Chevrolet beendet Europa-Engagement

GM konzentriert sich auf Opel

Björn Tolksdorf

verfasst am Thu Dec 05 10:15:38 CET 2013

General Motors beendet die konzerninterne Konkurrenz und zieht Chevrolet aus Europa zurück. Ausnahmen sind Camaro und Corvette. Opel wird die einzige GM-Volumenmarke in Europa.

Chevrolet Trax: Der koreanische Geländewagen konkurriert direkt mit dem Opel Mokka. Das will GM nun beenden
Quelle: Chevrolet

Rüsselsheim – Man muss es nicht verstehen. Das war der häufigste Satz in Gesprächen um GMs Europastrategie. Im Jahr 2005 begann General Motors, Daewoo-Autos aus Korea in Europa unter der Bezeichnung Chevrolet zu verkaufen. Dabei gab man in den Jahren zuvor etliche Werbemillionen aus, um Daewoo in Europa bekannt zu machen (Claim: „Das Auto, Dein Freund“).

Matiz statt Bel Air

Anfang 2013 beschloss GM umfangreiche Investitionen für Opel. Im Bild Karl-Thomas Neumann (l), Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG, Dan Akerson, Vorstandsvorsitzender von GM und und Steve Girsky, Opel-Aufsichtsratsvorsitzender
Quelle: picture alliance / dpa
Die Autos aus Korea passten nicht zum Chevrolet-Image. Die US-Traditionsmarke verwässerte, irgendwo zwischen Bel Air und Matiz, Cruze und Corvette.

Vor allem aber griff die neue Marke in die Segmente ein, in denen die General-Motors-Tochter Opel in Europa stark war. Die Produkte verloren immer mehr Eigenständigkeit. Cruze gegen Astra, Aveo gegen Corsa, Malibu gegen Insignia: Kunden fragten sich, warum sie nicht zu günstigeren Preisen das besser ausgestattete Auto aus Korea kaufen sollten.

Manche Modelle liefen sogar vom gleichen Band irgendwo in der Welt, zum Beispiel Chevrolet Volt und Opel Ampera, oder Chevrolet Trax und Opel Mokka.

Kehrtwende: Freie Fahrt für Opel

Nein, das musste man nicht verstehen. Opels Marktanteil sank seit 2005 von 10 auf aktuell sieben Prozent. Das kann Rüsselsheim nicht allein auf Chevrolet schieben, aber das eine Prozent Chevy-Marktanteil hat Opel kaum genutzt.

Chevrolet-Sprecher Vijay Iyer sagt auf Nachfrage von MOTOR-TALK zum Chevrolet-Rückzug: „Das ist keine reine Pro-Opel-Entscheidung, sondern vielmehr eine strategische Fokussierung. Es geht nicht darum, eine Marke durch eine andere zu ersetzen. Unsere Daten zeigen, dass sich Opel und Chevrolet auf dem Markt nicht gegenseitig geschadet haben.“

Chevrolet auf Talfahrt

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Trotzdem zieht General Motors jetzt die Reißleine. Dringend wurde das, weil sich Chevrolet in Europa auf rasanter Talfahrt befindet. In den ersten zehn Monaten 2013 verkaufte die Marke nach Zahlen des Branchenverbands Acea knapp 126.000 Fahrzeuge - 17,4 Prozent weniger als im Vorjahr.

"Die Finanzergebnisse sind inakzeptabel", sagte der GM-Vorstand und Opel-Aufsichtsratschef Steve Girsky. Chevrolet hat die Erwartungen in Europa nicht erfüllt, insbesondere in Frankreich, Italien und Spanien.

"Wenn wir nach vorne schauen, sehen wir, dass es für Chevrolet Europa sehr schwer werden würde.", sagt der Europachef von Chevrolet, Thomas Sedran.

Ab 2016 soll Opel/Vauxhall deshalb GMs einzige Volumenmarke in Europa sein. Das ist gut für Opel. Bei den Rüsselsheimern ist der Silberstreif am Horizont sichtbar.

In Russland und Osteuropa soll die Marke Chevrolet bleiben, was sie ist. Bei uns soll sie wieder für den amerikanischen Traum stehen, mit Modellen wie Camaro und Corvette. Das pflegt die Marke, die den Namen von Louis Chevrolet trägt.

Aufräumen in Europa

General Motors möchte in Europa endlich wieder Geld verdienen. Dabei hilft ein klarerer Auftritt ebenso wie niedrigere Kosten. „Europa ist eine Schlüsselregion für GM. Wir werden dort von einer stärkeren Marke Opel profitieren“, sagt der oberste GM-Chef Dan Akerson. Steve Girsky und Karl Thomas Neumann dürfen sich freuen. Sie haben für Opel geschafft, was ihren Vorgängern nicht gelang.

Was Chevrolet betrifft, geht es nun ans Aufräumen. Die Marke hat in Europa 520 Beschäftigte und 1.900 Händler. Die verkaufen zu einem großen Teil auch Opel, so groß werden die Umstrukturierungen also nicht. General Motors beziffert die Rückzugskosten mit bis zu einer Milliarde Dollar (ca. 0,74 Mrd. Euro). Die Adam Opel AG und GM Europa werden dadurch nicht belastet.

Ob in der Summe die 451 Millionen Euro enthalten sind, die die Trikotwerbung bei Manchester United kostet? Ab 2014 ist Chevrolet sieben Jahre lang Hauptsponsor bei dem Fußballklub.

Die Händler sind sauer

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Mit den Händlern soll demnächst gesprochen werden, sagt Vijay Iyer. Die sind erst mal sauer. „Sobald diese Meldung draußen ist, kauft kein Mensch mehr einen Chevy“, zitiert die Automobilwoche einen Sprecher des Verbands der Opel- und Chevrolet-Händler. Er befürchtet „extrem negative“ Auswirkungen auf Händler mit Mehrmarken-Autohäusern.

Was mit den reinen Chevrolet-Händlern geschehe, sei noch völlig unklar. Man stehe nun vor der Aufgabe, die verunsicherten Kunden zu informieren. Die Chevrolet-Kunden müssten sich keine Sorgen machen, stellte der Europa-Markenchef Thomas Sedran klar. Alle Garantien gelten weiter, Ersatzteile soll es bis mindestens 2025 geben.

„Wir danken unseren Kunden und Händlern für ihre Loyalität gegenüber Chevrolet hier in Europa“, so Sedran.

Neue Chance für Cadillac

Nein, man muss wirklich nicht jede GM-Strategie für Europa verstehen. Nun setzt Detroit also voll auf Opel. Und auf Cadillac: Für die Luxusmarke, die außerhalb Amerikas kaum vertreten ist, soll es einen Wachstumsplan geben. Konkret nennt der GM-Sprecher die Modelle ATS und CTS.

„Das ist ein Gewinn für alle vier Marken (Opel, Vauxhall, Chevrolet, Cadillac)“, findet Dan Akerson: Europäische Kunden sollen künftig „klar definierte, lebendige GM-Marken“ vorfinden.

 

Nur als Silhouette zu erkennen: Thomas Sedran, Markenchef von Chevrolet Europa verabschiedet sich von seinen Kunden
Quelle: picture alliance / dpa
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