Ferngesteuerte Autos: Reportage

Große Liebe zu kleinen Autos

MOTOR-TALK

verfasst am Tue Dec 23 08:30:52 CET 2014

Sie sind selten größer als ein Schuhkarton, aber bis zu 120 km/h schnell. Auch technisch können ferngesteuerte Autos teilweise mit ihren Vorbildern mithalten.

Geländegängig - ferngesteuerter Käfer mit grobstolligen Reifen
Quelle: picture alliance / dpa

Berlin - Heiner Martin hat regelmäßig zwei Rennwagen im Einsatz. Wenn er will, könnte er drei bis vier weitere ohne viel Aufwand auf die Strecke bringen. Das ist in seinem Umfeld ganz normal: Viele, die seine Leidenschaft teilen, verfügen über einen ganzen Fuhrpark an Hochleistungssportwagen. Doch Martin bewegt sich nicht in der Welt der Superreichen und Boxenluder. Er braucht auch keinen Helm und keine feuerfeste Kleidung. Seine Autos sind ferngesteuert.

Geübter Blick und schnelle Reflexe

"Ich fahre seit Anfang der 70er-Jahre", erzählt Martin. "Damals gab es hier kaum Ausrüstung, und man musste alles aus den USA holen." Der 64-Jährige ist Schriftführer des Deutschen Minicar Clubs (DMC),

Modellauto gegen Modellauto: Hier beim "Barnim-Cup" in Bernau
dem "Dachverband für den funkferngesteuerten Automodell-Rennsport" in Deutschland. Er gehört zu den Pionieren des RC-Rennsports. Und ein ernstzunehmender Sport ist es: "Die Fahrzeuge werden bis zu 120 km/h schnell", erklärt Martin. Um sie zu beherrschen, bedarf es unter anderem eines geübten Blicks und schneller Reflexe.

Die Bandbreite der RC-Autos sei enorm, sagt Jan Schnare vom Magazin "Cars & Details". Sie reiche von Modellen im Maßstab 1:26, die etwa handtellergroß sind, bis zu Autos im Maßstab 1:5. "Die sind fast einen Meter lang." Doch dies ist selbst dem passionierten Rennfahrer Heiner Martin etwas zu speziell. "Der Großteil der Szene fährt Autos im Maßstab 1:8", sagt er. Auch die hätten Verbrennungsmotoren, mit Leistungswerten zwischen 2,5 PS und 6 PS.

80.000 Euro für eine Asphalt-Piste

Laut Martin sind in diesem Segment die Offroad-Fahrer in der Mehrheit. "Das liegt auch daran, dass es mehr Offroad-Strecken gibt, weil sie leichter zu realisieren sind." Vereinfacht gesagt müsse man für einen Offroad-Parcours nur ein Stück Wiese plattwalzen und einige Sprunghügel aufschütten, erklärt Martin. Die meisten dieser Rennstrecken würden jedoch noch über einen Belag aus Kunstrasenteppich verfügen, weil

Modellauto in Action: Auf Offroad-Pisten sind große Sprünge mit den kleinen Rennern an der Tagesordnung
Quelle: picture alliance / dpa
man da nicht so leicht Löcher reinfahren könne wie in Lehm. Im Vergleich zu einem Straßenparcours ist der Aufwand aber überschaubar. "Eine Asphalt-Piste kostet leicht 80.000 Euro", sagt Martin.

280 Meter lang und 4 Meter breit

Das ist auch fast die Größenordnung, in der sich die Strecke der RC Speedracer Bernau bewegt. Der Verein in der Nähe von Berlin hat gerade erst seine Asphalt-Piste fertiggestellt. 280 Meter ist sie lang und an der engsten Stelle 4 Meter breit. "Das letzte Jahr war richtig anstrengend", berichtet Teamleiter Andreas Liebermann - und nicht ganz billig: "Wir haben das kürzlich mal durchgerechnet, da müssten so zwischen 50.000 und 70.000 Euro verschwunden sein."

All das sei privat finanziert, denn Sponsoren gewinne man frühestens, wenn die Strecke fertig sei und der Rennbetrieb laufe. "Unsere Strecke ist so gebaut, dass nationale Veranstaltungen darauf ausgetragen werden können", sagt Liebermann.

