. 16-Zylinder 6,5l
Und das alles vor etwa 80 Jahren.
Hut ab. Ingenieurskunst nenne ich das. Sollte isch die Automobilindustrie von heute immer mal vor Augen halten (jetzt nicht wg. Rennsport, sondern wegen der technischen Möglichkeiten).
In einem Forum für politische Geschichte wäre das angebracht 😉
Ich glaube es würden sich heute nicht viele (mich eingeschlossen) finden deren Eier groß genug sind mit so einem Ding ans Limit zu gehen.
Eine Beleuchtung der NS Vergangenheit finde ich in diesem Zusammenhang unangebracht, da er im Bezug auf die Leistung und den Wagemut nichts zur Sache tut. Außerdem ist es im Nachhinein immer leicht den Finger zu erheben.
Für mich ist ein solcher Pionier sehr wohl ein Held, denn ohne so mutige Leute wäre wohl so manch technischer Fortschritt ausgeblieben, wenn nicht einer den Anfang gemacht hätte und mal ausprobiert hat ob das Ding fliegt, taucht und vorallem wieder auftaucht, was passiert wenn man die Schallmauer durchbricht oder sich ins All schießen lässt, etc.
Wahnsinn. Ich muss dabei irgendwie an den Topspeed Versuch von James May bei Top Gear mit dem Veyron Supersport denken. Da fährt er etwa 430km/h und ist an seinem absoluten Limit. Schon das finde ich absolut beeindruckend. Und er fährt den Versuch in einem 1,5 Mio. € teuren, supermodernen Sportwagen unter besten Bedingungen auf einer bestens ausgebauten Versuchsstrecke.
Man kann sich dabei vielleicht in etwa ausmalen, wie es damals gewesen sein muss. Vergleicht nur mal die Reifen eines Veyron SS mit denen des Typ C...
Wahnsinn.
432,7 km/h, das ist mal ne Ansage - und das ganze noch im Jahre 1938 (!) 😱 Die Fahrer der damaligen Silberpfeile mussten schon richtig Eier haben, um praktisch nur auf einem Höllenmotor und ein paar Karosserieteilen drumrum so eine Geschwindigkeit zu fahren! Meinen Respekt vor diesen Leuten! 😉
75 Jahre. Damals diese Leistung. So richtig viel passiert ist da bis heute nicht mehr...
Ich ziehe zumindest den Hut.
Mag sein. Ich finde nur, wenn man jemanden zum Helden macht, und vor allem diese Legende erneut hochleben lässt, dann muss man auch mit mehr als nur einem Satz erwähnen, dass er in der SS war. Er war sicher niemand, der Juden getötet hat, aber unschuldig war er sicher auch nicht.
Ich habe übrigens von Bernd Rosenmeyer das erste Mal in einer Autozeitschrift gelesen (irgendwas mit Oldtimern) - ist jetzt mehrere Jahre her, kann dir also nicht sagen welche Ausgabe und welche Zeitschrift das war. Aber dort gab es einen Artikel, der beide Seiten wiedergab (mit Fokus auf seinen Unfall und seine Rennfahrerkarriere). Es blieb eben nicht unerwähnt, und wurde nicht nur in einem Sätzchen "heruntergespielt". Sein "Heldentum" blieb unangetastet, aber gleichzeitig gab man dem Leser Anregung zu denken.
Naja, für ein kostenloses Internetmagazin erwarte ich wohl zu viel.
Und wie hier schon jemand erwähnte: Ein Held ist für mich jemand, der sich selbst aufopfert (oder zumindest etwas aufgibt) um andere zu schützen oder zu helfen.
Er hatte Mut, keine Frage. Und das bewundere ich auch. Aber das macht ihn noch lange nicht zum Helden.
Grossartig!
Ich wusste garnicht das es damals schon SOLCHE Geschwindigkeitsrekorde gab.
Und das ganz ohne Elektronik.
Diese Rekaord Jäger von damals waren ohne Zweifel, Helden der Automobilindustrie und der modernen Technik.
Aber der Vergleich zwischen damaligen Rennfahrern und heutigen wäre wohl wie zwischen einem Ford T und einem heutigen 7er BMW oder S Klasse Mercedes.
Einen solchen Wagen nur mal in Action auf einer Rennstrecke fahren zu sehen wäre sicher höchst interessant.
Es gibt diverse Veranstaltungen. Oldtimer-Revival und so. Audi und Mercedes engagieren sich dort seit vielen Jahren. Aber auch BMW Vorkriegsrennwagen sieht man ständig.
Oft werden auf solchen Veranstaltungen die Autos von aktuellen Formel 1-Fahrern bewegt, aber auch von lebenden Rennfahrerlegenden, wie Hans "Striezel" Stuck, der den Wagen seines Vaters fahren durfte (sein Dad fuhr vor dem Krieg für Auto Union, er selbst wurde in der Nachkriegszeit [ich glaube in Tourenwagen und GTs?] berühmt und seine Söhne wiederrum fahren bei diversen Langstreckenrennen und den ADAC GT Masters mit).
Ein Highlight ist natürlich, wenn solche Autos am neu errichteten alten Fahrerlager am Nürburgring auftauchen. Da kann man echt tolle Fotos machen. Oft haben die Mechaniker auch die selben Klamotten an, wie damals.
Ich muss sagen, ich mag GTs aus den 60ern/70ern und finde die auch viel schöner, sowie oft auch von der Technik einfach "cooler", aber so ein Vorkriegsrennwagen in Zigarrenform, hat auch was elegantes an sich.
Und seien wir doch mal Ehrlich. Er hat es nicht geschafft und der DKW hat versagt. Ein "Raserheld" weniger auf der Welt...juckt ehrlich gesagt keine Sau.