Serie: Deutsche Rennstrecken - Norisring
Harte Bremspunkte vor der Steintribüne
Deutsche Rennstrecken sind asphaltierte Geschichte – von Tragödien und Triumphen, echtem Leben und Tod. Wir stellen Euch fünf Strecken vor. Heute: Norisring.
Von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze
Nürnberg – Was ist das Besondere am Norisring? Ist es seine bewegende Geschichte? Sind es die Menschenmassen auf der Steintribüne des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes? Oder ist es der spezielle Charakter eines Stadtkurses? Die Antwort: Es ist die Mischung aus all diesen Besonderheiten, die die Rennstrecke am Dutzenteich so einzigartig macht.
Die Fakten:
- 2,3 Kilometer ist der Norisring lang
- 4 Kurven
- 18. Mai 1947: Erstes Motorradrennen, ab 1948 auch Autorennen
- Höhepunkt heute: DTM-Lauf über 83 Runden (2015 geplant: 26.-28. Juni)
Auf dem Nürnberger Stadtkurs 1977 beim Lauf zur Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) folgt ein krasser Rempler dem anderen. Keiner der Piloten will nachgeben. Gut möglich, dass es vor allem am Layout des Kurses liegt: lange Geraden, enge Kehren, extreme Bremspunkte. Noch heute schwärmt Ex-Formel 1-Pilot Marc Surer: „Der Norisring ist mit vier Kurven eine sehr einfache Strecke. Aber auch eine fantastische Piste für Spätbremser, da kann man Zeit gutmachen!“
Da gehen auch entspannten Fahrern die Nerven durch
Wer Marc Surer persönlich kennt, weiß: Marc ist ein ruhiger Typ, cool und zurückhaltend – genau so, wie er als Formel-1-Kommentator am Bildschirm rüberkommt. Doch bei der DRM 1977 am Vollgas-/Brems-Kurs Norisring zeigt er im BMW-Junior-Team, dass er auch ganz anders kann.
Der DRM-Lauf 1977 am Norisring wird als „Skandalrennen“ in die bunte Geschichte des Norisrings eingehen: Ford gegen BMW, der etablierte Tourenwagen-Star Hans Heyer (der mit dem unvermeidlichen Tiroler Hut) gegen den aufstrebenden Eidgenossen Surer. Zusätzlich im Brennpunkt: Heyers Teamkollege Armin Hahne und Surers Markenkumpanen Eddie Cheever und Manfred Winkelhock.
Nach heißen Positionskämpfen zwischen allen fünf Piloten liefern sich Hahne und Surer ein besonders hartes Duell. Das Ende vom Lied: Heyer rollt mit geschrottetem Auto durchs Ziel, hält die ramponierte Tür seines Ford Escort mit der Hand fest, und ist der umjubelte tragische Held. Surer ist der Sündenbock und verliert vorübergehend die Rennlizenz.
Surer versteht die Welt nicht mehr. Heute sagt er augenzwinkernd: „Mir, dem Bösewicht, nahm man die Lizenz weg. Dabei hatte ich doch nichts anderes getan als Hahne vorher, oder?“
Zuerst reine Motorradrennen
Der Rennbetrieb auf dem Norisring startete 1947 zunächst mit Motorradrennen. Das war im wahrsten Sinne des Wortes naheliegend. Denn in Nürnberg entstanden kurz nach dem Krieg massenhaft motorisierte Zweiräder bei den sechs fränkischen Marken Ardie, Hecker, Mars, Triumph, Victoria und Zündapp.
Die Rennstrecke entstand auf dem Zeppelinfeld. Hier beschleicht heute noch viele Menschen ein mulmiges Gefühl, denn Reste alter Größenwahn-Architektur erinnern an die Reichsparteitage, die hier zelebriert wurden. Doch die Propaganda von einst ist längst Rennsport vom Feinsten gewichen, wenn am Dutzenteich hochgezüchtete Motoren den Ton angeben.
1970 feiert das vielleicht legendärste Rennauto aller Zeiten Premiere am Norisring: Der Porsche 917 mit Jürgen Neuhaus am Steuer hinterlässt als Sieger des Laufes zur Interserie von Anfang an einen imposanten Eindruck. Kartensponsor am großen Renntag: das örtliche Versandhaus Quelle aus Fürth.
Nach Unfall wurde der Kurs verkleinert
Die Interserie ist schuld daran, dass der Norisring seit 1971 nur noch 2,3 statt bis dahin 3,94 km misst: Damals verunglückt der Mexikaner Pedro Rodriguez mit seinem Ferrari 512M tödlich beim 200-Meilen-Rennen. Vor allem die Hubraummonster der Interserie (der Ferrari schöpft immerhin rund 600 PS aus 5 Liter Hubraum) schossen damals mit unglaublichem Tempo auf die harten Bremspunkte zu. Am Ende eines Highspeed-Teilstücks ("Schlauch") berühren sich zwei Boliden, Rodriguez kommt von der Strecke ab.