Fahrer plus Boxenhelfer

Wie im Rennsport im Maßstab 1:1 gebe es dafür ein Reglement, das eingehalten werden muss. "Zwar brauchen wir nicht in dem Sinne Auslaufzonen, aber die Sicherheit der Zuschauer muss gewährleistet sein", sagt Liebermann. Für internationale Events wären die Vorschriften indes noch weit strenger

Mal fährt er Modellauto-Rennen, mal moderiert er sie: Andreas Liebermann ist Teamleiter bei RC Speedracer Bernau
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gewesen: "Da müsste der Fahrerstand noch höher sein, im Fahrerlager muss genügend Platz für alle Teilnehmer sein."

Rennen mit ferngesteuerten Autos seien echte Teamveranstaltungen, berichtet Liebermann. "Da gibt es den Fahrer und den Boxenhelfer, der immer für das Auto da sein muss." Der Fahrer steht in Bernau bei den Speedracern auf einem 2,50 Meter hohen Container - dem Fahrerstand - und kann von dort nicht nur die Asphalt-Strecke überblicken, sondern auf der anderen Seite auch den Offroad-Parcours, der schon im vergangenen Jahr fertig wurde.

Die Speedracer gibt es zwar schon seit 2003, doch "unser altes Gelände mussten wir aufgeben, weil es Probleme mit den Nachbarn gab", erzählt Liebermann. "Die Verbrenner sind nämlich ziemlich laut."

Elektromotoren besser für Einsteiger

Auch das ist sicherlich ein Grund dafür, dass die Elektrofraktion unter den Fahrern ferngesteuerter Autos mittlerweile insgesamt die stärksten sein dürfte. Jedenfalls im Hobbybereich, wie "Cars & Details"-Redakteur Jan Schnare sagt: "Dort spielen die Elektroautos definitiv die größere Rolle", bei den Wettbewerben sei ihr Einsatz dagegen noch ausbaufähig.

"Bei den Elektroantrieben hat sich, wie bei den echten Autos, in den vergangenen zehn Jahren viel getan", sagt Schnare. Sie seien für Einsteiger leichter zu handhaben. Denn ein Verbrennungsmotor müsse richtig eingestellt werden, damit er gut läuft. Das erfordere mehr technisches Verständnis.

Auch Heiner Martin, der selbst am liebsten seinen Verbrenner im Maßstab 1:8 auf Asphalt bewegt, rät Einsteigern zum Elektroauto. "Diese haben inzwischen auch mehr als ein PS und sind wegen der

Motorcharakteristik fast genauso schnell wie Verbrenner", sagt er. Entsprechend seien auch die Preise vergleichbar: Laut Martin müsse man mit 1.000 bis 2.000 Euro für "gute Fahrzeuge im Einsteigerbereich" rechnen.

Ein Verbrenner mit Zwei-Gang-Getriebe

Boxenstopp auf dem Basteltisch: Das Schrauben gehört für RC-Auto-Fans genauso zum Hobby wie die Rennen gegen Gleichgesinnte
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Die Technik der Autos sei gar nicht so viel anders als bei den großen Pendants: "Die haben Achsen mit Doppelquerlenkern, Stoßdämpfer und im Offroad-Bereich natürlich auch oft Allradantrieb. Die Verbrenner haben zum Teil sogar Zwei-Gang-Getriebe", erklärt Martin. Von "reinem Kinderspielzeug", also "Autos für 30 Euro aus dem Supermarkt", rät er ab.

Das sieht Schnare auch so. Doch seine Preisvorstellungen für Einsteigermodelle sind deutlich moderater: "Ein Modell, das den Namen RC Car verdient, das man auch draußen benutzen kann oder auf der Rennstrecke, bekommt man für 200 Euro", sagt er. Dabei würde es sich dann zumeist um ein Fahrzeug im Maßstab 1:10 mit Elektromotor handeln.

Speedracer-Teamleiter Andreas Liebermann rät Interessierten, sich vor dem Kauf gründlich und an richtiger Stelle schlauzumachen. "Man muss nicht zwingend bei 2.000 Euro einsteigen", sagt er - aber: "Wer in den Sport einsteigen will, der sollte sich vorher auf jeden Fall bei den Leuten informieren, die sich damit auskennen." Man könne eben nicht einfach irgendwas kaufen. "Und gleich vorne mitfahren kann man schon gar nicht."

Internetseiten zum Thema: http://dmc-online.com/wordpress, http://cars-and-details.de, http://www.rcspeedracer.de/cms

Quelle: dpa

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