Im Alfa Romeo Giulietta QV auf der Targa Florio
Giulietta, die Targa und ich
Leistung, Handling und Design gegen Staub, Schlaglöcher und 900 Kurven. MT-Redakteur Philipp Monse folgte mit einer 235-PS-Giulietta den Spuren der Targa Florio.
Campofelice - Sizilien geht es schlecht. An den Stränden und auf den malerischen Weiden der Madonien sammelt sich der Müll haufenweise. Hier fand einmal eines der bekanntesten Rennen der Welt statt. Doch heute sind die Straßen, durch die bis vor 35 Jahren viele tausend PS fuhren, gezeichnet von Verfall: aufgerissen, unterspült, vernachlässigt.
Vor den Hauseingängen und auf den Plätzen von Cerda, Collesano und Campofelice sitzen alte Italiener mit lederner Haut. In ihren Köpfen schlummert die Erinnerung an die legendäre Targa Florio.
PS-Tradition
Es ist das Jahr 1906, als der Sizilianer Vincenzo Florio zum ersten Mal die Targa Florio veranstaltet. Auf einem 148 km langen Rundkurs durch seine Heimat. Der angeblich erste Besitzer eines Automobils auf Sizilien wollte damit Werbung für den Wein- und Gewürzhandel seiner Familie machen. Der Preis für den Sieger war eine Plakette – italienisch: Targa – aus Bronze. Die erste davon gewann Alessandro Cagno. Er erreichte in einem Itala 45 HP eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 46,57 km/h.Fritz Opel, Enzo Ferrari oder Stirling Moss fuhren später auf dieser Strecke. Porsche benannte im Anschluss an die vielen Erfolge auf Sizilien ein Auto nach ihr, den legendären 911/912 Targa. Auf der auf 72 km verkürzten Strecke stellte Helmut Marko, der heutige Chef von Red Bull Racing, 1972 einen Rekord für die Ewigkeit auf. In einem Alfa Romeo Tipo 33 fuhr er im Rennen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 128,25 km/h. Er nannte die Targa einmal "Nordschleife hoch Drei".
In dieser Dekade hatten die teilnehmenden Fahrzeuge über 500 PS. Trainiert wurde im öffentlichen Verkehr, und oft auch zwischen Schafen und verirrten Hühnern. Im Rennen ersetzten Zuschauer die Tiere, und die schweren Unfälle häuften sich. 1977 war Schluss für die ursprüngliche Targa.Mit 235 PS durch 900 Kurven
Heute ist die Strecke nur noch der zerklüftete Schatten der Targa Florio. Und ich fahre sie zum ersten Mal. Den alten Spuren in bester Tradition folgend, steuere ich einen Alfa Romeo. Die schönen Kotflügel der Giulietta QV ziert ein vierblättriges Kleeblatt. Das "quadrifoglio verde" soll dem Fahrer Glück bringen, so wie es einst Ugo Sivocci Glück brachte. 1923 startete der abergläubische Italiener hier mit der Startnummer 13. Das Kleeblatt, das ihm die Mechaniker zur Abwehr drohenden Unglücks auf seinen Alfa malten, ziert bis heute die sportlichsten Modelle der Fiat-Tochter. Sivocci gewann die Targa zum ersten Mal für Alfa Romeo.
Auf der Giulietta QV weist das grüne Kleeblatt dezent auf 235 PS und 340 Newtonmeter Drehmoment hin. Bereitgestellt wird die Leistung von einem 1,8-Liter-Turbo-Benziner. In der Performance schlägt die Giulietta damit ganz knapp den aktuellen Golf GTI (210 PS; 280 Nm; 0-100 km/h: 6,9 Sekunden; 240 km/h Spitze).Mit dieser Leistung fliege ich vorbei an verdorrten Wiesen und eingefallenen Hütten. Rein rechnerisch erwartet mich alle 80 Meter eine Kurve. Aber teilweise fühlt es sich an, als würde man auf einem Parkplatz eine Acht fahren.