Seit dieser Tragödie machen die Fahrer an der Grundig-Kehre einen U-Turn. An den Unfalltod von Pedro Rodriguez erinnert seit 2006 eine Gedenktafel.
Heute ist der Norisring der einzig verbliebene Stadtkurs der DTM und bereichert diese mit seiner ureigenen Atmosphäre. Große Teile der Rennstrecke und die Boxengasse werden extra für das große Tourenwagen-Event und Rahmenrennen wie Porsche-Cup und Formel 3-EM aufgebaut. Der Aufwand lohnt sich, denn mit zuletzt 121.000 Zuschauern am Rennwochenende überflügelt der Nürnberger Kurs andere Strecken wie Hockenheim (75.000) bei Weitem – begeisterte Zaungäste, die die Rennen aus den Fenstern und von den Balkonen der umliegenden Stadtwohnungen verfolgen, nicht mitgerechnet.
Infos zu Strecke, Historie, Events: www.norisring.de
An sich ist es eine schöne Idee, mal eine Serie über die deutschen Rennstrecken herauszubringen, allerdings sollte die Geschichte schon mit etwas Sorgfalt recherchiert werden.
Als gebürtiger Nürnberger und historisch Interessierter sind mir auf den ersten Blick mal gleich zwei Fehler aufgefallen:
1. Die Zeppelintribüne, welche auf einem Bild gezeigt wird, hat ihren Namen nicht von einer Zeppelinwerft, welche angeblich dort vorher war, sondern vom gegenüberliegenden Zeppelinfeld, was als Aufmarschgelände den Nazis diente. Davor war dies eine einfache Wiese, auf der einmal 1909 ein Zeppelin gelandet war und die anschließend in Zeppelinfeld umgetauft wurde.
2. Pedro Rodríguez verunglückte 1971 nicht am Anbremspunkt zur Haarnadelkehre, dem sog. "Schlauch", sondern vor der S-Kurve, welche um die Hauptribühne herumführt. Sein Ferrari zerschellte an den Leitplanken auf Höhe der Brücke der Hans-Kalb-Str., welche an dieser Stelle die Rennstrecke untertunnelte. An dieser besagten Stelle ist auch die Gedenktafel für Rodríguez angebracht.
Über die Unglücksursache gibt es übrigens zwei Versionen, wobei in ersterer Rodríguez auf einen langsamer fahrenden überrundeten Porsche 910 aufschloss, welcher ihm nicht die Ideallinie räumte, so dass er beim Anbremsen mit den linken Rädern auf den Grünstreifen kam, was zum sofortigen unkontrollierbaren Ausbrechens des Ferraris führte, worauf dieser nach rechts über die Rennstrecke schleuderte und mit ca 200 km/h in die Leitplanken einschlug.
Die zweite Version geht von einem technischen Defekt aus, was zum Bruch der Radaufhängung an seinem Ferrari beim Anbremsen führte, mit eben dem schon geschilderten Ausgang.
Ich vermisse eine Streckenübersicht. Damit man sieht wie die Strecke verläuft.
Hätte das eigentlich erwartet bei so einem Thema.
Das Video von dem Rennen ist schrecklich. Erstens die dämliche Musik und dann alles nur Slow-Motion. Da schaltet man nach spätestens 30 Sekunden ab (jedenfalls ich).
Es heißt: Dutzendteich
Übrigens war die Gegend um den Dutzendteich vor der Nazizeit Teil des Nürnberger Tiergartens, der dann in den Nürnberger Norden umgezogen wurde - bis heute.
Vielen Dank
Seit 2001 war ich bis auf einmal jedes Jahr da 😊
Und ich fahr auch 2015 wieder mit dem Sohnemann der sich absolut freut so Nah an "Ferrari´s" wie er die Formel 3 Autos nennt ran zu kommen 😆
Da kam mir die Erinnerung hoch an einem DTM-Rennen.
Wegen der harten Bremspunkt explodierten damals reihenweise die Bremsen an den Alfas. Nur ein Alfa hat die Zielflagge gesehen, ein älterer Herr im Privarauto
Das war 1996, der Privatfahrer war damals Gianni Giudici.
Ganz genau genommen war es kein DTM- sondern ein ITC-Rennen.
Thanks, so genau wußte ich es nicht mehr
War bestimmt peinlich für Alfa ^^
Das Bild oben ist aber auch nicht währende des DTM Laufes von 2014 den da hat es am Start in strömen geregnet.
Leider wurde hinterm Safety Car gestartet
Danke für den Artikel. 😊 😎
Meiner Meinung nach ist das Bild von einem Trainingslauf an einem Freitag.
Die Steintribüne ist so leer und während des Rennens fahren sicher nicht die ersten Autos ins Schöller-S während andere gerade starten.
Egal, meist sind die Rennen am Norisring spannender als viele andere Rennen der jeweiligen Saison. Egal ob alte oder neue DTM oder STW.
Denke da vor allem an 1994 (das erste DTM-Rennen dass ich bewusst am Fernseher anschaute), 1996, 1998, 1999, 2002, 2005 und 2012.
Das sind meine "Favoriten".