Die rechte Hand wechselt hektisch zwischen Lenkrad und Schalthebel. Beschleunigen, Bremsen, Runterschalten, Lenken, Beschleunigen, Hochschalten... Immer wieder. Mehr als drei von sechs Gängen benötige ich dabei nicht.
Ob die Giulietta aus dem Stand in den versprochenen 6,8 Sekunden auf 100 km/h sprintet kann ich nicht überprüfen. Ich weiß nicht mal, ob ich überhaupt auf 100 km/h komme. Mein Blick heftet sich stur auf die Straße. Zeit für den Tacho habe ich nicht. Bis zur nächsten Kehre, und dem Abgrund dahinter, geht es viel zu schnell.
Immer wieder muss ich den Brembo-Anker werfen. Nicht nur vor den Haarnadelkurven, sondern auch vor dezimetertiefen Kratern und Rissen. Deren Bekanntschaft würde das harte, um 1,5 Zentimeter tiefergelegte Fahrwerk der sportlichen Giulietta nicht überleben. Das jedes anderen Autos vermutlich auch nicht.
Endspurt
Doch es ist nur ein kurzer Schauer, und der Himmel reißt auf. Während ich auf der längsten Geraden der Targa Florio an der Küste Siziliens entlang fahre, atme ich tief durch. Ist das möglich? Kann ein Mensch diese Strecke mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit (!) von 128 km/h gefahren sein?
Mit durchgeschwitztem Hemd und immer noch reichlich Adrenalin im Blut stelle ich die schöne Giulietta auf einen Parkplatz in der Nähe des alten Fahrerdomizils bei Campofelice. Dann schaue ich auf den Tacho: Durchschnittsgeschwindigkeit 39 km/h – Die schnellsten 39 km/h meines Lebens.
Alfa Romeo Giulietta QV - Technische Daten
- Motor: 1,8-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner
- Getriebe: manuelles 6-Gang-Schaltgetriebe
- Leistung: 235 PS
- Drehmoment: 340 Nm
- Verbrauch NEFZ: 7,6 L/100km
- Testverbrauch (sportlich) : 13,7 L/100km
- CO2: 177 g/km
- 0 – 100 km/h: 6,8 Sekunden
- Höchstgeschwindigkeit: 242 km/h
- Länge x Breite x Höhe: 4,35 m x 1,79 m x 1,46 m
- Leergewicht (mit Fahrer): 1.395 kg
- Kofferraum: 350 L bis 1045 l
- Preis laut Preisliste minimal / Testwagenpreis: 29.250 Euro / 35.875 Euro
Fotos: STEREOSCREEN , MOTOR-TALK
Quelle: MOTOR-TALK
Nett geschrieben😊 Und auch ein schönes Auto.
Tolles Auto, tolle Strecke!
die giulietta ist von hinten wirklich ansehnlich. mir ist schleierhaft warum der wagen mit einer derart unvorteilhaften front verunstaltet wird - irgendwann muessen die jungs bei alfa doch zur vernunft kommen und den typen entlassen der das verbockt hat ?!
gruesse vom doc
Sehr schön geschrieben! 😊
Schöner Artikel!😊
Da bekomme ich direkt Lust mich gen Süden zu begeben und ähnliche ErFAHRungen zu machen...😉
Mir geht es da eigentlich genau anders herum. Ich finde die Front klasse und eigenständig, das Heck hingegen ist mittelmäßig und erinnert mich an den aktuellen Astra...
Aber ansonsten, hätte ich die Tour auch mal gerne mit dem Auto gemacht!
So viel zum Thema sparsam durch Downsizing. Da braucht mein Dicker auch nicht viel mehr und der ist über 10 Jahre älter und ist sogar etwas schneller.
Ansonsten: Ganz nettes Auto, aber leider wie so oft ein scheiß Motor drin. (Hubraum ist eben durch nichts zu ersetzen außer durch noch mehr Hubraum).
Gemütlich gegondelt wird sich die Giulietta weniger gönnen...